Die Klägerin begehrte Restzahlung aus einer Heizöllieferung, der Beklagte widerklagend Schadensersatz, da Öl während des Befüllvorgangs auf sein Grundstück austrat und Schäden verursachte. Nach der Beweisaufnahme stellte das Landgericht fest, dass der Fahrer des Tankwagens den Grenzwertgeber ordnungsgemäß angeschlossen hatte, allerdings war die Füllstandsanzeige am Heizöltank des Beklagten defekt gewesen (was für den Fahrer des Tankwagens nicht erkennbar war). Das Landgericht gab der Klage unter Abweisung der Widerklage statt. Die dagegen vom Beklagten eingelegte Berufung wurde vom Oberlandesgericht (OLG ) zurückgewiesen.
Für eine Haftung der Klägerin nach § 7 Abs. 1 StVG müsste ein Rechtsgut „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges“ verletzt bzw. beschädigt worden sein. Dies sei dann der Fall, wenn sich in dem Schaden die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt hätten, also bei wertender Betrachtung durch das Kraftfahrzeug (mit-) geprägt worden sei. Es käme daher für die Zurechnung der Betriebsgefahr maßgeblich auf einen nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang des Unfalls mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges an. Bei einem Kraftfahrzeug mit Arbeitsfunktion sei erforderlich, dass ein Zusammenhang mit der Bestimmung desselben als eine der Fortbewegung und dem Transport dienende Maschine (§ 1 Abs. 2 StVG) bestünde. Bei dem Schaden müsse es sich um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handeln, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden solle.
Damit würde eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG entfallen, wenn die Fortbewegungs- und Transportfunktion des Fahrzeugs keine Rolle mehr spiele und das Fahrzeug nur noch als Arbeitsmaschine eingesetzt würde, oder wenn es sich um Schäden handeln würde, in denen sich eine Gefahr aus einem gegenüber der Betriebsgefahr eigenständigen Gefahrenkreis verwirklicht habe (BGH, Urteil vom 08.12.2015 - VI ZR 139/15 -).
Die zweite Alternative nahm das OLG vorliegend an: Nicht eine vom Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr habe sich ausgewirkt, sondern ein gegenüber der Betriebsgefahr des Fahrzeugs eigenständiger Gefahrenkreis. Es würde sich hier nicht um einen Fehler am Fahrzeug bzw. dessen Einrichtung (z.B. Undichtigkeit des Verbindungsschlauchs) gehen, da das Fahrzeug technisch einwandfrei gewesen sei. Es könne auf sich beruhen, ob der Schaden durch die (unstreitig) defekte Füllstandsanzeige und/oder den Grenzwertgeber verursacht worden sei, da beides keine Einrichtungen des Tankwagens darstellen würden, auf die sich einzig die Gefährdungshaftung bezöge (also keine fahrzeugspezifische Gefahr im Rahmen des Entladevorgangs).
Es würde sich hier auch nicht um eine Auswirkung einer Gefahr handeln, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn und Zweck der Haftungsvorschrift des § 7 StVG schadlos gehalten werden solle. Dabei käme auch nicht die Rechtsprechung des BGH im Urteil vom 08.12.2015 - VI ZR 139/15 - zum Tragen, wonach eine Auswirkung auch dann vorliegen könne, wenn es vom Zufall abhängen, ob der Verkehrsraum, andere Verkehrsteilnehmer oder das Hausgrundstück geschädigt würden, da es hier gerade nicht von einem Zufall abhängig gewesen wäre, wo der Schaden eintrat. Die Schadensursache habe am bzw. im Öltank des Beklagten und nicht am Tankwagen und seiner Einrichtung gelegen, weshalb der Schaden nur auf dem Hausgrundstück des Beklagten habe eintreten können; ein solches Ereignis läge nicht in dem Gefahrenbereich, für den der Verkehr nach § 7 StVG schadlos gehalten werden solle.
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 03. April 2023 - 1 O 201/21 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens, einschließlich der Kosten der Nebenintervention, hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 31.592,22 €.
Gründe
I.
Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Zahlung eines Restbetrags aus einer Heizöllieferung vom 18. Juli 2019. Der Beklagte begehrt widerklagend Schadenssatz, weil Öl während des Befüllvorgangs auf seinem Grundstück ausgelaufen ist und dort Schäden verursacht hat.
Der Beklagte hatte bei der Klägerin 6.000 l Heizöl bestellt, welches auf zwei Haushalte zu jeweils 3.000 l aufgeteilt werden sollte. Im Keller des Beklagten befanden sich drei verbundene Heizöltanks, die jeweils 1.500 l, insgesamt 4.500 l, fassten. Die Füllstandsanzeige an den Tanks des Beklagten zeigte beim Beginn des Befüllvorgangs nicht den tatsächlichen Füllstand der Tanks an. Der Tankwagen und seine Einrichtungen selbst wiesen keinen Defekt auf.
Nachdem der Befüllvorgang gestartet worden war, trat bei einer Befüllung mit ca. 2.600 l Heizöl sowohl innerhalb des Gebäudes als auch außen über den Entlüftungsstutzen an der Außenwand des Gebäudes aus dem Tank Heizöl aus. Die Verunreinigungen des Gebäudes und Grundstücks führte zu Sachschäden und Folgekosten für den Beklagten.
Die Haftpflichtversicherung des Öltanklastwagens ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beigetreten.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat der Klage nach Beweiserhebung vollständig stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung führt es aus, es habe eine schuldhafte Sorgfaltspflichtverletzung des Tankwagenfahrers, des Zeugen R., die sich die Klägerin zurechnen lassen müsste, nicht feststellen können. Das Landgericht verweist auf die Sorgfaltsanforderungen eines Öllieferanten, der keine technische Überprüfung der Anlage vornehmen müsse. Dass ein technischer Defekt an dem Öltank und seinen Einrichtungen für den Zeugen erkennbar gewesen sei, habe der Beklagte nicht bewiesen und stehe auch ansonsten nicht sicher fest.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er meint, der Tankwagenfahrer, der Zeuge R., habe die Füllstandsanzeige nicht korrekt kontrolliert und eine zu große Menge befüllt. Er verweist auf Widersprüchlichkeiten in der Aussage des Zeugen R., der bekundet habe, eine Befüllgeschwindigkeit von 180l/min gewählt zu haben. Dies hätte bei einer Befülldauer von 30 min zu einer Ölmenge von 5.400 l geführt, was zu viel für die insgesamt 4.500 l fassenden Tanks gewesen wäre.
Der Zeuge habe sich auch nicht mit den Füllungsvermögen der Tanks auseinandergesetzt, sondern sei - nach eigener Aussage - davon ausgegangen, er müsse 6.000 l befüllen. Er hätte sich zu Beginn des Einfüllvorgangs von dem einwandfreien Funktionieren der Tankanlage des Beklagten überzeugen müssen und hätte den Tankvorgang nicht unbeaufsichtigt weiterlaufen lassen dürfen. Er habe sich während des Tankvorgangs im Haus des Beklagten aufgehalten und erst bei Hinausgehen aus dem Haus bemerkt, dass das Öl überlaufe.
Er beantragt,
das Urteil des Landgerichts Hannover vom 03.04.2023, Az. 1 O 201/21 aufzuheben, die Klage abzuweisen und die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten 31.592,22 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (Zustellung des Schriftsatzes: 25.10.2021) zu zahlen.
Die Klägerin und ihre Streithelferin beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin und die Streithelferin verteidigen die Beweiswürdigung des Landgerichts und wenden sich gegen die vom Beklagten vorgenommene Interpretation der Zeugenaussage. Dieser habe keinesfalls bekundet, er habe den Tank des Beklagten 30 min mit einer Befüllgeschwindigkeit von 180 l/min betankt, sondern er habe in seiner Vernehmung angegeben, „diese 2000 l oder das Anschließen vorweg mögen also vielleicht eine halbe Stunde gedauert haben“. Es sei daher ersichtlich, dass der Zeuge keine feste Minutenzahl bekunden wolle und überdies noch den Zeitraum des Anschließens einbezogen habe. Der Zeuge habe außerdem bekundet, dass er die Füllstandsanzeige, die einen fast leeren Tank angezeigt habe, überprüft habe. Der Beklagte sei selbst für den Schaden verantwortlich. Er habe es unterlassen, seine Tankanlage regelmäßig warten und reinigen zu lassen, was an dem schlechten Zustand der Tanks, dem defekten Grenzwertgeber, der die Überfüllung nicht angezeigt habe, und der defekten Füllstandsanzeige erkennbar sei.
Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10. Oktober 2023 wird Bezug genommen.
II.
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben und begründet worden. In der Sache hat sie keinen Erfolg.
1. Es besteht kein Anspruch des Beklagten gem. §§ 280 Abs. 1, 278, 433 Abs. 1 BGB gegen die Klägerin aufgrund einer Sorgfaltspflichtverletzung des Zeugen R., die sich die Klägerin zurechnen lassen müsste.
a) Dies wäre dann der Fall, wenn der Zeuge gegen die ihm obliegenden Sorgfaltsanforderungen bei der Anlieferung schuldhaft verstoßen hätte. In Bezug auf die Anforderungen, die einen Öllieferanten treffen, wird auf die ausführlichen Ausführungen im landgerichtlichen Urteil Bezug genommen. Zusammengefasst muss der Öllieferant keine technische Überprüfung der Tankanlage durchführen, sondern kann es bei einer Sichtkontrolle belassen. Erst ein visueller Mangel verpflichtet den Befüller zu weiteren intensiveren Prüfungen oder zu einer vorsichtigen Befüllung (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 1983 – VI ZR 146/82, Rn. 9; OLG Frankfurt, Urteil vom 17. August 2007 – 19 U 268/06, Rn. 30 mwN, OLG Karlsruhe, Urteil vom 13. September 1996 - 3 U 45/95, alle zitiert nach juris).
b) Den Beweis für eine Sorgfaltspflichtverletzung des Zeugen R. konnte der Beklagte nach der ausführlich begründeten Überzeugung des Landgerichts nicht erbringen. Der Senat ist nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die Beweiswürdigung des Erstgerichts gebunden, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung vorgetragen werden. Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung sind ein unrichtiges Beweismaß, Verstöße gegen Denk- und Naturgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, Widersprüche zwischen einer protokollierten Aussage und den Urteilsgründen sowie Mängel der Darstellung des Meinungsbildungsprozesses wie Lückenhaftigkeit oder Widersprüche (BGH, VersR 2005, 945; OLG München, Urteil vom 21. Juni 2013 - 10 U 1206/13, juris). Konkreter Anhaltspunkt in diesem Sinn ist jeder objektivierbare rechtliche oder tatsächliche Einwand gegen die erstinstanzlichen Feststellungen. Bloß subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare Anhaltspunkte genügen nicht (BGH, Urteil vom 8. Juni 2004 – VI ZR 230/03, Rn. 16, juris).
Der Beklagte zeigt derartige konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung mit seiner Berufung nicht auf. Die sorgfältige Beweiswürdigung des Landgerichts, die nach einer umfangreichen Zeugenvernehmung des Zeugen R. erfolgt ist, ist auch ansonsten nicht zu beanstanden.
aa) Soweit der Beklagte in seiner Berufungsbegründung erneut ein Verschulden damit begründen möchte, der Zeuge habe vor der Befüllung den Ölstand nicht kontrolliert, ergibt sich aus der Vernehmung des Zeugen das Gegenteil. Er hat in seiner landgerichtlichen Vernehmung bekundet:
„Dieser Tank hatte aber eine sog. U-Anzeige, die zeigt, wie viel noch im Tank drin ist. Hier zeigte sie sozusagen gar nichts an, der Tank war also quasi leer“ (Protokoll vom 17. November 2022, Seite 3, Bl. 292).
Das Landgericht hat diese Aussage gewertet und für glaubhaft befunden. Sie korrespondiert im Übrigen mit der Ölbestellung des Beklagten, der ebenfalls von weitgehend leeren Tanks ausgegangen sein musste, weswegen er eine Ölmenge von 3.000 l Öl für seinen Haushalt bestellt hatte.
bb) Soweit der Beklagte nun behauptet, die Tanks seien noch mit mindestens 2.000 l befüllt gewesen, führt diese Behauptung dann nicht zu einer Sorgfaltspflichtverletzung, wenn der Zeuge dies nicht hätte erkennen können.
Eine solche Erkennbarkeit hat der Beklagte weder behauptet noch bewiesen. Im Gegenteil ergibt sich aus der vorgenannten Aussage, dass der Zeuge von einem fast leeren Tank ausgehen konnte. Zu weitergehenden Untersuchungen, insbesondere Tanköffnungen, war er weder in der Lage noch befugt.
cc) Die Berechnung des Beklagtenvertreters ist ebenfalls nicht geeignet, eine Pflichtverletzung des Zeugen zu begründen. Danach wären bei einer Befüllgeschwindigkeit von 180 l/min und einer Befülldauer von 30 min bereits 5.400 l betankt gewesen, was das Füllvolumen des Tanks überschritten und den Ölaustritt verursacht hätte. Der Beklagte beruft sich dabei auf die Aussage des Zeugen R. Dieser hat die vom Beklagtenvertreter als Ausgangszahlen verwandten Werte aber nicht als fixe Rechengrößen, sondern vielmehr als vage Angaben („mögen vielleicht“) bekundet. Er hat ausgesagt:
„Diese 2000l oder das Anschließen vorweg mögen also vielleicht eine halbe Stunde gedauert haben“ (Protokoll vom 17. November 2022, Seite 3, Bl. 292).
Es ist ersichtlich, dass der Zeuge eine grobe Zeitspanne geschätzt hat, die nicht allein den Befüllvorgang, sondern auch das Anschließen des Schlauches umfasst hat, so dass die Berechnung des Beklagtenvertreters auf keiner validen Grundlage steht.
Der Zeuge hat weiter ausgeführt, er sei im Begriff gewesen vom Tank zum Tankwagen zurück zu gehen, als das Überlaufen begonnen habe. Zu diesem Zeitpunkt seien ca. 2.600 l befüllt gewesen, er habe den Vorgang bei 3.000 l - wie bestellt - manuell stoppen wollen. Auch aus dieser Aussage lässt sich keine Sorgfaltspflichtverletzung schließen. Der Zeuge konnte vielmehr davon ausgehen, dass der Tank des Beklagten 3.000 l fasst (s.o.). Dass der Zeuge ursprünglich die vom Beklagten bestellten 6.000 l Heizöl befüllen wollte, hat sich auf das Schadensereignis nicht kausal ausgewirkt, weil er - nach der Klärung dieses Missverständnisses - den Befüllvorgang bei 3.000 l manuell stoppen wollte und das Heizöl bereits bei einer Befüllung mit ca. 2.600 l austrat.
dd) Soweit der Beklagte eine Sorgfaltspflichtverletzung darin sieht, dass der Zeuge den Tankvorgang nicht unterbrochen habe, als er sich vom Tankfahrzeug entfernt habe, ist eine dauerhafte Anwesenheit am Tankfahrzeug nicht geschuldet. Im Gegenteil musste der Zeuge sowohl den Tank mit seinen Anzeigen als auch sein Tankfahrzeug im Blick behalten. Dies ist physisch nur möglich, wenn er sich von seinem Tankfahrzeug zum Tank begibt und anschließend zum Tankfahrzeug zurückkehrt. Dass der Zeuge anderweitig abgelenkt gewesen sei und deshalb den ihm obliegenden Pflichten nicht nachgekommen sei, hat der Beklagte selbst nicht behauptet.
c) Der Beklagte sieht die Pflichtverletzung des Zeugen schließlich darin, dass dieser entweder den Fixzustand der Uhr nicht bemerkt und dem Füllstandsanzeiger keine Aufmerksamkeit geschenkt oder gegen den Grenzwertgeber befüllt habe. Er bezieht sich auf die Vermutungen des Privatgutachters der Klägerin, Dipl.-Ing. D. und macht sich diese zu eigen. Dieser hat festgestellt, dass die Schadensursache im Nichtbemerken des Fixstandes der Tankuhr liegen könne. Die Schadensursache könne aber auch darin liegen, dass gegen den Grenzwertgeber befüllt worden sei, wobei es auch möglich sei, dass der Grenzwertgeber nicht angeschlagen habe („aufgrund eines verdreckten Lochs zu langsam befüllt“). Die Tankuhr hätte dann einen Füllvorgang angezeigt und sich erst später „verhakt“. Eine regelmäßige Wartung der Anlage sei nicht erkennbar gewesen (Gutachten vom 28. Juli 2020, Seite 2-4).
aa) Dass der Zeuge „gegen“ den Grenzwertgeber befüllt bzw. diesen am „Auto abgeschaltet“ habe, stellt eine bloße Spekulation des Beklagten ohne Anhaltspunkte und ohne Beweisangebot dar (Berufungsbegründung vom 26.05.2023, Seite 8), die nicht geeignet ist, ein Verschulden des Zeugen zu begründen. Das Parteigutachten mag diese Variante als mögliche Erklärung für den Schadenshergang angeführt haben. Indizien werden dafür aber nicht genannt.
Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Zeuge den Grenzwertgeber ordnungsgemäß angeschlossen, ansonsten hätte der Öltankwagen keinen Befüllvorgang gestartet. Diese - nach der Würdigung des Landgerichts - glaubhaften Aussagen des Zeugen decken sich im Übrigen mit den Feststellungen des Privatsachverständigen Dipl.-Ing. D., der es auch für möglich hält, dass der Grenzwertgeber zwar ordnungsgemäß angeschlossen, aber verschmutzt gewesen sei und sich daher zu langsam befüllt habe und insoweit seine Wächterfunktion nicht habe wahrnehmen können. Dass der Zeuge R. einen solchen Defekt hätte wahrnehmen können, ist nicht bewiesen.
bb) Soweit die weitere Vermutung des privaten Sachverständigen, auf die sich der Beklagte beruft, lautet, der Zeuge habe dem Füllstandsanzeiger nicht die hinreichende Aufmerksamkeit geschenkt (Gutachten vom 28. Juli 2020, Seite 2), teilt der Senat die Überzeugung des Landgerichts, es sei nicht bewiesen, dass der Zeuge hätte erkennen können, dass die Füllstandsanzeige nicht korrekt funktioniert habe. Soweit der Beklagte in seiner Berufungsbegründung ausführt, der Zeuge hätte den „Fixzustand der Uhr bemerken müssen“, ist unklar, wann dieser - unstreitige - Defekt eingetreten ist. Es ist insoweit zwar möglich, dass sich die Füllstandsanzeige von Anfang an nicht bewegt hat. Es wäre - nach dem Parteigutachten der Klägerin, das sich der Beklagte zu eigen gemacht hat - ebenso möglich, dass sich die Füllstandsanzeige mit der Befüllung bewegt und erst zu einem unbestimmten späteren Zeitpunkt festgestellt hat.
Ein Verschulden des Zeugen kann auf dieser Grundlage - mit dem Landgericht - nicht sicher festgestellt werden.
Darüber hinaus durfte der Zeuge aber auch davon ausgehen, dass die Tanks aufgrund der Füllstandsanzeige weitgehend „leer“ waren (s.o.), so dass sie die vom Beklagten bestellten 3.000 l Heizöl auch fassen können.
d) Es ist auch nicht das vom Beklagten im Schriftsatz vom 21. August 2023 angebotene Sachverständigengutachten zum ordnungsgemäßen Zustand seiner Tankanlage einzuholen. Unabhängig von der Frage, ob dieser Beweisantritt in der Berufungsinstanz gem. §§ 530, 520 ZPO verspätet ist oder ob der Beklagte - widersprüchlich zu dem Beweisantritt - selbst behauptet, die Füllstandsanzeige habe nicht den korrekten Füllstand angezeigt, kommt es vorliegend nicht darauf an, ob die Tankanlage in einem ordnungsgemäßen Zustand war. Ein „nicht ordnungsgemäßer Zustand“ begründete kein Verschulden der Klägerin. Der Beklagte müsste vielmehr einen Verstoß der Klägerin beweisen. Darauf zieht der Beweisantritt aber nicht ab, er ist insoweit unerheblich.
Es liegt auch kein Verfahrensmangel vor. Gem. § 529 Abs. 2 ZPO ist ein - nicht von Amts wegen zu prüfender - Verfahrensmangel nur zu berücksichtigen, wenn dieser geltend gemacht wird. Das Übergehen eines Beweisangebots muss ausdrücklich gerügt werden (BGH, Urteil vom 19. April 1961 – IV ZR 217/60 –, BGHZ 35, 103-111, Rn. 23; Heßler, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 520, Rn. 36). Dass das Landgericht einen Beweisantrag des Beklagten übersehen und somit sein Recht auf rechtliches Gehör gem. Art. 103 Abs. 1 GG verletzt habe, hat der Beklagte in der Berufungsinstanz nicht vorgetragen.
2. Eine Haftung der Klägerin besteht nicht gegenüber dem Beklagten gem. § 7 Abs. 1 StVG. Die Klägerin ist die Halterin des Tankwagens.
a) Voraussetzung des § 7 Abs. 1 StVG ist, dass eines der dort genannten Rechtsgüter „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges" verletzt bzw. beschädigt worden ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dieses Haftungsmerkmal entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen. Denn die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeuges erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen.
Ein Schaden ist demgemäß bereits dann „bei dem Betrieb" eines Kraftfahrzeuges entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, d.h. wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit)geprägt worden ist (vgl. BGH, Urteile vom 5. Juli 1988 - VI ZR 346/87; vom 6. Juni 1989 - VI ZR 241/88; vom 31. Januar 2012 - VI ZR 43/11; vom 19. April 1988 - VI ZR 96/87; vom 27. November 2007 - VI ZR 210/06; vom 26. Februar 2013 - VI ZR 116/12, alle zitiert nach juris).
Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges steht (vgl. BGH, Urteile vom 21. Januar 2014 - VI ZR 253/13; vom 10. Februar 2004 - VI ZR 218/03; vom 27. November 2007 - VI ZR 210/06; vom 26. Februar 2013 - VI ZR 116/12; vom 24. März 2015 - VI ZR 265/14, alle zitiert nach juris).
Bei Kraftfahrzeugen mit Arbeitsfunktionen ist es erforderlich, dass ein Zusammenhang mit der Bestimmung des Kraftfahrzeuges als eine der Fortbewegung und dem Transport dienende Maschine (vgl. § 1 Abs. 2 StVG) besteht. Es muss sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handeln, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll, d.h. die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 31. Januar 2012 - VI ZR 43/11, Rn. 17; vom 21. Januar 2014 - VI ZR 253/13, Rn. 5; vom 26. April 2005 - VI ZR 168/04; vom 26. Februar 2013 - VI ZR 116/12, Rn. 15, alle zitiert nach juris).
Eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG entfällt daher, wenn die Fortbewegungs- und Transportfunktion des Kraftfahrzeuges keine Rolle mehr spielt und das Fahrzeug nur noch als Arbeitsmaschine eingesetzt wird oder bei Schäden, in denen sich eine Gefahr aus einem gegenüber der Betriebsgefahr eigenständigen Gefahrenkreis verwirklicht hat (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2015 – VI ZR 139/15, Rn. 12 mwN, juris).
b) Nach den vorgenannten Maßstäben liegt keine Gefährdungshaftung vor. Es haben sich nicht die von einem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt, sondern ein gegenüber der Betriebsgefahr des Fahrzeugs eigenständiger Gefahrenkreis. Konkret hat sich keine dem Entladevorgang von Öl immanente Gefahr realisiert, sondern die Gefahr, die von dem Tank des Bestellers ausging.
Anders als im Fall des Bundesgerichtshofs vom 8. Dezember 2015 (aaO) und im Fall des Oberlandesgerichts München vom 21. Januar 2015 - 15 U 2296/14 - geht es nicht um einen Fehler am Fahrzeug bzw. an seinen Einrichtungen als Schadensursache (bspw. Verbindungsschlauch des Tankwagens undicht), sondern das im Verkehr befindliche Fahrzeug war technisch - unstreitig - einwandfrei.
Es kann insoweit auch dahinstehen, ob der Schaden durch die wohl unstreitig defekte Füllstandsanzeige (vgl. Beklagtenschriftsatz vom 26.05.2023, Seite 8) und/oder den Grenzwertgeber verursacht worden ist, weil beides keine Einrichtungen des Tankwagens darstellen, auf die sich die Gefährdungshaftung bezieht.
Dieser Fall ist vielmehr vergleichbar mit dem Sachverhalt, den das Oberlandesgericht Köln zu entscheiden hatte. Dort hatte ein Rasenmähroboter einen Tankschlauch beschädigt, weswegen Öl ins Erdreich ausgetreten war. Das Oberlandesgericht stellte fest, die Beschädigung des Tankschlauchs durch einen auf einer privaten Rasenfläche unbeaufsichtigt fahrenden Rasenmähroboter und die dadurch erfolgende Kontamination des Erdreichs lägen nicht in dem Gefahrkreis, hinsichtlich derer der Verkehr nach § 7 StVG schadlos gehalten werden solle. Die Zerstörung des Befüllschlauchs durch einen Roboter stelle keine fahrzeugspezifische Gefahr im Rahmen des Entladevorgangs dar (OLG Köln, Beschluss vom 15.04.2019 - 13 U 94/19, juris).
c) Es handelt sich vorliegend auch nicht um eine Auswirkung derjenigen Gefahren, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift des § 7 StVG schadlos gehalten werden soll. Soweit der Beklagtenvertreter meint, es habe vorliegend vom Zufall abgehängt, ob der Verkehrsraum, andere Verkehrsteilnehmer oder auch das Hausgrundstück geschädigt worden seien, und sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bezieht (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 2015 – VI ZR 139/15, Rn. 15, juris), folgt der Senat dem nicht.
Denn vorliegend hing es anders als in dem vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall vom 8. Dezember 2015 (aaO, ebenso: BGH, Urteil vom 20. Oktober 2020 – VI ZR 158/19, Rn. 15 mwN, juris) gerade nicht vom Zufall ab, wo der Schaden eintrat. Die Schadensursache lag hier am bzw. im Öltank des Beklagten und jedenfalls nicht am Tanklastwagen und seinen Einrichtungen, so dass der Schaden nur im Bereich der Beklagtentanks und somit ausschließlich auf dem Hausgrundstück des Beklagten eintreten konnte. Ein solches Ereignis liegt nicht in dem Gefahrenbereich, für den der Verkehr nach § 7 StVG schadlos gehalten werden soll.
3. Die Klägerin haftet auch nicht gem. § 2 HaftpflG. Zwar handelt es sich bei dem Tankwagen der Klägerin um eine Anlage zur Abgabe von Flüssigkeiten im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 HaftPflG. Denn Tankwagen zur Abgabe von Heizöl werden ohne weitere Differenzierung nach Einzelkomponenten als Anlagen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 HaftPflG angesehen (als obiter dictum im Urteil des BGH vom 14.06.1993 - III ZR 135/92; OLG München, Urteil vom 21. Januar 2015 – 15 U 2296/14, Rn. 40 ff.; OLG Köln Urteil vom 23.03.1994 - 26 U 35/93; OLG Frankfurt Urteil vom 30.05.2006 - 18 U 64/05, Rn. 22, bezogen auf flüssige Chemikalien, alle zitiert nach juris; Filthaut/Piontek/Kayser, HaftPflG 10. Aufl., § 2 Rn. 12). Ortsfest muss eine Anlage nach dieser Rechtsprechung und dem Gesetzeswortlaut nicht sein.
Allerdings ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der technische Zustand des Tankwagens der Klägerin nicht schadensursächlich war. Dieser befand sich zur Zeit der Schadensverursachung in einem ordnungsgemäßen Zustand, so dass eine Haftung gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 HaftPflG ausscheidet.
4. Auf ein mögliches eigenes Verschulden des Beklagten mangels Wartung seines Öltanks kommt es nach alldem nicht mehr an.
5. Mangels Hauptforderungen besteht auch kein Anspruch auf die geltend gemachten Nebenforderungen.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
IV.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und der Senat nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes oder eines anderen Oberlandesgerichts abweicht, so dass auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 ZPO.
V.
Die Festsetzung des Streitwertes für das Berufungsverfahren beruht auf § 3 ZPO, § 47 Abs. 1 GKG.