Kurze Inhaltsangabe:
In einem Rechtsstreit zwischen einer gesetzlichen Krankenversicherung und einer Klinik, in welchem die Krankenversicherung Schadensersatz gem. § 116 SGB X wegen einer von ihr behaupteten erheblichen Schädigung ihrer Versicherten anlässlich einer stationären Behandlung in der Klinik geltend machte, holte das Landgericht ein medizinisches Sachverständigengutachten ein. Nach Vorlage des Gutachtens beantragte die beklagte Klinik eine mündliche Erläuterung des Gutachtens durch den medizinischen Sachverständigen. Sodann zog das Landgericht die Behandlungsunterlagen der Klinik bei und erließ einen weiteren Beweisbeschluss, demzufolge der medizinische Sachverständige ergänzend zu der Behauptung der Klägerin Stellung nehmen sollte, die Operation der Klinik sei nicht indiziert und die Nachsorge fehlerhaft gewesen. Nach Eingang dieses Ergänzungsgutachtens wurde von der Beklagten erneut die mündliche Anhörung des Sachverständigen beantragt, dem das Landgericht nachkam und den Sachverständigen in der Ladungsverfügung zu einer ergänzenden Stellungnahme aufforderte. Nach Überlassung der ergänzenden Stellungnahme an die Beklagte lehnte diese nunmehr den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit ab mit der Begründung, dieser habe Ressentiments gegen die Beklagte, wie sich u.a. darin zeige, dass e behaupte, die Beklagte würde Befunde „unterschlagen“ und die Dokumentation der Beklagten mit der Behauptung negiere, diese sei von minderer Bedeutung. Der Sachverständige wies eine Befangenheit zurück, er habe keine Ressentiments gegen die Beklagte. Er habe nie Kontakt zur Beklagten gehabt oder das Klinikum betreten. Lediglich mit deren Hauptoperateur 8der auch im vorliegenden Fall als Operateur tätig war) habe er am Universitätsklinikum Jena von 1996 – 2002 in gleichberechtigter und ab 2003 in vorgesetzter Position zusammengearbeitet. Im Hinblick auf diese Stellungnahme des Sachverständigen lehnte die Beklagte ihn nunmehr auch im Hinblick auf seien mitgeteilte Nähe zu dem Hauptoperateur ab.
Das Landgericht wies den Befangenheitsantrag zurück. Auf die Beschwerde der beklagten hin wurde dem Antrag stattgegeben.
Das OLG wies auf § 406 Abs. 1 ZPO hin, demzufolge ein gerichtlich bestellter Sachverständiger aus den gleichen Gründen wie ein Richter abgelehnt werden könne. Es würde jede Tatsache genügen, die auch nur ein subjektives Misstrauen in die Unparteilichkeit des Sachverständigen vernünftigerweise rechtfertigen könne, ohne dass es darauf ankäme, ob der Sachverständige tatsächlich befangen sei. Ein enges persönliches oder berufliches Verhältnis könne grundsätzlich geeignet sein, Misstrauen in die Unparteilichkeit zu begründen, wobei der Umstand der privaten oder 8wie hier) beruflichen „Nähe“ zu hinterfragen sei. Es käme auf die Gesamtschau an. Auch wenn danach keine Gründe für eine tatsächliche Befangenheit ersichtlich seien, die nach dem objektivieren Standpunkt der Beklagten Zweifel an der Unvoreingenommenheit rechtfertigen würden.
Das OLG stellte auf die mehr als elfjährige kollegiale Zusammenarbeit des Sachverständigen mit dem Hauptoperateur der Beklagten und dort im fraglichen Fall auch tätigen Operateur ab. In einem solchen Fall könnten persönliche Erfahrungen bewusst oder unbewusst Einfluss auf das Ergebnis der Begutachtung nehmen (OLG Köln, Beschluss vom 13.01.1992 - 13 W 65/91 -). Hinzu käme hier, dass der Sachverständige dieses nahe Verhältnis zunächst verschwiegen hatte. Ein solches Verheimlichen ließe vom Standpunkt der Beklagten bei vernünftiger sensibler Betrachtung den Schluss zu, der Sachverständige wolle die wahre Intensität des Kontakts verbergen. Dies aber könne seinen Grund darin haben, dass er bei der Begutachtung durch die kollegiale Beziehung beeinflusst wurde (OLG Naumburg, Beschluss vom 07.05.2007 - 10 W 19/07 -). Das Verschweigen einer solchen Nähe wie hier könne bereits als selbständiger Befangenheitsgrund ausreichen. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen nach möglichen Verbindungen zwischen dem Sachverständigen und bei ihr angestellten Personen zu forschen, vielmehr habe der Sachverständige gem. § 407a Abs. 2 ZPO die Pflicht, selbst unverzüglich nach Beauftragung zu prüfen, ob ein Grund vorliegt, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen und solche Gründe unverzüglich dem Gericht mitzuteilen. Bei einer Offenbarung könne sich dann auch die Beurteilung eines Befangenheitsantrages anders darstellen.
Dabei könne auf sich beruhen, dass der Hauptoperateur gar nicht Partei ist. Es sei bei der sachverständig zu beurteilenden Frage um dessen Operation und damit um die Bewertung von dessen Leistungen gegangen. Die Diktion des Sachverständigen offenbare allerdings, dass hier die Annahme der beklagten, der Sachverständige sei ihrem Hauptoperateur gegenüber negativ eingestellt, nicht von der Hand zu weisen sei. Im Rahmen einer „kollegialen Verbundenheit“ wäre unter normalen Bedingungen mit einer entsprechenden Diktion nicht zu rechnen gewesen. Es würde so suggeriert, dass es dem Operateur an den intellektuellen Leistungen ermangele.
Aus den Gründen:
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts Erfurt vom 05.08.2020 abgeändert.
Das Befangenheitsgesuch der Beklagten gegen den Sachverständigen Dr. med. E. wird für begründet erklärt.
2. Der Beschwerdewert wird auf 52.402 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Ansprüche der bei ihr gesetzlich kranken- und pflegeversicherten Person ... - welche zwischenzeitlich verstorben ist - geltend. Sie behauptet, dass durch eine fehlerhafte Behandlung ihrer versicherten Person bei der Beklagten diese erheblich geschädigt worden sei. Aufgrund der eingetretenen Schädigung habe sie als Pflegeversicherung für eine vollstationäre Pflege insgesamt 30.581,30 € und als Krankenversicherung 126.623,92 € aufwenden müssen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 09.02.2015 Beweis über die dort näher bezeichneten Behauptungen der Klägerin durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens erhoben und mit weiterem Beschluss vom 13.04.2015 Dr. med. E. zum Sachverständigen bestimmt.
Nachdem der Sachverständige sein Gutachten unter dem 28.11.2015 erstattet hat, beantragte die Beklagte, den Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens zu laden. Mit weiterem Schriftsatz vom 14.06.2016 legte sie ein außergerichtliches Gutachten des Prof. Dr. med. N. vor, welches aus Sicht der Beklagten zu einem anderen Ergebnis gelangt sei.
Mit Verfügung vom 03.09.2016 hat das Landgericht zunächst Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 01.02.2017 anberaumt und den Sachverständigen zum Termin geladen. Der Termin wurde sodann (offensichtlich telefonisch) am 30.01.2017 aufgehoben; ein neuer Termin nicht bestimmt.
Mit Beschluss vom 21.09.2017 wies das Landgericht die Beteiligten darauf hin, dass es der Beiziehung der Behandlungsunterlagen bedürfe und die Klägerin deshalb aufgefordert wurde, entsprechende Schweigepflichtsentbindung seitens des Versicherten vorzulegen.
Mit weiterem Beschluss vom 23.05.2018 hat das Landgericht nach Beiziehung der Behandlungsunterlagen ergänzend Beweis über die Behauptung der Klägerin erhoben, dass durch die nicht indizierte Operation am 28.07.2009 und die fehlerhafte Nachsorge es bei dem Versicherten zu Ulzerationen im Fußbereich und einer finalen Amputation des Unterschenkels gekommen sei. Zum Sachverständigen wurde ebenfalls Dr. med. E. bestellt.
Nach Eingang des Gutachtens am 07.12.2018 beantragte die Beklagte erneut, den Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens zu laden. Dem kam das Landgericht mit Verfügung vom 29.04.2019 auch nach und beraumte einen Verhandlungstermin auf den 15.01.2020 an, welcher auf Antrag der Beklagten auf den 26.02.2020 verlegt wurde. Mit Schreiben vom 30.04.2019 wurde der Sachverständige sodann (nochmals) aufgefordert, gemäß Beweisbeschluss vom 09.02.2015 ein schriftliches Sachverständigengutachten zu erstatten. Nach Hinweis des Sachverständigen, dieses bereits am 28.11.2015 erstattet zu haben, wurde klargestellt, dass lediglich um eine ergänzende Stellungnahme entsprechend der Ladungsverfügung vom 29.04.2019 gebeten werde.
Nach Übermittlung der ergänzenden Stellungnahme vom 15.11.2019 hat die Beklagte den Sachverständigen innerhalb der verlängerten Stellungnahmefrist wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Sie führt zur Begründung an, die Ausführungen würden belegen, dass der Sachverständige offensichtlich mit deutlichen Ressentiments gegenüber der Beklagten seine Begutachtung durchführe. Soweit der Sachverständige darlege, dass die Beklagte Befunde unterschlage, offensichtlich ihr Behandlungsziel verfehlt habe und zum Ausdruck bringe, dass die Dokumentation nur von minderer Bedeutung sei, damit die Dokumentation schlichtweg negiere, müsse für eine verständige Partei der Eindruck entstehen, der Sachverständige setze sich nicht unvoreingenommen mit der Materie auseinander.
Der Sachverständige hat mit Schreiben vom 21.01.2020 den Vorwurf der Befangenheit zurückgewiesen. Er verwies unter anderem darauf, dass keine Ressentiments gegenüber der Einrichtung der Beklagten bestünden. So habe er die Einrichtung nie betreten und zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens Kontakt zu einem Mitarbeiter der Klinik gehabt. Allerdings habe er mit dem Hauptoperateur der streitgegenständlichen Eingriffe in den Jahren 1996 bis 2007 am Universitätsklinikum Jena in gleichberechtigter (1996-2002) sowie diesem gegenüber in vorgesetzter Position (ab 2003) zusammengearbeitet. Im Übrigen spiele die Einrichtung der Beklagten in seiner beruflichen Realität keine Rolle.
Dies nahm die Beklagte zum Anlass, den Sachverständigen auch wegen der nunmehr mitgeteilten Nähe zum Hauptoperateur abzulehnen.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 05.08.2020, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, das Befangenheitsgesuch als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde. Sie ist der Auffassung, dass bereits der Umstand einer langjährigen Zusammenarbeit, über die keine nähere Kenntnis bestehe, für eine Besorgnis der Befangenheit genüge. Vorliegend sei aber nicht nur der Umstand der jahrelangen Zusammenarbeit bedeutsam, sondern auch die Tatsache, dass der Sachverständige dies nicht zu Beginn offengelegt habe. Schließlich würden die Ausführungen des Sachverständigen in seinem Ursprungsgutachten, wonach die von ihm vermisste differenzialdiagnostische Würdigung von Anamnese und Befund, einer der wesentlichen intellektuellen Leistungen des wirbelsäulenchirurgischen Neurochirurgen, davon zeugen, dass der Sachverständige diese intellektuelle Leistung des Operateurs als nicht gegeben ansehe.
Des Weiteren lasse auch die Wortwahl des Sachverständigen seine Befangenheit befürchten. So zeige aus ihrer Sicht alleine die Tatsache, dass der Sachverständige in einem gerichtlichen Gutachten das Wort "unterschlagen" wähle, die negative Einstellung gegenüber der Beklagten. So verbinde man damit den strafrechtlichen Begriff der Unterschlagung und stets die Absicht, etwas bewusst nicht mitteilen zu wollen. Sie habe die Ausführungen des Sachverständigen jedenfalls so verstanden, dass sie vorsätzlich Befunde vorenthalten habe. Die negative Grundeinstellung ihr gegenüber ergebe sich ferner aus der Aussage des Sachverständigen, er habe keinen Grund, den Aufnahmebefund des geriatrischen Rehabilitationszentrums ... anzuzweifeln.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 14.09.2020 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 406 Abs. 5, § 567 Abs. 1 Nr. 1, § 569 ZPO).
Sie führt in der Sache auch zum Erfolg.
Das Befangenheitsgesuch ist jedenfalls, soweit es die "Nähe" des Gutachters zum Hauptoperateur dargelegt hat, begründet, weil die Beklagte insoweit einen hinreichend subjektiven Grund vorgetragen hat, der - aus ihrer Sicht - geeignet ist, Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Gutachters zu begründen.
Nach § 406 Abs. 1 ZPO kann ein (vom Gericht bestellter) Sachverständiger aus den gleichen Gründen wie ein Richter abgelehnt werden. Für die Besorgnis der Befangenheit genügt jede Tatsache, die auch ein nur subjektives Misstrauen der Partei in die Unparteilichkeit des Sachverständigen vernünftigerweise rechtfertigen kann (BGH NJW 1975, 1363). Ob der Sachverständige tatsächlich voreingenommen ist, ist dabei unerheblich. Entsprechend dem Gedanken, wie er insbesondere bei der Richterablehnung in § 41 ZPO zum Ausdruck kommt, ist ein nahes persönliches oder geschäftliches/berufliches Verhältnis zu einer Partei grundsätzlich geeignet, Misstrauen der anderen Partei in die Unabhängigkeit des Sachverständigen zu begründen; allerdings ist der Umstand einer privaten oder - wie hier - beruflichen "Nähe" immer noch zu hinterfragen. Nicht jede berufliche Nähe ist für sich allein schon geeignet, darin einen subjektiv hinreichend vernünftigen Grund zu sehen. Vielmehr kommt es immer auf eine Gesamtschau aller im Einzelfall zu bewertenden Tatsachen an.
Gemessen daran sieht der Senat zwar keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass der Sachverständige tatsächlich befangen ist. Es liegen jedoch Gründe vor, die vom objektivierten Standpunkt der Beklagten zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen Anlass geben.
So ist die elfjährige kollegiale Zusammenarbeit mit dem behandelnden Chirurgen Dr. med. H. für einen Außenstehenden geeignet, eine mehr als nur oberflächliche Bekanntschaft anzunehmen, auch wenn der Sachverständige seit mehreren Jahren in einem andern Klinikum arbeitet. Es liegt auf der Hand, dass die beruflichen und unter Umständen auch persönlichen Erfahrungen aus einer derart langjährigen Zusammenarbeit bewusst oder unbewusst auf das Ergebnis der Begutachtung Einfluss nehmen können (vgl. OLG Köln VersR 1993, 72). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass der Sachverständige seine "Nähe" zum behandelnden Operateur zunächst verschwiegen, also nicht offenbart hat. Schon das Verschweigen einer solchen "Nähe" kann als selbstständiger Befangenheitsgrund ausreichen. Ein Verheimlichen des Kontakts lässt vom Standpunkt der Beklagten aus bei vernünftiger sensibler Betrachtung den Schluss zu, dass der Sachverständige die wahre Intensität der kollegialen Beziehung zum operierenden Arzt zu verbergen suchte. Dies könnte wiederum seinen Grund darin finden, dass er in seinem Gutachten durch diese kollegialen Beziehungen beeinflusst worden ist (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 07. Mai 2007 – 10 W 19/07 –, juris). Entgegen der Ansicht des Sachverständigen war die Beklagte nicht verpflichtet, von sich aus nach möglichen Verbindungen zwischen dem Sachverständigen und ihrem angestellten Personal zu forschen. Vielmehr hat der Sachverständige die Pflicht, unverzüglich zu prüfen, ob ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen und solche Gründe dem Gericht unverzüglich mitzuteilen (seit 15.10.2016 ausdrücklich geregelt in § 407a Abs. 2 ZPO). Aber auch vor in Kraft treten der Gesetzesänderung hätte es nach Auffassung des Senats hier nahe gelegen, vor Annahme des Gutachtenauftrags auf die frühere gemeinsame Tätigkeit hinzuweisen. Mit einer solchen frühzeitigen Offenbarung persönlicher bzw. kollegialer Beziehungen würde sich dann auch die Beurteilung eines Befangenheitsantrages für die Gerichte durchaus anders darstellen können als für den Fall der hier vorliegenden Konstellation, dass ein Sachverständiger erst nach Erstattung seines Gutachtens bestimmte Kontakte einräumen muss. Dann hätten die Parteien hierzu vor endgültiger Auftragserteilung Stellung nehmen können; u. U. das Landgericht von einer Beauftragung dieses Sachverständigen ganz abgesehen.
Der Senat erachtet im Zusammenwirken beider Umstände (beruflicher Werdegang des Sachverständigen und Verschweigen der "Nähe" zum behandelnden Chirurgen) das geäußerte Misstrauen der Beklagten als begründet (vgl. Thür. OLG, Beschluss vom 03.09.2009, 4 W 373/09). Könnte man noch Zweifel haben, ob das beschriebene kollegiale Verhältnis bereits für sich genommen den Ablehnungsantrag zu rechtfertigen vermag, so werden diese Zweifel dadurch beseitigt, dass der Sachverständige das beschriebene Kollegialitätsverhältnis erst nach der Anbringung des Befangenheitsgesuchs offenbart hat (vgl. auch OLG Celle, MedR 2016, 628). Hierdurch wird für die Beklagte der Eindruck erweckt, der Sachverständige habe die Beziehung verheimlichen wollen.
Zwar ist hier der operierende Arzt Dr. med. H. nicht selbst Prozesspartei. Dennoch ist es von prozessentscheidender Bedeutung, wie die Operation, die Dr. med. H. seinerzeit vorgenommen hat, medizinisch zu beurteilen ist. Insoweit würde eine negative Einstellung gegenüber diesem das Ergebnis zu Lasten der Beklagten beeinflussen. So weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass in Verbindung mit der Diktion des Sachverständigen zum Vorliegen der aus seiner Sicht bestehenden Behandlungs- und Dokumentationsfehler zumindest der Schluss naheliegt, der Sachverständige sei dem behandelnden Chirurgen gegenüber aufgrund früherer Erfahrungen negativ eingestellt. So führt er in seinem Gutachten vom 28.11.2015 (fettgedruckt und teilweise noch unterstrichen) unter anderem an, dass unter Berücksichtigung der vorliegenden klinischen Dokumentation aus der Zentralklinik ... die Indikation zum Eingriff an der Lendenwirbelsäule zum Zeitpunkt der Übernahme nicht nachvollzogen werden könne. Weiter wird ebenfalls fettgedruckt und teilweise unterstrichen dargelegt, dass genau diese kritische differentialdiagnostische Würdigung von Anamnese und Befund eine der wesentlichen intellektuellen Leistungen des wirbelsäulenchirurgisch tätigen Neurochirurgen sei. Für sich genommen stellen diese deutlich formulierten Feststellungen zwar noch keine Besorgnis der Befangenheit dar. In Verbindung mit der kollegialen Verbundenheit
zwischen Gutachter und Operateur wäre unter "normalen Bedingungen" aber eher nicht mit eine solch deutlichen Diktion zu rechnen gewesen. Immerhin wird für einen Außenstehenden damit suggeriert, dass es dem Operateur offensichtlich an den "intellektuellen Leistungen" mangele.
Es mag auch noch - aus der Sicht der Beklagten - weitere Anhaltspunkte aus dem Inhalt der schriftlichen Gutachten selbst geben, die seine Besorgnis (der fehlenden Unvoreingenommenheit des Gutachters) verstärkt haben könnten. Hierauf kommt es jedoch nicht (mehr) an. Zu einer qualitativen Bewertung des Gutachtens hat der Senat keinen Anlass, weil insoweit grundsätzlich die vom Vordergericht geäußerte Auffassung, dass eventuelle qualitative Mängel keinen Befangenheitsgrund abgeben, zutreffend ist.
III.
Eine Kostenentscheidung ist wegen des Erfolgs der sofortigen Beschwerde nicht veranlasst.
Der Gegenstandswert wurde nach ständiger Rechtsprechung des Senats mit etwa einem Drittel des Hauptsachestreitwertes (30.581,30 € + 126.623,92 € = 157.205,22 € x 1/3) festgesetzt.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor (§ 574 Abs. 2 und 3 ZPO).