Halter- und Pflichtversichererhaftung bei Brand eines fest
eingebauten Kühlschranks im LKW in einer Werkstatthalle
BGH, Urteil vom 20.10.2020 - VI
ZR 158/19 -
Kurze Inhaltsangabe:
Der bei der Beklagten pflichtversicherte Lkw befand sich zum Austausch der Hinterreifen in einer Kfz-Reparaturwerkstatt. Dort war er über nach in der Werkhalle abgestellt. In dieser Nacht brannte
der Lkw und es kam zu Sach- und Betriebsunterbrechungsschäden bei der Werkstatt, die von deren Sach- und Betriebsunterbrechungsversicherer ausgeglichen wurden, der die Pflichtversicherung des Lkw
auf Ersatz der Ansprüche nach § 86 VVG in Anspruch nahm. Die Klage war in allen Instanzen erfolgreich. Landgericht und OLG hatten als Anspruchsgrundlage § 7 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
VVG angenommen. Dem folgte der BGH.
Nach § 7 Abs. 1 StVG sei Voraussetzung, dass eines der dort geschützten Rechtsgüter „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges“ verletzt beschädigt würde. Ein Schaden würde bei dem Betrieb des
Kraftfahrzeuges entstehen, wenn sich die von dem Fahrzeug ausgehende Gefahr verwirklicht habe und bei wertender Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit-) geprägt sei. Dies
habe zur Voraussetzung, dass die Schadensfolge in den Bereich der gefahren fällt, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden sei. Für die Zurechnung käme es dann darauf an, dass die
Schadensursache in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges stünde.
Vorliegend sah der BGH eine Ursächlichkeit in einer defekten Betriebseinrichtung des Fahrzeugs. Entweder sei der den Brand verursachende Defekt durch Kabel im Motorraum im Bereich des Generators
oder durch einen Defekt eines im Führerhaus des Lkw fest eingebauten Kühlschrank verursacht worden. In beiden Fällen würde es sich um einen Defekt einer Betriebseinrichtung handeln. Für die
Annahme einer Betriebseinrichtung sie nicht entscheidend, dass diese eine Transport- oder Fortbewegungsfunktion erfüllen könne. Ausreichend sei, dass die Einrichtung den Betrieb des Fahrzeugs
insoweit zu dienen bestimmt ist, als die dessen Benutzung sicherer, leichter oder komfortabler gestalte. Derartige Bauteile (wie Unterhaltungselektronik, Kühlschrank) könnten aus der
Halterhaftung nach § 7 Abs. 1 StVG grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, da dies unter Berücksichtigung der Entwicklung der Fahrzeugtechnik mit dem Zweck des § 7 Abs. 1 StVG, einen
weitgehenden Schutz gegen die Gefahren des Kraftfahrzeugverkehrs zu gewährleisten, nicht vereinbar sei.
Für die Haftung nach § 7 StVG mache es keinen Unterschied, ob der Brand unabhängig vom Fahrbetrieb oder bei diesem eintrete. Eine anderweitige Betrachtung, die die Verwirklichung bei dem
Fahrbetrieb fordere, würde eine Haftung ausschließen, bei der unabhängig von einem Betriebsvorgang allein ein technischer Defekt einer Betriebseinrichtung für den Schaden eines Dritten ursächlich
sei. Bei wertender Betrachtung sei auch in solchen Fällen (mit Ausnahme z.B. bei vorsätzlicher Inbrandsetzung des Fahrzeuges auf einem Parkplatz) das Schadensgeschehen durch das Fahrzeug
selbst und durch die von diesem ausgehende Gefahr entscheidend (mit-) geprägt.
Vorliegend konnte auch der Pflichtversicherer des Lkw nach § 115 VVG in Anspruch genommen werden. Auch wenn dessen Haftung nach § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG gerade das Bestehen der
Pflichtversicherung nach § 1 PflVG zur Voraussetzung habe, käme es nicht darauf an, ob sich der Schadensfall im öffentlichen Verkehr ereignete. Dies ergebe sich aus § 2 Abs. 1 KfzPflVV. Mit § 115
Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG sei keine Begrenzung des Direktanspruchs im Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherung gegenüber der Vorgängernorm des § 3 Nr. 1 PflVG a.F. beabsichtigt gewesen.
Aus den Gründen:
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 22. März 2019 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsrechtszuges.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der klagende Sach- und Betriebsunterbrechungsversicherer macht im Wege des Direktanspruchs gegen den beklagten Kfz-Haftpflichtversicherer Schadensersatzansprüche aus Halterhaftung
(§ 7 Abs. 1 StVG) nach einem Brandereignis geltend.
Die Klägerin ist der Sach- und Betriebsunterbrechungsversicherer der Firma L. H., die eine Kraftfahrzeugreparaturwerkstatt betreibt. Am 12. Dezember 2014 wurde ein bei der Beklagten
haftpflichtversicherter Lkw zum Austausch der Hinterreifen und zur TÜV-Untersuchung zur Firma L. H. gebracht. Die Hinterreifen wurden noch am 12. Dezember 2014 ausgetauscht. Die
TÜV-Untersuchung war für den nächsten Tag geplant. Der Lkw wurde hierzu im Werkstattgebäude der Firma L. H. über Nacht abgestellt. In der Nacht vom 12. auf den 13. Dezember 2014
entstand ein Brand an dem Lkw, der zu Sach- und Betriebsunterbrechungsschäden bei der Firma L. H. führte.
Die Klägerin begehrt - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten gegenüber der Klägerin für sämtliche Schäden ihrer
Versicherungsnehmerin aufgrund des streitgegenständlichen Brandereignisses, soweit ein Anspruchsübergang auf die Klägerin erfolgt ist (§ 86
Abs. 1 VVG).
Das Landgericht hat diesem Klageantrag stattgegeben. Die Berufung der Beklagten blieb vor dem Oberlandesgericht ohne Erfolg. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die
Beklagte die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, das Landgericht habe zu Recht dem Grunde nach eine Ersatzpflicht der Beklagten als Kfz-Haftpflichtversicherer
des hier in Rede stehenden Lkw nach § 7 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 VVG bejaht. Nach dem Ergebnis der landgerichtlichen Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass der streitgegenständliche Brand entweder durch Defekte
an Kabeln im Motorraum im Bereich des Generators oder durch einen Defekt an einem im Führerhaus fest eingebauten Kühlschrank verursacht worden sei. Danach sei der
streitgegenständliche Schaden im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG beim Betrieb des bei der Beklagten versicherten Lkw
entstanden. Denn hierzu reiche es aus, dass der Brand oder dessen Übergreifen in einem ursächlichen Zusammenhang mit einer Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges stehe. Insoweit
komme es nicht entscheidend darauf an, ob der zum Schaden des Dritten führende Brand von einer unmittelbar für die Transport- und Fortbewegungsfunktion des Fahrzeugs erforderlichen
Einrichtung ausgegangen sei. Der Anwendung des § 7 Abs. 1 StVG stehe auch nicht der Umstand entgegen, dass das
versicherte Fahrzeug zum Zeitpunkt der Brandentstehung in der verschlossenen Werkstatthalle der Firma L. H. gestanden habe. Dies ändere nichts daran, dass sich hier die vom Fahrzeug
ausgehenden Gefahren realisiert hätten. Zu der Entzündung sei es ohne Zusammenhang mit konkreten Reparaturarbeiten gekommen. Die Frage einer Abgrenzung zu einer bloßen Arbeitsfunktion
des Fahrzeugs stelle sich hier nicht. Sei demnach von einer Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG auszugehen, bestünden auch
keine Zweifel an der versicherungsrechtlichen Eintrittspflicht und einem Direktanspruch gegen die Beklagte nach § 115 Abs. 1
Satz 1 Nr.1 VVG.
II.
Die Erwägungen des Berufungsgerichts halten rechtlicher Nachprüfung stand. Die Klägerin hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Ersatz des ihrer Versicherungsnehmerin entstandenen
Sach- und Betriebsunterbrechungsschadens gegen die Beklagte aus § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
VVG, § 7 Abs. 1 StVG i.V.m. § 86 Abs. 1 VVG.
1. Voraussetzung des § 7 Abs. 1 StVG ist, dass eines der dort genannten Rechtsgüter "bei dem Betrieb eines
Kraftfahrzeugs" verletzt bzw. beschädigt worden ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist dieses Haftungsmerkmal entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit
auszulegen. Denn die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs
erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen. Ein Schaden ist demgemäß
bereits dann "bei dem Betrieb" eines Kraftfahrzeugs entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, d.h. wenn bei der insoweit gebotenen
wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit)geprägt worden ist. Erforderlich ist aber stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird,
um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll, d.h. die Schadensfolge muss in den
Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist. Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit maßgeblich darauf an, dass die Schadensursache in
einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht (vgl. nur Senatsurteile vom
11. Februar 2020 - VI ZR 286/19, VersR 2020, 782Rn. 10; vom 26. März 2019 - VI ZR 236/18, VersR 2019,
897Rn. 8 mwN).
2. Nach diesen Grundsätzen ist der geltend gemachte Brandschaden der von dem Fahrzeug der Versicherungsnehmerin der Beklagten ausgehenden Betriebsgefahr im Sinne
des § 7 Abs. 1 StVG zuzurechnen.
a) Das Schadensgeschehen ist auf eine defekte Betriebseinrichtung des Fahrzeugs zurückzuführen.
aa) Entgegen der Ansicht der Revision ist für die Einordnung einer Fahrzeugkomponente als Betriebseinrichtung im Sinne der oben dargestellten Grundsätze nicht entscheidend, ob die
Transport- und Fortbewegungsfunktion des Fahrzeugs auch ohne sie erfüllt werden kann. Eine solch enge Betrachtungsweise ließe - worauf das Berufungsgericht zu Recht hinweist - außer
Acht, dass insbesondere angesichts der zunehmenden werkseitigen Ausstattung der Kraftfahrzeuge mit Assistenzsystemen, Unterhaltungselektronik und sonstigen den Fahrkomfort steigernden
technischen Einrichtungen Gefahren für Dritte von einem Kraftfahrzeug auch aufgrund solcher - defekter - Fahrzeugteile ausgehen können, die zwar nicht für dessen Fortbewegungs- und
Transportfunktion zwingend erforderlich, aber dem Betrieb des Fahrzeugs insoweit zu dienen bestimmt sind, als sie dessen Benutzung sicherer, leichter oder komfortabler gestalten
sollen (vgl. Laws/Lohmeyer/Vinke in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand 25. März 2020, § 7 StVG Rn. 78). Solche Bauteile als die Halterhaftung
nach § 7 Abs. 1 StVG begründende Gefahrenquellen grundsätzlich auszuschließen, wäre unter Berücksichtigung der
Entwicklung der Fahrzeugtechnik mit dem Zweck des § 7 Abs. 1 StVG nicht vereinbar, einen weitgehenden Schutz gegen die
Gefahren des Kraftfahrzeugverkehrs zu gewährleisten (vgl. Senatsurteil vom 9. Januar 1959 - VI ZR
202/57, BGHZ 29, 163, 171, juris Rn. 12).
Dem kann nicht - wie die Revision meint - entgegengehalten werden, die Qualifizierung nicht für die Transport- und Fortbewegungsfunktion zwingend erforderlicher Bauteile als
Betriebseinrichtungen führe zu Wertungswidersprüchen, weil sie zu einer Gefährdungshaftung für im Fahrzeug installierte Elektrogeräte führen könne, die kein höheres
Gefährdungspotential als vergleichbare Geräte außerhalb von Fahrzeugen besäßen, für die keine Gefährdungshaftung gelte. Insoweit lässt sich das von fest in Kraftfahrzeugen eingebauten
Geräten ausgehende Gefahrenpotential angesichts ihres wechselnden Standorts und der Einwirkungen, denen sie z.B. durch den Fahrbetrieb, durch Hitze, Kälte oder Feuchtigkeit ausgesetzt
sind, mit der Gefährlichkeit entsprechender stationärer Geräte nicht ohne weiteres vergleichen. Zudem wird der Unterschied im Haftungsregime durch die auf einer typisierenden
Einschätzung des Gefahrenpotentials des Betriebs von Kraftfahrzeugen beruhenden Entscheidung des Gesetzgebers für eine hieran anknüpfende Gefährdungshaftung gerechtfertigt. Dass im
Einzelfall die vom Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr nicht höher ist als die von nicht der Gefährdungshaftung unterfallenden Gegenständen, schließt eine Haftung
nach § 7 Abs. 1 StVG nicht aus.
bb) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurde das Brandgeschehen entweder durch Defekte an Kabeln im Motorraum im Bereich des Generators oder durch einen Defekt an einem im
Führerhaus des Lkw fest eingebauten Kühlschrank verursacht. Legt man die oben dargelegten Maßstäbe zugrunde, dienten im Streitfall beide als Schadensquellen in Betracht kommenden
Bauteile des bei der Beklagten versicherten Lkw als Betriebseinrichtungen dessen Betrieb im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG.
b) Der geltend gemachte Schaden unterfällt entgegen der Ansicht der Revision auch im Übrigen nach Art und Entstehungsweise dem Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG.
aa) Dass Dritte durch den Defekt einer Betriebseinrichtung eines Kraftfahrzeuges an ihren Rechtsgütern einen Schaden erleiden, gehört nach der Rechtsprechung des Senats zu den
spezifischen Auswirkungen derjenigen Gefahren, für die die Haftungsvorschrift des § 7 StVG den Verkehr schadlos halten will.
Dabei macht es rechtlich keinen Unterschied, ob der Brand unabhängig vom Fahrbetrieb selbst vor, während oder nach einer Fahrt eintritt. Wollte man die Haftung
aus § 7 Abs. 1 StVG auf Schadensfolgen begrenzen, die durch den Fahrbetrieb selbst und dessen Nachwirkungen verursacht
worden sind, liefe die Haftung in all den Fällen leer, in denen unabhängig von einem Betriebsvorgang allein ein technischer Defekt einer Betriebseinrichtung für den Schaden eines
Dritten ursächlich geworden ist. Bei der gebotenen wertenden Betrachtung ist das Schadensgeschehen jedoch auch in diesen Fällen - im Gegensatz etwa zu einem vorsätzlichen
Inbrandsetzen eines ordnungsgemäß auf einem Parkplatz abgestellten Kraftfahrzeuges (vgl. Senatsurteil vom 27. November 2007 - VI ZR
210/06, VersR 2008, 656Rn. 11 f.) - durch das Kraftfahrzeug selbst und
die von ihm ausgehenden Gefahren entscheidend (mit)geprägt worden. Hierzu reicht es aus, dass der Brand oder dessen Übergreifen in einem ursächlichen Zusammenhang mit einer
Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges steht (vgl. Senatsurteil vom 21. Januar 2014 - VI ZR
253/13, BGHZ 199, 377Rn. 6). An diesen Grundsätzen hält der Senat auch
angesichts der hiergegen vorgebrachten Kritik (vgl. LG Heidelberg, r+s 2016, 481, 482 f.; LG Köln, r+s 2017, 655; Burmann/Jahnke, DAR 2016,
313, 319; Burmann in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 26. Aufl., § 7 StVG Rn. 9; Herbers, NZV 2014, 208; Lemcke, r+s 2014, 195; ders., r+s 2016, 152;
Schwab, DAR 2014, 197; Pieroth/Schmitz-Justen, NZV 2020, 293 ff.) fest.
bb) Demnach liegen im Streitfall keine Umstände vor, die den Schutzzweckzusammenhang zwischen der nach den Feststellungen des Berufungsgerichts schadensursächlichen
Betriebseinrichtung und dem Brandschaden entfallen lassen würden. Das Fahrzeug befand sich zwar nach den unter Ausschöpfung des Beklagtenvortrags getroffenen Feststellungen des
Berufungsgerichts zum Schadenszeitpunkt in der verschlossenen Werkstatthalle der Firma L.H. und damit außerhalb öffentlicher oder privater Verkehrsflächen. Dass der Schaden auf einem
Privatgelände eingetreten ist, steht einer Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG jedoch nicht grundsätzlich entgegen (vgl. nur
Senatsurteil vom 24. März 2015 - VI ZR 265/14, VersR 2015,
638Rn. 10 mwN).
3. Ist somit eine Haftung der Versicherungsnehmerin der Beklagten nach § 7 Abs. 1 StVG dem Grunde nach zu bejahen,
liegen auch die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme der Beklagten im Wege des Direktanspruches nach § 115 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 VVG, § 1 PflVG durch die Klägerin vor, soweit ein Anspruchsübergang
nach § 86 Abs. 1 VVG erfolgt ist. Anders als die Revision meint, steht dem nicht entgegen, dass sich der bei der
Beklagten haftpflichtversicherte Lkw zum Zeitpunkt der Schadensverursachung nicht im öffentlichen Verkehr befand.
Nach § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG kann ein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Versicherer des
Ersatzpflichtigen geltend gemacht werden, wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht
handelt. Der Anspruch besteht im Rahmen der Leistungspflicht des Versicherers aus dem Versicherungsverhältnis (§ 115 Abs. 1 Satz 2
VVG). Ein Direktanspruch ist demnach bereits dann eröffnet, wenn - wie im Streitfall - eine Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung nach dem Pflichtversicherungsgesetz besteht
(vgl. Beckmann in Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., § 115 Rn. 27, Klimke in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., § 115 Rn. 11), soweit der Versicherer aus diesem
Versicherungsverhältnis deckungspflichtig ist. Dies ist nach § 2 Abs. 1 KfzPflVV auch dann der Fall, wenn der Schaden
bei einer Verwendung des Fahrzeugs auf nicht-öffentlichen Wegen oder Plätzen eintritt (vgl. Jahnke in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung, 19. Aufl., § 115 VVG Rn. 91).
Entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht ist der Direktanspruch dagegen nicht davon abhängig, dass die Umstände des Schadenseintritts für sich genommen eine
Versicherungspflicht nach dem Pflichtversicherungsgesetz begründen, was nach § 1 PflVG die Verwendung des Fahrzeugs auf
öffentlichen Wegen oder Plätzen voraussetzt, so dass Schadensfälle auf privaten Flächen vom Direktanspruch ausgenommen wären (so etwa Jahnke in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung,
19. Aufl., § 115 VVG Rn. 90 f.; Burmann/Jahnke, DAR 2016, 313, 318; Schwab, DAR 2014,
197; wohl auch Schwartze in Looschelders/Pohlmann, VVG, 3. Aufl., § 115 Rn. 9). Eine solche Einschränkung ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck der
Vorschrift. Bei Einführung des § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG war keine Begrenzung des Direktanspruchs für den
Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherung gegenüber der Vorgängerregelung in § 3 Nr. 1 PflVG a.F. bezweckt (vgl.
BT-Drucks. 16/3945 S. 50 und 16/5862 S. 99), die den Direktanspruch allein an den versicherungsvertraglichen Deckungsrahmen aus der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung
knüpfte (vgl. Senatsurteile vom 8. Dezember 2015 - VI ZR 139/15, BGHZ 208, 140Rn.
20; vom 17. Februar 1987 - VI ZR 75/86, VersR 1987, 1034, 1036, juris Rn. 25
f.; Burmann/Jahnke, DAR 2016, 313, 318). Auch nach den europarechtlichen Vorgaben in Art. 18 i.V.m. Art. 3 der Richtlinie
2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht
(ABl. L 263 S. 11) ist der von den Mitgliedstaaten sicherzustellende Direktanspruch nicht auf Schadensfälle im öffentlichen Verkehr beschränkt (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Juni
2019 - Rs. C-100/18, VersR 2019, 1008, 1011Rn. 35 ff.; Buse in MüKo-StVR 2019,
Bd. 3 Kap. 1 Rn. 33 mwN).