Schadensersatz


Leistungsfreiheit bei Schadensersatzzahlung an Nichtberechtigten statt an Eigentümer ?

OLG Nürnberg, Urteil vom 11.06.2024 - 14 U 203/23 -

Kurze Inhaltsangabe:

 

Bei der Klägerin handelte es sich um eine Leasinggesellschaft. Am 07.05.2021 ereignete sich ein Verkehrsunfall, an dem das bei der beklagten Haftpflichtversicherung (Pflichtversicherung) und der nach Angaben der Klägerin von ihr verleaste BMW beteiligt waren. Zunächst wurden nach nah dem Verkehrsunfall über eine Anwaltskanzlei für eine Z. GmbH Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung des BMW gegenüber der Beklagten geltend gemacht, die von der Beklagten reguliert wurden. Sodann machte die Klägerin Schadensersatzansprüche mit der Behauptung geltend gemacht, sie sei Eigentümerin des BMW und es habe mit der Z GmbH ein Leasingvertrag bestanden.  geltend, die von der Beklagten zurückgewiesen wurden. Das Landgericht hat einen Anspruch der Klägerin gegen die beklagte bejahrt und der im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten wurde das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

 

 Kernpunkt der rechtlichen Auseinandersetzung war, ob die Beklagte mit befreiender Wirkung an die Z. GmbH zahlen konnte. Unter Verweis auf § 851 BGB wurde dies vom Berufungsgericht bejaht. Danach könne ein Deliktsschuldner mit befreiender Wirkung an den Besitzer einer beweglichen Sache Ersatz leisten, wenn er ihn gutgläubig für den Eigentümer halte. Nach § 851 BGB würde die Redlichkeit des Ersatzleistenden Schädigers vermutet, weshalb die Beweislast für dessen Bösgläubigkeit zum Zeitpunkt der Leistung den wahren Eigentümer bzw. Inhaber eines dinglichen Rechts treffe, der den Schädiger seinerseits ein zweites Mail in Anspruch nehme und gegen den sich der Schädiger nach §§ 361, 851 BGB verteidige (OLG Saarbrücken, Urteil vom 10.05.2011 - 4 U 261/10 -).

 

Die Z. GmbH sei als Leasingnehmer (und damit nicht Eigentümerin) eine Nichtberechtigte. Sie habe das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Unfalls allerdings in ihrem Besitz gehabt. Entsprechend der Wertung in § 1006 Abs. 3 BGB gelte § 851 BGB sowohl für den unmittelbaren wie auch den mittelbaren Besitz (OLG Saarbrücken aaO.), weshalb es vorliegend ohne Bedeutung sei, dass die Z. GmbH als Leasingnehmerin im Zeitpunkt des Schadensereignisses infolge des unmittelbaren Besitzes des faktischen Fahrzeughalters C. nur mittelbare Besitzerin gewesen sei. Auch wenn im Leasingvertrag die „Z. GmbH i.G. stand, habe der Senat infolge der gleichen Anschrift und Firmierung keine Zweifel, dass eine Identität vorläge. Auch auf Haftpflichtschäden nach §§ 7, 18 StVG ei § 851 BGB anzuwenden (OLG Saarbrücken aaO.).

 

Für eine Bösgläubigkeit der Beklagten iSv. § 851 BGB sei der gleiche Maßstab wie für § 932 Abs. 2 BGB anzulegen. Der Ausschluss der befreienden Wirkung greife also bei Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis. Grobe Fahrlässig in Bezug auf die Kenntnis des Rechts des Dritten läge vor, wenn der Ersatzpflichtige die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und dasjenige nicht beachtet habe, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (BGH, Urteil vom 13.04.1994 - II ZR 196/93 -). Der gute Glaube des Ersatzpflichtigen müsse zum Zeitpunkt der Leistung vorliegen, spätere Erkenntnisse seien unschädlich.  

 

Unstreitig kannte die Beklagte zum Zeitpunkt der Leistung die Eigentümerstellung der Klägerin nicht. Die Klägerin habe auch nicht den Nachweis geführt, dass ihr das Eigentum der Klägerin infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben sei.

 

Eine grobe Fahrlässigkeit wegen einer nicht verlangten Vorlage der Zulassungsbescheinigung Teil II und einer unterbliebenen Einsichtnahme in die Ermittlungsakte negierte das Berufungsgericht. Der Vorgang sei nicht vergleichbar demjenigen bei einem gutgläubigen Erwerb eines Fahrzeugs. Bei der Regulierung von Verkehrsunfällen würde die von § 851 BGB intendierte zügige Schadensabwicklung verzögert, würde der Haftpflichtversicherer zunächst einen Eigentumsnachweis des Geschädigten fordern. Auch der Umstand, dass in der heutigen Wirtschaftspraxis die Aufspaltung von Nutzungs- und Eigentumsrecht eher der Regalfall sei, dürfe grob fahrlässige Unkenntnis von der Nichtberechtigung des Besitzers nicht pauschal bejaht werden, wenn ohne Vergewisserung zur Eigentumslage gezahlt würde und keine Anhaltspunkte ersichtlich seien, dass es sich bei dem Unfallwagen um Vorbehaltsware oder ein Leasingfahrzeug handele (OLG Saarbrücken aaO.).

 

Die Formulierung in dem anwaltlichen Anspruchsschreiben zu dem „Pkw des Mandanten“ deute nach dem üblichen Sprachgebrauch auf eine Eigentümerstellung hin, weshalb auch aus dieser Formulierung nicht grob fahrlässig ein fehlendes Eigentum nicht erkannt worden sei. Zu der Formulierung und das Verständnis im allgemeinen Sprachgebrauch verweist das Berufungsgericht auf eine Entscheidung des KG Berlin vom 04.03.1976 - 22 U 1946/ 75 – (wonach dort zusätzlich vom Halter gesprochen wurde) und eine Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 09.03.1992 - 1 U 70/91 – hin (nach der allerdings der Anspruchsteller auch als Eigentümer bezeichnet worden sei). Anmerkung: Das Berufungsgericht weist zutreffend an anderer Stelle auf die heutige Wirtschaftspraxis hin, nach der zunehmend Nutzungsrecht und Eigentum an einem Kfz auseinanderfallen, was zum Zeitpunkt der von ihm benannten Entscheidungen in diesem Umfang noch nicht der Fall war. Da der „allgemeine Sprachgebrauch“ einer tatsächlichen Rechtslage häufig nicht gerecht wird, man zudem von einem Anwalt verlangen sollte, sich rechtlich klar auszudrücken, erscheint es bedenklich, jedenfalls und konkrete Nachfrage zum Eigentum und einer Bejahung durch die anwaltlich vertretene Anspruchstellerseite eine grobe Fahrlässigkeit zu negieren, da an sich einsichtig ist, dass eine Termins wie „Pkw meines Mandanten“ auch bewusst verwandt worden sein könnte, um gerade die fehlerhafte Behauptung von Eigentum zu vermeiden.

 

Neben der benannten Formulierung verwies aber das Berufungsgericht ergänzend darauf, dass verbliebene Zweifel des Sachbearbeiters der Haftpflichtversicherung dadurch zerstreut werden könnten, dass ein Gutachten vorgelegt würde, in dem der Anspruchsteller als Auftraggeber und Halter oder als Eigentümer benannt würde. Anmerkung: Gefolgt werden kann dem Berufungsgericht aus dem Blickwinkel der zu prüfenden groben Fahrlässigkeit m.E. lediglich in dem Fall, dass der Anspruchsteller in einem von diesem über seinem Anwalt vorgelegten Gutachten als Eigentümer benannt wird (da damit die anwaltliche Angabe „Pkw meines Mandanten“ rechtlich konkretisiert wird). In Bezug auf die Zulassungsbescheinigung / Haltereigenschaft kann ihm nicht gefolgt werden, da weder der Inhaber der Zulassungsbescheinigung als Eigentümer ausgewiesen wird (so explizit auch der Hinweis auf der Zulassungsbescheinigung Teil II), noch notwendig der Halter Eigentümer sein muss (so z.B. bei Leasing, Sicherungseigentum).

 

Lägen im Einzelfall keine konkreten Anhaltspunkte vor, dass es sich bei dem Unfallwagen um ein Leasingfahrzeug, sicherungsübereignetes Fahrzeug oder um Vorbehaltsware handele, so das Berufungsgericht, und bestünden auch aus anderen Gründen keine validen Zweifel, dass der Anspruchsteller Eigentümer des Unfallsfahrzeugs sei, müsse mithin von dessen Berechtigung ausgegangen werden dürfen.

 

Das LG Nürnberg-Fürth habe in seinem hier mit der Berufung angegriffenen Urteil zwar als Erfahrungssatz ausgeführt, dass nahezu in jedem zweiten Fall in finanziertes oder geleastes Fahrzeug betroffen sei. Unabhängig davon, ob dies zugrunde gelegt werden könne, und selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Unfall geleaster Fahrzeuge im gewerblichen Bereich (wie hier) noch höher ausfallen möge, verbliebe ein bestimmter Anteil an Fahrzeugen die im Eigentum des gewerblichen Nutzers stünden, weshalb sich alleine aufgrund dieser Tatsachen für die Beklagte keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorliegen eines geleasten Fahrzeugs ergeben müsse. (Auf meine vorherigen Anmerkungen darf ich verweisen).

 

Die vom Erstgericht gestellten Anforderungen an den Sorgfaltsmaßstab seien zu weit gefasst und ließen eine klare Abgrenzung zur gewöhnlichen (einfache) Fahrlässigkeit nicht mehr zu, fordere man vom Haftpflichtversicherer nicht nur bei konkreten Anhaltspunkten zur Vermeidung des Vorwurfs einer groben Fahrlässigkeit, den Anspruchsteller zu einer eindeutigen Erklärung zum Eigentum aufzufordern. Anmerkung: Auch hier ist dem Berufungsgericht nicht zu folgen., Es ist ein Unterschied, ob verlangt wird, der Versicherer müsse sich den Beweis für das Eigentum erbringen lassen oder ob er nur die deutliche Erklärung des Anspruchsstellers zum Eigentum verlangt. Das Unterlassen der Nachweiserbringung kann tatsächlich (liegen nicht konkrete Anhaltspunkte vor, die gegen ein Eigentum sprechen) nicht als grob fahrlässig angesehen werden, anders aber das Unterlassen nach einer einfachen Erklärung zum Eigentum (in Ansehung geleaster und sicherheitsübereigneter Fahrzeuge).

 

Richtig verweist das Berufungsgericht abschließend darauf hin, dass zwar § 119 Abs. 3 VVG dem Haftpflichtversicherer einen Auskunftsanspruch gegen den Dritten einräumt, aber keine Obliegenheit normiert, dass eine bestimmte Auskunft eingeholt werden müsse. Das aber ändert nichts an der Betrachtung zu § 851 BGB.

 

Aus den Gründen:

 

Tenor

 

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 05.01.2023, Az. 2 O 6786/21, abgeändert.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 17.333,56 € festgesetzt.

 

Gründe

 

I.

 

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall.

 

Die Klägerin betreibt ein Fahrzeug-Leasingunternehmen. Die Beklagte ist ein Kfz-Haftpflichtversicherer, bei dem am 07.05.2021 das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen A … haftpflichtversichert war.

 

Die Beklagte regulierte mit Abrechnungsschreiben von 10.06.2021 (Anlage K2) auf Betreiben einer - nicht von der Klägerin beauftragten - Anwaltskanzlei zugunsten einer Fa. Z. GmbH für einen „Schaden vom 07.05.2021“ an dem Fahrzeug BMW mit dem amtlichen Kennzeichen B … (im Folgenden: Fahrzeug) einschließlich Rechtsanwaltsgebühren einen Gesamtbetrag in Höhe von 17.888,05 € (Reparaturkosten 13.143,50 €; Wertminderung 1.550,00 €; Kostenpauschale 20,00 €; Sachverständigenkosten 2.153,55 €; Rechtsanwaltsgebühren 1.021,00 €). Mit Schreiben vom 30.06.2021 (Anlage K10) regulierte die Beklagte eine Nachzahlung auf Reparaturkosten in Höhe von 1.878,51 € und auf die Wertminderung in Höhe von 741,55 € sowie weitere vorgerichtliche Anwaltsgebühren in Höhe von 67,60 €. Mit Schreiben vom 21.10.2021 (Anlage K4) wies die Beklagte die sodann von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzansprüche in der streitgegenständlichen Höhe zurück.

 

Die Klägerin hat behauptet, am 07.05.2021 Eigentümerin des beschädigten Fahrzeugs gewesen zu sein. Für das Fahrzeug habe zu dieser Zeit mit einer Firma Z. GmbH i.Gr. ein Leasingvertrag bestanden.

 

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens sowie der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des am 05.01.2023 verkündeten Endurteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth Bezug genommen.

 

Mit diesem Urteil hat das Landgericht Nürnberg-Fürth der Klage überwiegend stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 17.333,56 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.10.2021 sowie weitere 1.021,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.11.2021 zu bezahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

 

Gegen dieses ihren Prozessbevollmächtigten am 09.01.2023 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 25.01.2023, eingegangen per beA am 26.01.2023, Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 11.04.2023 mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten am 11.04.2023 begründet.

 

Die Beklagte meint, sie habe nicht grob fahrlässig gehandelt, als sie im Verhältnis zur anwaltlich vertretenen Anspruchstellerin den fiktiv berechneten Schaden reguliert habe. Das Landgericht habe den Tatbestand des § 851 BGB unzutreffend verneint. Eine ergänzende Nachforschungspflicht der Beklagten sei nicht entstanden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil der 2. Zivilkammer beim Landgericht Nürnberg-Fürth vom 05.01.2023 zu 2 O 6786/21 abzuändern und die Klage abzuweisen.

 

Die Klägerin beantragt

Zurückweisung der Berufung.

 

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

II.

 

Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth bedarf der Abänderung, weil die Klage abzuweisen ist.

 

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt, insbesondere nicht gemäß § 7 Abs. 1, § 18 Abs. 1 StVG, § 115 VVG zu.

 

1. Die Beklagte hat mit der Berufung nicht angegriffen, dass die Voraussetzungen einer Schadensersatzpflicht nach § 7 Abs. 1, § 18 Abs. 1 StVG dem Grunde nach in vollem Umfang gegeben sind.

 

2. Allerdings ist die Beklagte durch ihre Regulierung gegenüber der Fa. Z. GmbH nach § 851 BGB leistungsfrei geworden.

 

Nach § 851 BGB kann der Deliktsschuldner mit befreiender Wirkung an den Besitzer einer beweglichen Sache Ersatz leisten, soweit er ihn gutgläubig für den Eigentümer hält (HK-BGB, Schulze/Staudinger, 12. Auflage 2024, § 851 Rn. 1; vgl. auch MüKoBGB/Wagner, 9. Auflage 2024, § 851 Rn. 3; BeckOGK/Eichelberger, BGB, 01.03.2024, § 851 Rn. 1; Grüneberg/Sprau, BGB, 83. Auflage 2024, § 851 Rn. 1). Durch die Regelung in § 851 BGB soll zum einen der Ersatzpflichtige vor Doppelzahlungen geschützt und zum anderen verhindert werden, dass der Schädiger gezwungen wird, die Eigentumslage zu erforschen und den Geschädigten hierdurch in eine missliche Lage zu bringen (Staudinger/Vieweg/Lorz, BGB, Neubearbeitung 2023, § 851 Rn. 1).

 

Wie sich aus der Formulierung des § 851 BGB ergibt, wird die Redlichkeit des Ersatz leistenden Schädigers vermutet, so dass die Beweislast für dessen Bösgläubigkeit im Zeitpunkt der Leistung den wahren Eigentümer oder Inhaber eines beschränkt dinglichen Rechts trifft, der den Schädiger seinerseits ein zweites Mal in Anspruch nimmt, und gegen den sich Letzterer mit der Einwendung aus §§ 362, 851 BGB verteidigt (MüKoBGB/Wagner, a.a.O., Rn. 9; BeckOGK/Eichelberger, a.a.O., Rn. 41; Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 10.05.2011 – 4 U 261/10, juris Rn. 75).

 

a) Der Anwendungsbereich des § 851 BGB ist eröffnet.

 

Bei der Fa. Z. GmbH (Leasingnehmerin) handelte es sich um eine Nichtberechtigte. Insofern wird auf die Ausführungen des Landgerichts Nürnberg-Fürth unter A. IV. 3. der Entscheidungsgründe des Endurteils vom 05.01.2023 (dort Seiten 13-15, Bl. 130 ff. d.A.) Bezug genommen. Die Fa. Z. GmbH hatte die Sache zum Zeitpunkt der Beschädigung auch in Besitz. § 851 BGB gilt sowohl für unmittelbare als auch - entsprechend der Wertung in § 1006 Abs. 3 BGB - mittelbare Besitzer (Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, a.a.O., Rn. 74; BeckOGK/Eichelberger, a.a.O., Rn. 25, m.w.N.; Staudinger/Vieweg/Lorz, a.a.O., Rn. 6), so dass es ohne Bedeutung ist, dass die Fa. Z. GmbH als Leasingnehmerin im Zeitpunkt des Schadensereignisses - wegen des unmittelbaren Besitzes des faktischen Fahrzeughalters C. (vgl. A. IV. 3. b) (1) der Entscheidungsgründe des Endurteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 05.01.2023, dort Seite 14, Bl. 130 RS d.A) - nur mittelbare Besitzerin war. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass es sich bei der Fa. „Z. - … GmbH i. G.“ (Leasingvertrag, Anlage SK01) und der Fa. Z. GmbH aufgrund des nahezu gleichlautenden Firmennamens und der identischen Firmenanschrift (… Str. …, … Nürnberg) um ein und dieselbe Firma handelt; zudem handelte der Zeuge D. für die Vorgesellschaft (s. Leasingvertrag) und war Geschäftsführer der Fa. Z. GmbH (notarielle Urkunde vom 05.01.2021, URNr. … der Notarin …, Anlage SK06).

 

Es ist anerkannt, dass die Vorschrift auch im Rahmen von Haftpflichttatbeständen außerhalb des BGB (z.B. den §§ 7, 18 StVG) Anwendung findet, soweit diese eine abschließende Sonderregelung enthalten (Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, a.a.O., Rn. 74; Staudinger/Vieweg/Lorz, a.a.O., Rn. 5).

 

b) Maßstab der Bösgläubigkeit ist derselbe wie in § 932 Abs. 2 BGB. Der Ausschluss der befreienden Wirkung greift also bei Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis (Staudinger/Vieweg/Lorz, a.a.O., Rn. 9, m.w.N.; MüKoBGB/Wagner, a.a.O., Rn. 6; BeckOGK/Eichelberger, a.a.O., Rn. 28, m.w.N.). Dem Ersatzpflichtigen ist das Recht des Dritten infolge grober Fahrlässigkeit dann unbekannt geblieben, wenn er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und dasjenige nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (BGH, Urteil vom 13.04.1994 – II ZR 196/93, juris Rn. 16; BGH, Urteil vom 11.05.1953 – IV ZR 170/52, juris Rn. 9, m.w.N.).

 

Der gute Glaube muss im Zeitpunkt der Leistung vorliegen; die spätere Erlangung der Kenntnis von der Nichtberechtigung des Empfängers schadet nicht (MüKoBGB/Wagner, a.a.O., Rn. 6, m.w.N.; vgl. auch Staudinger/Vieweg/Lorz, a.a.O., Rn. 11; BeckOGK/Eichelberger, a.a.O., Rn. 31, m.w.N.).

 

aa) Unstreitig lag bei der Beklagten eine positive Kenntnis vom Eigentum der Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt der Regulierung nicht vor.

 

bb) Die Klägerin kann auch nicht den Nachweis führen, dass der Beklagten infolge grober Fahrlässigkeit das Eigentum der Klägerin unbekannt geblieben ist.

 

(1) Der Leistende handelt bei Entziehung oder Beschädigung eines geleasten, sicherungsübereigneten oder unter Eigentumsvorbehalt erworbenen Kraftfahrzeugs nicht bereits deshalb grob fahrlässig, weil er sich die Zulassungsbescheinigung Teil II (früher: Kraftfahrzeugbrief) vom Besitzer nicht vorlegen lässt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.03.1992 – 1 U 70/91, juris Rn. 10) oder keine Einsicht in die Ermittlungsakte (OLG Düsseldorf, a.a.O., Rn. 12) nimmt. Zwar trifft den Erwerber eines Gebrauchtwagens eine entsprechende Nachforschungsobliegenheit, wenn er das Eigentum daran gutgläubig nach §§ 932 ff. BGB erwerben will. Beim gutgläubigen Eigentumserwerb verliert der Eigentümer aber dauerhaft das Eigentum am Kraftfahrzeug und erhält lediglich nach §§ 816 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB einen Wertersatzanspruch gegen den Veräußerer. Dagegen wird der regelmäßig auf Zahlung in Geld gerichtete Schadensersatzanspruch i.S.v. § 851 BGB durch einen Wertersatzanspruch gegen den Besitzer nach §§ 816 Abs. 2, 818 Abs. 2 BGB kompensiert. Insbesondere bei der Regulierung von Kfz-Verkehrsunfällen würde die von § 851 BGB intendierte zügige Schadensabwicklung verzögert, wenn der Haftpflichtversicherer zunächst auf einem Eigentumsnachweis des Geschädigten bestehen müsste (zum Ganzen: Staudinger/Vieweg/Lorz, a.a.O., Rn. 10, m.w.N). Obwohl die Aufspaltung von Eigentums- und Nutzungsrecht in der heutigen Wirtschaftspraxis eher den Regelfall als die Ausnahme darstellt, darf grob fahrlässige Unkenntnis von der Nichtberechtigung des Besitzers nicht pauschal bejaht werden. Folgerichtig schließt es den guten Glauben nicht aus, wenn der Verursacher eines Verkehrsunfalls an den Gegner zahlt, ohne sich zuvor der Eigentumslage zu vergewissern, sofern keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass es sich bei dem Unfallwagen um Vorbehaltsware oder um ein Leasingfahrzeug handelt (zum Ganzen: MüKoBGB/Wagner, a.a.O, Rn. 6, m.w.N.; vgl. auch BeckOGK/Eichelberger, a.a.O., § 851 Rn. 29 f., m.w.N.; Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, a.a.O., Rn. 87).

 

Grobe Fahrlässigkeit ist danach nicht anzunehmen, wenn eine Haftpflichtversicherung auf ein anwaltliches Anspruchschreiben hin zahlt, in dem der Rechtsbeistand das beschädigte Fahrzeug als „Pkw des Mandanten" bezeichnet. Denn diese Formulierung deutet nach dem üblichen Sprachgebrauch auf eine Eigentümerstellung hin (OLG Düsseldorf, a.a.O., Rn. 8; KG Berlin, Urteil vom 04.03.1976 – 22 U 1946/75, juris Rn. 26). Etwa verbleibende Zweifel des mit der Angelegenheit befassten Sachbearbeiters der Haftpflichtversicherung kann ein mit dem Anspruchschreiben vorgelegtes Privatgutachten zerstreuen, wenn der Anspruchsteller in diesem Gutachten als Auftraggeber und Fahrzeughalter aufgeführt (OLG Düsseldorf, a.a.O.) oder als Eigentümer bezeichnet wird (KG Berlin, a.a.O.).

 

Anderes muss jedoch gelten, wenn im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass es sich bei dem Unfallwagen um Vorbehaltsware oder um ein Leasing- bzw. ein an Dritte sicherungsübereignetes Fahrzeug handelt, oder wenn aus anderen Gründen valide Zweifel daran bestehen, dass der Besitzer und Anspruchsteller der Eigentümer des beschädigten Fahrzeugs ist (Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, a.a.O., Rn. 88).

 

(2) Ausgehend von diesen Maßstäben ist eine grob fahrlässige Unkenntnis der Beklagten nicht anzunehmen. Die Beklagte war ohne erkennbare Anhaltspunkte nicht gehalten, von der Fa. Z. GmbH eine Erklärung über die Eigentumsverhältnisse zu fordern.

 

(a) Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Fa. Z. GmbH zum Unfallzeitpunkt nicht Eigentümerin des beschädigten Fahrzeugs war, lagen auch in der Gesamtschau nicht vor.

 

(aa) In dem anwaltlichen Anspruchschreiben vom 12.05.2021 (Anlage K1) ist von „dem Kfz unserer Mandantin“ die Rede und in dem dem Schreiben beigefügten Gutachten des Sachverständigenbüros E. ist als „Auftraggeber/ Anspruchsteller“ die Firma Z. GmbH genannt (Anlage K1). Weiter wird auf Seite 2 des Privatgutachtens als Fahrzeughalter der „Auftraggeber“ genannt, auf Seite 3 nochmals die Firma Z. GmbH als Auftraggeber geführt und auf Seite 4 hinsichtlich der Fahrzeugidentifizierung darauf aufmerksam gemacht, dass der Kfz-Schein bei Besichtigung vorgelegen habe (Anlage K1).

 

(bb) Unabhängig davon, ob der Erfahrungssatz, nahezu jeder zweite Fall betreffe ein finanziertes oder geleastes Fahrzeug (Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 05.01.2023, Seiten 18-19, Bl. 132 RS f. d.A.), zugrunde gelegt werden kann, ergeben sich hieraus keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die Fa. Z. GmbH zum Unfallzeitpunkt nicht Eigentümerin des beschädigten Fahrzeugs war. Selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Anteil insbesondere der geleasten Fahrzeuge im gewerblichen Bereich noch höher ausfallen mag, verbleibt doch ein bestimmter Anteil an Fahrzeugen, die im Eigentum des gewerblichen Nutzers stehen, so dass es allein aufgrund dieser Tatsachen für die Beklagte keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorliegen eines geleasten Fahrzeugs gab.

 

(cc) Auch aufgrund des Umstandes, dass im zur Regulierung vorgelegten Privatgutachten die zum Fahrzeug gehörende Zulassungsbescheinigung Teil I (früher: Fahrzeugschein) derart abfotografiert war (vgl. Anlage K1), dass der linke der drei „Faltflügel“ so umgefaltet war, dass er buchstäblich „wie abgeschnitten“ wirkte (Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 05.01.2023, Seite 20, Bl. 133 RS d.A.), mussten sich bei der Beklagten keine Zweifel an der Eigentümerstellung oder einer sonstigen Berechtigung der Anspruchstellerin aufdrängen. Denn dem Sachverständigen ging es hierbei um die Fahrzeugidentifizierung (vgl. Seite 4 des Gutachtens des Sachverständigenbüros E., Anlage K1) und er hatte in seinem Gutachten die Firma Z. GmbH mehrfach ausdrücklich als Auftraggeber bezeichnet (vgl. Seiten 1 und 3 Gutachtens des Sachverständigenbüros E., Anlage K1) und als Fahrzeughalter den Auftraggeber genannt (vgl. Seite 2 des Gutachtens des Sachverständigenbüros E., Anlage K1). Zudem hielt der Sachverständige auch fest, dass er den Fahrzeugschein eingesehen hatte (vgl. Seite 9 des Gutachtens des Sachverständigenbüros E., Anlage K1). Im Übrigen gibt der Inhalt der Zulassungsbescheinigung Teil I wie auch der der Zulassungsbescheinigung Teil II nicht Aufschluss darüber, wer Eigentümer des Fahrzeugs ist. Denn der Fahrzeughalter muss nicht zwangsläufig Eigentümer des Fahrzeugs sein.

 

(dd) In Bezug auf den klägerischen Einwand, die Firma Z. GmbH sei im Zeitpunkt der Regulierung noch nicht existent gewesen, führt das Landgericht zutreffend aus, dass dieser Umstand rechtlich kaum relevant ist und es die Anforderungen und auch Erwartungen an eine zügige Schadenregulierung klar überspannen würde, würde von der Beklagten gefordert werden, vor jeder Regulierung einen Handelsregisterauszug einzuholen (Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 05.01.2023, Seite 20, Bl. 133 RS d.A.).

 

(ee) Ebenso kann die Klägerin aus dem Umstand, dass die vorgelegte Vollmacht den Geschäftsführer der Mandantin nicht nennt und die Vollmacht mit dem Zusatz „i.A.“ (Anlage SK05) unterschreiben wurde, nichts für sich herleiten. Für die Beklagte mag unklar gewesen sein, wer für die Fa. Z. GmbH gehandelt hat, doch Zweifel an der Eigentümerstellung dieser Firma mussten sich ihr deshalb nicht aufdrängen. Auch aus dem Zusatz „i.A.“ ergaben sich für die Beklagte keine Anhaltspunkte dafür, dass die Fa. Z. GmbH zum Zeitpunkt der Beschädigung des Fahrzeugs nicht Eigentümerin war.

 

(b) Die Anforderungen an den Sorgfaltsmaßstab gehen zu weit und lassen eine klare Abgrenzung zur gewöhnlichen Fahrlässigkeit nicht (mehr) zu, wenn von dem Kfz-Haftpflichtversicherer gefordert wird, sich prinzipiell - und nicht nur bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte - zur Vermeidung des Vorwurfs grob fahrlässiger Unkenntnis des Eigentums des Dritten am beschädigten Fahrzeug, den Anspruchsteller zu einer eindeutigen Erklärung über die Eigentumsverhältnisse aufzufordern. Es mag fahrlässig sein, wenn eine solche Erklärung nicht gefordert wird, doch dass der Kfz-Haftpflichtversicherer im Falle des Unterlassens einer solchen Aufforderung/Nachfrage die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und dasjenige nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (BGH, Urteil vom 13.04.1994 – II ZR 196/93, juris Rn. 16, m.w.N.), kann nicht angenommen werden.

Auch aus § 119 Abs. 3 VVG lässt sich nichts anderes herleiten. Die in § 119 Abs. 3 VVG geregelte Auskunftsobliegenheit des Dritten räumt dem Kfz-Haftpflichtversicherer zwar die Möglichkeit ein, entsprechende Auskünfte zu verlangen. Doch ob das Unterlassen einer solchen Aufklärung zur Annahme einer groben Fahrlässigkeit nach § 851 BGB führt, ist eine andere Frage. Aus § 119 Abs. 3 VVG ergibt sich jedenfalls keine Obliegenheit des Kfz-Haftpflichtversicherers, bestimmte Auskünfte beim Dritten einzuholen.

 

3. Die als Nebenforderungen geltend gemachten Ansprüche auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten sowie Zinsen teilen das Schicksal der Hauptforderung.

 

III.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

 

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711, § 713 ZPO.

 

 

Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).