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Prozessuale Pflichten des Steuerpflichtigen bei Zeugen im Ausland

BFH, Beschluss vom 13.02.2019 - VIII B 83/18 -

Kurze Inhaltsangabe (mit Anmerkung):

 

Das Finanzgericht (FG) hatte die vom Beschwerdeführer (BF) benannten Zeugen A., B. und C. nicht von Amts wegen geladen, mit denen der BF beweisen wollte, dass er über ein bestimmtes Konto bei einer Schweizer Bank nicht habe verfügen dürfen. Das Unterlassen sah der BFH allerdings nicht als Verstoß des FG gegen das in § 76 Abs. 1 FGO statuierte Sachaufklärungsprinzip an.

 

Das FG har gemäß § 76 Abs. 1 FGO den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen, wobei es sich um den Ausfluss der in der dem Steuerprozess immanenten Offizialmaxime handelt, welches zwingend auch dazu führt, wie vom BFH festgehalten, dass dabei die erforderlichen Beweise (§ 81 Abs. 1 S. 2 FGO) zu erheben seien. Die Offizialmaxime bedingt auch, dass das Gericht nicht an Vorbringen und Beweisanträge der Parteien gebunden ist (§ 76 Abs. 1 S. 5 FGO), was aber, so der BFH, nur dann gelte, wenn das FG von sich aus auch Beweise erheben könne, die von den Verfahrensbeteiligten nicht angeboten worden seien (BFH, Beschlüsse vom 22.06.2016 - III B 134/15 – und vom 14.03.2018 - IV B 46/17 -).  Nicht erforderlich sei, auch fernliegenden Erwägungen nachzugehen. Auch sei die Sachaufklärungspflicht grundsätzlich von einer Mitwirkungsverpflichtung der Beteiligten gem. § 76 Abs. 1 FGO unabhängig. §§ 76 Abs. 1 S. 4 FGO iVm. 90 Abs. 2 AO sähen vor, dass ein im Ausland ansässiger Zeuge, der auch zu einem „ausländischen Sachverhalt“ aussagen soll, grundsätzlich von den Verfahrensbeteiligten zu stellen sei und nicht vom FG zu laden sei. Insoweit besteht mithin nach der Rechtslage, wie vom BFH festgehalten, eine Mitwirkungspflicht der Beteiligten und mithin insbesondere desjenigen, der sich auf den oder die Zeugen zu seinen Gunsten beruft. Mit einer Rüge einer unterlassenen Sachaufklärung, wie sie hier vom BF in seiner Nichtzulassungsbeschwerde zum BFH nach Abweisung seiner Klage durch das FG geltend gemacht wurde, müsse daher dargelegt werden, dass der Mitwirkungsverpflichtung, den Zeugen zu stellen, entsprochen worden sei. Käme nämlich der Beteiligte dieser erhöhten Mitwirkungspflicht aus § 90 Abs. 2 AO nicht nach, dürfe das FG ohne Berücksichtigung des Auslandszeugen den Sachverhalt nach eigner Überzeugung würdigen.

 

Zu den Zeugen B. und C. sei das FG schon deshalb nicht zu einer weiteren Sachaufklärung von Amts wegen verpflichtet gewesen, da diese nach eigenen Angaben des BF verstorben seien. Darüber hinaus habe der BFH auch nicht vorgetragen, dass er Bemühungen entfaltet habe, seiner Mitwirkungspflicht aus § 90 Abs. 2 AO bei der Beschaffung von sonstigen Beweismitteln in diesem Zusammenhang zu genügen. Auch zu dem Zeugen A. (dem ehemaligen schweizerischen Bankbetreuer) hätte dieser zu einem Sachverhalt angehört werden sollen, der sich im Ausland (Schweiz) zugetragen habe (nämlich zu der Behauptung, der BF habe über das in der Schweiz auf seinem Namen lautende Koto nicht verfügen können); auch insoweit habe er nicht dargelegt, sich bemüht zu haben, seiner Mitwirkungspflicht zu entsprechen, um den Zeugen in der mündlichen Verhandlung zu stellen. Hier ist auch die Beweisvorsorgeverpflichtung des Beteiligten nach § 90 Abs. 2 S. 4 AO zu berücksichtigen.

 

 

Anmerkung: Das Verfahren unterscheidet sich hier grundlegend von einem Prozess im Rahmen der ordentlichen Gerichtsbarkeit (Zivilgericht), da in dem zivilrechtlichen Verfahren auch ein ausländischer Zeuge selbst dann vom Gericht zu laden ist, wenn es sich um einen Auslandssachverhalt handelt. Erscheint dieser Zeuge nicht, kann zwar - da sich die Prozesshoheit der deutschen Gerichte nicht auf das Ausland bezieht – kein Ordnungsgeld festgesetzt werden, ist aber gleichwohl durch das Gericht der Versuch einer Vernehmung im Ausland (vor einem dortigen Gericht bei entsprechenden Übereinkommen, ansonsten durch ein deutsches Konsulat) zu versuchen und letztlich noch der Versuch zu unternehmen, eine schriftliche Zeugenaussage zu erreichen. 

 

Aus den Gründen:

 

Tenor

 

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 17. April 2018  10 K 799/17 E wird als unbegründet zurückgewiesen.

 

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

 

Gründe

 

Die Beschwerde ist teilweise unzulässig, teilweise unbegründet und daher insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.

 

1. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) gerügten Verstöße des Finanzgerichts (FG) gegen die Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegen nicht vor.

 

a) Soweit der Kläger rügt, das FG habe Herrn A, Frau B und Frau C nicht von Amts wegen als Zeugen geladen und vernommen, ist die Rüge unbegründet.

 

aa) Gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO hat das FG den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen und dabei die erforderlichen Beweise (§ 81 Abs. 1 Satz 2 FGO) zu erheben. Es ist dabei an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden (§ 76 Abs. 1 Satz 5 FGO). Das gilt aber nur in dem Sinne, dass das FG von sich aus auch Beweise erheben kann, die von den Beteiligten nicht angeboten worden sind (z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. Juni 2016 III B 134/15, BFH/NV 2016, 1571, Rz 11; vom 14. März 2018 IV B 46/17, BFH/NV 2018, 728, Rz 12). Die Verpflichtung des FG zur Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen bedeutet aber nicht, dass jeder fernliegenden Erwägung nachzugehen ist. Wohl aber muss das FG die sich im Einzelfall aufdrängenden Überlegungen auch ohne ausdrücklichen Hinweis der Beteiligten anstellen und entsprechende Beweise erheben.

 

bb) Die Sachaufklärungspflicht des FG ist nicht von den Mitwirkungspflichten der Beteiligten gemäß § 76 Abs. 1 FGO losgelöst (vgl. BFH-Beschluss vom 21. Juli 2017 X B 167/16, BFH/NV 2017, 1447, Rz 4). Gemäß § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) ist ein im Ausland ansässiger Zeuge vom FG nicht zu laden, sondern grundsätzlich von den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem FG zu stellen, wenn der ausländische Zeuge auch zu einem ausländischen Sachverhalt aussagen soll. Bezieht sich die mit der Nichtzulassungsbeschwerde gerügte unterbliebene Sachaufklärung auf die Vernehmung eines solchen Auslandszeugen, ist in der Beschwerde daher darzulegen, dass der Beschwerdeführer seiner abgabenrechtlichen Mitwirkungspflicht, den Zeugen zu stellen, genügt hat (BFH-Beschlüsse vom 25. April 2006 X B 38/05, BFH/NV 2006, 1444, Rz 6; vom 27. Oktober 2015 I B 124/14, BFH/NV 2016, 207, Rz 10). Kommt der Beteiligte, der sich auf einen im Ausland lebenden Zeugen beruft, seiner erhöhten Mitwirkungspflicht gemäß § 90 Abs. 2 AO nicht nach, darf das FG ohne Berücksichtigung des Auslandszeugen den ihm vorliegenden Sachverhalt nach freier Überzeugung würdigen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 5. August 2011 III B 144/10, BFH/NV 2011, 1915, Rz 11; in BFH/NV 2016, 207, Rz 10; vom 2. September 2016 IX B 66/16, BFH/NV 2017, 52).

 

cc) Hiernach war das FG in Bezug auf die in den Schriftsätzen des Klägers benannten Zeuginnen B und C bereits deshalb nicht zu einer weiteren Sachaufklärung von Amts wegen verpflichtet, weil der Kläger selbst vorgetragen hat, die Frauen seien nach seiner Kenntnis inzwischen verstorben. Zudem ist nicht ersichtlich und wird auch in der Beschwerde nicht vorgetragen, dass der Kläger Bemühungen entfaltet hat, seinen Mitwirkungspflichten aus § 90 Abs. 2 AO bei der Beschaffung von sonstigen Beweismitteln in diesem Zusammenhang zu genügen. Gleiches gilt für die Rüge, das FG habe den ehemaligen schweizerischen Bankbetreuer A zu der Behauptung vernehmen müssen, der Kläger habe über das auf seinen Namen lautende schweizerische Konto nicht verfügen können. Auch dieser hätte als ausländischer Zeuge zu im Ausland verwirklichten Sachverhalten aussagen sollen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger sich bemüht hat, seine Mitwirkungspflicht zu erfüllen und den Zeugen A in der mündlichen Verhandlung vor dem FG zu stellen.

 

b) Die Rüge, das FG habe gegen die Sachaufklärungspflicht verstoßen, weil es zu einem Notizzettel mit handschriftlichen Vermerken des Klägers von Amts wegen keine weitere Sachverhaltsaufklärung betrieben habe, wird nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügend begründet und ist unzulässig.

 

Die schlüssige Darlegung des Verfahrensmangels einer Verletzung der dem FG von Amts wegen obliegenden Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) erfordert Angaben, welche Tatsachen das FG mit welchen Beweismitteln noch hätte aufklären sollen und weshalb sich dem FG eine Aufklärung unter Berücksichtigung seines --insoweit maßgeblichen-- Rechtsstandpunkts hätte aufdrängen müssen, obwohl der Kläger selbst keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat; schließlich, welches genaue Ergebnis die Beweiserhebung hätte erwarten lassen und inwiefern dieses zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung hätte führen können (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 22. Oktober 2015 I B 94/14, BFH/NV 2016, 748, Rz 11).

 

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Der Kläger gibt an, das FG wäre bei weiterer Sachaufklärung darauf gestoßen, dass er seine handschriftlichen Notizen (den Vornamen des Bankberaters und den Betrag von 1 Mio. €) auf den Umschlag geschrieben habe, weil dies nach einem "esoterischen Verfahren, an das der Kläger glaube" zu einem Geldzuwachs in Höhe des notierten Betrags von 1 Mio. € führen sollte. Das FG habe entgegen der jetzigen Würdigung in den Notizen des Klägers keinen Beleg für die Verfügungsmacht des Klägers über das schweizerische Konto sehen dürfen. In diesem Vorbringen ist keine schlüssige Darlegung eines Verstoßes des FG gegen die Sachaufklärungspflicht zu sehen. Der Kläger nennt schon keine Beweismittel, die dem FG für eine weitere Sachverhaltsaufklärung im Hinblick auf das genannte "esoterische Verfahren zur Geldvermehrung" zur Verfügung gestanden haben sollen.

 

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.