Kurze Inhaltsangabe:
Der Beklagte hatte der Klägerin einen Frachtauftrag erteilt und diesen dann vor Durchführung aus in seiner Sphäre liegenden Gründen gekündigt. Unter Berufung auf § 415 Abs. 2 Nr. 1 HGB hat die Frachtführerin (Klägerin) dann Schadensersatz in Höhe der vereinbarten Frachtkosten abzüglich ersparter Eigenaufwendungen geltend gemacht. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, da es der Auffassung war, die Klägerin habe die ersparten Aufwendungen nicht substantiiert dargelegt. Dagegen legte die Klägerin Berufung ein und beantragte Hilfsweise die Zahlung einer Entschädigung nach § 415 Abs. 2 Nr. 2 HGB (ein Drittel der Frachtkosten pauschal, sogen. Fautfracht). Die Berufung wurde zurückgewiesen, bezüglich des Hilfsantrages mit der Begründung, durch die Geltendmachung des Anspruchs nach § 415 Abs. 2 Nr. 1 HGB hätte sich die Klägerin gebunden und könne nicht mehr auf § 415 Abs. 2 Nr. 2 HGB umstellen.
Die zugelassene Revision, mit der die Klägerin nun nur noch den Hilfsantrag des Berufungsverfahrens als Hauptantrag weiterverfolgte, hatte Erfolg.
Zunächst setzte sich der BGH mit der Frage der Zulässigkeit in Bezug auf den jetzigen Hauptantrag auseinander. Er verwies darauf, dass ausnahmsweise dann der neue Hauptantrag als Klageänderung nach § 264 Nr. 2 ZPO auch im Revisionsverfahren zulässig sei, wenn sich der Tatrichter mit allen dafür erforderlichen tatsächlichen Umständen bereits befasst hatte, was hier der Fall war.
Anders als das Berufungsgericht sah es der BGH als möglich an, von einem Anspruch nach § 415 Abs. 2 Nr. 1 HGB auf einen solchen nach § 415 Abs. 2 Nr. 2 HGB umzustellen. Es handele sich hier nicht um eine Wahlschuld iSv. §§ 262 bis 265 BGB, sondern um einen in der Rechtsprechung anerkannten Fall der elektiven Konkurrenz. Dabei stünden dem Gläubiger mehrere, sich wechselseitig ausschließende Ansprüche zu , zwischen denen er wählen könne. Für diesen Fall wäre aber die Regelung des § 263 BGB, wonach die einmal abgegebene Erklärung bindend sei und von Anfang an gilt, nicht, auch nicht analog anwendbar. On also eine Bindungswirkung bei der Geltendmachung nach einer der Regelungen in § 415 Abs. 2 HGB Bindungswirkung entfalte, sei durch Auslegung zu ermitteln.
Der BGH schließt sich hier einer vom OLG Hamm (Urteil vom 26.02.2015 – 18 U 82/14 -) an, wonach das Wahlrecht erst erlischt, wenn der geltend gemachte Anspruch vom Schuldner erfüllt wurde. Zum Einen gäbe es für die Bindungswirkung einer einmal getroffenen Wahl im Gesetz selbst keine Anhaltspunkte. Zum Anderen wäre es unbillig, den bezüglich des Umfangs seiner Ersparnisse beweisbelasteten Frachtführer nicht erlauben zu wollen, bei Beweisschwierigkeiten, die sich häufig erst im Prozess herausstellen würden, von der Einzelabrechnung auf die Fautfracht umzustellen.
Aus den Gründen:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München I - 13. Zivilkammer - vom 27. Oktober 2015 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als dort in Höhe eines Betrags von 924 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. Juli 2015 zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts München vom 5. Februar 2015 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Klägerin verurteilt, an sie 924 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. Juli 2015 zu zahlen.
Die Klägerin hat die Kosten der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme zu tragen. Von den übrigen Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin 11/20 und der Beklagte 9/20. Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen; die Kosten der Revision fallen dem Beklagten zur Last.
Von Rechts wegen
Die Parteien schlossen am 2. Juni 2014 einen Vertrag über die Beförderung von Umzugsgut des Beklagten von M. in die Schweiz zum Preis von 2.772 € zuzüglich Nebenkosten und Umsatzsteuer. Mit Schreiben vom 23. Juni 2014 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass der Umzug nicht stattfinden könne, weil sein Vater zwischenzeitlich schwer erkrankt sei.
Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin den Beklagten auf Zahlung der vereinbarten Fracht abzüglich ihrer ersparten Aufwendungen in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat die auf Zahlung von 2.000,30 € Fracht, 281,30 € vorgerichtliche Anwaltskosten und Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren in zweiter Instanz hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf ein Drittel der vereinbarten Fracht (Fautfracht) weiter.
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin habe nach den zutreffenden Feststellungen des Amtsgerichts die Vereinbarung eines Umzugs auf den 9. Juli 2014 nicht beweisen können und zu ihren auf den geltend gemachten Frachtanspruch anzurechnenden Ersparnissen, für die sie die Darlegungs- und Beweislast trage, keinen spezifizierten Vortrag gehalten. Der von der Klägerin im Berufungsverfahren geltend gemachte Anspruch auf Fautfracht in Höhe von 924 € sei nicht begründet, weil die Klägerin sich zuvor für die Geltendmachung ihres Anspruchs auf die vereinbarte Fracht entschieden habe. Das Gesetz wolle dadurch, dass es dem Frachtführer den Anspruch auf die pauschale Fautfracht gebe, nicht nur die Planungs-, Kalkulations- und Rechtssicherheit zwischen den Parteien, sondern auch eine prozessökonomische Streitbeilegung fördern. Dieser Zweck würde unterlaufen, wenn der Frachtführer von der Einzelabrechnung zur Fautfracht wechseln könnte, falls diese ihm auf einmal günstiger erschiene.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin ist zulässig (dazu unter II 1) und begründet (dazu unter II 2).
1. Die Revision der Klägerin ist aufgrund ihrer Zulassung durch das Berufungsgericht gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Unerheblich ist dabei, ob das Berufungsgericht das Rechtsmittel - worauf die Formulierung im Tenor des Berufungsurteils unter 4 "Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen." hinweist - im vollen Umfang oder aber - wie die Formulierung unter III 3 der Entscheidungsgründe des Berufungsurteils "Zur Fortbildung des Rechts (Wahlrecht bei § 415 Abs. 2 S. 1 HGB) war die Revision zuzulassen." nahelegt - lediglich im Blick auf den von der Klägerin erstmals mit Schriftsatz vom 26. Juni 2015 geltend gemachten Anspruch auf Fautfracht in Höhe von 924 € zugelassen hat. Die Klägerin hat mit ihrer Revision allein den von ihr im Berufungsverfahren hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Fautfracht weiterverfolgt.
2. Die Revision ist begründet und führt in Höhe von einem Drittel der vereinbarten Fracht, in der die Klägerin ihren Klageanspruch im Revisionsverfahren weiterverfolgt hat, zur Stattgabe der Klage.
a) Die Revision ist nicht deshalb unbegründet, weil die Klägerin - wie die Revisionserwiderung in der mündlichen Revisionsverhandlung geltend gemacht hat - ihr auf § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HGB gestütztes Zahlungsbegehren nicht wirksam in den Rechtsstreit eingeführt hat, da sie ihren Zahlungsanspruch in erster Instanz allein auf § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB gestützt, den von ihr aus § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HGB hergeleiteten Zahlungsanspruch im Berufungsverfahren nur hilfsweise und erst in dritter Instanz allein geltend gemacht und ihr im Rahmen des § 415 Abs. 2 Satz 1 HGB zustehendes Wahlrecht damit nicht rechtzeitig ausgeübt hat.
aa) Eine Klageänderung ist allerdings nach §§ 263, 267 ZPO schon in erster Instanz nur unter den dort genannten Voraussetzungen und im Berufungsverfahren weitergehend nur unter den in § 533 ZPO genannten Voraussetzungen zulässig und damit wirksam. In der Revisionsinstanz, in der nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO neuer Tatsachenvortrag nicht zulässig ist, ist eine Klageänderung sogar regelmäßig ausgeschlossen. Sie ist jedoch nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässig, wenn sie nur eine Beschränkung oder Modifikation eines bereits zuvor gestellten Antrags darstellt und sich auf einen Sachverhalt stützt, den der Tatrichter bereits gewürdigt hat (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 30. Oktober 2013 - XII ZR 113/12, BGHZ 198, 337 Rn. 33; Urteil vom 14. März 2014 - V ZR 115/13, NJW 2014, 2199 Rn. 14; Urteil vom 19. November 2014 - VIII ZR 191/13, BGHZ 203, 256 Rn. 23; Urteil vom 20. August 2015 - III ZR 57/14, NJW-RR 2016, 115 Rn. 31, jeweils mwN).
bb) In dem zuletzt dargestellten Sinn verhält es sich im Streitfall.
(1) Die in § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 HGB geregelten, wahlweise gegebenen Ansprüche stellen bloße Modifikationen des Entschädigungsanspruchs dar, der dem Frachtführer gemäß § 415 Abs. 2 Satz 1 HGB zusteht, wenn der Absender den Frachtvertrag aus Gründen kündigt, die nicht dem Risikobereich des Frachtführers zuzurechnen sind (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs des Transportrechtsreformgesetzes, BR-Drucks. 368/97 S. 44 r. Sp.: "Das in [§ 415] Absatz 2 [HGB] vorgeschlagene Rechtsfolgenmodell kombiniert die bisher im geltenden Recht dem Unternehmer für den Fall der Vertragsbeendigung eingeräumten Rechte."). Damit stellte der - zunächst hilfsweise und in der Revisionsinstanz endgültig erklärte - Wechsel der Klägerin von dem Anspruch gemäß § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB zum Anspruch gemäß § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HGB ebensowenig eine Klageänderung dar wie etwa der Übergang des Klägers in einem Schadensersatzprozess vom "kleinen" zum "großen" Schadensersatz (vgl. dazu BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 - XI ZR 536/14, NJW 2015, 3160 Rn 33; Urteil vom 4. Dezember 2015 - V ZR 142/14, VersR 2016, 597 Rn. 35, jeweils mwN.).
(2) Das Berufungsgericht ist - von der Revisionserwiderung unangegriffen - vom Vorliegen der Voraussetzungen ausgegangen, von denen der Anspruch gemäß § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB ebenso abhängt wie der Anspruch gemäß § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HGB. Es hat die die Klage abweisende Entscheidung des Amtsgerichts allein deshalb bestätigt, weil es den der Klägerin bei dem Anspruch gemäß § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB obliegenden Beweis, dass sie über die von ihr angegebenen Aufwendungen hinaus nichts erspart hat, als nicht geführt und das Wahlrecht, auf den Anspruch gemäß § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HGB überzugehen, als bereits verbraucht angesehen hat.
b) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass die Klägerin nicht berechtigt war, statt des zunächst geltend gemachten Anspruchs gemäß § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB später den Anspruch gemäß § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HGB geltend zu machen. Die in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und im Schrifttum umstrittene und vom Bundesgerichtshof (vgl. Urteil vom 15. Oktober 2001 - II ZR 22/01, TranspR 2002, 36, 37) bislang offen gelassene Frage, ob ein Frachtführer, der nach der Kündigung des Frachtvertrags durch den Absender zunächst den Anspruch auf die vereinbarte Fracht abzüglich seiner ersparten Aufwendungen gemäß § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB geltend gemacht hat, nachfolgend stattdessen noch die Fautfracht gemäß § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HGB beanspruchen kann, ist zu bejahen.
aa) Kein Streit besteht in diesem Zusammenhang darüber, dass es sich bei dem in § 415 Abs. 2 Satz 1 HGB geregelten Wahlrecht nicht um einen Fall der Wahlschuld im Sinne der §§ 262 bis 265 BGB, sondern um einen Fall der gesetzlich nicht geregelten, aber in Rechtsprechung und Lehre anerkannten sogenannten elektiven Konkurrenz handelt, bei der einem Gläubiger mehrere Ansprüche zustehen, die sich gegenseitig ausschließen, zwischen denen der Gläubiger aber wählen kann (vgl. Staub/Schmidt, HGB, 5. Aufl., § 415 Rn. 25; Koller, Transportrecht, 8. Aufl., § 415 HGB Rn. 15, jeweils mwN; allgemein zur elektiven Konkurrenz Staudinger/Bittner, BGB [März 2014], § 262 Rn. 7 bis 10). Damit sind die §§ 262 bis 265 BGB und insbesondere § 263 BGB, wonach die vom Wahlberechtigten durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil gewählte Leistung als die von Anfang an allein geschuldete gilt, auf das Wahlrecht des Frachtführers gemäß § 415 Abs. 2 Satz 1 HGB weder unmittelbar noch analog anwendbar. Dementsprechend ist die Frage, ob eine vom Frachtführer in dieser Hinsicht vorgenommene Wahl bindend ist oder noch geändert werden kann, im Wege der Auslegung dieser Bestimmung zu beantworten (Staub/Schmidt aaO § 415 Rn. 25).
bb) Nach der einen Ansicht, der das Berufungsgericht gefolgt ist, soll die erstmalige Ausübung des dem Frachtführer in § 415 Abs. 2 Satz 1 HGB eingeräumten Wahlrechts bindende Wirkung entfalten (vgl. Staub/Schmidt aaO § 415 Rn. 26; Koller, Transportrecht, 7. Aufl. [2010], § 415 HGB Rn. 15; ders. weiterhin in Koller/Kindler/Roth/Morck, HGB, 8. Aufl. [2015], § 415 Rn. 1; MünchKomm.HGB/Thume, 3. Aufl., § 415 Rn. 10; Heymann/Schlüter, HGB, 2. Aufl., § 415 Rn. 8; Oetker/Paschke, HGB, 4. Aufl., § 415 Rn. 4; Baumbach/Hopt/Merkt, HGB, 36. Aufl., § 415 Rn. 2; Ensthaler/Bracke/Janßen, GK-HGB, 8. Aufl., § 415 Rn. 2; Andresen/Valder, Speditions-, Fracht- und Lagerrecht, Lief. 1/05, § 415 Rn. 19a; BeckOK HGB/G. Kirchhof, Stand: 01.05.2016, § 415 Rn. 2; Holland in v. Waldstein/Holland, Binnenschifffahrtsrecht, 5. Aufl., § 415 HGB Rn. 6). Neben der vom Berufungsgericht herangezogenen Argumentation (vgl. oben unter I sowie Staub/Schmidt aaO § 415 Rn. 26) wird für diese Ansicht auch darauf verwiesen, dass die Pauschalierung gemäß § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HGB Prozesse und Streitigkeiten über die Berechnung des Anspruchs gemäß § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB soll vermeiden helfen. Es dürfe dem Frachtführer nicht erlaubt sein, von der Einzelabrechnung zur Fautfracht zu wechseln, da dieser sonst einen Anreiz hätte, zunächst immer die streitträchtigen Ansprüche gemäß § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB zu verfolgen (Koller, Transportrecht, 7. Aufl., § 415 HGB Rn. 15). Dass die dahinter stehenden prozessökonomischen Erwägungen maßgebliche Berücksichtigung verdienten, werde daran deutlich, dass das Gesetz lediglich eine einzige Methode der Anspruchsberechnung hätte vorsehen können. Im Verhältnis dazu stelle die nach dem geltenden Recht bestehende Wahlmöglichkeit den Frachtführer trotz seiner Bindung an die von ihm einmal getroffene Wahl immer noch besser (Staub/Schmidt aaO § 415 Rn. 26 a.E.).
cc) Vorzugswürdig ist die Gegenansicht, nach der das Wahlrecht für den Frachtführer gemäß § 415 Abs. 2 Satz 1 HGB so lange besteht, bis der geltend gemachte Anspruch erfüllt ist (vgl. OLG Hamm, TranspR 2015, 382, 384; Koller, Transportrecht, 8. Aufl. [2013], § 415 HGB Rn. 15; Reuschle in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., § 415 Rn. 6; Ruß in HK-HGB, 7. Aufl., § 415 Rn. 3; Pöttinger in Lammich/Pöttinger, Gütertransportrecht, 46. Lief., § 415 HGB Rn. 5; Bodis, jurisPR-TranspR 3/2015 Anm. 1 unter C).
(1) Für die Ansicht, dass die vom Frachtführer einmal getroffene Wahl bindend ist, gibt es schon keinen Anhaltspunkt im Gesetz. Dieses geht im Gegenteil von der Parallelität der Anspruchsgrundlagen aus, da es bei einem aus der Risikosphäre des Frachtführers kommenden Kündigungsgrund gemäß § 415 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 HGB nicht nur den geltend gemachten Anspruch, sondern beide Ansprüche entfallen lässt (vgl. Bodis, jurisPR-TranspR 3/2015 Anm. 1 unter C).
(2) Es wäre zudem unbillig, dem bereits hinsichtlich des Umfangs seiner Ersparnis beweisbelasteten Frachtführer weitergehend auch nicht zu erlauben, bei Beweisschwierigkeiten, die sich häufig erst im Prozess herausstellen, von der Einzelabrechnung zur Fautfracht zu wechseln (vgl. Koller, Transportrecht, 8. Aufl., § 415 HGB Rn. 15; Reuschle in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn aaO § 415 Rn. 6; Bodis, jurisPR-TranspR 3/2015 Anm. 1 unter C).
(3) Die Vorschrift des § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HGB kann den mit ihr verfolgten Zweck einer prozessökonomischen Streitbeilegung unter bestimmten Umständen nur erfüllen, wenn die erstmalige Ausübung des dem Frachtführer in § 415 Abs. 2 Satz 1 HGB eingeräumten Wahlrechts keine bindende Wirkung entfaltet. Das fortbestehende Wahlrecht ermöglicht es dem Frachtführer, eine von ihm mit dem Absender auf der Grundlage des § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB begonnene Auseinandersetzung zu einem späteren Zeitpunkt, zu dem er absehen kann, dass der erfolgreiche Abschluss dieser Auseinandersetzung noch eine zeit- und kostenintensive Beweiserhebung erforderte, auf der Grundlage des § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HGB zu einem für ihn immerhin annehmbaren Abschluss zu bringen.
(4) Die Annahme eines nicht schon mit seiner erstmaligen Ausübung erlöschenden Wahlrechts begründet für den Frachtführer auch keinen dem Zweck der gesetzlichen Regelung des § 415 Abs. 2 Satz 1 HGB widersprechenden Anreiz, zunächst immer Ansprüche aus § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB zu wählen. Ein Frachtführer, der sich vor die Frage gestellt sieht, ob er nach der vom Absender erklärten Kündigung des Frachtvertrags den - gegebenenfalls zu einer höheren Zahlung führenden, aber möglicherweise schwer zu beweisenden - Anspruch gemäß § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB oder den - gegebenenfalls zu einer geringeren Zahlung führenden, aber nicht mit entsprechenden Beweisrisiken behafteten - Anspruch gemäß § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HGB geltend machen soll, wird zu bedenken haben, dass er Gefahr läuft, bei einem Misserfolg der auf § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB gestützten Klage jedenfalls einen Teil der Prozesskosten tragen zu müssen. Er wird weiterhin zu berücksichtigen haben, dass er die Kosten einer wegen der bei § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB bestehenden Beweiserfordernisse durchgeführten Beweisaufnahme unter Umständen allein wird tragen müssen. Danach kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Frachtführer im Fall des § 415 Abs. 2 Satz 1 HGB mit der Gewährung eines Wahlrechts, das nicht schon mit seiner erstmaligen Ausübung erlischt, ein dem Zweck der gesetzlichen Regelung widersprechendes wirtschaftliches oder rechtliches Übergewicht gegenüber seinem Vertragspartner eingeräumt wird.
c) Danach hat das Urteil des Berufungsgerichts im von der Klägerin mit der Revision angegriffenen Umfang weder mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung noch aus anderen Gründen Bestand. Es spricht nichts dafür, dass der Anspruch der Klägerin auf Fautfracht nach § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HGB gemäß § 415 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 HGB deshalb nicht besteht, weil die Kündigung auf Gründen beruht, die dem Risikobereich der Klägerin zuzurechnen sind. Da der Rechtsstreit auch im Übrigen zur Endentscheidung reif ist, ist das Berufungsurteil teilweise aufzuheben und der Klage unter teilweiser Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils in dem Umfang stattzugeben, in dem der Klägerin ein - der Höhe nach unstreitiger - Anspruch auf Fautfracht zusteht (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Die Entscheidung hinsichtlich der Zinsen beruht auf § 288 Abs. 1 und 2 BGB. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihren Anspruch auf Fautfracht erstmals im Schriftsatz vom 26. Juni 2015 hilfsweise geltend gemacht hat und dieser Schriftsatz der Beklagtenvertreterin am 16. Juli 2015 zugestellt worden ist.
III. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens vor dem Amtsgericht beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO und - soweit wegen des von der Klägerin dort allein auf § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HGB gestützten Klageanspruchs Beweis erhoben worden ist und dadurch Kosten entstanden sind - auf § 96 ZPO.
Die hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens getroffene Entscheidung folgt, soweit die Klage endgültig ohne Erfolg geblieben ist, aus § 97 Abs. 1 ZPO und im Übrigen aus § 97 Abs. 2 ZPO. Die Klägerin hat den Anspruch gemäß § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 HGB, mit dem ihre Klage letztlich teilweise Erfolg hatte, erstmals im Berufungsverfahren geltend gemacht.
Die Entscheidung über die Kosten der Revision beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.