Verkehrssicherungspflicht für Radfahrer bei Schlaglöchern auf einem
Wirtschaftsweg ?
OLG Hamm, Hinweisbeschluss
vom 11.11.2020 - 11 U 126/20 -
Kurze Inhaltsangabe:
Der Kläger machte gegen die Stadt Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend, da er nach seiner Behauptung am Unfalltag gegen Mittag mit seinem Fahrrad in der Mitte des Wirtschaftsweges
in ein ca. 6 – 8cm tiefes und in seiner Fahrtrichtung 50 – 60cm langes Schlagloch geraten sei und dadurch bedingt zu Fall gekommen sei. Das Schlagloch sei für ihn wegen eines Schattenwurfs nicht
zu erkennen gewesen. Das Landgericht wies die Klage ab. In seinem Hinweisbeschluss wies das OLG den Kläger darauf hin, dass es beabsichtige seine Berufung nach § 522 Abs. Abs. 2 S. 1 ZPO
zurückzuweisen.
Grundsätzliche umfasse die Straßenverkehrssicherungspflicht die notwendigen Maßnahmen zur Herbeiführung bzw. Aufrechterhaltung eines für den Benutzer sicheren Zustandes. Allerdings besage dies
nicht, dass die Straßen und Wege völlig gefahrlos und frei von jeglichen Mängeln sein müssten, da auf die Zumutbarkeit abzustellen sei und eine vollständige Gefahrlosigkeit mit zumutbaren Mitteln
nicht zu erreichen sei. Entscheidend seien für den Umfang der Sicherungspflicht der Charakter des Weges, Art und Ausmaß seiner Inanspruchnahme und die vernünftige Erwartungshaltung des Benutzers
unter Berücksichtigung von dessen Verkehrsbedeutung. Vom Grundsatz her habe der Benutzer einer Straße diese so hinzunehmen, wie sie sich ihm darbiete und sich darauf einzustellen. Gefahren
müssten nur ausgeräumt werden (bzw. vor ihnen gewarnt werden), vor denen sich der sorgsame Verkehrsteilnehmer nicht selbst schützen könne (z.B. da sie völlig überraschend eintrete oder nicht
rechtzeitig erkennbar sei).
Anders als die herrschende Meinung, die eine Verkehrssicherungspflicht bei Schlaglöchern von mindestens 15cm Tiefe auf verkehrswichtigen Straße annehme, würde der Senat bei Radfahrern eine Tiefe
von bis zu 4cm, als noch beherrschbar annehmen wollen. Allerdings verbiete sich die Fixierung auf einen bestimmten Wert und käme es auf die o.g. Kriterien an und damit die Umstände des
Einzelfalls an.
Vorliegend handele es sich nach der Verkehrsbedeutung um einem in einem landwirtschaftlichem gebiet belegenen Wirtschaftsweg. An die Sicherung eine solchen seien geringe Anforderungen zu stellen.
Hier trete die Eigenvorsorge des Nutzers in den Vordergrund.
Zu Art und Lage hielt das OLG fest, dass der Weg 5m breit sei. Die Lage und die Größe des Schlaglochs, wie vom Kläger behauptet, als richtig unterstellt, würde ein gewisses
Gefahrenpotential für den Radfahrer bedeuten, der hier hineingerät. Das OLG wies darauf hin, dass der Radfahrer hätte rechts fahren müssen, § 2 Abs. 1 StVO, weshalb der Radfahrer nicht erwarten
dürfe, dass der Weg nicht nur rechts, sondern auch in der Mitte gefahrlos befahren werden könne. Ferner ergäbe sich aus der allgemeinen Lebenserfahrung, dass bei einer Benutzung von
Wirtschaftswegen grundsätzlich mit Fahrbahnunebenheiten zu rechnen sei, da diese Wege regelmäßig mit schweren landwirtschaftlichen Gerät befahren würden und dadurch Straßenschäden entstünden. Der
Kläger sei also gem. § 3 Abs. 1 S. 2 und 4 StVO zu schnell gefahren; die Geschwindigkeit hätte er so herabsetzen müssen, dass er rechtzeitig das Schlagloch sieht, weshalb es Warnhinweise nicht
bedurft habe.
Aus den Gründen:
Tenor
Der Senat weist nach Beratung darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Klägers durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs.2
S.1 ZPO zurückzuweisen.
Dem Kläger wird Gelegenheit gegeben, binnen 3 Wochen nach Zugang dieses Beschlusses zu dem Hinweis Stellung zu nehmen oder die Berufung aus Kostengründen zurückzunehmen.
Gründe
I.
Der Kläger nimmt die beklagte Stadt nach einem Unfallereignis in ihrem Stadtgebiet vom 00.07.2019 in Anspruch. Der Kläger hat vor dem Landgericht behauptet, er sei am Unfalltag gegen
Mittag mit seinem Fahrrad auf der Straße "J" in ein etwa in der Mitte der Straße gelegenes Schlagloch geraten und deshalb zu Fall gekommen. In der mündlichen Verhandlung vor dem
Landgericht hat der Kläger ausgeführt, das Schlagloch sei 6 bis 8 cm tief und in seiner Fahrtrichtung 50 - 60 cm lang gewesen und habe im hinteren Bereich eine Abbruchkante
aufgewiesen. Das Schlagloch sei wegen des Schattenwurfs für ihn nicht erkennbar gewesen. Er habe auch nicht mit einer Schadstelle gerechnet, da die Fahrbahn nahezu neuwertig gewesen
sei. Rund drei Wochen vor seinem Unfall sei 60 m oberhalb der Unfallstelle ein weiterer Radfahrer zu Fall gekommen. Aber erst nach dem hier streitigen Unfall habe die Beklagte die
Fahrbahn ausgebessert. Er habe durch den Sturz Prellungen und Schürfwunden erlitten, ferner seien sein Fahrrad und die getragene Kleidung beschädigt worden. Er hat deshalb vor dem
Landgericht beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld von mindestens 2.500,00 EUR sowie Schadensersatz in Höhe von 903,00 EUR zu zahlen. Die
Beklagte ist dem Klagebegehren entgegen getreten. Sie hat darauf verwiesen, dass es sich bei der Straße "J" um einen Wirtschaftsweg mit untergeordneter Verkehrsbedeutung handle, so
dass jeder Verkehrsteilnehmer auch mit größeren Unebenheiten zu rechnen habe.Das Landgericht hat die Klage nach persönlicher Anhörung des Klägers abgewiesen. Zur Begründung hat es
unter Bezugnahme auf die allgemein geltenden Grundsätze zu Umfang und Reichweite der Straßenverkehrssicherungspflicht ausgeführt, eine Verletzung der der Beklagten obliegenden
Verkehrssicherungspflicht könne nicht festgestellt werden. Selbst wenn das Schlagloch eine Tiefe von 8 cm gehabt hätte, wäre die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, die schadhafte
Stelle zu beseitigen. Die Verkehrssicherungspflicht beginne nach der herrschenden Rechtsprechung erst, wenn auf einer verkehrswichtigen Straße ein Schlagloch mit einer Tiefe von
mindestens 15 cm vorhanden sei. Dass die Rechtsprechung dabei ihren Fokus auf den Kraftfahrzeugverkehr lege, während der Kläger mit dem Fahrrad gefahren sei, führe zu keinem anderen
Ergebnis. Auch für Radfahrer sei ein Schlagloch mit einer Tiefe von bis zu 15 cm grundsätzlich beherrschbar. Die verminderte Stabilität des Zweirads werde durch die aufgrund der
geringeren Geschwindigkeit bessere Über- und Voraussicht kompensiert. Ob es sich bei der Straße "J" um eine verkehrswichtige Straße handele, könne dahin stehen. Der Kläger müsse die
Verhältnisse so annehmen, wie sie sich ihm darböten. Soweit der Kläger geltend mache, er habe das Schlagloch wegen der Lichtverhältnisse nicht erkennen können, hätte er gem. dem
Sichtfahrgebot aus § 3 Abs.1 S.4 StVO seine Geschwindigkeit reduzieren müssen. Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht
ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass sich etwa 60 m oberhalb der streitgegenständlichen Unfallstelle drei Wochen zuvor ein weiterer Unfall ereignet haben solle. Insoweit sei
der Vortrag des Klägers vage und ohne Substanz geblieben.Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er macht geltend, entgegen der Annahme des Landgerichts sei
das Schlagloch in der Mitte der Fahrbahn auch für einen sorgfältigen Radfahrer nicht rechtzeitig erkennbar gewesen. Bei seiner Entscheidung verkenne das Landgericht, da die
Rechtsprechung zum Umfang der Verkehrssicherungspflicht wegen der zunehmenden Bedeutung des Radverkehrs anzupassen sei. Das unfallursächliche Schlagloch hätte aufgrund seiner Größe
schon Monate vor dem Unfallereignis durch Mitarbeiter der Beklagten entdeckt und beseitigt werden müssen, zumindest hätten Warnhinweise angebracht werden müssen. Ferner habe das
Landgericht die erforderlichen Beweise zur Klärung des Sachverhalts nicht erhoben .Er beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld sowie weitere 903,00 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers hat nach einstimmiger Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch
erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats. Auch eine mündliche Verhandlung, von der neue
entscheidungserhebliche Erkenntnisse nicht zu erwarten sind, ist nicht geboten, § 522 Abs.2 S.1 ZPO. Das Landgericht hat die auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld
gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht gegen die beklagte Stadt kein Anspruch wegen einer Amtspflichtverletzung aus §§ 839, 249, 253 Abs.2 BGB i.V.m. Art. 94 GG §§ 9,
9a, 47 Abs.1 StrWG NRW zu. Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend ausgeführt, dass eine schadensursächliche Verletzung von Verkehrssicherungspflichten durch die Beklagte nicht
festgestellt werden kann. Im Ausgangspunkt hat das Landgericht die allgemeinen Anforderungen an die bestehende Verkehrssicherungspflicht korrekt wiedergegeben. Die
Straßenverkehrssicherungspflicht umfasst die notwendigen Maßnahmen zur Herbeiführung und Erhaltung eines für den Benutzer hinreichend sicheren Zustands. Das bedeutet
allerdings nicht, dass Straßen und Wege schlechthin gefahrlos und frei von allen Mängeln sein müssen, denn eine vollständige Gefahrlosigkeit kann mit zumutbaren Mitteln
weder erreicht noch verlangt werden. Der Umfang der Verkehrssicherung wird vom Charakter des Wegs, durch Art und Ausmaß seiner Inanspruchnahme sowie danach bestimmt, welche
Erwartungen ein Verkehrsteilnehmer vernünftigerweise an den Zustand des Wegs unter Berücksichtigung seiner Verkehrsbedeutung stellen kann. Grundsätzlich hat sich der
Verkehrsteilnehmer den gegebenen Verhältnissen anzupassen und Straßen und Wege so hinzunehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbieten. Der Verkehrssicherungspflichtige
muss nur diejenigen Gefahren ausräumen und erforderlichenfalls vor ihnen warnen, vor denen ein - sorgfältiger - Verkehrsteilnehmer sich nicht selbst schützen kann, weil
die Gefahrenlage entweder völlig überraschend eintritt oder nicht rechtzeitig erkennbar ist (BGH, Urt. v. 13.07.1989, III ZR
122/88, Tz.11 - juris; BGH, Urt. v. 21.06.1979, III ZR 58/78, Anm.2a -
juris; OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.01.1996, 18 U 14/95 = VersR 1997, 639;
Palandt/Sprau, BGB, 79. Aufl., § 823 Rn.221).
1. Was die Beherrschbarkeit von Schlaglöchern für den Kraftfahrzeugverkehr angeht, wird - wie das Landgericht zutreffend ausführt - von dem überwiegenden Teil der Rechtsprechung
eine Verkehrssicherungspflicht nur für auf verkehrswichtigen Straßen gelegene Schlaglöcher mit einer Tiefe von mindestens 15 cm angenommen. Abweichend von der landgerichtlichen
Entscheidung geht der Senat allerdings davon aus, dass für den Radfahrverkehr grundsätzlich strengere Maßstäbe anzulegen sind. Danach sind Unebenheiten von bis zu 4 cm in aller Regel
noch von dem Radfahrverkehr als beherrschbar hinzunehmen, wobei der Senat aber die Ansicht vertritt, dass sich jede Festlegung auf einen bestimmten absoluten Wert verbietet, sondern
vielmehr auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls (Verkehrsbedeutung der Straße, Art und Lage der Vertiefung, Erkennbarkeit) abzustellen ist (vgl. Senat, Urt. v. 23.07.2014,
11 U 107/13, Tz.19 - juris = NVwZ-RR 2014, 951; OLG Koblenz, Urt. v. 16.07.2001, 12 U
124/00, Tz.9 - juris). Danach kann mit dem Landgericht nicht festgestellt werden, dass es sich bei dem
streitgegenständlichen Schlagloch um eine abhilfebedürftige Gefahrenstelle gehandelt hat.
a) Zunächst ist die Verkehrsbedeutung der Örtlichkeiten in den Blick zu nehmen. Unabhängig von der Frage, in welchem Umfang die Straße "J" als Verbindung zwischen der Siedlung
"C" zur Nstraße so wie als Zufahrt zu dem Reitsport- und Ruderverein genutzt wird, handelt es sich nach dem Erscheinungsbild der Straße um einen, in einem landwirtschaftlich genutzten
Gebiet gelegenen Wirtschaftsweg. Dies ergibt sich sowohl aus den von der Beklagten vorgelegten Lichtbildern (Bl.99, 115), die die Straße "J" an verschiedenen Stellen zeigen, sowie aus
den dem Senat zugänglichen Übersichtskarten ("google maps"). Korrespondierend hierzu konnte das Landgericht in der mündlichen Verhandlung auch nach Augenscheinnahme eines vom Kläger
gefertigten Videos nicht feststellen, dass es sich um eine Straße mit hohem Durchgangsverkehr handelt. An die Sicherung eines Wirtschaftswegs sind geringere Anforderungen zu stellen
als etwa an die Sicherung viel befahrener innerstädtischer Straßen. Die Eigenvorsorge durch den Verkehrsteilnehmer selbst tritt in solchen Verkehrsbereichen gegenüber der dem Träger
der Straßenbaulast obliegenden Verkehrssicherungspflicht in den Vordergrund (OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.01.1996, 18 U 14/95; vgl. auch
Geigel/Wellner, Haftpflichtprozess, 28. Aufl., Kap.14 Rn.30).
b) Zu Art und Lage des unfallursächlichen Schlaglochs ergibt sich nach den im Tatbestand der angefochtenen Entscheidung als unstreitig dokumentierten Angaben der Parteien, dass der
Weg im Bereich der Unfallstelle etwa 5 m breit ist. Nach Angaben des Klägers soll sich das Schlagloch etwa in der Mitte des Weges befunden hat. Das Landgericht hat dem Urteil außerdem
die Angaben des Klägers zugrunde gelegt, nach denen das Schlagloch eine Tiefe von 8 cm gehabt haben soll. Der Senat berücksichtigt außerdem, dass das Schlagloch eine Länge von 50 bis
60 cm hatte und im hinteren Bereich eine Abbruchkante aufwies. Eine Beweisaufnahme zu Art und Lage des Schlaglochs ist hiernach entbehrlich, da sowohl das Landgericht als auch der
Senat den Klägervortrag als zutreffend unterstellen. Soweit der Kläger, der das Schlagloch nach dem Unfallereignis nicht vermessen hat, geltend machen möchte, die Schadstelle habe
möglicherweise noch größere Ausmaße gehabt, ist eine Beweisaufnahme zur Ausforschung des entscheidungserheblichen Sachverhalts nach den Regeln der ZPO nicht angezeigt. Im Übrigen
vermag der Senat dem Kläger auch dahin zu folgen, dass ein Schlagloch mit derartigen Abmaßen für einen Radfahrer, der dort hinein gerät, ein gewisses Gefahrenpotential birgt.
Allerdings darf die berechtigte Erwartungshaltung eines Radfahrers, der einen Wirtschaftsweg benutzt, nicht dahin gehen, dass der Weg insgesamt mit einer einwandfreien Fahrbahndecke
versehen ist und deshalb über seine gesamte Breite gefahrlos befahren werden kann. Zunächst gilt auch für Radfahrer das Rechtsfahrgebot aus § 2 Abs.2 StVO, weshalb der Kläger nicht für sich in Anspruch nehmen kann, dass die Fahrbahn nicht nur am rechten Rand sondern auch in der Mitte zum gefahrlosen
Befahren mit dem Fahrrad geeignet ist. Ferner ergibt sich aus der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Benutzer eines Wirtschaftswegs grundsätzlich mit Fahrbahnunebenheiten zu rechnen
haben, da solche Wege regelmäßig mit schwerem landwirtschaftlichen Gerät befahren werden, wodurch Straßenschäden entstehen können. Dass der Kläger im vorliegenden Fall mit nichts
anderem rechnen konnte, ergibt sich aus den von der Beklagten überreichten Fotografien, die dokumentieren, dass diese Straße "J" nicht durchgängig mit einer neuen Fahrbahndecke
versehen war. Daraus folgt, dass der Kläger auch ohne weitere Warnhinweise gem. § 3 Abs.1 S.2 u. 4 StVO nur so schnell
fahren durfte, um auch auf unvermittelt auftretende Hindernisse und Gefahrstellen reagieren zu können.
c) Unter Beachtung der den Kläger aus §§ 2 Abs.2 u. 3 Abs.1 S.2 u. 4 StVO treffenden Sorgfaltsanforderungen wäre die
Gefahrenstelle ohne weiteres beherrschbar gewesen. Ein Schlagloch in der von dem Kläger beschriebenen Größe ist für einen Radfahrer bei Annäherung deutlich erkennbar. Die fotografisch
dokumentierten Verhältnisse hätten ein gefahrloses Umfahren des Schlaglochs unproblematisch erlaubt. Darauf, dass das Schlagloch aufgrund der Lichtverhältnisse nicht erkennbar war,
kann sich der Kläger gegenüber dem Sicherungspflichtigen nicht berufen (vgl. OLG Rostock, Urt. v. 22.03.2001, 1 U
144/99, Tz.34 - juris; OLG Stuttgart, Urt. v. 10.07.2013, 4 U 26/17, Tz.116 f - juris). Sofern die Sicht des
Klägers durch Licht- und Schattenspiel eingeschränkt gewesen sein sollte, hätte es an ihm gelegen, seine Fahrgeschwindigkeit gem. § 3
Abs.1 S.2 u. 4 StVO so weit herabzusetzen, dass er das Schlagloch dennoch rechtzeitig hätte erkennen können.
2. Auf eine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten kann schließlich weder aus dem Umstand geschlossen werden, dass sich etwa drei Wochen zuvor auf der Straße ""J" ein
weiterer Radunfall ereignet haben soll, noch daraus, dass die Beklagte das streitgegenständliche Schlagloch beseitigt hat. Der Umstand, dass etwa 60 m "oberhalb" der vom Kläger
bezeichneten Unfallstelle ein Radfahrer zu Fall gekommen sein soll, sagt nichts über das Gefahrenpotential des streitgegenständlichen Schlaglochs und der damit einhergehenden
Verkehrssicherungspflicht der Beklagten aus. Es ergibt sich nicht einmal mit Substanz, ob der Unfall auf die vermeintlich schlechte Fahrbahndecke oder auf eine andere Ursache
zurückzuführen ist. Soweit die Beklagte das Schlagloch nach dem Sturz des Klägers beseitigt hat, bleibt es ihr unbenommen, überobligat für eine Ausbesserung der Fahrbahn zu sorgen.
Die Berufung wurde nach dem erteilten Hinweis zurückgenommen.