Zur Kostenhaftung für notarielle Gebühren bei Überlassung
eines Änderungsvorschlages zum notariellen Entwurf an den Notar
KG, Beschluss vom 11.12.2017 - 9 W 63/16 -
Kurze Inhaltsangabe (mit Anmerkung):
Die Antragsteller beabsichtigten den Kauf einer Immobilie. Ein Mitarbeiter eines für den Verkäufer tätigen Maklerbüros teilte der Antragsgegnerin (Notarin) am 16.12.2013 per Mail mit, dass
die Antragsteller die Vorbereitung eines Kaufvertrages für diese Immobilie wünschten. Die Antragsgegnerin fertigte daraufhin einen Entwurf und überließ diesen am 27.12.2013 den Antragstellern.
Mit Mail vom 06.01.2014 sandten die Antragsteller der Antragsgegnerin eine Mail, mit der sie ihre Änderungswünsche in Vorbereitung des Beurkundungstermins mitteilten. Ferner gaben sie im Büro der
Antragsgegnerin ihre Unterlagen zur Bestellung einer Grundschuld für die finanzierende Bank ab. Mit Mail vom 10.01.2014 teilten sodann die Antragsteller der Antragsgegnerin mit,
dass der Kaufvertrag nicht geschlossen würde. Die Antragsgegnerin berechnete ihr Tätigwerden für die Vorbereitung der Beurkundung des Kaufvertrages und für die Bestellung der Grundschuld
gegenüber den Antragstellern, die diesbezüglich einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellten und darauf verwiesen, sie hätten dieser keinen Auftrag erteilt. Der Auftrag sei vielmehr
vom Verkäufer bzw. für diesen durch den vom Verkäufer beauftragten Makler erteilt worden. Das Landgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Antragsteller blieb
erfolglos.
Festzustellen war, ob die Antragsteller in Bezug auf die Tätigkeiten der Antragsgegnerin als Notarin Kostenschuldner nach § 29 Nr. 1 GNotKG waren. Kostenschuldner ist derjenige bzw. sind
(gesamtschuldnerisch) diejenigen, die dem Notar den Beurkundungsauftrag erteilen. Allerdings, so das KG, käme es nicht darauf an, ob (wie das Landgericht angenommen habe, die Antragsteller sich
gegenüber der Antragsgegnerin „zu einer Beurkundung entschlossen“ gezeigt hätten.
Kostenschuldner sei derjenige, der den Beurkundungsauftrag erteilt habe oder den Antrag gestellt habe. Unter dem Begriff des Auftrags sei jedes an den Notar gerichtetes Ersuchen zu verstehen,
dass auf die Vornahme einer notariellen Amtstätigkeit gerichtet sei, ohne dass es einer ausdrücklichen Vereinbarung bedürfe. Der Beurkundungsauftrag könne auch durch schlüssiges Verhalten erteilt
werden; dieses Verhalten müsse nach §§ 133, 157 BGB unter Berücksichtigung der Verkehrssite den Schluss zulassen, es werde ein Auftrag mit der gesetzlichen Kostenfolge erteilt.
Einen Auftrag erteile regelmäßig derjenige, der die notarielle Tätigkeit unmittelbar veranlasse, z.B. indem er den Notar um einen Entwurf ersucht oder einen Beurkundungstermin erbittet.
Allerdings könne die Amtstätigkeit des Notars auch dadurch veranlasst werden, indem dieser um die Änderung eines Entwurfs ersucht würde (BGH, Beschluss vom 19.01.2017 - V ZB 79/16 -). Der
Umstand, dass bereits ein Beurkundungsauftrag erteilt worden sei, würde der Annahme eines weiteren Auftrages nicht entgegenstehen. Mehrere Auftraggeber würden dem Notar gesamtschuldnerisch als
Kostenschuldner haften, § 32 Abs. 1 GNotKG.
Für die (gesamtschuldnerische) Kostenhaftung der Antragsteller käme es nicht darauf an, dass das Maklerbüro, welches für den Verkäufer tätig war, der Antragsgegnerin mitgeteilt habe, die
Antragsteller wünschten die Vorbereitung des Vertragsabschlusses (und es könne dahinstehen, ob das Maklerbüro diesbezüglich von den Antragstellern beauftragt oder bevollmächtigt worden sei).
Jedenfalls hätten die Antragsteller, nachdem sie den Entwurf von der Antragsgegnerin erhalten hätten, mit den übermittelten Änderungsvorstellungen ebenfalls einen Auftrag erteilt. Zudem hätten
sie mit der Überlassung der Unterlagen für die Grundschuldbestellung einen (weiteren) Auftrag erteilt.
Anmerkung: Im Falle der Durchführung der Beurkundung haften beide beteiligten Parteien für die Kosten dem Notar gegenüber gesamtschuldnerisch. Will eine Partei bis zur Beurkundung (für den
Fall, dass es zu dem Beurkundungstermin doch nicht kommt) eine eigene Kostenhaft vermeiden, darf er sich nicht direkt an den Notar wenden. Hier hätten die Käufer (Antragsteller) zum Einen zur
Vermeidung der Kostenhaft für den beabsichtigten notariellen Kaufvertrag ihre Änderungsvorstellungen dem Verkäufer zuleiten müssen und können und zur Vermeidung eines Auftrages für die
Grundschulden die Unterlagen erst zum Notartermin mitbringen dürfen und nach Beurkundung übergeben dürfen.
Aus den Gründen:
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller
gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 27. Juni 2016 (82.OH.65-66/14) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens vor
dem Landgericht sowie des Beschwerdeverfahrens haben die Antragsteller zu tragen.
Der Wert des
Beschwerdeverfahrens wird auf 1.375,90 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller wenden sich
mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen zwei Kostenrechnungen der Antragsgegnerin vom 30. Januar 2014:
-
Nr. ... über 920,52 Euro für das vorzeitig beendete Beurkundungsverfahren bzgl. eines Kaufvertrages,
-
Nr. ... über 455,38 Euro für das vorzeitig beendete Beurkundungsverfahren bzgl. der Bestellung einer Finanzierungsgrundschuld der Antragsteller.
Die Antragsteller beabsichtigten
den Kauf eines Grundstückes. Ein Herr K..., der - wie sich später herausstellte - für das von den Verkäufern beauftragte Maklerbüro tätig war, teilte der Antragsgegnerin am 16. Dezember 2013 per
Mail mit, dass die Antragsteller die Vorbereitung eines Vertragsabschlusses zum Kauf einer Immobilie wünschten. Daraufhin fertigte die Antragsgegnerin einen ersten Entwurf, den sie den
Antragstellern am 27. Dezember 2013 übersandte. In der Folgezeit wandten sich die Antragsteller per Mail vom 6. Januar 2014 an die Antragsgegnerin und übermittelten dieser zur Vorbereitung des
Beurkundungstermins ihre Änderungswünsche.
Darüber hinaus gab die
Antragstellerin zu 1) im Büro der Antragsgegnerin die Unterlagen der den Kaufpreis finanzierenden Bank zur Bestellung einer Grundschuld ab. Den Entwurf für die Grundschuldbestellungsurkunde
fertigte die Antragstellerin am 6. Januar 2014.
Mit Mail vom 10. Januar 2014
teilten die Antragsteller der Antragsgegnerin mit, dass der Kaufvertrag nicht geschlossen werde.
Die Antragsteller machen
geltend, sie hätten dem Makler weder einen entsprechenden Auftrag erteilt, noch diesen bevollmächtigt, einen Beurkundungsauftrag gegenüber der Antragsgegnerin auszulösen. Der Auftrag an die
Antragsgegnerin sei vielmehr von den Verkäufern bzw. dem in ihrem Auftrag handelnden Makler erteilt worden.
Das Landgericht hat den Antrag
auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen, wogegen sich die Beschwerde der Antragsteller richtet.
II.
Die zulässige Beschwerde der
Antragsteller ist unbegründet.
1. Das Landgericht hat den
Antrag auf gerichtliche Entscheidung im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.
Das Beschwerdevorbringen der
Antragsteller rechtfertigt keine andere Entscheidung, denn die Antragsteller sind sowohl bezüglich der Kostenberechnung Nr. ... über 920,52 Euro für das vorzeitig beendete Beurkundungsverfahren
bzgl. des beabsichtigten Grundstückskaufvertrages (a) als auch bezüglich der Kostenberechnung Nr. ... über 455,38 Euro für das vorzeitig beendete Beurkundungsverfahren bzgl. der Bestellung der
Finanzierungsgrundschuld der Antragsteller (b) Kostenschuldner im Sinne von § 29 Nr. 1 GNotKG.
a) Die Antragsteller sind gemäß
§ 29 Nr. 1 GNotKG bezüglich des auf Abschluss des Grundstückskaufvertrages gerichteten Beurkundungsverfahrens Kostenschuldner, weil sie der Antragsgegnerin im Sinne dieser Vorschrift
einen Beurkundungsauftrag erteilt haben.
Allerdings hat das Landgericht
bei seiner Entscheidung allein darauf abgestellt, ob sich die Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin “zu einer Beurkundung entschlossen” gezeigt haben. Darauf kommt es nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2017 - V ZB 79/16 -, Rn. 6 ff., juris) nicht an.
aa) Danach ist Kostenschuldner
im Sinne des § 29 Nr. 1 GNotKG, wer dem Notar den Auftrag erteilt oder den Antrag gestellt hat. Unter dem Begriff des Auftrags ist jedes an den Notar gerichtete Ansuchen zu verstehen,
das auf die Vornahme einer notariellen Amtstätigkeit gerichtet ist. Einer ausdrücklichen Vereinbarung bedarf es nicht. Der Beurkundungsauftrag kann auch durch schlüssiges Verhalten erteilt
werden. Maßgeblich ist, ob das Verhalten für den Notar nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte (§§ 133, 157 BGB) den Schluss zulässt, es werde ihm ein Auftrag mit der
gesetzlichen Kostenfolge erteilt; dies kann nur unter Heranziehung und Wertung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden.
Einen Auftrag erteilt regelmäßig
jedenfalls derjenige, der durch sein Ansuchen unmittelbar die notarielle Amtstätigkeit veranlasst, etwa indem er den Notar um die Fertigung eines Entwurfs oder erstmals um einen
Beurkundungstermin bittet. Ein Auftrag kann aber auch anzunehmen sein, wenn bereits durch einen anderen Kostenschuldner ein Beurkundungsauftrag erteilt worden ist.
So kann die Amtstätigkeit des
Notars auch allein dadurch veranlasst werden, dass ein weiterer Beteiligter den Notar um Änderungen an dem Entwurf eines zu beurkundenden Vertrages bittet (BGH, a.a.O., Rn. 7, juris). Der
Umstand, dass bereits ein Beurkundungsauftrag erteilt ist, steht der Annahme eines weiteren Auftrags nicht entgegen. Mehrere Auftraggeber desselben Geschäfts sind dann jeweils Kostenschuldner und
haften dem Notar nach § 32 Abs. 1 GNotKG als Gesamtschuldner.
Soweit der Senat bislang davon
ausgegangen ist, dass dem Verhalten eines Beteiligten in einer Situation, in der sämtliche Beteiligten das Bewusstsein besitzen, dass dem Notar bereits ein Beurkundungsauftrag erteilt ist, nur
dann eine Auftragungsqualität im Sinne des § 29 GNotKG zukommen könne, wenn zusätzliche Umstände hinzutreten, die erkennbar den Schluss zulassen, der Beteiligte wolle einen zweiten, daneben
stehenden Beurkundungsauftrag erteilen oder einem bereits bestehenden Auftrag beitreten (Beschluss vom 22. November 2016 - 9 W 30/16 -, Rn. 10, juris), hält er angesichts der Entscheidung des
Bundesgerichtshofes daran nicht mehr fest.
bb) Gemessen an diesen
Grundsätzen sind die Antragsteller Kostenschuldner gemäß § 29 Nr. 1 GNotKG, weil sie dem Notar im Sinne dieser Vorschrift einen Beurkundungsauftrag erteilt haben.
Nachdem die Antragsteller von
der Antragsgegnerin 27. Dezember 2013 per Mail einen ersten Kaufvertragsentwurf erhalten hatten, übersandten sie der Antragsgegnerin per Mail Änderungswünsche, die die Antragsgegnerin bei der
Vorbereitung des vereinbarten Beurkundungstermins berücksichtigen sollte. Dieses Handeln der Antragsteller war auf die Herbeiführung der notariellen Tätigkeit der Antragsgegnerin im Rahmen der
Vorbereitung einer Beurkundung gerichtet. Hierdurch haben sie unmittelbar eine notarielle Amtstätigkeit, nämlich eine Überarbeitung des Entwurfes aufgrund der formulierten Änderungswünsche,
veranlasst, was nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes einen eigenen Beurkundungsauftrag darstellt.
Unerheblich ist nach dieser
Rechtsprechung demgegenüber, dass zuvor am 16. Dezember 2013 ein Herr K..., der - wie sich später herausstellte - für das von den Verkäufern beauftragte Maklerbüro tätig war, der Antragsgegnerin
per Mail mitteilte, dass die Antragsteller die Vorbereitung eines Vertragsabschlusses zum Kauf der Immobilie wünschten. Ebenso kann offen bleiben, ob der Makler von den Antragstellern beauftragt
oder bevollmächtigt worden ist.
b) Die Antragsteller sind auch
bezüglich des Beurkundungsverfahrens zur Bestellung der Finanzierungsgrundschuld Kostenschuldner gemäß § 29 Nr. 1 GNotKG, weil sie der Antragsgegnerin hierzu einen Auftrag erteilt
haben.
Die Antragsteller haben sich
insoweit an die Antragsgegnerin mit der Bitte um Beurkundung gewandt. So hat die Antragstellerin zu 1) im Büro der Antragsgegnerin die Unterlagen der finanzierenden Bank zur Bestellung einer
Grundschuld abgegeben. Die Verkäufer oder Makler haben sich insoweit nicht an die Antragsgegnerin gewandt.
2.
a) Die Kostenentscheidung des
Landgerichts war zu berichtigen.
Die Kostenentscheidung des
Landgerichts gemäß § 81 FamFG kann der Senat zwar nur eingeschränkt darauf überprüfen, ob das Landgericht die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten oder sein Ermessen sonst
fehlerhaft ausgeübt hat ( BGH, Beschluss vom 18.11.2005 zu IV ZB 35/15 - juris, Rn. 17 Senat, Beschluss vom 25. März 2015 - 9 W 42 - 46/14 -, Rn. 7, juris). Dies ist jedoch vorliegend der Fall,
weil das Landgericht für die Ermessensentscheidung maßgebliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat (BGH, Beschluss vom 28. Februar 2007 - XII ZB 165/06 -, Rn. 15, juris). Der Senat hat daher
eine Ermessensentscheidung gemäß § 81 Absatz 1 FamFG in Verbindung mit § 130 Absatz 3 Satz 1 GNotKG zu treffen. Es entspricht der Billigkeit im Sinne dieser Vorschrift,
auch die Kosten des gerichtlichen Verfahrens erster Instanz den Antragstellern aufzuerlegen.
Auch in gerichtlichen Verfahren
in Notarkostensachen entspricht es regelmäßig der Billigkeit im Sinne von § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG die Kostenentscheidung am Obsiegen bzw. Unterliegen der Beteiligten zu
orientieren, wenn nicht im Einzelfall besondere Umstände eine abweichende Kostenentscheidung rechtfertigen (vgl. Senat, Beschluss vom 25. März 2015 - 9 W 42 - 46/14 -, Rn. 26 ff., juris). Dies
gilt auch im vorliegenden Fall. Billigkeitsgründe, die gegen eine Kostenlast der Antragsteller sprechen, sind nicht ersichtlich.
b) Die Entscheidung über die
Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt aus § 84 FamFG in Verbindung mit § 130 Absatz 3 Satz 1 GNotKG.
c) Die Rechtsbeschwerde war nach
§ 130 Absatz 3 Satz 1 GNotKG in Verbindung mit § 70 Absatz 1 und 2 FamFG nicht zuzulassen.
d) Für die Festsetzung des
Geschäftswertes erster (insoweit gemäß § 79 Absatz 2 Nr. 2 GNotKG in Abänderung des Beschlusses des Landgerichts) wie auch zweiter Instanz (§ 61 Absatz 1 GNotKG) war das
Interesse der Antragsteller maßgeblich, die Notarkosten in Höhe von insgesamt 1.375,90 Euro nicht tragen zu müssen.
Hierbei war ein einheitlicher
Verfahrenswert festzusetzen, da vorliegend nur ein gerichtliches Verfahren in Notarkostensachen durchgeführt worden ist. Es gab nur eine Antragsschrift. Es wurden ein einheitliches Verfahren mit
nur einer Akte geführt und eine einheitliche Entscheidung des Landgerichts getroffen. Dass für dieses Verfahren mehrere Aktenzeichen vergeben worden sind, ist unerheblich.