Wettbewerbsrecht


Wechselangebot „keine doppelten Kosten“ durch Telekommunikationsunternehmen

OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.02.2022 - I-20 U 93/21 -

Kurze Inhaltsanagbe:

 

Die Antragsgegnerin des einstweiligen Verfügungsverfahrens, eine Telekommunikationsanbieterin,  bot Verbrauchern einen „Wechselservice“ an, in dessen Rahmen sie den Neukunden bis zum Ende der Laufzeit des Altvertrages (längstens 12 Monate) das Grundentgelt für den Neuvertrag erließ.  In Printmedien und im Internet bewarb sie dies mit „Schutz vor doppelten Kosten“ bzw. „ohne Risiko und doppelte Kosten“. Die Antragstellerin sah dies als irreführend iSv. § 5 UWG an, da der verkehr davon ausgehen würde, dass durch den Wechsel keine zusätzlichen Kosten anfallen würden, hier aber Anschlussgebühren anfallen und zudem die Begrenzung auf 12 Monate stattfinde.  Der Untersagungsantrag der Antragstellerin war vor dem Landgericht erfolgreich. Das OLG hob das stattgebende Urteil des Landgerichts auf und wies den Antrag ab.

 

Das OLG hielt die Angaben in den Werbeanzeigen nicht für irreführend (§ 5 UWG). Sie würden sich lediglich auf die wegen der Vorzeitigkeit des Wechsels bei noch laufenden Altverträgen zusätzlich (also „doppelt“ anfallenden) Grundentgelte, nicht dagegen auf sonstige Kostenbestandteile, die auch bei einem normalen Wechsel anfallen, beziehen. Problematisch sei für den Kunden der Wechsel bei noch laufenden Vertrag wegen der Pflicht, bis zum Vertragsende die Grundgebühren an den alten Anbieter zu zahlen. ; bei einem Ende des Aktvertrages sei der Wechsel unproblematisch und es würden ohnehin die Anschlussgebühren anfallen, weshalb auch nicht ersichtlich sei, weshalb darauf verzichtet werden sollte, da diese nicht doppelt anfallen.

 

 

Die Begrenzung der Übernahme auf 12 Monate stelle sich als eine Einzelheit dar, die erst (wie erfolgt) im sogenannten Kleingedruckten erscheinen müsste. Diese Einschränkung würde nur eine Minderzahl der Fälle betreffen.

 

Aus den Gründen:

 

Tenor

 

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 28. Mai 2021 verkündete Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf abgeändert.

Die Beschlussverfügung vom 26. Februar 2021 wird hinsichtlich des Kostenpunkts sowie Nr. 2 und 3 des Tenors aufgehoben. Insoweit wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Antragstellerin.

 

Gründe

 

I.

 

Die Antragsgegnerin bot Verbrauchern, die von ihrem Festnetzinternetanbieter zu ihr wechseln wollten, einen "Wechselservice" an, in dessen Rahmen sie den Neukunden bis zum Ende der Laufzeit ihres Altvertrages (längstens jedoch für 12 Monate) das Grundentgelt für den Neuvertrag erließ. Dies bewarb sie in Printmedien mit "Schutz vor doppelten Kosten³" (Anlage K 3) bzw. im Internet mit "ohne Risiko und doppelte Kosten".

 

Die Antragstellerin meint, dies sei irreführend im Sinne des § 5 UWG. Der Verkehr gehe davon aus, dass durch den Wechsel keine zusätzlichen Kosten anfielen. Abgesehen davon, dass der "Schutz vor doppelten Grundkosten" auf 12 Monate begrenzt sei, fielen bei einem Wechsel Anschlusskosten an.

 

Das Landgericht hat auf Antrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 26. Februar 2021 der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel u.a. untersagt,

2. in einer Printanzeige zu behaupten, dass der Wechsel keine weiteren Kosten auslöse, wenn dies geschieht wie in der durch Anlage K3 dokumentierten Printanzeige mit der Angabe "Schutz vor doppelten Kosten",

3. im Internet zu behaupten, dass der Wechsel zu Vodafone keine weiteren Kosten auslöse, wenn dies geschieht wie in dem durch die als Anlage K4 beigefügten Screenshots dokumentierten Internetauftritt mit der Angabe "keine doppelten Kosten".

 

Auf den gegen Nr. 2 und 3. eingereichten Widerspruch der Antragsgegnerin hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, den Beschluss bestätigt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der angesprochene Verkehr verstehe unter "doppelten Kosten" sämtliche mit einem Wechsel zur Antragsgegnerin verbundenen Kosten, nicht nur die bei einer Fortdauer des Altvertrages anfallenden Grundentgelte. Die Aufklärung im "Kleingedruckten" reiche von daher nicht aus.

 

Dagegen richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin, mit der sie beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beschlussverfügung der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 26. Februar 2021 zu Nr. 2 und 3 aufzuheben und insoweit den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

 

Die Antragstellerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

 

II.

 

Die Berufung der Antragsgegnerin führt zur antragsgemäßen Abänderung des angefochtenen Urteils und unter teilweiser Abänderung der Beschlussverfügung zur teilweisen Zurückweisung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.

 

1.

 

Zum Erfolg führt allerdings noch nicht die Tatsache, dass sich die 8. Kammer für Handelssachen hinsichtlich des Antrages zu 3. in ihrem Beschluss vom 26. Februar 2021 für örtlich zuständig erachtet hat. Dies war zwar unter dem Gesichtspunkt des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG nicht der Fall, wie der Senat entschieden hat (WRP 2021, 513; GRUR 2022, 183 = WRP 2022, 213; Feddersen, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl., § 14 Rn. 21a). Dies ist aber bereits deshalb unerheblich, weil die Antragsgegnerin die fehlende örtliche Zuständigkeit nicht gerügt hat; § 14 Abs. 2 S. 1, S. 3 Nr. 1 UWG schafft keinen ausschließlichen Gerichtsstand (Senat, a.a.O.; so jetzt auch Feddersen, a.a.O., Rn. 7).

 

2.

 

Die Berufung hat jedoch in der Sache Erfolg. Die angegriffenen Äußerungen sind nicht irreführend. Entgegen der Auffassung des Landgerichts beziehen sie sich allein auf die wegen der Vorzeitigkeit des Wechsel bei noch laufendem Altvertrag zusätzlich (also "doppelt") anfallenden Grundentgelte, nicht dagegen auf Kostenbestandteile, die auch bei regulärem Wechsel (d.h. Wechsel nach Beendigung des Altvertrages) anfallen. Der Wechsel bei noch laufendem Altvertrag wird vom Verkehr als problematisch angesehen, während der Wechsel nach Beendigung des Altvertrages jedenfalls in vertragsrechtlicher Hinsicht unproblematisch ist. Es ist kein Grund ersichtlich, wieso die Antragsgegnerin in einer derartigen Situation auch noch die Kostenbestandteile übernehmen sollte, die auch bei "regulärem Wechsel" anfallen. Diese fallen nicht "doppelt" an.

 

Dass der "Schutz" von der Antragsgegnerin auf 12 Monate begrenzt wird, stellt eine Einzelheit dar, die auch erst im "Kleingedruckten" gebracht werden musste. Diese Einschränkung betraf nur eine Minderzahl der Fälle. In der Anlage K 3 wird durch eine Fußnote darauf hingewiesen. In der Anlage K 4 erfolgt ein Hinweis bei dem Punkt, bei dem der Wechselschutz angesprochen wird.

 

3.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1, § 92 Abs. 1 ZPO. Einer Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit bedarf es nicht.

 

 

Streitwert für das Berufungsverfahren: 75.000 EUR