Wohnungseigentum


Zur Klagebefugnis einzelner Eigentümer gegen den Verwalter auf Durchführung von Beschlüssen

LG Frankfurt a.M., Beschluss vom 15.02.2017 - 2-13 S 128/16 -

Kurze Inhaltsangabe mit Anmerkung:

 

Es kommt nicht häufig, aber immer wieder vor, dass der Verwalter einen Beschluss nicht durchführt, der von der Wohnungseigentümergemeinschaft gefasst wurde. Vorliegend hatte der klagende Wohnungseigentümer begehrt, die Ursache von Wassereinbrüchen in den Kellerräumen seiner Eiigentumseinheit festzustellen. Dieser Antrag sei, so das Landgericht, bereits deshalb zurückzuweisen, als der Beschluss dahin gegangen wäre, allgemein die Ursache eines Wassereinbruchs im Keller festzustellen.  Allerdings begnügte sich das Landgericht (LG) nicht damit, eventuell auch vor dem Hintergrund, dass nach einem notwendigen Hinweis der Kläger seinen Klageantrag entsprechend geändert hätte.

 

Im Kern weist das LG in seinem Beschluss nach § 91a ZPO fest (im Laufe des Verfahrens erledigte sich die Hauptsache durch Vornahme des Verwalters) darauf hin, der Kläger sei nicht klagebefugt gewesen. Nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 sei der Verwalter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüber verpflichtet und hafte auch dieser gegenüber. Von daher sei es Aufgabe des Verbandes, Ansprüche auf Durchführung von Beschlüssen durchzusetzen. Auch wenn der Vertrag Schutzwirkungen zugunsten der einzelnen Wohnungseigentümer enthalte, ergäbe sich daraus nichts anderes. Zwar könne der einzelne Miteigentümer eigene Schadensersatzansprüche gegenüber dem Verwalter durchsetzen (BGH im Urteil vom 02.10.1991 - V ZB 9/91 -), doch ließe sich daraus keine Befugnis herleiten, den dem Verband zustehenden Erfüllungsanspruch geltend zu machen. Daher müsse der einzelne Eigentümer darauf hinwirken, dass der Verband tätig wird, wozu gegebenenfalls ein Rechtsanspruch aus dem mitgliedschaftlichen Treueverhältnis bestünde.

 

Als praktische Erwägung fügt das LG noch an, dass es auch häufig streitig sein könne, ob der Beschluss umfassend umgesetzt wäre. Darüber aber müsste der Verband entscheiden und könne dies nicht der einzelne Eigentümer.

 

 

Anmerkung: Die Entscheidung bezieht sich auf eine ähnliche Entscheidung des LG Hamburg vom 02.03.2016 – 318 S 22/15 -, in dem es um die Einholung von zwei Angeboten und die Auftragserteilung in Abstimmung mit dem Verwaltungsbeirat ging. Allerdings überzeugt weder die Entscheidung des LG Hamburg noch die hier besprochene Entscheidung des LG Frankfurt am Main. Insoweit verkürzt das LG die Regelung in § 27 Abs. 1 WEG. Ausdrücklich heißt es in § 27 Abs. 1 vor der enumerativen Aufzählung der Pflichten des Verwalters, dass dieser „gegenüber den Wohnungseigentümern und gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet sei“ u.a. (Nr. 1) Beschlüsse durchzuführen. Der Wortlaut begründet mithin einen eigenen Rechtsanspruch des Verwalters. Warum das LG hier den Wortlaut quasi amputiert, wird in der Entscheidung nicht ausgeführt. Auch die „praktische Erwägung“ des LG ist da nicht weiterführend: Ob der Beschluss vollständig durchgeführt wurde, müsste (sollte sich bei einer vom LG angedachten Abstimmung keine Einstimmigkeit finden) möglicherweise im Hinblick auf einen gegen diesen Beschluss erhobene Klage ohnehin vom Gericht geklärt werden. 

 

 

Aus den Gründen:

Tenor

1. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.000 € festgesetzt.

Gründe

Nachdem die Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war gemäß § 91a ZPO lediglich über die Kosten des Rechtsstreites zu entscheiden. Dies führt zu einer Auferlegung der Kosten auf den Kläger, denn die Berufung hätte keine Aussicht auf Erfolg gehabt.

Das Begehren des Klägers in der Berufungsinstanz ging seinem Erachten nach dahin, den Verwalter zur Durchführung eines Beschlusses der Eigentümerversammlung zu zwingen.

Dieses Begehren konnte in der gewählten Form allerdings bereits deshalb keinen Erfolg haben, da der von dem Kläger insoweit in erster Instanz gestellter Klageantrag von der Beschlussfassung abweicht, da der Kläger ausschließlich begehrt, die Ursache der Wassereinbrüche in den Kellerräumen seiner Eigentumseinheit festzustellen, demgegenüber umfasste der Beschluss allgemein die Ursachen des Wassereinbruchs im Kellergeschoss, eine Beschränkung des Beschlusses auf das Sondereigentum des Klägers war in dem Beschluss daher nicht enthalten, so dass der begehrte Antrag nicht die Umsetzung des Beschlusses enthält.

Letztlich kommt es hierauf allerdings auch nicht an, denn die Kammer teilt die Ansicht des Amtsgerichts, dass ein Wohnungseigentümer nicht berechtigt ist, durch eine Klage gegen den Verwalter die Durchführung von beschlossenen Maßnahmen zu erzwingen (ebenso Niedenführ § 27 Rn. 11; LG Hamburg ZWE 2016, 278; Jenißen/Heinemann § 27 Rn. 6; aA Hügel/Elzer § 27 Rn. 6; Bärmann/Merle § 21 Rn. 52). Wie der Bundesgerichtshof entschieden hat, obliegt die Umsetzung von Beschlüssen nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG dem Verwalter, der dem Verband der Wohnungseigentümer - und nicht dem einzelnen Wohnungseigentümer - auf Erfüllung und ggf. auf Schadensersatz haftet (BGH NJW 2012, 2955 Rn. 19).

Demzufolge ist es Aufgabe des Verbandes - der mit dem Verwalter den Verwaltervertrag geschlossen hat - und nicht des einzelnen Wohnungseigentümers, Ansprüche auf die Durchführung von Beschlüssen gegenüber dem Verwalter durchzusetzen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Verwaltervertrag auch Schutzwirkungen zu Gunsten des einzelnen Wohnungseigentümers entfaltet. Soweit dem einzelnen Wohnungseigentümer insoweit Schadensersatzansprüche zustehen, die nicht das Gemeinschaftseigentum betreffen, kann er diese zwar unmittelbar gegen den Verwalter ohne Einschaltung des Verbandes geltend machen (BGH NJW 1992, 182), dieses betrifft allerdings lediglich die - lediglich ihn betreffenden - Sekundäransprüche. Eine Befugnis des einzelnen Wohnungseigentümers auch die dem Verband einheitlich zustehenden Erfüllungsansprüche gerichtlich geltend zu machen, kann hieraus nicht hergeleitet werden. Insoweit muss der einzelne Wohnungseigentümer ggf. bei dem Verband darauf hinwirken, dass dieser gegenüber dem Verwalter tätig wird, wozu aus dem mitgliedschaftlichen Treueverhältnis ein Anspruch bestehen kann (BGH NJW 2012, 2955 Rn 19).

Für diese Ansicht sprechen letztlich auch praktische Erwägungen, denn gerade bei der oft im Streit stehenden Frage, ob ein Beschluss vollständig umgesetzt worden ist oder nicht, ist es Aufgabe des Verbandes über diese Frage zu befinden und ggf. durch ergänzende Anweisungen an den Verwalter, diesen zu entsprechenden Tätigkeiten zu veranlassen. Die den Verband betreffende Frage der Beschlussumsetzung kann nicht auf Einzelstreitigkeiten einzelner Wohnungseigentümer mit dem Verwalter verlagert werden.

Nach alledem entspricht es billigem Ermessen, dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Gegen eine Kostenentscheidung gemäß § 91 a ZPO darf die Rechtsbeschwerde nicht aus materiell rechtlichen Gründen zugelassen werden, da es nicht Zweck des Kostenverfahrens ist, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es um Fragen des materiellen Rechts geht (ständige Rechtsprechung vgl. BGH WuM 2012, 312).

Die Streitwertsetzung ergibt sich aus §§ 47, 49 a GKG und richtet sich nach den geschätzten hälftigen Kosten der begehrten Beauftragung eines Sachverständigen.