Rückerwerb von Gesellschaftsanteilen einer grundbesitzhaltenden
GmbH und Grunderwerbsteuer
BFH, Urteil vom 22.05.2019 - II R
24/16 -
Kurze Inhaltsangabe mit Anmerkung
Der Sachverhalt lässt sich wie folgt vereinfacht darstellen: Der Kläger erwarb formgerecht in 2011 die Gesellschaftsanteile von Dritten an einer GmbH, die Grundbesitz hatte, womit er über 95% der
Anteile, zuletzt 100% der Anteile an der Gesellschaft hielt. Der Vorgang wurde an die jeweiligen Finanzämter gerichtet, in deren Bezirk der Grundbesitz lag. Mit Bescheid vom 15.03.2013 stellte
das für den Sitz der GmbH zuständige Finanzamt (FA) für den Erwerb der Grundstücke aufgrund der Anteilsvereinigung die Besteuerungsgrundlagen gem. § 17 GrEStG gesondert fest. Dagegen legte der
Kläger Einspruch ein, in der er vortrug, am 27.11.2012 habe ein Rückerwerb von Anteilen stattgefunden. Der Einspruch wurde zurückgewiesen, da nach Auffassung des FA § 16 Abs. 2 GrEStG gem. § 16
Abs. 5 GrEStG im Hinblick darauf nicht anwendbar sei, da keine ordnungsgemäße Anzeige des Anteilserwerbs nach § 18 bzw. § 19 GrEStG erfolgt sei. Die Klage hatte Erfolg, Auf die Revision des FA
wurde das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Der BFH hielt fest, dass der Anteilserwerb die Voraussetzungen der Grunderwerbsteuerpflicht nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt habe. Durch den Erwerb hätte sich (mittelbar oder unmittelbar)
mindestens 95% der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Klägers vereinigt. Diese Vereinigung würde grunderwerbsteuerrechtlich so behandelt, als habe der Käufer der Anteile die Grundstücke
selbst von der Gesellschaft erworben. Mit dem Erwerb der restlichen Anteile auf 100% wurde er Alleingesellschafter; die Besteuerungsgrundlagen waren nach § 17 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GrEStG
festzustellen, und zwar durch das FA am Sitz der Gesellschaft, auch wenn sich die Immobilien außerhalb dessen Zuständigkeitsbereich befinden.
Grundsätzlich lägen hier auch die Voraussetzungen für die Aufhebung der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG vor. Nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG würde auf Antrag
sowohl für den Rückerwerb als auch den Erwerb die Steuer nicht festgesetzt bzw. die Steuerfestsetzung aufgehoben, erfolgt (wie hier) der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit Entstehung der
Steuer. Aus § 16 Abs. 5 GrEStG folge, dass dies auch für Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2, 2a und 3 GrEStG gelte, was aber die Anwendbarkeit der Begünstigungsnorm des § 16 GrEStG auch auf die
Tatbestände des § 1 Abs. 3 GrEStG voraussetze. Ausreichend sei, wenn durch einen Anteilsrückerwerb das Quantum von 95% (hier in der Hand des Klägers) unterschritten würde. Auch wenn dies
vorliegend gegeben sei, würde vorliegend der Rückgängigmachung nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG entgegenstehen, dass der Erwerbsvorgang nicht ordnungsgemäß iSv. § 16 Abs. 5 GrEStG angezeigt worden
sei. § 16 Abs. 5 GrEStG diene der Sicherung der Anzeigepflicht nach §§ 18 und 19 GrEStG und soll so dem Anreiz entgegenwirken, durch Nichtanzeige einer Besteuerung zu entgehen. Es soll auch
verhindert werden, den steuerlichen Effekt wieder durch Rückerwerb aufzuheben, nachdem der steuerbare Vorgang bei der Finanzbehörde bekannt wurde.
Die Anzeigepflichten seien binnen zwei Wochen nach Kenntnisahme vom anzeigepflichtigen Vorgang zu erfüllen (§ 18 Abs. 3, 19 Abs. 3 GrEStG). Träfe die Anzeigepflicht sowohl den Steuerpflichtigen
nach § 18 GrEStG wie auch den Notar nach § 19 GrEStG reiche aus für § 16 Abs. 5 GrEStG aus, wenn einer der Anzeigepflicht ordnungsgemäß nachkäme. Ordnungsgemäß wären hier die Anzeigen nach
§§ 18 Abs. 4 und 19 Abs. 4 GrEStG an die Grunderwerbsteuerstelle des zuständige Finanzamt zu richten gewesen oder es müsste bei Übermittlung an das zuständige Finanzamt jedenfalls deutlich
ersichtlich sein, dass es sich um einen Vorgang der Grunderwerbsteuer handele. Dabei hätte hier die Übermittlung an das für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt gerichtet werden
müssen, § 17 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GrEStG; diese ergäbe sich aus § 17 Abs. 2 S. 3 des Gesetzes über die Finanzverwaltung und den darauf beruhenden landesgesetzlichen Zuständigkeitsverordnungen.
Vorliegend aber hätten weder der Kläger noch der Notar das danach für die gesonderte Feststellung zuständige Finanzamt informiert. Die Anzeige gegenüber den Finanzämtern, in deren jeweiligen
Bezirk sich die Grundstücke befanden, reiche nicht aus.
Anmerkung: Die Entscheidung mag formal richtig begründet sein, stellt sie doch auf die Zuständigkeit des Finanzamtes ab, welches zu informieren ist. Geht man von dem Sinn und Zweck
der Norm der Information des Finanzamtes aus, wie auch vom BFH dargelegt, erschließt sich aber, dass bei Übermittlung an ein unzuständiges Finanzamt, der Vorgang an das zuständige Finanzamt
weitergeleitet wird. Der Zweck, durch Nichtanzeige einer Steuerfestsetzung zu entgehen, wäre also gewahrt, auch wenn die Anzeige an ein formal unzuständiges Finanzamt erfolgte. Der Gesetzgeber
hat hier, gebilligt vom BFH, eine Hürde eingebaut, die für rechtlich oder steuerlich nicht bewanderte Laien schwer fassbar ist und letztlich nicht notwendig wäre. Folge der fehlerhaften Zuleitung
ist, wie hier, ein Schaden in Höhe der (doppelten) Grunderwerbsteuer (Kauf- und Rückkaufvorgang). Damit wird sich für den Steuerpflichtigen die Frage stellen, ob er den Notar, der (ebenfalls)
seiner Verpflichtung nicht korrekt nachkam, haftbar machen kann.
Aus den Gründen
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 12.05.2016 - 12 K 15028/14 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
I.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 08.07.2011 erwarb der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) 71 % der Anteile an einer grundbesitzenden GmbH von insgesamt vier Anteilseignern. Einen
Anteil in Höhe von 9 % erwarb der Kläger von K. Der Kläger selbst war zum Zeitpunkt des Anteilserwerbs bereits zu 29 % an der GmbH beteiligt. Der beurkundende Notar übersandte jeweils
eine Abschrift des beurkundeten Vertrages am 18.07.2011 einem im Bundesland X gelegenen Finanzamt (FA-A) --Grunderwerbsteuerstelle-- für die in dessen Bezirk belegenen Grundstücke der GmbH und
einem im Bundesland Y gelegenen Finanzamt (FA-B) --Grunderwerbsteuerstelle-- für die in dessen Bezirk belegenen Grundstücke der GmbH.
Das FA-A wandte sich mit Schreiben vom 21.09.2011 an den Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) und bat um eine gesonderte Feststellung nach § 17 des
Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) für den in der Mitteilung vom 18.07.2011 bezeichneten Grundbesitz. Nach einer Außenprüfung gelangte das FA zu der Erkenntnis, dass durch den Erwerb der
Anteile mit Vertrag vom 08.07.2011 der Tatbestand nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt und es für die Erstellung des Feststellungsbescheids nach § 17 Abs. 3 Satz 1
Nr. 2 GrEStG zuständig sei.
Am 04.02.2013 wurde die GmbH nach Verlegung ihres Sitzes im Handelsregister des Amtsgerichts, das zum Zuständigkeitsbereich des FA-B gehört, eingetragen. Davon hatte das FA ausweislich der
Grunderwerbsteuerakten durch eine elektronische Abfrage am 11.03.2013 erfahren.
Mit Bescheid vom 15.03.2013 stellte das FA für den Erwerb der Grundstücke aufgrund der Anteilsvereinigung vom 08.07.2011 die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 17 GrEStG gesondert fest. Gegen
den Bescheid erhob der Kläger Einspruch. Er trug vor, mit notariell beurkundetem Vertrag vom 27.11.2012 habe ein Rückerwerb der 9 %-Anteile an der Gesellschaft durch K stattgefunden. Während
des Einspruchsverfahrens wurde der Bescheid vom 15.03.2013 im Hinblick auf eine zunächst unrichtige Urkunden-Nr. mit Bescheid vom 07.06.2013 geändert. Am 08.01.2014 erteilte das Finanzamt, das im
Bundesland Y für die Grunderwerbsteuer zentral zuständig ist, dem FA die Zustimmung, das Rechtsbehelfsverfahren gegen den angefochtenen Feststellungsbescheid weiter fortführen zu können.
Mit Einspruchsentscheidung vom 05.02.2014 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Das FA vertrat die Auffassung, dass § 16 Abs. 2 GrEStG nach § 16 Abs. 5 GrEStG
nicht anzuwenden sei, da keine ordnungsgemäße Anzeige des Anteilserwerbs nach § 18 bzw. 19 GrEStG erfolgt sei. Durch die Anzeigen bei den anderen Finanzämtern, in deren Bezirk sich die
Grundstücke der Gesellschaft befunden hätten, habe der Notar der Anzeigepflicht nicht genügt. Eine Weiterleitungspflicht für die nicht zuständigen Finanzämter innerhalb der Anzeigefrist habe
nicht bestanden.
Die Klage hatte Erfolg. Nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) hat das FA die Anwendung des § 16 Abs. 2 GrEStG im Hinblick auf § 16 Abs. 5 GrEStG zu Unrecht ausgeschlossen.
Zwar sei das FA im Zeitpunkt der gebotenen Anzeige sachlich und örtlich für das im vorliegenden Fall vor der Festsetzung der Steuer vorgeschriebene Feststellungsverfahren zuständig gewesen, so
dass die Anzeige an die Grunderwerbsteuerstelle des FA hätte gerichtet werden müssen. Die bei den Grunderwerbsteuerstellen der Belegenheitsfinanzämter innerhalb der Anzeigefrist abgegebenen
Anzeigen seien jedoch fristwahrend, da diese aufgrund der besonderen Umstände des Streitfalls dem von § 16 Abs. 5 GrEStG verfolgten Normzweck genügten. Die Entscheidung ist in
Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG 2016, 1903) veröffentlicht.
Dagegen richtet sich die Revision des FA. Es rügt die fehlerhafte Anwendung des § 16 Abs. 5 GrEStG. Danach sei die Rückgängigmachung ausgeschlossen, wenn der Steuerpflichtige zuvor
nicht die grunderwerbsteuerbare Anteilsvereinigung ordnungsgemäß angezeigt habe. Im Streitfall sei die Anzeige nicht rechtzeitig bei der zuständigen Finanzbehörde eingegangen.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG
hat zu Unrecht angenommen, § 16 Abs. 5 GrEStG stünde im Streitfall der Aufhebung des Feststellungsbescheids nicht entgegen.
1. Der Erwerb der Anteile der anderen Gesellschafter durch notariell beurkundeten Vertrag vom 08.07.2011 erfüllt den Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG.
a) Nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG unterliegt u.a. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft begründet,
der Grunderwerbsteuer, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers allein vereinigt werden würden. Mit dem
Anteilserwerb wird grunderwerbsteuerrechtlich derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, so behandelt, als habe er die Grundstücke von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in
seiner Hand vereinigen (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20.01.2015 - II R 8/13, BFHE 248, 252, BStBl II 2015, 553, Rz 19,
m.w.N.).
b) Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG sind im Streitfall erfüllt. Durch Vertrag vom 08.07.2011 hat der Kläger die restlichen, von ihm bis dahin noch nicht gehaltenen
Anteile an der grundbesitzenden GmbH erworben. Ab diesem Zeitpunkt war er Alleingesellschafter. Die Besteuerungsgrundlagen waren nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG gesondert
festzustellen, weil die GmbH über Grundbesitz verfügt, der außerhalb des Zuständigkeitsbereiches ihres Sitzfinanzamts belegen ist.
2. Die Voraussetzungen für die Aufhebung der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG liegen dem Grunde nach vor.
a) Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, wird nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den
vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den
vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet. § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG betrifft über seinen Wortlaut hinaus auch Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2, 2a und 3 GrEStG. Dies
folgt aus § 16 Abs. 5 GrEStG, wonach § 16 Abs. 1 bis 4 GrEStG nicht gilt, wenn einer der in § 1 Abs. 2, 2a und 3 GrEStG bezeichneten Erwerbsvorgänge rückgängig
gemacht wird, der nicht ordnungsgemäß angezeigt war. Diese Regelung setzt die grundsätzliche Anwendbarkeit der Begünstigungsvorschrift des § 16 GrEStG auch auf die Tatbestände des § 1
Abs. 3 GrEStG voraus. Es genügt dabei, wenn durch einen Anteilsrückerwerb das von § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG vorausgesetzte Quantum von 95 % der Anteile der
Gesellschaft unterschritten wird (BFH-Urteile vom 11.06.2013 - II R 52/12, BFHE 241, 419, BStBl II 2013, 752, sowie vom 20.02.2019 - II R 27/16, BFHE
264, 352, Rz 34, 35).
b) Der nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG steuerbare Erwerbsvorgang wurde im Streitfall rückgängig gemacht. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 27.11.2012 hat der frühere
Gesellschafter K seinen Anteil an der GmbH in Höhe von 9 % zurückerworben. Ab diesem Zeitpunkt war der Kläger nicht mehr mit mindestens 95 % an der grundbesitzenden GmbH beteiligt.
3. Entgegen der Auffassung des FG steht der Rückgängigmachung nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG entgegen, dass der ursprüngliche Erwerbsvorgang nicht ordnungsgemäß angezeigt wurde
(§ 16 Abs. 5 GrEStG).
a) Wird ein Erwerbsvorgang i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 GrEStG zwar innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht, war er aber nicht
ordnungsgemäß angezeigt (§§ 18, 19 GrEStG) worden, schließt § 16 Abs. 5 GrEStG i.d.F. des Jahres 2011 den Anspruch auf Nichtfestsetzung der Steuer oder Aufhebung der
Steuerfestsetzung aus. § 16 Abs. 5 GrEStG dient der Sicherung der Anzeigepflichten aus §§ 18 und 19 GrEStG und wirkt dem Anreiz entgegen, durch Nichtanzeige einer Besteuerung der
in dieser Vorschrift genannten Erwerbsvorgänge zu entgehen (vgl. BFH-Urteil vom 17.05.2017 - II R 35/15, BFHE 258, 95, BStBl II 2017, 966, Rz 42, m.w.N.).
Insbesondere soll die Vorschrift den Beteiligten die Möglichkeit nehmen, einen dieser Erwerbsvorgänge ohne weitere steuerliche Folgen wieder aufheben zu können, sobald den Finanzbehörden ein
solches Geschäft bekannt wird (vgl. BFH-Urteil in BFHE 258, 95, BStBl II 2017, 966, Rz 42).
b) Die Anzeigepflichten sind innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnisnahme vom anzeigepflichtigen Vorgang zu erfüllen (§ 18 Abs. 3, § 19 Abs. 3 GrEStG). Soweit eine
Anzeigepflicht sowohl den Steuerschuldner nach § 18 GrEStG als auch den Notar nach § 19 GrEStG trifft, reicht es für § 16 Abs. 5 GrEStG aus, wenn einer der
Anzeigeverpflichteten seiner Anzeigepflicht ordnungsgemäß nachkommt (vgl. BFH-Urteile vom 18.04.2012 - II R 51/11, BFHE 236, 569, BStBl II 2013,
830, Rz 24, und vom 03.03.2015 - II R 30/13, BFHE 249, 212, BStBl II 2015, 777, Rz 23).
c) Nach § 18 Abs. 5 GrEStG und § 19 Abs. 4 GrEStG sind die Anzeigen an das für die Besteuerung in den Fällen des § 17 Abs. 2 und 3 GrEStG an das für die gesonderte
Feststellung zuständige Finanzamt zu richten. Die Anzeige muss grundsätzlich an die Grunderwerbsteuerstelle des zuständigen Finanzamts übermittelt werden oder sich zumindest nach ihrem Inhalt
eindeutig an die Grunderwerbsteuerstelle richten. Dazu ist erforderlich, dass die Anzeige als eine solche nach dem GrEStG gekennzeichnet ist und ihrem Inhalt nach ohne weitere Sachprüfung
--insbesondere ohne dass es insoweit einer näheren Aufklärung über den Anlass der Anzeige und ihre grunderwerbsteuerrechtliche Relevanz bedürfte-- an die Grunderwerbsteuerstelle weiterzuleiten
ist (BFH-Urteil in BFHE 249, 212, BStBl II 2015, 777, Rz 25, m.w.N.).
d) Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GrEStG werden die Besteuerungsgrundlagen in den Fällen des § 1 Abs. 2a, 3 und 3a GrEStG durch das Finanzamt, in dessen Bezirk sich
die Geschäftsleitung der Gesellschaft befindet, gesondert festgestellt, wenn ein außerhalb des Bezirks dieser Finanzämter liegendes Grundstück oder ein auf das Gebiet eines anderen Landes sich
erstreckender Teil eines im Bezirk dieser Finanzämter liegenden Grundstücks betroffen wird.
e) Die für die Grunderwerbsteuer maßgebende Zuständigkeit eines Finanzamts für die Steuerfestsetzung oder die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 17 Abs. 3 GrEStG ergibt sich
aus § 17 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes über die Finanzverwaltung und den darauf beruhenden (landesgesetzlichen) Zuständigkeitsverordnungen (vgl. BFH-Urteil vom
23.05.2012 - II R 56/10, BFH/NV 2012, 1579, Rz 16). Bei diesen Verordnungen handelt es sich um nichtrevisibles Landesrecht (BFH-Urteil vom 19.04.2012 -
III R 85/11, BFH/NV 2012, 1411, Rz 19).
f) Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen steht im Streitfall § 16 Abs. 5 GrEStG der Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG entgegen.
Weder der Kläger noch der Notar haben dem für die gesonderte Feststellung zuständigen Finanzamt die Anteilsvereinigung rechtzeitig angezeigt. Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
GrEStG war das FA für die gesonderte Feststellung zuständig, denn in dessen für die Verwaltung der Grunderwerbsteuer maßgeblichem Zuständigkeitsbereich lag im Zeitpunkt der Anteilsvereinigung die
Geschäftsleitung der Gesellschaft. An die entsprechende Auslegung der Verordnung des Landes X durch das FG ist der Senat gebunden. Die Anzeige gegenüber den Finanzämtern, in deren Bezirk die
Grundstücke belegen sind, reichte zur Erfüllung der Anzeigepflicht nicht aus, denn diese waren nicht für die gesonderte Feststellung zuständig. §§ 18 und 19 GrEStG verlangen ausdrücklich
eine Anzeige gegenüber dem zuständigen Finanzamt.
4. Der angefochtene Feststellungsbescheid ist nicht aufzuheben, weil das FA zum Zeitpunkt des Erlasses wegen der Sitzverlegung der GmbH nicht mehr zuständig war, denn es hätte keine andere
Entscheidung in der Sache getroffen werden können (vgl. § 127 der Abgabenordnung).
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.