Verwalterbestellung und Verwaltervertrag, Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Verwaltung
BGH, Urteil vom 27.02.2015 - V ZR 114/14 -
Es entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Verwalterbestellung (gleichgültig ob Neu- oder Wiederbestellung) nicht die wesentlichen Eckpunkte des Verwaltervertrages (Laufzeit und
Entgelt) enthält. Ein isolierter Beschluss dahin, dass der Verwaltungsbeirat den Vertrag aushandelt und binnen einer Frist von zwei Monaten nach der Bestellung bei Nichtannahme die Amtszeit des
Verwalters endet, ist nicht ausreichend; schon dass der Beschluss isoliert von der Verwalterbestellung gefasst wurde, würde zur Unwirksamkeit führen.
Aus den Gründen:
Tatbestand
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Zu der Anlage gehören vier Wohneinheiten. Weil die Amtszeit des bisherigen Verwalters am 31. Dezember 2012 endete, wurde in
der Eigentümerversammlung vom 11. Dezember 2012 zu TOP 14A beschlossen, ihn für die Zeit bis zum 31. Dezember 2017 erneut zum Verwalter zu bestellen. Unter TOP 15 wurde sodann
folgender Beschluss gefasst:
„Der Verwaltungsbeirat erhält das Mandat der Eigentümerversammlung, mit der Verwaltung über den Verwaltervertrag zu verhandeln. Ein Verwaltervertrag wird auf der Basis des von
Rechtsanwalt Dr. K. vorgeschlagenen Vertrages mit dem Verwaltungsbeirat verhandelt und in einer außerordentlichen Eigentümerversammlung,
vorgeschlagen bis zum 28. Februar 2013, beschlossen. Sollte es keinen Mehrheitsbeschluss für den neuen, verhandelten Verwaltervertrag geben, endet die Amtszeit des Verwalters am 28.
Februar 2013.“
Gegen den zu TOP 14A gefassten Beschluss wenden sich die Kläger mit der Anfechtungsklage. Das Amtsgericht hat den Beschluss für ungültig erklärt. Die dagegen gerichtete Berufung hat
das Landgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, wollen die Beklagten die Abweisung der Klage erreichen.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht meint, die Wohnungseigentümer hätten den ihnen zustehenden Beurteilungsspielraum jedenfalls deswegen überschritten, weil die Bestellung des Verwalters erfolgt
sei, ohne dass zugleich die Vergütung geregelt worden sei. Zwar habe das Ende der laufenden Bestellung bevorgestanden; auch stellten die Bestellung und der Abschluss des
Verwaltervertrags unterschiedliche Rechtsakte dar. Die Auswahl des Verwalters werde aber inhaltlich wesentlich durch die wirtschaftlichen Eckpunkte des Verwaltervertrags bestimmt.
Ihrem Anliegen, einen Zeitraum ohne Verwalter zu vermeiden, hätten die Wohnungseigentümer durch eine Bestellung bis zum 28. Februar 2013 Rechnung tragen können. Zwar hätten sie zu TOP
15 einen Beschluss gefasst, wonach die Bestellung beendet werde, wenn der Verwaltervertrag keine Mehrheit finde. Dies ändere aber nichts daran, dass die Wohnungseigentümer die
Vergütung bei Vornahme der Bestellung nicht gekannt hätten. Die bei einer mehrheitlichen Billigung des Verwaltervertrags unterlegenen Wohnungseigentümer könnten (nur) diesen Beschluss
anfechten, während ihnen ein zeitgleiches Vorgehen gegen die Verwalterbestellung aufgrund des Fristablaufs verwehrt sei; daher müsse es möglich sein, die Bestellung allein deshalb
anzufechten, weil es an einer Entscheidung über die Vergütung in derselben Eigentümerversammlung fehle.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
1. Die Bestellung des Verwalters widerspricht allerdings erst dann den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung im Sinne von § 21 Abs. 3 WEG, wenn die Wohnungseigentümer den ihnen
zustehenden Beurteilungsspielraum überschreiten; dies ist anzunehmen, wenn die Bestellung objektiv nicht vertretbar erscheint (Senat, Urteil vom 22. Juni 2012 – V ZR 190/11, NJW 2012,
3175 Rn. 7 f.). Dabei ist zwischen der Bestellung des Verwalters als Organ der Wohnungseigentümergemeinschaft und Vertreter der Wohnungseigentümer einerseits und dem Verwaltervertrag
andererseits zu unterscheiden. Zwar wird die Auswahl des Verwalters wesentlich von den wirtschaftlichen Eckpunkten des Verwaltervertrags bestimmt (Senat, Urteil vom 22. Juni 2012 – V
ZR 190/11, aaO Rn. 11); es handelt sich aber um verschiedene Rechtsakte, die lediglich inhaltlich verknüpft sind. Aus diesem Grund hat der Senat eine getrennte Beschlussfassung über
die Bestellung des Verwalters und die Eckpunkte des abzuschließenden Verwaltervertrags in einer Fallkonstellation gebilligt, in der beide Beschlüsse in derselben Eigentümerversammlung
erörtert und gefasst wurden (Urteil vom 22. Juni 2012 – V ZR 190/11, aaO Rn. 12).
2. Ob die Bestellung des Verwalters auch dann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen kann, wenn sie zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem die Eckpunkte des Verwaltervertrags noch nicht
feststehen, ist umstritten; der Senat hat diese Frage ausdrücklich offen gelassen (Urteil vom 22. Juni 2012– V ZR 190/11, aaO).
a) Teilweise wird eine isolierte Bestellung des Verwalters unter Hinweis auf die Trennung zwischen Organstellung und Vertrag für zulässig gehalten (LG Karlsruhe, ZWE 2011, 369, 370;
Merle in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 26 Rn. 51; ders., ZWE 2012, 327 f.; zweifelnd Jennißen in Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 26 Rn. 34).
b) Dagegen widerspricht es nach überwiegender Ansicht ordnungsmäßiger Verwaltung, den Verwalter zu bestellen, ohne zugleich die vertraglich geschuldete Vergütung und die Dauer des
Verwaltervertrags zu regeln (vgl. nur OLG Hamm, ZWE 2002, 486, 489; OLG Düsseldorf, ZWE 2006, 396, 400; LG Düsseldorf, ZWE 2012, 327; AG Schöneberg, GE 2013, 68; Niedenführ in
Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 10. Aufl., § 26 Rn. 21; Spielbauer in Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., § 26 Rn. 15 aE; MünchKomm-BGB/Engelhardt, 6. Aufl., § 26 WEG Rn. 4). Eine
Ausnahme wird teilweise bei der Wiederwahl des Verwalters gemacht, weil die Auslegung der Bestellung ergebe, dass die bisherigen Vertragskonditionen weitergelten sollen (vgl.
MünchKomm-BGB/Engelhardt, 6. Aufl., § 26 WEG Rn. 4 aE).
c) Der Senat hält es im Grundsatz für erforderlich, dass in derselben Eigentümerversammlung, in der die Bestellung des Verwalters erfolgt, auch die Eckpunkte des abzuschließenden
Verwaltervertrags (Laufzeit und Vergütung) in wesentlichen Umrissen geregelt werden; hiervon kann nur unter besonderen Umständen übergangsweise abgewichen werden.
aa) Bei einer erstmaligen Bestellung des Verwalters ist die Festlegung der wesentlichen vertraglichen Eckpunkte schon deshalb erforderlich, weil mehrere Angebote einzuholen sind
(Senat, Urteil vom 1. April 2011– V ZR 96/10, NZM 2011, 515 Rn. 11 ff.). Ein tragfähiger Vergleich zwischen mehreren Anbietern ist den Wohnungseigentümern nur möglich, wenn sie deren
Konditionen kennen. Das bedeutet nicht etwa, dass der günstigste Anbieter gewählt werden müsste; die Entscheidung über die Bestellung muss jedoch auf einer ausreichenden
Tatsachengrundlage getroffen werden.
bb) Bei einer Wiederbestellung des amtierenden Verwalters ist ein solcher Angebotsvergleich zwar nicht erforderlich, sofern der Sachverhalt unverändert geblieben ist (Senat, Urteil
vom 1. April 2011 - V ZR 96/10, aaO). Aber auch in diesem Fall müssen die Wohnungseigentümer bei der Bestellung wissen, worauf sie sich einlassen. Ausreichend ist es, wenn sich aus
den Gesamtumständen ergibt, dass der Verwalter zu den bisherigen Konditionen (insbesondere der Vergütung) weiter tätig sein wird; hinsichtlich der Laufzeit des Vertrags können die
Wohnungseigentümer davon ausgehen, dass diese- der Üblichkeit entsprechend (vgl. Merle in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 26 Rn. 172) - mit dem Bestellungszeitraum übereinstimmen soll.
cc) Zu den Eckpunkten des Verwaltervertrags, die bei der Bestellung in wesentlichen Umrissen geregelt werden bzw. bekannt sein müssen, gehören Laufzeit und Vergütung. Beide
Gesichtspunkte sind nicht nur für den Verwaltervertrag, sondern auch für die Auswahlentscheidung im Rahmen der Bestellung von wesentlicher Bedeutung. Hinsichtlich der Laufzeit darf
nicht offen bleiben, ob der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen wird oder ob beide Seiten eine längere Bindung eingehen werden. Die Bedeutung der Vergütung versteht sich von
selbst. Es liegt im allseitigen Interesse, deren Höhe bei der Bestellung in wesentlichen Umrissen festzulegen, um Streit über die andernfalls geschuldete branchenübliche Vergütung (§
675 Abs. 1, § 612 Abs. 2 BGB) zu vermeiden. Dies gilt in besonderem Maße, wenn der Verwalter ohne Festlegung der vertraglichen Eckpunkte für eine längere Laufzeit bestellt wird, aber
auch bei einer Bestellung auf unbestimmte Zeit. In letzterem Fall kann er zwar jederzeit abberufen werden (insoweit zutreffend Merle in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 26 Rn. 51); für die
Zeit seiner Tätigkeit schulden die Wohnungseigentümer aber (ebenso wie bei der Bestellung für eine kurze Laufzeit) die (streitanfällige) übliche Vergütung. Dies kann nur unter
besonderen Umständen und übergangsweise hinzunehmen sein.
3. An diesen Grundsätzen gemessen hat das Berufungsgericht den zu TOP 14A gefassten Beschluss im Ergebnis zu Recht für ungültig erklärt.
a) Bei der Entscheidung über die Bestellung stand nicht fest, in welcher Höhe eine Vergütung geschuldet war. Zwar sollte der bisherige Verwalter erneut bestellt werden, aber gerade
nicht zu den bisherigen Konditionen; der vorliegende Vertragsentwurf war erklärtermaßen nicht endgültig ausgehandelt und sollte deshalb durch die Eigentümerversammlung gebilligt
werden.
b) Die Bestellung ist im Ergebnis auch nicht als Übergangsregelung anzusehen, die hinzunehmen sein kann, wenn - wie hier - das Ende des Bestellungszeitraums unmittelbar bevorsteht und
sich eine Zeit ohne Verwalter nur durch eine vorübergehende Bestellung vermeiden lässt.
aa) Für die erfolgte Bestellung mit einer festen Laufzeit bis zum 31. Dezember 2017 bestand keine Notwendigkeit. Die Bestellung bis zum 28. Februar 2013 wäre ausreichend gewesen, um
die Verwaltung in der Übergangszeit zu gewährleisten, zumal für die Billigung des Verwaltervertrags ohnehin eine weitere Eigentümerversammlung erforderlich war. Allerdings war es -
anders als das Berufungsgericht meint - nicht ausgeschlossen, den Verwalter für einen längeren Zeitraum zu bestellen, sofern die Bestellung klar und eindeutig unter der auflösenden
Bedingung stand, dass bis zum 28. Februar 2013 ein gültiger Beschluss über die wesentlichen Eckpunkte des abzuschließenden Verwaltervertrags gefasst wurde. Auf diese Weise wäre
gewährleistet gewesen, dass die Bestellung endete, wenn keine Willensbildung im Hinblick auf den Verwaltervertrag zustande kam.
bb) Eine solche Bedingung enthält der zu TOP 14A gefasste Beschluss jedoch nicht. Er ist isoliert und ohne Heranziehung des Beschlusses zu TOP 15 zu würdigen, wonach die Amtszeit des
Verwalters am 28. Februar 2013 endete, wenn „es keinen Mehrheitsbeschluss für den neuen, verhandelten Verwaltervertrag geben“ sollte.
(1) Dass diese Regelung bei der Auslegung des Beschlusses zu TOP 14A unberücksichtigt bleibt, ist eine Folge der Entscheidung der Wohnungseigentümer, trotz des unmittelbaren
rechtlichen Zusammenhangs hierüber getrennt und nicht als „Gesamtpaket“ abzustimmen. Für diese Vorgehensweise gab es – wie der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem
Senat zu Recht hervorgehoben hat – keinen sachlichen Grund. Eine ordnungsmäßige Verwaltung muss auch dem Minderheitenschutz Rechnung tragen. Dazu gehört es, dass die
Wohnungseigentümer ihren Willen klar zum Ausdruck bringen und der Minderheit die Wahrnehmung ihrer Rechte nicht unnötig erschweren.
(2) Daran fehlt es hier. Zwar könnte dem zu TOP 15 gefassten Beschluss bei der gebotenen objektiven und nächstliegenden Auslegung (vgl. hierzu nur Senat, Urteil vom 10. Oktober 2014 –
V ZR 315/13, WuM 2015, 47 Rn. 8 mwN, vorgesehen zum Abdruck in BGHZ) eine auflösende Bedingung hinsichtlich der Bestellung bis zum 31. Dezember 2017 entnommen werden. Wegen der
getrennt erfolgten Abstimmung bedarf dies aber jedenfalls näherer Begründung; immerhin wurde die Mehrheitsentscheidung über die langfristige Bestellung vor der anschließend
beantragten Einschränkung und unabhängig von ihr getroffen. Kam später eine Mehrheit für den verhandelten Verwaltervertrag zustande, musste die unterlegene Minderheit annehmen, dass
sie - wie es die hiesigen Kläger erfolgreich getan haben - zwar gegen diesen Beschluss vorgehen, aber wegen des Fristablaufs keine Anfechtungsklage mehr gegen die Bestellung erheben
konnte. Dass der Beschluss zu TOP 15 auch für den Fall einer solchen erfolgreichen Anfechtungsklage eine auflösende Bedingung enthielt, lässt sich der Regelung nicht mit der gebotenen
Klarheit entnehmen. Darüber hinaus bestand die Gefahr, dass andere Wohnungseigentümer gegen den zu TOP 15 gefassten Beschluss erfolgreich Anfechtungsklage erhoben, während der
Beschluss zu TOP 14A nicht mehr fristgerecht angegriffen werden konnte. Damit hätte im Ergebnis keine Übergangsregelung vorgelegen, sondern es wäre bei der Bestellung bis zum 31.
Dezember 2017 verblieben; die Minderheit hätte nur die Abberufung des Verwalters durchsetzen können. Auch wenn sich die Zulässigkeit einer isolierten Anfechtbarkeit des Beschlusses zu
TOP 15 aus diesem Grund verneinen ließe, rief die getrennte Beschlussfassung jedenfalls eine Reihe von vermeidbaren rechtlichen Unklarheiten und Risiken hervor, denen die Kläger aus
ihrer Sicht nur begegnen konnten, indem sie den Beschluss zu TOP 14A – wie geschehen – fristgerecht anfochten und einer eigenständigen rechtlichen Würdigung unterziehen ließen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.