Vereinsrecht


Voraussetzung für gerichtliche Ermächtigung zur Einberufung der Mietgliederversammlung

Kammergericht, Beschluss vom 05.03.2020  - 22 W 80/19 -

Kurze Inhaltsangabe:

 

Der Beschwerdeführer war Mitglied in einem 2012 gegründeten und seit 2013 im Vereinsregister eingetragenen Verein und begehrte unter Verweis auf eine Ermächtigung von mehr als 1/3 der Mitglieder des Vereins, ihn zur Einberufung einer Mitgliederversammlung zwecks Neuwahl des Vorstandes zu ermächtigen, da er näher dargelegte Bedenken zum vorangegangenen Wahlvorgang habe. Der Antrag wurde vom Amtsgericht zurückgewiesen. Die eingelegte Beschwerde wurde ebenfalls zurückgewiesen.

 

Nach Auffassung des Kammergerichts (KG) waren die Voraussetzungen für eine Ermächtigung nach § 37 Ab. 2 S. 1 BGB nicht gegeben. Nach § 37 Abs. 1 BGB ist eine Mitgliederversammlung einzuberufen, wenn der in der Satzung bestimmte Teil oder, fehlt es an einer Satzungsregelung, der zehnte Teil der Mitgliedre die Einberufung unter Angabe des Zwecks und der Gründe verlangt. Wird dem nicht gefolgt, kann das Gericht die Mitglieder, die das Verlangen gestellt haben, zur Einberufung ermächtigen.

 

Die Ansicht des Amtsgerichts, es würde kein Bedürfnis für die Versammlung bestehen, hielt das KG für fehlerhaft, da § 37 Abs. 2 S. 1 BGB gerade einem Minderheitenrecht Geltung verschaffen wolle. Damit sei eine Versammlung einzuberufen, unabhängig davon, ob diese notwendig oder zweckmäßig sei.  

 

 

Allerdings sei gleichwohl die Beschwerde nicht begründet, da das außergerichtliche verlangen wie auch der gerichtliche Antrag nur vom Beschwerdeführer gestellt worden seien. Beides hätte aber von den Mitgliedern gestellt werden müssen, die das notwendige Quorum darstellen. Das folge aus dem Gleichlauf der Voraussetzungen zur Wirksamkeit eines Einberufungsverlangens an den vorstand und dessen gerichtlicher Durchsetzung.   

 

Aus den Gründen:

 

Tenor

 

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird nach einem Wert von 5.000 EUR zurückgewiesen.

 

Gründe

 

I.

 

Der Beteiligte zu 1), ein Verein, ist am 25. Februar 2012 gegründet und seit dem 12. März 2013 im Vereinsregister eingetragen. Mit Schreiben vom 9. Oktober 2019 beantragte der Beteiligte zu 2), der aufgrund von Vorstandsneuwahlen in einer Mitgliederversammlung vom 25. August 2019 seit dem 20. Dezember 2019 nicht mehr als Vize-Vorsitzender/Schriftführer eingetragen ist, unter Hinweis auf eine Ermächtigung durch mehr als ein Drittel der Mitglieder des Beteiligten, ihn zur Einberufung einer Mitgliederversammlung zu ermächtigen. Dem Antrag beigefügt war ein Ausdruck einer eMail des Beteiligten zu 2) vom 28. September 2019, in dem dieser den Vorstand zur Einberufung einer Mitgliederversammlung “zur Neuwahl” entsprechend einem Mitgliederschreiben vom 12. September 2019 aufforderte und dazu, dies im Vorstand im Umlaufverfahren bis zum 2. Oktober 2019 zu beschließen. Dies lehnten die weiteren drei Vorstandsmitglieder ausweislich der weiter eingereichten eMail-Ausdrucke ab. Schließlich war dem Antrag ein Originalaufforderungsschreiben für den Vorstand beigefügt, dass von den sechs Personen jeweils unterschrieben und mit dem 12. September 2019 datiert worden ist.

 

Auf dieses Schreiben hin hat das Amtsgericht mit einem Schreiben vom 23. Oktober 2019 Bedenken bezüglich der beantragten Ermächtigung geltend gemacht, weil der Beteiligte 2) nicht bevollmächtigt sei und es wegen der Neuwahl in der Versammlung vom 25. August 2019 an einem Rechtschutzbedürfnis fehle. Im Übrigen sei von den Vorstandsmitgliedern auch darauf hingewiesen worden, dass eine Mediation durchgeführt werden sollte. Entgegen dieser Hinweise hat der Beteiligte zu 2) mit einem Schreiben vom 31. Oktober 2019 an seinem Antrag festgehalten. Seine Bedenken gegen die Neuwahl vom 25. August 2019 halte er aufrecht, Mitgliederversammlungen seien immer aufgrund von Vorstandsbeschlüssen einberufen worden. Im Übrigen habe an der Versammlung nur ein Mitglied als natürliche Person teilgenommen und es seien auch nur zwei Organisationen vertreten gewesen. Den Einberufenden sei bewusst gewesen, dass die Mehrheit der Mitglieder nicht erscheinen werde, so dass die Einberufung willkürlich sei. Gleichwohl hat das Amtsgericht den Antrag mit einem Beschluss vom 12. November 2019 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Beteiligte zu 2) mit einem am 12. Dezember 2019 eingegangenen Faxschreiben Beschwerde eingelegt. Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Senat mit einem Beschluss vom 20. Dezember 2019 zur Entscheidung vorgelegt.

 

II.

 

1. Die Beschwerde vom 12. Dezember 2019 ist nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist fristgerecht binnen der Monatsfrist nach § 63 Abs. 1 FamFG eingegangen. Des Erreichens eines Beschwerdewertes bedarf es nicht, weil es sich um eine Vereinsangelegenheit handelt und damit um eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit im Sinne des § 61 Abs. 1 FamFG. Die Beschwerdebefugnis ergibt sich daraus, dass das Amtsgericht den Antrag des Beteiligten zu 2) nach § 37 Abs. 2 Satz 2 BGB zurückgewiesen hat. Dann aber sind die Voraussetzungen nach § 59 Abs. 1 und 2 FamFG gegeben.

 

2. Die Beschwerde hat keinen Erfolg in der Sache. Die Voraussetzungen für eine gerichtliche Ermächtigung nach § 37 Abs. 2 Satz 1 BGB liegen nicht vor.

 

Dies beruht allerdings nicht darauf, dass – wie das Amtsgericht meint – kein Bedürfnis für eine Versammlung gegeben sei. Die Regelung des § 37 Abs. 1 BGB, der mit der Ermächtigung nach § 37 Abs. 2 Satz 1 BGB Geltung verschafft werden soll, stellt ein elementares Minderheitenrecht dar, das so ausgestaltet ist, dass eine Versammlung unabhängig davon einzuberufen ist, ob diese notwendig oder auch nur zweckmäßig ist (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 79. Aufl., § 37 Rdn. 3). Allein das Verlangen der im Gesetz vorgesehenen Mitgliederzahl oder der in der Satzung vorgesehenen Anzahl reicht aus.

 

Insoweit kann letztlich auch offen bleiben, ob das per eMail an die Vorstandsmitglieder übersandte eingescannte Aufforderungsschreiben vom 12. September 2019, das im Original zur Akte gelangt ist, den Formerfordernissen genügte. Denn jedenfalls ist der gerichtliche Antrag allein von dem Beteiligten zu 2) gestellt worden. Dies reicht aber nicht aus, weil dieser Antrag ebenso wie das Verlangen nach § 37 Abs. 1 BGB von dem notwendigen Quorum gestellt werden muss (Krafka, Registerrecht, 10. Aufl., Rdn. 2284). Dies folgt aus dem Gleichlauf zwischen den Voraussetzungen zur Wirksamkeit eines Einberufungsverlangens an den Vorstand und dessen gerichtlicher Durchsetzung. Entsprechend kommt etwa auch im Aktienrecht eine gerichtliche Durchsetzung des Einberufungsverlangens nur in Betracht, wenn die verlangenden Aktionäre dies gerichtlich geltend machen, § 122 Abs. 3 Satz 1 AktG (vgl. dazu auch Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 122 Rdn. 10).

 

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 80 Abs. 1 FamFG. Die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten erscheint nicht notwendig. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt nicht in Betracht. Die Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor.