Schadensersatz


Brand aus unbekannter Ursache und Haftung nach § 7 StVG

BGH, Urteil vom 12.12.2023 - VI ZR 76/23 -

Kurze Inhaltsangabe:

 

Hinter dem Fahrzeug des Klägers war auf einer Straße mit leichten Gefälle das Fahrzeug des Klägers abgestellt, dahinter das bei der Beklagten versicherte Fahrzeug. In der Nacht entwickelte sich an beiden Fahrzeugen ein Brand, bei dem das klägerische Fahrzeug zerstört wurde. Das Landgericht wies die Schadensersatzklage des Klägers ab, der das Oberlandesgericht auf dessen Berufung im Wesentlichen stattgab. Auf die zugelassene Revision hob der BGH das Urteil des Oberlandesgerichts auf und verwies den Rechtsstreit an dieses zurück.

 

Der BGH wies darauf hin, dass Voraussetzung für eine Haftung (nach der hier einzig in Betracht kommenden Norm des § 7 StVG) sei, dass sich der Schaden „bei dem Betrieb“ ereignet habe. Erforderlich sei, dass bei wertender Betrachtung das Schadensereignis durch das Kraftfahrzeug (mit-) geprägt sei. Es müsse sich um einen Schaden handeln, für den nach dem Sinn der Haftungsnorm schadlos gehalten werden soll. Für die Zurechnung käme es darauf an, dass die Schadensursache in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung stehen würde. Von daher reiche bei einem Fahrzeugbrand der Umstand für sich, dass ein Kraftfahrzeug wegen mitgeführter Betriebsstoffe oder der verwendeten Materialien leicht brenne, nicht für eine Haftung nach § 7  Abs. 1 StVG aus.

 

Vorliegend habe sich der Vorfall nicht einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer Betriebseinrichtung des bei der Beklagten versicherten Pkw ereignete.

 

Die Schädigung Dritter durch einen Defekt einer Betriebseinrichtung eines Kfz gehöre zu den spezifischen Gefahren, für die § 7 StVG den Verkehr schadlos halten wolle. Dabei käme es nicht darauf an, ob der Brand, etwas durch den Kurzschluss  der Batterie, unabhängig von dem Fahrbetrieb vor, während oder nach der Fahrt eintrete. Denn jedenfalls sei – anders als bei einer vorsätzlichen Inbrandsetzung eines ordnungsgemäß zum Parken abgestellten Fahrzeugs – das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug selbst und die von ihm ausgehenden Gefahren (mit) geprägt worden.

 

Das Berufungsgericht habe zwar zutreffend festgestellt, dass das Parken eines Fahrzeugs zum Betrieb desselben gehöre. Der betrieb dauere fort, solange das Fahrzeug im Verkehr gelassen würde. Alleine die Anwesenheit eines Kfz an der Unfallstelle rechtfertige aber nicht die Annahme, ein Schaden sie bei dem betrieb des Fahrzeugs entstanden. Erforderlich sei vielmehr, dass die Fahrweise oder der Betrieb dieses Fahrzeugs zum Schaden beigetragen habe (BGH, Urteil vom 26.04.2005 - VI ZR 168/04 -).  Auch wenn hier der Brand auf das klägerische Fahrzeug durch Auslaufen von Benzin bei dem anderen Fahrzeug habe übergreifen können, da dieses zum klägerischen Fahrzeug lief und sich entzündete, reiche dies nicht. Als entscheidend sah der BGH die Ursache des Brandes bei dem schädigenden Fahrzeug an, die nicht habe festgestellt werden können.  

 

Das Berufungsgericht hatte es für die Haftung der Beklagten ausreichen lassen, dass die Brandursache ungeklärt bleib und eine Brandstiftung nicht habe nachgewiesen werden können, ferner das brennende Benzin zum klägerischen Wagen lief und diesen in Brand setzte. Damit habe das Berufungsgericht die haftungsbegründenden Voraussetzungen und die Beweislast des Klägers verkannt.

 

 

Für die haftungsbegründenden Voraussetzungen (hier nach § 7 Abs. 1 StVG) trage der Kläger die Beweislast. Ein Indizienbeweis könne ausreichend sein, wenn andere Schlüsse aus den Indiztatsachen ernstlich nicht in Betracht kämen. Soweit das Berufungsgericht darauf abgestellt habe,  der Nachweis einer Brandstiftung habe nicht geführt werden können,  sei das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft wohl davon ausgegangen, die beklagte hätte eine Brandstiftung nachwiesen müssen. Zwar könnte der Ausschluss einer Brandstiftung als Brandursache als Indiz dafür in Betracht kommen, dass  der Brand dem Betrieb des Fahrzeugs zuzurechnen sei; sei aber offen, ob eine Brandstiftung vorliegt, so wäre damit kein Indiz für die Ursächlichkeit des Betriebs gegeben.

 

Aus den Gründen:

 

Tenor

 

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 7. Februar 2023 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

 

Die Parteien streiten um Schadensersatz nach einem Fahrzeugbrand.

 

Am 12. Oktober 2019 stellte der Sohn des Klägers einen Pkw, dessen Halter und Eigentümer der Kläger ist, an einer Straße mit leichtem Gefälle in der Stadt E. ab. Hinter (oberhalb) dem Fahrzeug wurde ein bei der Beklagten haftpflichtversicherter Renault geparkt. In der Nacht auf den 13. Oktober 2019 entwickelte sich an beiden Fahrzeugen ein Brand, bei dem das Fahrzeug des Klägers zerstört wurde. Das Landgericht hat die unter anderem auf Ersatz von Wiederbeschaffungskosten, Nutzungsausfallschaden und weiteren Kosten in Höhe von insgesamt 6.786,88 € nebst Zinsen sowie Freistellung von Rechtsanwaltskosten gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 6.298,88 € nebst Zinsen zu zahlen und ihn von vorgerichtlichen Anwaltskosten freizustellen. Die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung.

 

Entscheidungsgründe

 

I.

 

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

 

Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 7 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG zu. Fraglich sei, ob bei der Verursachung eines Schadens an einem Kraftfahrzeug durch ein anderes Kraftfahrzeug infolge eines ungeklärten Fahrzeugbrandes ein Fall des § 7 Abs. 1 StVG vorliege. Sinn und Zweck des § 7 Abs. 1 StVG geböten eine weite Auslegung, nach der es ausreiche, wenn sich ein Schaden in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung eines Kraftfahrzeugs ereignet habe. Bei einem Brand sei dies schon dann der Fall, wenn dieser in einem engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang oder einer Betriebseinrichtung des Fahrzeugs entstanden sei. Ein Geschädigter müsse nicht beweisen, welche Betriebseinrichtung oder auf welche Weise eine Betriebseinrichtung des gegnerischen Fahrzeugs zum Brand geführt habe. Danach seien die Voraussetzungen von § 7 Abs. 1 StVG vorliegend erfüllt. Der Unfall stehe in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung, nämlich der Nutzung des Renault und dessen Einparken im öffentlichen Verkehrsraum wenige Stunden vor Ausbruch des Brandes. Darüber hinaus sei mit dem gerichtlichen Sachverständigen davon auszugehen, dass brennendes Benzin vom Renault zum Fahrzeug des Klägers geflossen sei und dieses entzündet habe. Unschädlich sei, dass nicht bewiesen sei, dass und von welcher Betriebseinrichtung des Renault das Feuer ausgegangen sei. Zwar habe der von der Staatsanwaltschaft beauftragte Sachverständige ausgeführt, dass im Bereich des Generators des Renault Auffälligkeiten erkennbar gewesen seien, die möglicherweise den Brand verursacht haben könnten. Der gerichtliche Sachverständige habe aber keine eindeutigen Spuren diesbezüglich gefunden. Der Nachweis einer vorsätzlichen Brandstiftung habe ebenfalls nicht geführt werden können. Im Ergebnis stehe damit lediglich fest, dass jedenfalls ein naher örtlicher und zeitlicher Zusammenhang mit dem Betriebsvorgang des Renault zum Schaden am Fahrzeug des Klägers geführt habe. Dies genüge für eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG. Die Beklagte hafte für den Schaden alleine, nachdem das Unfallereignis für den Kläger unabwendbar gewesen sei, § 17 Abs. 3 Satz 1 StVG.

 

II.

 

Diese Erwägungen halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Schadensersatz nach § 7 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG nicht bejaht werden.

 

1. Voraussetzung der Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist, dass eines der dort genannten Rechtsgüter "bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs" verletzt bzw. beschädigt worden ist. Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, ist dieses Haftungsmerkmal entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen. Denn die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen. Ein Schaden ist demgemäß bereits dann "bei dem Betrieb" eines Kraftfahrzeugs entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, das heißt, wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit)geprägt worden ist. Erforderlich ist aber stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll, d.h. die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist. Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit maßgeblich darauf an, dass die Schadensursache in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht (vgl. Senatsurteile vom 7. Februar 2023 - VI ZR 87/22, NJW 2023, 2109 Rn. 8 f.; vom 24. Januar 2023 - VI ZR 1234/20, NJW 2023, 2279 Rn. 8; vom 20. Oktober 2020 - VI ZR 374/19, r+s 2020, 721 Rn. 7; vom 11. Februar 2020 - VI ZR 286/19, NJW 2020, 2116 Rn. 10; vom 21. Januar 2014 - VI ZR 253/13, NJW 2014, 1182 Rn. 5; jeweils mwN). Im Falle eines Fahrzeugbrandes reicht allein der Umstand, dass Kraftfahrzeuge wegen der mitgeführten Betriebsstoffe oder der verwendeten Materialien leicht brennen, nicht aus, um eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG zu begründen. Hinzukommen muss vielmehr, dass der Brand als solcher in irgendeinem ursächlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kfz steht (vgl. Senatsurteile vom 27. November 2007 - VI ZR 210/06, NJW-RR 2008, 764 Rn. 12 [Brandstiftung]; vom 21. Januar 2014 - VI ZR 253/13, BGHZ 199, 377 Rn. 6 [technischer Defekt einer Betriebseinrichtung]).

 

2. Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen einen Anspruch gegen die Beklagte nach § 7 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG rechtsfehlerhaft bejaht. Die Revision rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht die haftungsbegründenden Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 StVG und die Beweislast des Klägers für diese Voraussetzungen verkannt hat.

 

a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die von ihm getroffenen Feststellungen die Annahme, dass das Schadensgeschehen bei wertender Betrachtung in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer Betriebseinrichtung des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Renault im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG steht, nicht rechtfertigen.

 

aa) Dass Dritte durch den Defekt einer Betriebseinrichtung eines Kraftfahrzeugs an ihren Rechtsgütern einen Schaden erleiden, gehört zu den spezifischen Auswirkungen derjenigen Gefahren, für die die Haftungsvorschrift des § 7 StVG den Verkehr schadlos halten will. Dabei macht es rechtlich keinen Unterschied, ob der Brand - etwa durch einen Kurzschluss der Batterie - unabhängig vom Fahrbetrieb selbst vor, während oder nach einer Fahrt eintritt. Wollte man die Haftung aus § 7 Abs. 1 StVG auf Schadensfolgen begrenzen, die durch den Fahrbetrieb selbst und dessen Nachwirkungen verursacht worden sind, liefe die Haftung in all den Fällen leer, in denen unabhängig von einem Betriebsvorgang allein ein technischer Defekt einer Betriebseinrichtung für den Schaden eines Dritten ursächlich geworden ist. Bei der gebotenen wertenden Betrachtung ist das Schadensgeschehen jedoch auch in diesen Fällen - im Gegensatz etwa zu einem vorsätzlichen Inbrandsetzen eines ordnungsgemäß zum Parken abgestellten Kraftfahrzeugs - durch das Kraftfahrzeug selbst und die von ihm ausgehenden Gefahren entscheidend (mit)geprägt worden. Hierzu reicht es aus, dass der Brand oder dessen Übergreifen in einem ursächlichen Zusammenhang mit einer Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht (vgl. Senatsurteile vom 24. Januar 2023 - VI ZR 1234/20, NJW 2023, 2279 Rn. 9; vom 20. Oktober 2020 - VI ZR 374/19, r+s 2020, 721 Rn. 9; - VI ZR 319/18, VersR 2021, 597 Rn. 8; - VI ZR 158/19, NJW 2021, 1157 Rn. 14; vom 21. Januar 2014 - VI ZR 253/13, BGHZ 199, 377 Rn. 6; jeweils mwN; vgl. auch EuGH, VersR 2019, 1008 Rn. 45, der es zum Begriff "Verwendung eines Fahrzeugs" im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2009/103/EG bei einem durch den Schaltkreis eines Fahrzeugs verursachten Brand als nicht notwendig angesehen hat, jenes Teil eines Fahrzeugs ausfindig zu machen, von dem der Schaden ausgeht, oder die Funktion zu bestimmen, die dieses Teil erfüllt).

 

bb) Das Berufungsgericht hat es als nicht erwiesen angesehen, "dass und von welcher Betriebseinrichtung" des Renault das Feuer ausgegangen ist. Dazu hat es festgestellt, der von der Staatsanwaltschaft eingeschaltete Sachverständige habe in seinem Gutachten zwar ausgeführt, dass im Bereich des Generators des Renault einige Auffälligkeiten erkennbar gewesen seien, die möglicherweise den Brand verursacht haben könnten. Es hat jedoch weiter angemerkt, der gerichtlich bestellte Sachverständige habe dargelegt, dass eindeutige Spuren diesbezüglich fehlten. Weitere Feststellungen, aus denen sich ergibt, dass der Brand auf eine Betriebseinrichtung des Renault zurückzuführen ist, hat das Berufungsgericht nicht getroffen.

 

b) Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, es stünde fest, dass jedenfalls ein naher örtlicher und zeitlicher Zusammenhang mit dem Betriebsvorgang des Renault zum Schaden am Fahrzeug des Klägers geführt habe, rechtfertigen die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen diese Annahme nicht.

 

aa) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass das Parken eines Fahrzeugs an einer Straße zum Betrieb des Fahrzeugs gehört. Der Betrieb eines Fahrzeugs dauert fort, solange der Fahrer das Fahrzeug im Verkehr belässt und die dadurch geschaffene Gefahrenlage fortbesteht (Senatsurteil vom 7. Februar 2023 - VI ZR 87/22, NJW 2023, 2109 Rn. 9 mwN). Die Anwesenheit eines im Betrieb befindlichen Kraftfahrzeugs an der Unfallstelle allein rechtfertigt aber noch nicht die Annahme, ein Schaden sei bei dem Betrieb dieses Fahrzeugs entstanden. Erforderlich ist vielmehr, dass die Fahrweise oder der Betrieb dieses Fahrzeugs zu dem Entstehen des Schadens beigetragen hat (vgl. Senatsurteil vom 26. April 2005 - VI ZR 168/04, NJW 2005, 2081, juris Rn. 10 mwN).

 

bb) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Brand vom Renault auf das Fahrzeug des Klägers übergriff, weil brennendes Benzin aus dem parkenden Renault auslief, aufgrund des Gefälles der Straße zu dem vor ihm parkenden Fahrzeug des Klägers floss und dieses entzündete. Damit steht aber nur fest, dass wegen der räumlichen Nähe der beiden parkenden Fahrzeuge zueinander der Brand vom Renault auf das Fahrzeug des Klägers übergreifen konnte. Die Ursache des Brandes des Renault selbst, wegen der es zum Austritt von brennendem Benzin kommen konnte, hat das Berufungsgericht nicht identifiziert. Vielmehr hat es diese unter Berücksichtigung der von der Staatsanwaltschaft und vom Landgericht eingeholten Sachverständigengutachten als ungeklärt angesehen. Damit hat das Berufungsgericht aber gerade keine Feststellungen getroffen, aus denen sich ergibt, dass der Brand auf einen Betriebsvorgang des Renault zurückzuführen wäre (vgl. zu diesem Erfordernis im Fall eines Brandes Senatsurteil vom 27. November 2007 - VI ZR 210/06, NJW-RR 2008, 764 Rn. 12). Soweit das Berufungsgericht dennoch angenommen hat, es stehe fest, dass jedenfalls ein naher örtlicher und zeitlicher Zusammenhang mit dem Betriebsvorgang des Renault zum Schaden am Fahrzeug des Klägers geführt habe, liegen dieser rechtlichen Bewertung keine Feststellungen zugrunde, die diese Annahme tragen. Die Revisionserwiderung zeigt insofern auch keinen übergangenen Vortrag des Klägers auf.

 

c) Für eine Haftung der Beklagten nach § 7 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG hat das Berufungsgericht letztlich ausreichen lassen, dass es die Brandursache des Renault als ungeklärt und eine vorsätzliche Brandstiftung als nicht nachgewiesen angesehen hat sowie brennendes Benzin vom parkenden Renault zum parkenden Fahrzeug des Klägers fließen und dieses in Brand setzen konnte. Damit hat das Berufungsgericht nicht nur - wie bereits ausgeführt - die haftungsbegründenden Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 StVG, sondern auch die Beweislast des Klägers für diese rechtsfehlerhaft verkannt, wie die Revision zu Recht rügt.

 

aa) Im Rahmen des § 7 Abs. 1 StVG - wie auch sonst bei einem haftungsbegründenden Geschehen - trägt der Anspruchssteller grundsätzlich die Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatbestandsvoraussetzungen (vgl. Senatsurteile vom 1. Oktober 2019 - VI ZR 164/18, NJW 2020, 1072 Rn. 7; vom 4. Mai 1976 - VI ZR 193/74, MDR 1977, 43, juris Rn. 12; vom 21. November 1967 - VI ZR 108/66, VersR 1968, 176, juris Rn. 9). Insoweit gilt das strenge Beweismaß des § 286 Abs. 1 ZPO, das die volle Überzeugung des Tatgerichts erfordert (Senatsurteil vom 1. Oktober 2019 - VI ZR 164/18, NJW 2020, 1072 Rn. 7). Selbst nach dem strengen Maßstab des § 286 ZPO bedarf es aber keines naturwissenschaftlichen Kausalitätsnachweises und auch keiner an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, vielmehr genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der verbleibenden Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. Senatsurteil vom 1. Oktober 2019 - VI ZR 164/18, NJW 2020, 1072 Rn. 8 mwN).

 

Diese Grundsätze gelten - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - auch dann, wenn die konkreten Umstände der Schadensverursachung wie im Streitfall schwer zu beweisen sind. Wenn der Partei der unmittelbare Beweis einer Tatsache, die ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal als vorhanden ergibt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 260, juris Rn. 230), nicht gelingt, kann sich das Gericht eine entsprechende Überzeugung auch aufgrund von Indizien bilden. Das Gericht darf sich allerdings nur auf solche Indizien stützen, die unstreitig oder bewiesen, also sicher festgestellt sind (Nober in Anders/Gehle, ZPO, 82. Aufl. § 286 Rn. 28). Ein Indizienbeweis ist überzeugungskräftig, wenn andere Schlüsse aus den Indiztatsachen ernstlich nicht in Betracht kommen (vgl. Senatsurteile vom 5. Dezember 2023 - VI ZR 108/21, juris Rn. 18; vom 27. April 2021 - VI ZR 84/19, BGHZ 229, 331 Rn. 28; Senatsbeschluss vom 22. März 2016 - VI ZR 163/14, juris Rn. 15).

 

bb) Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, der Nachweis einer Brandstiftung habe nicht geführt werden können, kann dies nur so verstanden werden, dass das Berufungsgericht der Meinung war, die Beklagte müsse beweisen, dass der Brand auf einer Brandstiftung beruht (so wohl auch OLG Celle, NJW-RR 2021, 1328 Rn. 7 ff.). Nach den dargestellten Grundsätzen hat allerdings nicht die Beklagte zu beweisen, dass der Brand auf einer anderen Ursache als dem Betrieb des Fahrzeugs beruht, sondern der Kläger hat als Anspruchssteller zu beweisen, dass der Brand bei dem Betrieb des Renault entstanden ist, also auf einen Betriebsvorgang oder eine Betriebseinrichtung des Renault zurückzuführen ist (vgl. zu vergleichbaren Sachverhalten auch OLG Bremen, VersR 2023, 1430 f., juris Rn. 18, 21; OLG Saarbrücken, NJW-RR 2013, 805, juris Rn. 28; OLG Köln, BeckRS 2018, 26068 Rn. 1). Zwar kann der Umstand, dass eine Brandstiftung als Brandursache nicht in Betracht kommt, als Indiz dafür dienen, dass der Brand auf den Betrieb des Fahrzeugs zurückzuführen ist. Auch für Indiztatsachen trägt nach den angeführten Grundsätzen allerdings der Kläger als Anspruchssteller - und nicht die Beklagte - die Beweislast. Dass das Berufungsgericht es als nicht erwiesen angesehen hat, dass der Brand am Renault auf Brandstiftung beruht, beinhaltet im Übrigen nicht zugleich die Feststellung, dass eine Brandstiftung als Brandursache nicht in Betracht kommt.

 

d) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung stellt sich das Urteil des Berufungsgerichts auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Die Revisionserwiderung macht ohne Erfolg geltend, es greife ein Anscheinsbeweis dafür ein, dass eine Betriebseinrichtung des Renault den Brand ausgelöst habe. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann ein solcher Anscheinsbeweis nicht bejaht werden.

 

aa) Die Frage, ob ein Anscheinsbeweis eingreift, unterliegt der Prüfung durch das Revisionsgericht (Senatsurteil vom 1. August 2023 - VI ZR 82/22, NJW 2023, 3159 Rn. 26 mwN). Nach ständiger Rechtsprechung greift der Beweis des ersten Anscheins bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein bestimmter Sachverhalt feststeht, der nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder auf einen bestimmten Ablauf als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweist, was grundsätzlich auch bei der Feststellung von Brandursachen in Betracht kommen kann (Senatsurteile vom 1. Oktober 2013 - VI ZR 409/12, NJW-RR 2014, 270 Rn. 14; vom 19. Januar 2010 - VI ZR 33/09, NJW 2010, 1072 Rn. 8; jeweils mwN). Dabei bedeutet Typizität nicht, dass die Ursächlichkeit einer Tatsache für den Erfolg bei allen Sachverhalten der Fallgruppe immer vorhanden sein muss; sie muss aber so häufig gegeben sein, dass die Wahrscheinlichkeit, einen solchen Fall vor sich zu haben, sehr groß ist (Senatsurteil vom 1. Oktober 2013 - VI ZR 409/12, NJW-RR 2014, 270 Rn. 14; BGH, Urteil vom 7. Februar 2013 - III ZR 200/11, NJW 2013, 1092 Rn. 26; jeweils mwN). Der Anscheinsbeweis ist entkräftet, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ergibt (BGH, Urteil vom 7. Februar 2013 - III ZR 200/11, NJW 2013, 1092 Rn. 28 mwN).

 

bb) Im Streitfall hat das Berufungsgericht festgestellt, dass der am Fahrbahnrand in der Stadt E. abgestellte Renault nachts in Brand geriet. Dass eine Brandstiftung ausgeschlossen wäre, ist den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht zu entnehmen. Das Berufungsgericht hat lediglich den Nachweis einer Brandstiftung als nicht erbracht angesehen. Auf dieser Grundlage kommt nach der allgemeinen Lebenserfahrung als typische Brandursache nicht nur ein technischer Defekt am parkenden Fahrzeug in Betracht; es bleibt vielmehr die Möglichkeit einer Brandstiftung, die das Berufungsgericht nicht ausgeschlossen hat. Die Feststellungen des Berufungsgerichts rechtfertigen die Anwendung eines Anscheinsbeweises, dass eine Betriebseinrichtung des Renault den Brand ausgelöst habe, daher nicht.

 

III.

 

 

Das Urteil des Berufungsgerichts ist in vorbezeichnetem Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG und die Beweislast des Klägers hierfür verkannt hat, hat es - ggf. nachdem es ergänzende Feststellungen getroffen hat - die Sache erneut tatrichterlich zu würdigen. Der Senat kann daher in der Sache nicht selbst entscheiden; sie ist im Umfang der Aufhebung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).