Abfindungszahlung bei
Aufhebungsvertrag und ermäßigter Steuersatz
BFH, Urteil vom 13.03.2018 - IX R
16/17 -
Kurze Inhaltsangabe:
Der Eheleute wenden sich gegen einen Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes (FA) für 2013. In diesem Jahr hatte der klagende Ehemann zum Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis
eine Abfindung in Höhe von € 36.250,00 erhalten. Im Vertrag über die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses war u.a. geregelt, dass mit dem Ausscheiden am 31.03.2013 alle gegenseitigen
Ansprüche erlöschen und der Kläger keine rechtlichen Schritte in Bezug auf Höhergruppierungs- und Gleichbehandlungsbegehren unternehmen werde. Im Rahmen der gemeinsamen Steuererklärung der
klagenden Eheleute beantragte der Kläger den Abfindungsbetrag dem ermäßigten Steuersatz des § 34 Abs. 1, Abs 2 EStG zu unterwerfen. Dem folgte das beklagte FA nicht. Der Einspruch der Kläger
wurde zurückgewiesen. Das Finanzgericht (FG) unterwarf die Abfindung antragsgemäß dem ermäßigten Steuersatz nach §§ 34 Abs. 2 Nr. 2 iVm 24 Nr. 1a EStG. Die gegen das Urteil eingelegte Revision
wurde betreffend dem Kläger zurückgewiesen und führte hinsichtlich der Klägerin (kostenmäßig) zu einer Abänderung zu deren Lasten.
Der BFH folgt der Annahme des FG, dass die Abfindung eine außerordentliche Einkunft des Klägers nach § 24 Abs. 1a EStG darstelle, die nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG ermäßigt zu besteuern
sie. Entscheidend sei, dass es sich um eine Leistung handele, die als Ersatz für entgangenen oder entgehende Einnahmen gewährt würde und mithin unmittelbar durch den Verlust von steuerbaren
Einnahmen bedingt sei und dazu bestimmt sei, diesen Schaden auszugleichen. Ferner sei Voraussetzung, dass dieser Ausfall von dritter Seite veranlasst sei oder aber der Steuerpflichtige unter
rechtlichem, wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck steht und deshalb zustimmt; der Steuerpflichtige dürfe jedenfalls das Ereignis selbst nicht aus eigenen Antrieb herbeiführen. Diese
Entschädigung gehöre dann zu den tarifbegünstigten Einkünften, wenn eine Zusammenballung von Einkünften bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses dazu führe, dass der Steuerpflichtige im
Veranlagungszeitraum mehr erhalte als bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses.
Die Voraussetzungen seien vorliegend gegeben. So sollte nach nicht zu beanstandender Würdigung durch das FG der Kläger einen Ausgleichsanspruch für den durch den Verdienstausfall entstehenden
Schaden erhalten, und dafür mit dem Vertrag eine neue Rechtsgrundlage geschaffen werden. Im Übrigen habe der Kläger bei Abschluss des Vertrages auch unter Druck gestanden, wobei der BFH offen
lässt, ob er an seiner bisherigen Rechtsprechung zur Drucksituation festhalten werde. Wenn, wie hier, der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer im Zuge einer (einvernehmlichen) Auflösung des
Arbeitsverhältnisses eine Abfindung zahle, sei regelmäßig davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer die Auflösung nicht alleine aus eigenem Antrieb herbeigeführt habe, da dann der
Arbeitgeber keinen Anlass habe, eine Abfindung zu zahlen.
Die Revision des FA hatte betreffend der Klägerin Erfolg. Der Einspruch wurde nur von dem klagenden Ehemann eingelegt, der nicht deutlich gemacht habe, dass er auch für seine Ehefrau den
Einspruch erhebe.
Aus den Gründen:
Tenor
Die
Revision wird als unbegründet zurückgewiesen, soweit das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 17. März 2017 1 K 3037/14 E den Kläger betrifft.
Auf die
Revision wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 17. März 2017 1 K 3037/14 E aufgehoben, soweit es die Klägerin betrifft.
Auf die
Klage der Klägerin wird die Einspruchsentscheidung vom 20. August 2014 aufgehoben; im Übrigen wird die Klage als unzulässig abgewiesen.
Der
Beklagte hat die Kosten des Verfahrens im Verhältnis zum Kläger zu tragen.
Die
übrigen Kosten des Verfahrens werden zwischen der Klägerin und dem Beklagten gegeneinander aufgehoben.
Tatbestand
I.
Der
Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) und seine Ehefrau, die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), werden im Jahr 2013 (Streitjahr) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war bis
zum 31. März 2013 als Verwaltungsangestellter bei der Stadt A beschäftigt. Ab dem 1. April 2013 bezog er Renteneinkünfte. Grundlage für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses des
Klägers war ein am 19. Dezember 2012 zwischen ihm und der Stadt A geschlossener Auflösungsvertrag. Nach § 1 dieses Auflösungsvertrags wurde das Arbeitsverhältnis zwischen der Stadt A
und dem Kläger mit Ablauf des 31. März 2013 im gegenseitigen Einvernehmen und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beendet. Gemäß § 2 erhielt der Kläger zum Zeitpunkt des Ausscheidens
eine Abfindung in Höhe von 36.250 €. In § 3 ist geregelt, dass mit Ablauf des 31. März 2013 alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erlöschen und der Kläger keine
weiteren rechtlichen Schritte etwaiger Höhergruppierungs- und Gleichbehandlungsbegehren unternehmen werde. Die Stadt A zahlte dem Kläger die vereinbarte Abfindung mit der Gehaltsabrechnung für
März 2013 aus.
In der
Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beantragte der Kläger, den Abfindungsbetrag dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 34 Abs. 1, Abs. 2 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) zu unterwerfen.
Der
Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) folgte dem nicht und setzte mit Bescheid vom 28. April 2014 die Einkommensteuer für das Streitjahr ohne Anwendung des ermäßigten
Steuersatzes fest. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein. Mit Bescheid vom 29. Juli 2014 änderte das FA den Einkommensteuerbescheid für 2013 aus nicht streitigen Gründen. Den Einspruch wies
das FA mit der gegen beide Kläger gerichteten Einspruchsentscheidung vom 20. August 2014 als unbegründet zurück.
Das
Finanzgericht (FG) gab der dagegen von beiden Klägern gemeinsam erhobenen Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2017, 1096 veröffentlichten Urteil statt. Es änderte den
Einkommensteuerbescheid 2013 vom 29. Juli 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. August 2014 entsprechend dem Klageantrag ab und unterwarf die Abfindungszahlung in Höhe von
36.250 € dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a
EStG. Die Ermittlung der festzusetzenden Steuerbeträge übertrug das FG dem FA.
Mit der
Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Das FA beantragt sinngemäß,
die Klage unter Aufhebung des Urteils des FG Münster vom 17. März
2017 1 K 3037/14 E abzuweisen.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
die Revision zu verwerfen, hilfsweise sie zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die
Revision ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), soweit das angefochtene Urteil den Kläger betrifft. Das FG hat
zutreffend entschieden, dass die vom Kläger vereinnahmte Abfindung gemäß § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG ermäßigt zu besteuern ist, da sie
zu außerordentlichen Einkünften i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG führt.
1. a)
Eine Entschädigung i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG ist eine Leistung, die "als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen" gewährt wird,
d.h. an die Stelle weggefallener oder wegfallender Einnahmen tritt. Sie muss unmittelbar durch den Verlust von steuerbaren Einnahmen bedingt sowie dazu bestimmt sein, diesen Schaden auszugleichen
und auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruhen (vgl. z.B. Senatsurteile vom 10. Juli 2008 IX R 84/07, BFH/NV 2009,
130, unter II.2., m.w.N., und vom 25. August 2009 IX R 3/09, BFHE 226, 261, BStBl II 2010,
1030, unter II.1.a). Eine Entschädigung i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG i.V.m. § 34 Abs. 1, Abs. 2
Nr. 2 EStG setzt ferner voraus, dass der Ausfall der Einnahmen entweder von dritter Seite veranlasst wurde oder, soweit er vom Steuerpflichtigen selbst oder mit dessen Zustimmung
herbeigeführt worden ist, dass dieser unter rechtlichem, wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck stand; der Steuerpflichtige darf das schadenstiftende Ereignis nicht aus eigenem Antrieb
herbeigeführt haben (z.B. Senatsurteil vom 27. Juli 2004 IX R 64/01, BFH/NV 2005, 191, unter II.2.a, m.w.N.).
b) Eine
Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG gehört zu den tarifbegünstigten außerordentlichen Einkünften i.S. von § 34
Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG, wenn sie in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen ist und wenn durch die Zusammenballung von Einkünften eine erhöhte steuerliche Belastung
entsteht (vgl. z.B. Senatsurteil vom 8. April 2014 IX R 28/13, BFH/NV 2014, 1514, Rz 12,
m.w.N.). Eine Zusammenballung von Einkünften ist nur gegeben, wenn der Steuerpflichtige unter Einschluss der Entschädigung infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in dem jeweiligen
Veranlagungszeitraum insgesamt mehr erhält, als er bei ungestörter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, also bei normalem Ablauf der Dinge, erhalten hätte (vgl. z.B. Senatsurteil vom
9. Oktober 2008 IX R 85/07, BFH/NV 2009, 558, unter II.1., m.w.N.).
2. Nach
Maßgabe dieser Grundsätze hat das FG zutreffend entschieden, dass die dem Kläger von der Stadt A gezahlte Abfindung in Höhe von 36.250 € eine Entschädigung für entgehende Einnahmen i.S.
von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG ist, die als außerordentliche Einkünfte gemäß § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2
EStG dem ermäßigten Steuersatz unterliegt.
a) Das
FG hat den Auflösungsvertrag vom 19. Dezember 2012 dahin ausgelegt, dass die Abfindungszahlung unmittelbar zum Ausgleich des dem Kläger infolge des Wegfalls seiner Bezüge erlittenen Schadens
bestimmt ist und auf dem Auflösungsvertrag als neuer Rechtsgrundlage beruht. Diese Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden; sie ist nach Maßgabe der tatsächlichen Feststellungen
(vgl. § 118 Abs. 2 FGO) möglich, verstößt nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze und ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
b) Das
FG ist im Ergebnis auch zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger bei Abschluss des Auflösungsvertrags unter tatsächlichem Druck stand.
aa) Der
Senat kann hierbei offenlassen, ob an dem Erfordernis der Druck-/Zwangssituation bei Zahlung einer Abfindung im Rahmen eines Über-/Unterordnungsverhältnisses festzuhalten ist (grundsätzlich
zweifelnd Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. November 2016 X R 48/14, BFHE 256, 290, BStBl II 2017,
383, Rz 26). Zahlt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer --wie vorliegend-- im Zuge der (einvernehmlichen) Auflösung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, ist
jedenfalls in der Regel davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht allein aus eigenem Antrieb herbeigeführt hat. Wäre das der Fall, hätte der Arbeitgeber
keine Veranlassung, eine Abfindung zu leisten. Stimmt der Arbeitgeber demgegenüber einer Abfindungszahlung an den Arbeitnehmer zu, kann im Regelfall angenommen werden, dass dazu auch eine
rechtliche Veranlassung bestand. Insofern kann ohne Weiteres auch angenommen werden, dass der Arbeitgeber zumindest auch ein erhebliches eigenes Interesse an der Auflösung des
Arbeitsverhältnisses hatte. Dass der Arbeitnehmer unter solchen Umständen bei Abschluss des Vertrags über die Auflösung seines Arbeitsverhältnisses unter einem nicht unerheblichen tatsächlichem
Druck stand, bedarf dann keiner weiteren tatsächlichen Feststellungen mehr.
bb) Aus
den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) ergeben sich keine Anhaltspunkte, die im Streitfall ausnahmsweise eine abweichende
Beurteilung rechtfertigen würden.
Nach
der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Würdigung des FG hat die Stadt A durch den angekündigten Personalabbau alle in Betracht kommenden Beschäftigten unter tatsächlichen Druck gesetzt,
da diese sich in der Folge mit einer möglichen vorzeitigen Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses und den damit verbundenen Konsequenzen auseinandersetzen mussten. Anders als das FA meint, ist
insoweit unerheblich, ob der Kläger bereits von Beginn an unmittelbar von den geplanten Personalmaßnahmen der Stadt A betroffen war. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers war die
Frühverrentung rentennaher Mitarbeiter gegen Abfindung Bestandteil der Einsparungsmaßnahmen, so dass der Kläger zumindest zu der Zielgruppe und damit zu den von den Einsparungsmaßnahmen
potenziell Betroffenen gehörte. Der Kläger musste sich daher mit einer möglichen Beendigung seines Dienstverhältnisses auseinandersetzen; dass er für die Stadt A auch nicht unabkömmlich war,
verdeutlicht ihr Angebot auf Abschluss eines Auflösungsvertrags.
Etwas
anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass zwischen dem Kläger und der Stadt A bereits seit mehreren Jahren ein Konflikt über dessen tarifliche Eingruppierung bestand. Der Umstand, dass die
Stadt A bereit war, dem Kläger im Rahmen der vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses eine Abfindung unter dessen Verzicht auf weitere Höhergruppierungs- und Gleichbehandlungsbegehren zu
zahlen, spricht vielmehr dafür, dass die Stadt A kein Interesse an einer Fortsetzung des Dienstverhältnisses mit dem Kläger hatte.
Der
Streitfall ist schließlich auch nicht deshalb ausnahmsweise abweichend zu beurteilen, weil der Kläger auf die Stadt A zugegangen war, um ein Angebot auf Abschluss eines Auflösungsvertrags gegen
Abfindung zu erhalten, da der Kläger insoweit nach den Feststellungen des FG zur Vermeidung weiterer Streitigkeiten über seine tarifliche Eingruppierung und der weiteren Fortsetzung seines
Dienstverhältnisses gehandelt hat. Der Kläger hat somit unter dem Eindruck der gesamten Verhältnisse dem Druck der Stadt A nachgegeben und seinen Arbeitsplatz gegen eine Abfindungszahlung
aufgegeben.
c) Zu
Recht hat das FG auch eine Zusammenballung von Einkünften i.S. von § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG bejaht. Der Kläger hat nach den
Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) im Streitjahr einschließlich der Abfindung insgesamt mehr erhalten, als er bei ungestörter Fortsetzung seines
Arbeitsverhältnisses erhalten hätte. Das FG hat insoweit zutreffend auch die Renteneinkünfte des Klägers im Streitjahr berücksichtigt, da im Rahmen der Vergleichsberechnung zur Ermittlung der
Ist-Größe nicht die Art der Tätigkeit des Steuerpflichtigen nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder die Art der vereinnahmten Einkünfte im Streitjahr maßgebend sind, sondern die
potenziell progressionssteigernde Wirkung der tatsächlich bezogenen Einkünfte (vgl. z.B. Senatsurteil vom 8. April 2014 IX R 33/13, BFH/NV 2014, 1358, Rz 13, m.w.N.). Zwar hätte das FG mangels progressionssteigernder Wirkung nicht auch den steuerfreien Teil der Renten des Klägers in
die Vergleichsberechnung einbeziehen dürfen; dies ist vorliegend aber unschädlich, da der Kläger im Streitjahr auch ohne Berücksichtigung der steuerfreien Rentenanteile insgesamt mehr erhalten
hat, als er bei ungestörter Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses erhalten hätte.
III.
Die
Revision ist begründet, soweit das angefochtene Urteil die Klägerin betrifft. Sie führt insoweit zur Aufhebung der Vorentscheidung. Der Senat gibt der Klage der Klägerin mit der Maßgabe statt,
dass die Einspruchsentscheidung, soweit sie gegen die Klägerin ergangen ist, isoliert aufgehoben wird und weist die Klage im Übrigen als unzulässig ab (§ 126 Abs. 3
Satz 1 Nr. 1 FGO).
1. Zu
Unrecht hat das FG der Klage der Klägerin in vollem Umfang stattgegeben. Die Klage war unzulässig, soweit sie auf eine ermäßigte Besteuerung der Abfindungszahlung gerichtet war, da die Klägerin
das erforderliche Vorverfahren (vgl. § 44 Abs. 1 FGO, §§ 347 ff. der Abgabenordnung --AO--) nicht durchgeführt
hatte.
a)
Nach § 357 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO ist der Einspruch schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur
Niederschrift zu erklären; es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat.
Aus der
Rechtsbehelfsschrift muss sich aber hinreichend klar ergeben, wer die Verwaltungsentscheidung angreift. Bei Zusammenveranlagung muss feststehen, welcher Ehegatte sich beschwert fühlt und die
Nachprüfung des Steuerbescheides begehrt. Ein von dem einen Ehegatten eingelegter Rechtsbehelf hat nicht ohne Weiteres die Wirkung eines auch von dem anderen Ehegatten eingelegten Rechtsbehelfs.
Selbst wenn angenommen würde, dass der den Rechtsbehelf einlegende Ehegatte bereits aufgrund der gemeinsamen, von beiden Eheleuten unterschriebenen Einkommensteuererklärung von dem anderen
Ehegatten wirksam zur Vornahme aller im Besteuerungsverfahren erforderlichen Rechtshandlungen bevollmächtigt worden wäre, so ist für die wirksame Rechtsbehelfseinlegung des einen Ehegatten auch
für den anderen erforderlich, dass der das Rechtsmittel führende Ehegatte unmissverständlich zum Ausdruck bringt, er lege den Rechtsbehelf auch für den anderen Ehegatten ein (vgl.
z.B. BFH-Urteil vom 20. Dezember 2012 III R 59/12, BFH/NV 2013, 709, Rz 12, m.w.N.).
b) Nach
Maßgabe dieser Grundsätze hat der Kläger vorliegend erkennbar nur für sich allein, nicht auch für die Klägerin Einspruch eingelegt. Das Einspruchsschreiben vom 22. Mai 2014 benennt
ausschließlich den Kläger im Briefkopf; es ist in der Ich-Form gehalten und auch nur von dem Kläger unterschrieben. So verhält es sich auch mit dem --außerhalb der Einspruchsfrist-- an das FA
gerichteten Schreiben des Klägers vom 15. Juli 2014. Es bestehen auch sonst keine Anhaltspunkte, dass der Kläger innerhalb der Einspruchsfrist Einspruch auch für die Klägerin eingelegt hat,
womit der angefochtene Einkommensteuerbescheid mit Ablauf der Einspruchsfrist gegenüber der Klägerin bestandskräftig geworden ist.
2. Die
Sache ist spruchreif. Zwar hat die Klägerin vor dem FG die Änderung der Einkommensteuerfestsetzung beantragt. Nach der Rechtsprechung des BFH enthält dieser Antrag jedoch sinngemäß zugleich den
zulässigen Antrag auf isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung, soweit sie gegen die Klägerin ergangen ist (vgl. dazu BFH-Urteile vom 20. Dezember 2006
X R 38/05, BFHE 216, 297, BStBl II 2007, 823, unter B.I.4.; vom 13. November 2008 V R 24/06, juris, Rz 11, und vom 17. Juli 2013 X R 28/13, BFH/NV 2014,
351, Rz 8). Insoweit erweist sich die Klage der Klägerin als begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf isolierte Aufhebung der gegen sie ergangenen
Einspruchsentscheidung, da sie gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 keinen Einspruch eingelegt hatte. Die gegen sie gerichtete Einspruchsentscheidung vom 20. August 2014 durfte damit nicht
gegen sie ergehen und war somit rechtswidrig (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 26. August 2004 IV R 68/02, BFH/NV 2005, 553, unter
I.1.c). Im Übrigen ist die Klage der Klägerin jedoch unzulässig, da sie das Vorverfahren nicht durchgeführt hatte.
IV.
Die
Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO (Kläger) und § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO (Klägerin).