Prozessrecht


Zeuge: Folgen des Nichterscheinens zu einem Termin

OLG Bamberg, Beschluss vom 01.03.2024 - 2 W 39/23 -

Kurze Inhaltsangabe:

 

Ein Zeuge war zu einem Termin, zu dem er zwecks seiner Vernehmung ordnungsgemäß geladen worden war, nicht erschienen. Zu diesem Termin war aber der Prozessbevollmächtigte der Kläger, die ihren Wohnsitz in Brasilien hatten, von seinem Kanzleisitz in Brasilien angereist. Das Landgericht verhängte gegen den Zeugen ein Ordnungsgeld von € 200,00 und legte ihm die durch sein Ausbleiben zum Termin entstandenen Kosten auf. Die dagegen vom Zeugen eingelegte Beschwerde wies das OLG Bamberg mit Beschluss vom 20.03.2023 zurück. Ein neuer Termin für die Zeugenvernehmung wurde auf den 11.05.2023 anberaumt, allerdings auf Antrag des Beklagtenvertreters am 20.04.2023 auf den 04.07.2023 verlegt. Am 20.05.2023 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Kläger die Festsetzung seiner Reisekosten: Er habe im Hinblick auf den Termin vom 11.05.2023 am 23.03.2023 Kosten für Flugtickets in Höhe von € 1.000,00 gehabt, sodann durch die Verlegung des Termins noch einmal Umbuchungskosten von € 1.063,90. Zur Festsetzung gegen den Zeugen wurden nur die € 1.000,00 beantragt. Die Rechtspflegerin wies den Antrag zurück, dem das OLG auf die vom Klägervertreter eingelegten sofortigen Beschwerde stattgab, da es sich um notwendige Kosten der Rechtsverfolgung gem. § 91 Abs. 1 ZPO handele.

 

Die Kostengrundentscheidung sei nach § 380 Abs. 1 S. 1 ZPO getroffen, demzufolge dem Zeugen die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt werden könnten. Bei den Kosten eines an der Rechtsverfolgung oder -verteidigung Beteiligten greife auch hier die das Kostenfestsetzungsverfahren beherrschende Maxime des § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO, dass nur solche Kosten zu erstatten seien, die zur zweckentsprechenden Wahrung der Rechte notwendig gewesen wären. Dabei käme es darauf an, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die kostenauslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung habe als sachdienlich ansehen dürfen, wobei sie ihre berechtigten Interessen verfolgen und zur vollen Wahrung ihrer Belange ergreifen dürfe. Lediglich sei sie gehalten, unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigere zu wählen (BGH, Beschluss vom 16.12.2004 - I ZB 23/04 -).

 

Sollte nach dieser Maßgabe eine Partei grundsätzlich die Hinzuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalts zur entsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sein, so sei der Partei auch das Recht zuzubilligen, sich von diesem in der mündlichen Verhandlung vertreten zu lassen (auch wenn ggf. die Kosten eines Unterbevollmächtigten billiger wären). § 91 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 ZPO verlange keine zusätzliche Prüfung, ob auch die Wahrnehmung des Verhandlungstermins durch diesen Rechtsanwalt im konkreten Einzelfall unbedingt erforderlich sei. Das OLG wies darauf hin, dass die Annahme, der Unterbevollmächtigte sei nur „ausführendes Organ“ des Prozessbevollmächtigten, der Prozessstrategie und -taktik mit der Partei bespreche und den Vortrag in der mündlichen Verhandlung mit seinen Schriftsätzen bestimme, würde den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten in einer Beweisaufnahme nicht gerecht, da deren Verlauf und die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen noch weniger planbar seien als in der mündlichen Verhandlung.

 

Vorliegend sah das OLG die Beauftragung des Prozessbevollmächtigten mit Kanzleisitz in Brasilien als notwendig im vorgenannten Sinn an. Die Kläger hätten ihren Wohnsitz in Brasilien. Im Hinblick auf die Möglichkeit eines persönlichen Mandantengesprächs wie auch der direkten Verständigung in deren portugiesischer Muttersprache sie die Beauftragung sachgerecht gewesen. Es handele sich zudem nicht um eine einfach gelagerte Sach- und Rechtslage bei einem nicht unerheblichen Streitwert von vorläufig € 50.000,00. Aufgrund seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft unter Befreiung von seiner Kanzleipflicht in der BRD sei dem Prozessbevollmächtigten der Kläger auch die Führung eines Prozesses in Deutschland möglich gewesen, ohne Dritte einzuschalten.

 

Aus diesen Umständen folge regelmäßig die Erstattungsfähigkeit der Terminswahrnehmung durch den Prozessbevollmächtigten. Auf eine kostengünstigere Alternative hätten die Kläger nicht verwiesen werden können; dieser Ausnahmefall läge nur dann vor, wen von Anfang an festgestanden hätte, dass die Anwesenheit des Prozessbevollmächtigten bei der Beweisaufnahme nicht erforderlich sein wird, es sich also um ein „lediglich durchschnittliches“ Beweisthema gehandelt hätte. Allerdings sei für die Parte nicht von vorhersehbar, welche Schwierigkeiten es bei der Zeugeneinvernahme gibt, ob es um ein Zeugnisverweigerungsrecht gehen würde, wie die Glaubwürdigkeit zu beurteilen ist, was alles von der Persönlichkeit des Zeugen und seinem Verhalten abhänge. Auch sei zu berücksichtigen, dass das Hintergrundwissen eine sinnvolle und nützliche Hilfe bei der Beseitigung von Schwierigkeiten sei (BGH, Beschluss vom 16.12.2004 - I ZB 23/04 -).

 

Zu den nach § 380 Abs. 1 ZPO aufgrund seines Ausbleibens vom Zeugen zu erstattenden Kosten würden alle Kosten zählen, die durch die neuerliche Ladung des Zeugen und seiner Vernehmung in einem neuen Termin erforderlich würden (BGH, Beschluss vom 16.12.2004 - I ZB 23/04 -).

 

 

Anmerkung: Mit der vorstehenden Begründung müssten der Partei auch die Kosten der Umbuchung erstattet zuerkannt werden, da diese zwar kausal auf der Verlegung des Termins vom 11.05. beruhte, die nicht vom Zeugen veranlasst wurde, aber es überhaupt zu einem neuen Termin und damit der Bestimmung des 11.05. als neuen Termin kam, beruhte auf dem Ausbleiben des Zeugen im vorhergehenden Termin. Ohne das Ausbleiben des zeugen im ersten Termin wäre es mithin nicht zu einer Terminänderung gekommen, sie die Kosten der Umbuchung verursachte.

 

Aus den Gründen:

 

Tenor

 

1. In Abänderung des Beschlusses der Rechtspflegerin beim Landgericht Coburg vom 11.08.2023 werden die vom Zeugen Z an die Kläger zu erstattenden Kosten auf 1.000,00 € festgesetzt.

2. Der Zeuge Z trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger im Beschwerdeverfahren.

3. Der Beschwerdewert wird auf 1.000,00 € festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

 

I.

 

Beschwerdegegenständlich ist die Festsetzung von Kosten gegen einen Zeugen wegen seines Ausbleibens in einem Termin.

 

1. Die Kläger machten gegen den Beklagten mit Klageschrift vom 15.01.2022 erbrechtliche Ansprüche geltend. Die Kläger haben ihren Wohnsitz in Brasilien. Dort befindet sich ebenfalls der Kanzleisitz ihres Prozessbevollmächtigten. In einem Termin zur Beweisaufnahme am 16.02.2023 erschien der ordnungsgemäß geladene Zeuge Z nicht. Hierauf setzte die zuständige 5. Zivilkammer des Landgerichts Coburg mit Beschluss vom 16.02.2023 gegen den Zeugen ein Ordnungsgeld in Höhe von 200,00 € fest und legte ihm die durch sein Ausbleiben im Termin vom 16.02.2023 entstandenen Kosten auf. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde des Zeugen wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts Bamberg vom 20.03.2023, Az. 2 W 13/23e, zurückgewiesen.

 

Nachfolgend wurde zunächst ein weiterer Termin zur Einvernahme des Zeugen Z auf den 11.05.2023 bestimmt. Mit Verfügung vom 20.04.2023 wurde dieser Termin auf Antrag des Beklagtenvertreters wegen einer Terminskollision mit Verfügung vom 20.04.2023 auf den 04.07.2023 verlegt.

 

2. Mit Schriftsatz vom 10.05.2023 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Kläger die Festsetzung durch den Zeugen Z zu erstattender Reisekosten. Er habe zur Wahrnehmung des zunächst auf den 11.05.2023 bestimmten Termins am 23.03.2023 Kosten für Flugtickets von Brasilien nach Deutschland in Höhe von 5.724,48 brasilianischen Reaís aufgewendet, was 1.000,00 € entspreche. Diese Tickets seien mit Kreditkarte bezahlt und bis Ende Mai 2023 in drei monatlichen Raten belastet worden. Durch die Terminsverlegung auf den 04.07.2023 sei es zu Umbuchungskosten in Höhe von umgerechnet 1.063,90 € gekommen, da bei der Umbuchung eine Vertragsstrafe zu bezahlen sei und im Sommer ein höherer Flugtarif gelte. Der Zeuge sei nach Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Kläger zur Erstattung der Kosten der ursprünglichen Buchung in Höhe von 1.000,00 € verpflichtet.

 

3. Mit Beschluss der Rechtspflegerin vom 11.08.2023 hat das Landgericht Coburg den Festsetzungsantrag vom 10.05.2023 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass sich die Flugkosten bereits nicht als notwendige Kosten gemäß § 91 ZPO darstellen würden, da es den Klägern möglich und zumutbar gewesen wäre, einen inländischen Rechtsanwalt mit der Terminswahrnehmung zu beauftragen. Ferner seien nur die für den Termin am 04.07.2023 entstandenen notwendigen Kosten ersatzfähig, da der Zeuge Z für die Verlegung des Termins vom 11.05.2023 nicht verantwortlich sei. Die für den Termin vom 04.07.2023 entstandenen Kosten habe der Prozessbevollmächtigte der Kläger jedoch nicht nachgewiesen.

 

4. Gegen diesen am 22.08.2023 zugestellten Beschluss wendet sich der Klägervertreter mit seiner am 05.09.2023 beim Oberlandesgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde. Festzusetzen seien die für den ursprünglich auf den 11.05.2023 festgesetzten Termin entstandenen Kosten, da die Buchung des Tickets für den Termin auf das Ausbleiben des Zeugen im Termin am 16.02.2023 zurückzuführen sei. Sämtliche Kosten seien nachgewiesen. Es handele sich auch um notwendige Kosten im Sinne von § 91 ZPO, da es sich um einen ausschließlich von ihm betreuten schwierigen und werthaltigen Erbrechtsfall gehandelt habe, bei dem die persönliche Vernehmung des Zeugen durch ihn erforderlich gewesen sei.

 

Der Zeuge Z hat mit Schreiben vom 26.10.2023 die angegriffene Entscheidung verteidigt. Insbesondere sei die persönliche Anreise des Prozessbevollmächtigten der Kläger aus Brasilien nicht erforderlich gewesen.

 

II.

 

Die gem. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 568 ff ZPO, § 11 Abs. 1 RpflG zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Die vom Prozessvollbemächtigten der Kläger für diese (vgl. insoweit BeckOK/ZPO-Jaspersen, Stand 1.12.2023, § 103 Rn. 20) geltend gemachten Anreisekosten zum Termin in Höhe von 1.000,00 € stellen sich als notwendige Kosten der Rechtsverfolgung gemäß § 91 Abs. 1 ZPO dar.

 

1. Die Vorschrift des § 380 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wonach dem ordnungsgemäß geladenen, aber nicht erschienenen Zeugen die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt werden können, betrifft die Kostengrundentscheidung. Geht es um die Festsetzung der Kosten eines an der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung Beteiligten gegen den Zeugen als Schuldner der Mehrkosten gemäß §§ 103 ff. ZPO, greift auch hier die das Kostenfestsetzungsverfahren beherrschende Grundregel des § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO ein, dass nur solche Kosten zu erstatten sind, die zur zweckentsprechenden Wahrung der Rechte notwendig waren.

 

Bei der Beurteilung der Frage, ob aufgewendete Prozesskosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren, kommt es darauf an, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen. Sie ist lediglich gehalten, unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (vgl. BGH, Beschluss v. 16.12.2004, Az. I ZB 23/04; Beschluss v. 16.10.2002, Az. VIII ZB 30/02; MüKo/ZPO-Schulz, 6. Aufl., § 91 Rn. 48 f. m.w.N.).

 

Wenn nach dieser Maßgabe grundsätzlich die Hinzuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig ist, ist der Partei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig auch das Recht zuzubilligen, sich durch diesen mit der Sache vertrauten Rechtsanwalt in der mündlichen Verhandlung vertreten zu lassen, so dass dessen Reisekosten in vollem Umfang zu ersetzen sind. Auch im umgekehrten Fall, dass eine Partei, weil ausnahmsweise eine entsprechende Hinzuziehung nicht erforderlich ist, einen am Ort des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalt beauftragt, würden Reisekosten - dann der Partei zu einem Informationsgespräch mit dem Anwalt - erstattungsfähig sein. § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO verlangt insoweit keine zusätzliche Prüfung, ob im konkreten Einzelfall auch die Wahrnehmung des Verhandlungstermins gerade durch diesen Rechtsanwalt unbedingt erforderlich war. Vielmehr ist das Interesse der Partei an der Terminswahrnehmung durch ihren mit der Sache vertrauten Anwalt gegenüber dem Interesse der Gegenseite an einer Kostenersparnis grundsätzlich vorrangig. Die Erweiterung der Postulationsfähigkeit vor den Landgerichten auf alle bei einem Amts- oder Landgericht zugelassenen Anwälte ist wesentlich auch damit begründet worden, dass das Interesse der Mandanten dahingehe, von einem Rechtsanwalt ihres Vertrauens auch vor auswärtigen Zivilgerichten vertreten werden zu können. Die Erwägung, dass der Unterbevollmächtigte nur das „ausführende Organ” des Prozessbevollmächtigten sei, der Prozessstrategie und -taktik mit der Partei besprechen könne und mit der Fertigung der Schriftsätze den Vortrag in der mündlichen Verhandlung bestimme, wird den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten in der Beweisaufnahme, deren Verlauf und die daraus gegebenenfalls zu ziehenden Schlussfolgerungen noch weniger „planbar” sind als die mündliche Verhandlung, nicht gerecht. Dem Umstand, dass die Reisekosten im Einzelfall - bei geringen Streitwerten und großer Entfernung zwischen Kanzleisitz und Prozessgericht - die Kosten eines Unterbevollmächtigten deutlich übersteigen können, kommt insoweit keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu (vgl. BGH, Beschluss v. 04.07.2017, Az. X ZB 11/15; Beschluss v. 28.01.2010, Az. III ZB 64/09; Beschluss vom 11. 12. 2007 - X ZB 21/07).

 

2. Vorliegend war die Beauftragung des Prozessbevollmächtigten der Kläger mit seinem Kanzleisitz in Brasilien für die Durchführung des Klageverfahrens in diesem Sinne zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. Die Kläger haben ihrerseits ihren Wohnsitz in Brasilien. Sowohl im Hinblick auf die Möglichkeit eines persönlichen Mandantengesprächs wie auch die direkte Verständigung in ihrer portugiesischen Muttersprache war die Beauftragung des Prozessbevollmächtigten sachgerecht. Es handelte sich überdies um eine nicht einfach gelagerte Sach- und Rechtslage bei einem nicht unerheblichen Streitwert von vorläufig 50.000,00 €. Aufgrund der Zulassung des Prozessbevollmächtigten zur Rechtsanwaltschaft unter Befreiung von der Kanzleipflicht in der Bundesrepublik Deutschland war diesem auch die eigenständige Führung des Prozesses ohne notwendige Einschaltung Dritter möglich. Daher war die Beauftragung des Prozessbevollmächtigten, was im gesamten Verfahren auch von keiner Seite in Frage gestellt wurde, als notwendige Rechtsverfolgungsmaßnahme anzusehen.

 

Aus Vorstehendem folgt regelmäßig auch die Erstattungsfähigkeit der Terminswahrnehmung durch den Prozessbevollmächtigten. Gründe, die es ausnahmsweise als gerechtfertigt erscheinen lassen könnten, die Kläger auf die kostengünstigere Alternative zu verweisen, dass sie von Anfang an einen im Bezirk des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung in der Beweisaufnahme hätten beauftragen können, sind nicht ersichtlich. Ein solcher Ausnahmefall wäre nur dann gegeben, wenn von Anfang an festgestanden hätte, dass die Anwesenheit des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin in dem Beweisaufnahmetermin nicht erforderlich sein würde. Ein solcher Ausnahmefall ist nicht schon dann anzunehmen, wenn es sich um ein "lediglich durchschnittliches" Beweisthema handelt. Welche Schwierigkeiten sich bei einer Zeugenvernehmung im Hinblick auf ein dem Zeugen möglicherweise zustehendes Zeugnisverweigerungsrecht sowie bezüglich der Glaubwürdigkeit dieser Person, der Ergiebigkeit und der Glaubhaftigkeit seiner Aussage ergeben, ist für die Partei in der Regel nicht vorhersehbar und hängt im Wesentlichen von der Persönlichkeit des Zeugen und seinem Verhalten ab. Die Erfahrung lehrt, dass die Erlangung einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Aussage eines Zeugen sich häufig schwieriger gestaltet als vor der Vernehmung angenommen. Im Rahmen der Ausübung des Fragerechts des Prozessbevollmächtigten kann sein Hintergrundwissen eine sinnvolle und nützliche Hilfe bei der Beseitigung dieser Schwierigkeiten sein (vgl. BGH, Beschluss v. 16.12.2004, Az. I ZB 23/04).

Zwar war für die Termine vom 11.05.2023 sowie 04.07.2023 das persönliche Erscheinen der Kläger nicht angeordnet, und im Termin zur Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen Z vom 04.07.2023 waren sie ausweislich des Terminsprotokolls auch nicht anwesend. Gegenstand der Beweisaufnahme waren jedoch für das Klagebegehren erhebliche Fragen der wirksamen Errichtung sowie der Auslegung des Testaments des Erblassers vom 04.09.2015. Der Klägervertreter stellte hierzu Nachfragen an den Zeugen und machte einen Vorhalt aus der Verfahrensakte. Dieses wäre einem beauftragten Unterbevollmächtigten nur nach Einarbeitung in die umfangreiche und im tatsächlichen Sachverhalt nicht einfache Verfahrensakte möglich gewesen. Es handelte sich nicht um einen einfach gelagerten Sachverhalt in der Beweisaufnahme, der ohne Weiteres durch einen Unterbevollmächtigten ohne umfangreiche Einweisung durch den Hauptbevollmächtigten und entsprechendes Aktenstudium wahrzunehmen gewesen wäre. Allein das Kosteninteresse des Gegners bzw. vorliegend des teilweise mit der Kostentragung beschwerten Zeugen führt nicht dazu, dass das Interesse der Kläger an einer bestmöglichen Vertretung auch im Termin zur Beweisaufnahme durch den zulässig bestimmten Anwalt ihres Vertrauens zurückstehen muss.

 

3. Die vom Zeugen zu erstattenden Reisekosten des Prozessbevollmächtigten der Kläger gemäß Nr. 7004 VV-RVG sind auf 1.000,00 € festzusetzen.

 

a) Zu den gemäß § 380 Abs. 1 ZPO aufgrund des Ausbleibens des Zeugen zu erstattenden Kosten zählen alle Kosten, die durch eine neuerliche Ladung des Zeugen und durch einen neuen Termin zu seiner Vernehmung erforderlich werden (BGH, Beschluss v. 16.12.2004, Az. I ZB 23/04; OLG Celle, Beschluss v. 11.12.2008, Az. 2 W 271/08; MüKo/ZPO-Damrau/Weinland, 6. Aufl., § 380 Rn. 6). Das Risiko erhöhter Kosten aufgrund kostenrechtlich nicht zu beanstandender Handlungen der Parteien im Rahmen einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung trägt damit grundsätzlich der Zeuge.

 

b) Vorliegend hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger Kosten für die Buchung am 23.03.2023 für den Flug zum Termin am 11.05.2023 in Höhe von 1.000,00 € und Kosten für die Umbuchung am 05.05.2023 für den Flug zum Termin am 04.07.2023 in Höhe von weiteren 1.063,00 € nachgewiesen. Ohne das Ausbleiben des Zeugen zum Termin am 16.02.2023 wären diese Kosten nicht angefallen. Sie sind somit kausal durch sein Ausbleiben verursacht.

 

Dieses gilt zunächst für die Buchung am 23.03.2023 mit Kosten in Höhe von 1.000,00 €. Dem kann nicht die Frühzeitigkeit der Buchung ca. sieben Wochen vor dem Termin am 11.05.2023 entgegengehalten werden, da aufgrund des hiermit möglichen geringeren Flugpreises gerade dem Sparsamkeitsgebot Rechnung getragen wurde. Zudem hatte der Klägervertreter zunächst fünf Wochen nach der am 16.02.2023 erfolgten Terminierung abgewartet und hiermit die Reaktion auf zeitnahe Terminsverlegungsanträge der Beklagtenseite eröffnet. Wäre der Termin vom 11.05.2023 aus anderen Gründen wie beispielsweise eines Anerkenntnisses des Beklagten hinfällig geworden, hätte es sich bei den dann unabwendbaren Stornierungskosten für den Flug des Klägervertreters immer noch um vom Zeugen zu erstattende Kosten der Rechtsverfolgung gehandelt, die bei einem Erscheinen des Zeugen im Termin vom 16.02.2023 nicht entstanden wären.

 

Nachdem der Klägervertreter den Kostenfestsetzungsantrag gegen den Zeugen Z auf 1.000,00 € begrenzt hat, bedarf es keiner weiteren Entscheidung, ob auch die angefallenen weiteren Umbuchungskosten in Höhe von 1.063,00 € erstattungsfähig sind.

 

 

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Wertfestsetzung bestimmt sich nach dem Kosteninteresse der Beschwerdeführer.