Mietrecht


Barkaution – wer kann wann eine Aufrechnung mit Forderungen erklären ?

BGH, Urteil vom 24.07.2019 - VIII ZR 141/17 -

Kurze Inhaltsangabe (mit Anmerkungen):

 

Die Beklagten hatten im Rahmen des Mietverhältnisses über Wohnraum, welches am 05.02.2015 durch fristlose Kündigung der Beklagten endete, an den Kläger als Vermieter eine Barkaution von € 1.780,00 geleistet. Der Kläger forderte mit seiner Klage u.a. restliche Miete und Mitausfallschaden und Nebenkosten. Im Berufungsverfahren wurde seitens der Beklagten ein „Zurückbehaltungsrecht“ in Ansehung der gezahlten Kaution eingewandt zum Anspruch auf Nebenkosten eingewandt, welchen das Landgericht als Aufrechnung auslegte, der es folgte. Mit seiner vom Landgericht zugelassenen Revision wendet sich der Kläger gegen das landgerichtliche Urteil im Hinblick auf die angenommene Aufrechnung. Die Revision wurde zurückgewiesen.

 

Vom BGH wird festgehalten, dass zum Zeitpunkt der Berufungsbegründung der Beklagten eine Aufrechnungslage (§ 387 BGB) bestanden habe. Auch die Auslegung des erklärten Zurückbehaltungsrechts als Ausübung eines Aufrechnungsanspruchs sei aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

 

Bei dem Kautions-Rückzahlungsanspruch der Beklagten handele es sich um eine Geldforderung, und damit um eine der Nebenkostennachforderung gleichartige Forderung. Die Rückzahlung der Kaution sei zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung auch fällig gewesen.

 

Diese Fälligkeit läge vor, da der Kläger durch Erhebung seiner Klage (konkludent) die Kaution abgerechnet habe. Diese Folgerung leitet der BG daraus ab, da nach dem Ende eines Mietverhältnisses der  Vermieter innerhalb einer angemessenen, nicht allgemein bestimmten Frist (vgl. BGHZ 101, 244, 250f) dem Mieter erklären müsse, ob und gegebenenfalls welche aus dem Mietverhältnis herrührenden Ansprüche er gegen den Mieter erhebt. Mit dieser Erklärung würde die Mietsicherheit abgerechnet, da der Vermieter deutlich mache, ob er und gegebenenfalls in Bezug auf welch Forderungen er ein Verwertungsinteresse an der gewährten Mietsicherheit habe.

 

In Ermangelung gesetzlicher Regelungen könne der Vermieter damit nach den Vorgaben des § 259 BGB abrechnen, in dem er alle ihm nach seiner Auffassung zustehenden Forderungen im Einzelnen bezeichnet und der Kautionsrückzahlungsforderung gegenüberstellt. Allerdings könne der Vermieter auch konkludent abrechnen, was dann anzunehmen sei, wenn er ihm nach seiner Auffassung zustehende Forderungen aus dem beendeten Mietverhältnis gegen den Mieter klageweise geltend macht, ohne einen Vorbehalt zu erklären, dass noch mit der Geltendmachung weiterer Forderungen zu rechnen sei. Denn damit bringe der Vermieter zum Ausdruck, dass sich sein Verwertungsinteresse an der Kaution ausschließlich auf die in der Forderungsaufstellung bezeichneten bzw. von ihm selbst aufgerechneten oder klageweise geltend gemachten Forderungen beschränke (vgl. auch den Fall BGH, Urteil vom 20.07.2016 - VIII ZR 263/14 -).

 

Zwischenanmerkung: Es lässt sich nicht erkennen, dass der Vermieter bei Erhebung einer Zahlungsklage gegen den Mieter nach beendeten Mietvertrag damit, wenn kein Vorbehalt aufgenommen wird, über die Kaution abrechnen will. Gerade der Umstand, dass er nicht mit der ihm zur Verfügung gestellten Barkaution aufgerechnet hat, sondern Klage erhebt, gibt er an sich bereits zu erkennen, dass er weitergehende Forderungen gegen den Mieter meint zu haben, die vielleicht zu diesem Zeitpunkt auch nicht bezifferbar sind (wie z.B. eine Betriebskostenabrechnung für das laufende Abrechnungsjahr, in dem das Mietverhältnis endeten (vgl. auch BGH aaO.).

Mit Zugang der Abrechnung bei  Mieter, so der BGH vorliegend, sei die gezahlte Barkaution zur Rückzahlung fällig. Der Vermieter könne sich nunmehr wegen seiner bestimmten und bezifferten Ansprüche, unabhängig davon, ob sie streitig sind oder nicht, aus der Barkaution befriedigen, so durch Aufrechnung seiner Forderungen gegen den Rückzahlungsanspruch des Mieters. (Anmerkung: Die Betriebskosten müssen auch bei Beendigung des Mietverhältnisses im Laufe einer Abrechnungsperiode erst innerhalb der Frist von 12 Monaten nach Ende der Abrechnungsperiode abgerechnet werden, BGH aaO., weshalb wohl teilweise eine Bezifferung der Forderung noch gar nicht möglich ist, also nur ein Zurückbehaltungsrecht durch den Vermieter ausgeübt werden kann). Erkläre der Vermieter Aufrechnung mit einer streitigen Forderung, könne der Mieter insoweit auf Rückzahlung der Kaution klagen; in diesem Prozess müsse dann geklärt werden, ob die aufgerechnete Forderung dem Vermieter zustünde, wobei dem Vermieter die Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen der Forderung treffe, unabhängig davon, ob er diese einklagt oder aufgerechnet habe.  

 

Mache der Vermieter von deiner Verwertungsbefugnis durch Aufrechnung mit dem Kautionsrückzahlungsanspruch keinen Gebrauch, könne der Mieter gegen die Forderung des Vermieters Aufrechnung erklären. Ein Sicherungsbedürfnis des Vermieters bestünde nicht, die Fälligkeit der Forderung auf Rückzahlung der Kaution über die Erteilung der Abrechnung der Kaution hinauszuschieben, da er durch die Abrechnung sein Verwertungsinteresse auf die abgerechnete Forderung beschränke. Er habe die Möglichkeit, im Rahmen der Abrechnung zu erklären, für welche von möglicherweise mehreren Forderungen er die Kaution vorrangig verwerte. Alleine eine Abrechnung, ohne auf die Barkaution zuzugreifen, rechtfertige sein Sicherungsbedürfnis für deren weiteren Einbehalt nicht.

 

 

Anmerkung: Die vorliegende Entscheidung und die Entscheidung des gleichen Senats im Urteil vom 20.07.2016 - VIII ZR 263/14 - verdeutlichen, dass der Vermieter sein Vorgehen sorgfältig abwägen muss. Will er eine Forderung nach beendeten Mietverhältnis gegen den Mieter gerichtlich geltend machen, ohne für diese Forderung auf die ihm übergebene Barkaution zurückzugreifen, sollte er jedenfalls verdeutlichen, dass die Barkaution für andere offene Positionen als Sicherheit diene, über die er entweder dann bereits abrechnen kann (und mithin insoweit Aufrechnung gegen den Rückzahlungsanspruch des Mieters erklären kann) oder darlegen müsste (so bei noch nicht abgerechneten Betriebskosten), mit welchen künftigen Forderungen zu rechnen ist, zu deren Sicherung die Kaution dienen soll. 

 

Aus den Gründen:

 

Tenor

 

Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 26. April 2017 wird zurückgewiesen.

 

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

 

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

 

Die Beklagten waren vom 1. Dezember 2005 bis zum 28. Februar 2015 Mieter einer Wohnung des Klägers in B.  . Die Bruttomiete belief sich zuletzt auf monatlich 736 €.

 

Unter Berufung auf behauptete Mängel der Wohnung, insbesondere Feuchtigkeitserscheinungen, Schimmelbildung und Ameisenbefall, minderten die Beklagten die Miete ab dem Monat Mai 2014 bis einschließlich des Monats Februar 2015 um insgesamt 1.774,80 €. Der Kläger ließ die Wohnung im September 2014 von einem Sachverständigen zu Kosten von 357 € begutachten. Das Mietverhältnis endete infolge der außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 5. Februar 2015 am 28. Februar 2015.

 

Nach dem Auszug der Beklagten leitete der Kläger ein selbständiges Beweisverfahren ein. Im Anschluss an eine im Mai 2015 erfolgte Ortsbesichtigung mit dem gerichtlich bestellten Sachverständigen vermietete der Kläger die Wohnung ab dem 1. Juni 2015 anderweitig. Über die von den Beklagten zu Mietbeginn geleistete Barkaution in Höhe von 1.680 € hat der Kläger bisher nicht ausdrücklich abgerechnet.

 

Mit der Klage nimmt der Kläger die Beklagten auf restliche Mietzahlung in Höhe von 1.774,80 €, einen Mietausfallschaden für die Monate März 2015 bis Mai 2015 in Höhe von 1.848 €, den Ersatz der Gutachterkosten in Höhe von 357 €, Kostenersatz für Renovierungsarbeiten in Höhe von insgesamt 1.113,42 € sowie Nebenkostennachforderungen in Höhe von insgesamt 1.087,33 €, jeweils nebst Zinsen, in Anspruch. Die geltend gemachten Nebenkosten setzen sich zusammen aus einer (unstreitigen) Nachforderung in Höhe von 309,89 € für den Abrechnungszeitraum vom 1. Dezember 2013 bis 30. November 2014 (Abrechnung vom 22. Januar 2015) und einer (bestrittenen) Nachforderung in Höhe von 777,44 € für den Zeitraum vom 1. Dezember 2014 bis 31. Mai 2015 (Abrechnung vom 11. Februar 2016).

 

Das Amtsgericht hat die Beklagten zur Zahlung von 4.917,13 € nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten, in der diese hinsichtlich der Forderungen auf Nebenkostennachzahlung ein Zurückbehaltungsrecht im Hinblick auf die von dem Kläger nicht abgerechnete Mietkaution geltend gemacht haben, hat das Landgericht - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Klage hinsichtlich eines weiteren Betrags in Höhe von 1.703,33 € abgewiesen.

 

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch insoweit weiter, als das Berufungsgericht die von ihm geltend gemachten Nebenkostennachforderungen in Höhe von insgesamt 1.087,33 € durch eine von den Beklagten im Berufungsrechtszug erklärte Aufrechnung mit dem Kautionsrückzahlungsanspruch in Höhe von 1.680 € als erloschen angesehen hat.

 

Entscheidungsgründe

 

Die Revision hat keinen Erfolg.

 

I.

 

Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

 

Die begehrte Nachzahlung von Mietnebenkosten in Höhe von 1.087,33 € könne der Kläger nicht beanspruchen. Neben der unstreitigen Nachforderung in Höhe von 309,89 € sei zwar auch die Nachforderung in Höhe von 777,44 € begründet; beide Forderungen seien jedoch durch Aufrechnung der Beklagten mit der ihnen zustehenden Forderung auf Rückzahlung der zu Mietbeginn geleisteten Kaution in Höhe von 1.680 € erloschen (§§ 387, 389 BGB).

 

Die in der Berufungsschrift vom 27. Januar 2017 abgegebenen Erklärungen, hinsichtlich beider Nebenkostennachforderungen (jeweils) ein Zurückbehaltungsrecht geltend zu machen, seien als Aufrechnungserklärungen auszulegen. Denn die Beklagten hätten damit zu erkennen gegeben, dass sie wegen des ihnen zustehenden Guthabens aus der Mietsicherheit nicht bereit seien, die Forderungen des Klägers zu erfüllen. Den Weg über die Zurückhaltung hätten sie nur aufgrund der irrigen Annahme gewählt, die Forderung auf Rückzahlung der Kaution sei noch nicht fällig.

 

Dies treffe nicht zu; die Forderung sei fällig, weil der Kläger die Kaution nicht innerhalb angemessener Frist nach dem Ende des Mietverhältnisses abgerechnet habe. Zwar gebe es keine starre Frist, innerhalb derer der Vermieter die Kaution abrechnen müsse; deren Länge sei vielmehr von den Umständen des Einzelfalls abhängig. In der Regel sei eine Frist von drei bis sechs Monaten ausreichend; bei komplizierten Abrechnungsverhältnissen könne die Frist jedoch auch länger sein. Jedenfalls müsse der Vermieter dann abrechnen, wenn ihm bekannt sei, welche Ansprüche ihm aus dem Mietverhältnis gegen den Mieter noch zustünden.

 

Nach Auffassung der Kammer dürfe und müsse der Vermieter auch streitige und rechtshängige Ansprüche in die Berechnung einstellen, denn die Mietsicherheit habe nach dem Ende des Mietverhältnisses nicht nur Sicherungsfunktion, sondern könne auch der Verwertung dienen. Hinzunehmen sei dabei, dass in diesen Fällen das Risiko der Insolvenz des Vermieters auf den Mieter übergehe. Denn dürfte der Vermieter auf die Kaution nur nach rechtskräftiger Feststellung streitiger Ansprüche zugreifen, könnte bis dahin nicht über die Kaution abgerechnet werden mit der Folge, dass der Mieter gegebenenfalls Jahre auf eine Abrechnung warten müsse. Es sei auszuschließen, dass der Vermieter durch das Einklagen behaupteter, bestrittener Ansprüche die Abrechnung hinauszögern könne. Dies diene den Interessen des Mieters mehr als die Vermeidung eines Insolvenzrisikos. Der Vermieter sei damit im Interesse einer zügigen Abrechnung berechtigt und verpflichtet, auch streitige Ansprüche in die Abrechnung einzustellen.

 

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe sei der Kautionsrückzahlungsanspruch der Beklagten fällig geworden, weil der Kläger über die Mietsicherheit nicht innerhalb einer angemessenen Frist abgerechnet habe. Selbst zwei Jahre nach Ende des Mietverhältnisses liege im Streitfall eine Abrechnung noch nicht vor, ohne dass dafür sachliche Gründe ersichtlich wären. Die hier streitgegenständlichen Ansprüche des Klägers hinderten eine Abrechnung nicht, weil der Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses mit eigenen streitigen Ansprüchen aufrechnen dürfe.

 

II.

 

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Die Revision ist daher zurückzuweisen.

 

Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass im Zeitpunkt der in der Berufungsbegründungsschrift vom 27. Januar 2017 von den Beklagten abgegebenen Aufrechnungserklärungen eine Aufrechnungslage (§ 387 BGB) bestand und die Forderungen des Klägers auf Nachzahlung von Nebenkosten in Höhe von insgesamt 1.087,33 € durch die Aufrechnung der Beklagten mit der Forderung auf Rückzahlung der von ihnen zu Mietbeginn in bar geleisteten Kaution in Höhe von 1.680 € erloschen sind (§ 389 BGB).

 

1. Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, die in der Berufungsbegründungsschrift vom 27. Januar 2017 abgegebenen Erklärungen der Beklagten, hinsichtlich der Ansprüche des Klägers auf Nebenkostennachforderungen ein Zurückbehaltungsrecht im Hinblick auf die bisher unterlassene ausdrückliche Kautionsabrechnung geltend zu machen, seien als Aufrechnungserklärungen auszulegen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Auch die Revision nimmt dies hin.

 

2. Entgegen der Auffassung der Revision handelt es sich bei dem Rückzahlungsanspruch der Beklagten um eine Geldforderung und damit um eine den Nebenkostennachforderungen gleichartige Forderung.

 

Das Berufungsgericht hat sowohl in dem angefochtenen Urteil als auch in dem zuvor erlassenen Hinweisbeschluss vom 6. März 2017 festgestellt, dass die Beklagten zu Mietbeginn eine Mietsicherheit in Höhe von 1.680 € geleistet haben. Diese Feststellung stimmt mit dem - insoweit handschriftlich ergänzten - Inhalt des mit der Klageschrift vorgelegten Mietvertrags überein, in dem unter § 6 "Sicherheiten" vermerkt ist, dass die Beklagten "am 23. September 2005 in bar 1.680 €" erbracht haben. Etwaig übergangenen, anderweitigen Vortrag zeigt die Revision nicht auf.

 

3. Im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärungen im Januar 2017 war die Forderung der Beklagten auf Rückzahlung der zu Mietbeginn - in (unstreitiger) Höhe von 1.680 € - in bar geleisteten Kaution auch fällig, weil der Kläger über sie - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - bereits (konkludent) durch die Erhebung der Klage abgerechnet hatte.

 

a) Nach dem Ende des Mietverhältnisses hat sich der Vermieter innerhalb angemessener, nicht allgemein bestimmbarer Frist (vgl. hierzu Senatsurteil vom 18. Januar 2006 - VIII ZR 71/05, NJW 2006, 1422 Rn. 9 f.; Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 1. Juli 1987 - VIII ARZ 2/87, BGHZ 101, 244, 250 f.) gegenüber dem Mieter zu erklären, ob und (gegebenenfalls) welche aus dem beendeten Mietverhältnis stammenden Ansprüche er gegen diesen erhebt. Mit einer solchen Erklärung wird die Mietsicherheit abgerechnet, da der Vermieter damit deutlich macht, ob und (gegebenenfalls) in Bezug auf welche Forderungen er ein Verwertungsinteresse an der gewährten Mietsicherheit hat.

 

b) Da das Bürgerliche Gesetzbuch in den mietrechtlichen Bestimmungen die Art und Weise der Abrechnung nicht vorgibt, kann die Abrechnung des Vermieters ausdrücklich oder konkludent erfolgen.

 

So kann der Vermieter die Kaution in einer den Vorgaben des § 259 BGB genügenden Weise dergestalt (ausdrücklich) abrechnen, dass er sämtliche ihm - seiner Auffassung nach - zustehenden Forderungen im Einzelnen bezeichnet und der Kautionsrückzahlungsforderung gegenüberstellt.

 

Darüber hinaus kann die Abrechnung auch durch schlüssiges Verhalten des Vermieters wirksam vorgenommen werden. So hat es der Senat bereits in der Vergangenheit im Falle einer - wie auch hier - zu Mietbeginn gewährten Barkaution als konkludente Abrechnung angesehen, wenn der Vermieter mit einer oder mehreren eigenen, aus dem beendeten Mietverhältnis stammenden Forderungen gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters aufrechnet (Senatsurteil vom 11. April 1984 - VIII ZR 315/82, NJW 1985, 267 unter II 2). Eine konkludente Abrechnung liegt aber auch dann vor, wenn der Vermieter - wie im Streitfall - die ihm (seiner Auffassung nach) zustehenden Forderungen aus dem beendeten Mietverhältnis gegen den Mieter klageweise geltend macht, ohne durch einen Vorbehalt kenntlich zu machen, dass noch mit der Geltendmachung weiterer Forderungen zu rechnen ist. Denn auch hiermit bringt der Vermieter - für den Mieter erkennbar - zum Ausdruck, dass sich sein Verwertungsinteresse auf die in der Forderungsaufstellung bezeichneten beziehungsweise auf die aufgerechneten oder klageweise geltend gemachten Forderungen beschränkt.

 

c) Eine gewährte Barkaution wird mit dem Zugang der Abrechnung beim Mieter zur Rückzahlung fällig.

 

Denn mit der Abrechnung der Barkaution nach Beendigung des Mietverhältnisses wird ein Stadium erreicht, in dem sich der Vermieter - ohne weitere Schritte ergreifen zu müssen - wegen seiner nunmehr bestimmten und bezifferten Ansprüche aus der Barkaution befriedigen kann, etwa durch Aufrechnung seiner Forderungen gegen die Forderung des Mieters auf Rückzahlung der Kaution.

 

Dies gilt, wie der Senat in Übereinstimmung mit der in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und der mietrechtlichen Literatur überwiegend vertretenen Auffassung nunmehr entscheidet, auch für streitige Forderungen des Vermieters (noch offen gelassen im Senatsurteil vom 7. Mai 2014 - VIII ZR 234/13, NJW 2014, 2496 Rn. 13; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 13. Aufl., § 551 BGB Rn. 100; BeckOK-Mietrecht/Lutz, Stand 1. Juni 2018, § 551 BGB Rn. 47; Schneider in Spielbauer/Schneider, Mietrecht, § 551 BGB Rn. 120; vgl. auch bereits Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 1. Juli 1987 - VIII ARZ 2/87, aaO S. 251; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2009, 514; LG Hamburg, ZMR 2017, 164; aA: LG Berlin [67. Zivilkammer], NZM 2018, 285; LG Halle, NZM 2008, 685; LG Wuppertal, NJW-RR 2004, 1309; Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearb. 2018, § 551 Rn. 31; ohne nähere Begründung auch Palandt/Weidenkaff, BGB, 78. Aufl., vor § 535 Rn. 123).

 

Ein solches Vorgehen - Verwertung der Barkaution auch für Forderungen, die weder unstreitig noch rechtskräftig festgestellt sind - entspricht, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, auch dem beiderseitigen Interesse von Vermieter und Mieter, das beendete Mietverhältnis - so schnell wie rechtlich und tatsächlich möglich - zu einem endgültigen Abschluss zu bringen.

 

Schützenswerte Interessen des Mieters werden hierdurch nicht berührt. Denn bestreitet der Mieter die zur Aufrechnung gestellten Vermieterforderungen, kann er auf Rückzahlung der Kaution klagen; in diesem Rechtsstreit wird geklärt, ob die Forderungen des Vermieters bestehen. Entsprechendes gilt, wenn der Vermieter - wie hier - die Abrechnung durch Klageerhebung vornimmt. In beiden Fällen trägt der Vermieter die Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen der von ihm beanspruchten Forderungen. Auch der Umstand, dass der Mieter nach einem Zugriff des Vermieters auf die Barkaution das Risiko der Insolvenz des Vermieters trägt, vermag es nicht zu rechtfertigen, den Vermieter bei der Kautionsabrechnung auf unstreitige oder rechtskräftig festgestellte Forderungen zu verweisen. Denn nach der Abrechnung der Kaution durch den Vermieter und der sich daran anschließenden Verwertungsphase stehen sich Mieter und Vermieter gegenüber wie jeder sonstige Sicherungsgeber seinem Sicherungsnehmer.

 

 

Macht der Vermieter allerdings - wie hier der Kläger - von seiner Verwertungsbefugnis keinen Gebrauch, so dass der Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters nicht durch eine Aufrechnung des Vermieters erlischt, kann der Mieter - wie hier die Beklagten - seinerseits mit dem (fälligen) Kautionsrückzahlungsanspruch gegen die vom Vermieter erhobenen Forderungen aufrechnen. Entgegen der Auffassung der Revision gebietet es das Sicherungsbedürfnis des Vermieters gerade nicht, die Fälligkeit der Forderung auf Rückzahlung einer Barkaution noch über die Erteilung der Abrechnung hinauszuschieben. Denn mit der Abrechnung hat der Vermieter gegenüber dem Mieter sein Verwertungsinteresse auf die abgerechneten Forderungen beschränkt. Im Übrigen hat er die Möglichkeit, eine Aufrechnung bereits mit der Abrechnung zu erklären und auf diese Weise zu entscheiden, für welche von gegebenenfalls mehreren Forderungen die Kaution vorrangig verwertet werden soll. Erteilt er hingegen eine Abrechnung, ohne auf die Barkaution zuzugreifen, rechtfertigt sein Sicherungsbedürfnis deren weiteren Einbehalt nicht, so dass nunmehr auch der Mieter aufrechnen darf.