Mietrecht


Zur Haftung zwischen Mietern bei einem Wasserschaden

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 07.09.2018 - 10 U 8/18 -

Kurze Inhaltsangabe:

 

Die Parteien waren Mieter in einem Mehrfamilienhaus. Der Kläger machte gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche geltend, nachdem im Mai 2015 nach seiner Behauptung Wasser nach einer unsachgemäßen Reparatur unkontrolliert aus einem Wasserhahn in der Wohnung des Beklagten auf den Boden gelaufen sei und von dort über Decken und Wände in die Wohnung des Klägers eingedrungen sei. Dadurch seien Schäden an den Tapeten verursacht worden, wofür der Kläger Schadensersatz begehrte.

 

Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen. Unabhängig von dem bestrittenen tatsächlichen Vortrag des Klägers und der Frage, wer überhaupt Eigentümer der Tapete sei, fehle es an einer Anspruchsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten.

 

Der Mietvertrag zwischen dem Vermieter und dem Beklagten würde sich nicht als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (hier des Klägers) darstellen. Selbst ein  Untermieter wäre nach anerkannter Rechtsprechung nicht in den Schutzbereich des Hauptmietvertrages einbezogen und könne von daher nicht daraus Ansprüche wegen vom Vermieter verursachter Schäden gegen diesen erheben. Der Untermieter sei auch nicht schutzbedürftig, da ihm Ansprüche gegen den Hauptmieter zustünden (BGH, Urteil vom 15.02.1978 - VIII ZR 47/77 -). Das müsse dann auch im Verhältnis mehrerer Mieter im selben Gebäude untereinander gelten; der Kläger habe eigene Ansprüche aus dem Mietverhältnis gegenüber dem Vermieter und sei dadurch ausreichend geschützt (BGH, Urteil vom 12.12.2003 - V ZR 180/03 -).

 

Auch sei kein Anspruch aus einer entsprechenden Anwendung des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB anzuerkennen (BGH, Urteil vom 12.12.2003 aaO.). Dieser habe seine Grundlage in einem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis als Teil des Interessenausgleichs, der für eine sachgerechte Nutzung von Grundstücken im nachbarlichen Raum unerlässlich sei. § 906 BGB knüpfe an die Beschränkung des Eigentumsrechts nach § 903 BGB an, welches im Mietrecht nicht greife; dies stelle auch keine planwidrige Regelungslücke dar, da nicht davon ausgegangen werden könne, dem Gesetzgeber sei die Möglichkeit des Streits von Mietern über beeinträchtigende Immissionen verborgen geblieben, zumal es hier keiner spezifischen Regelung bedürfe, da jeder Mieter vom Vermieter eine von Mitmietern ungestörte Gebrauchsgewährung verlangen könne (BGH, Urteil vom 12.12.2003 – V ZR 180/03 -).

 

Der Kläger habe sich in erster Linie gegen die landgerichtliche Entscheidung gesandt, da dieses einen deliktischen Anspruch des Mieters deshalb verneinte, dieser habe das Eigentum an der Tapete nicht dargetan. Ist aber (wovon hier auszugehen sei) eine Tapete ohne Zerstörung nicht von der Wand zu trennen und damit nicht Gegenstand besonderer Rechte, § 93 BGB, würde sie nach § 94 Abs. 2 BGB zu den wesentlichen Bestandteilen zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen gehören und im Eigentum des Grundstückseigentümers.

 

 

Auch ein Anspruch nach § 823 Abs. 1 BGB wegen Störung des Besitzes sei nicht gegeben. Grundsätzlich sei zwar ein Haftungsschaden des Besitzers ersatzfähig, wenn dieser wegen der Beschädigung der Mietsache durch Dritte selbst Ansprüchen ausgesetzt sei (BGH, Urteil vom 09.04.1984 - III ZR 234/83 -). Derartige Ansprüche würden sich aber aus der Beschädigung der Tapete hier nicht ergeben, da der Vermieter insoweit gegen den geschädigten Mieter keinen Anspruch habe.

 

Aus den Gründen: 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 22. Mai 2003 aufgehoben, soweit zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.

 

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Beklagte betreibt als Mieter im zweiten Obergeschoß eines Ärztehauses eine Arztpraxis. Über die Osterfeiertage 1999 platzte in dieser Praxis ein Zuleitungsschlauch zu einem Waschbecken. Infolgedessen kam es in den darunter liegenden Räumen, in denen die bei der Klägerin versicherten Ärzte, ebenfalls als Mieter, eine Gemeinschaftspraxis für Oralchirurgie betreiben, zu einem Wassereinbruch. Hierbei entstanden Schäden an den Räumlichkeiten und am Inventar, derentwegen die Klägerin Versicherungsleistungen in Höhe von 190.915,46 DM erbracht hat. Aus übergegangenem Recht verlangt sie diesen Betrag von dem Beklagten erstattet.

 

Das Landgericht hat der Klage durch Grundurteil stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist bis auf einen Betrag von 2.900 DM, der für die Erstellung eines Untersuchungsberichts zur Frage der Schadensursache und der Verantwortlichkeit ausgegeben wurde, ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

I.

 

Das Berufungsgericht meint, der Klägerin stehe aus übergegangenem Recht (§ 67 Abs. 1 VVG) ihrer Versicherungsnehmer in entsprechender Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch gegen den Beklagten zu. Dieser von der Rechtsprechung entwickelte verschuldensunabhängige Anspruch sei wegen vergleichbarer Interessenlage auch auf den vorliegenden Fall anwendbar, in dem die Störung des Besitzes der Versicherungsnehmer der Klägerin aus einer Quelle herrühre, die sich in einer anderen Einheit des Gebäudes auf demselben Grundstück befinde.

 

II.

 

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.

 

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, insbesondere des Senats, ist ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen seiner privatwirtschaftlichen Benutzung Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung überschreiten, sofern der davon betroffene Eigentümer aus besonderen Gründen gehindert war, diese Einwirkungen nach § 1004 Abs. 1 BGB rechtzeitig zu unterbinden (Senat, BGHZ 142, 66, 67 f. m.w.N.; Urt. v. 21. März 2003, V ZR 319/02NJW 2003, 1732, 1733). Wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt, ist dieser Anspruch über den Wortlaut des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB hinaus nicht auf die Folgen der Zuführung unwägbarer Stoffe beschränkt, sondern erfaßt u.a. auch die Störung durch sogenannte Grobimmissionen, wie etwa Wasser (vgl. Senat, BGHZ 142, 66). Er steht außerdem nicht nur dem Eigentümer eines Grundstücks zu, sondern auch dem Besitzer, dessen Abwehranspruch aus § 862 Abs. 1 BGB aus tatsächlichen Gründen nicht geltend gemacht werden konnte (Senat, Urt. v. 23. Februar 2001, V ZR 389/99NJW 2001, 1865, 1866 m.w.N.). Schließlich kann auch der Benutzer des Grundstücks, von dem die Emissionen ausgehen, zum Ausgleich verpflichtet sein; die Eigentumsverhältnisse sind für die Störereigenschaft nicht entscheidend (vgl. Senat, BGHZ 113, 384, 392 m.w.N.). Der Umstand, daß weder die Versicherungsnehmer der Klägerin noch der Beklagte Grundstückseigentümer sind, steht daher einem nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch prinzipiell nicht entgegen.

 

2. Das Berufungsgericht verkennt nicht, daß der vorliegende Fall eine weitere Besonderheit aufweist. Nach der oben dargestellten Rechtsprechung kann zwar auch ein Besitzer eines Grundstücks einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch haben, und ein solcher Anspruch kann auch gegen den Besitzer eines Grundstücks gerichtet werden. Doch ist nicht darauf verzichtet worden, daß die Störung - wie es dem unmittelbaren Anwendungsbereich des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB entspricht - von einem anderen Grundstück herrührt. Denkbar ist danach, daß der Besitzer eines Grundstücks gegen den Besitzer eines anderen Grundstücks den Anspruch analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB geltend machen kann. Hier ist das Wasser hingegen nicht von einem anderen Grundstück in den befriedeten Bereich der Versicherungsnehmer der Klägerin eingedrungen, sondern lediglich von einem anderen Teil desselben Grundstücks. Voraussetzung für die Zubilligung eines Ausgleichsanspruchs auch in diesem Fall ist daher, daß dessen Grundsätze auf Beeinträchtigungen entsprechend angewendet werden können, die von einer Wohnung innerhalb desselben Grundstückseigentums auf eine andere Wohnung einwirken. Dies ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts zu verneinen.

 

a) Sein Ergebnis kann insbesondere nicht auf die von ihm zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGHZ 110, 17 und BGH, Urt. v. 14. April 1954, VI ZR 35/53, VersR 1954, 288) gestützt werden.

 

aa) In dem der Entscheidung BGHZ 110, 17 zugrunde liegenden Fall hat der Bundesgerichtshof einem Grundstückseigentümer einen bürgerlich-rechtlichen Ausgleichsanspruch zugesprochen, der aus übergeordneten Interessen zur Duldung einer unterirdischen behälterlosen Speicherung von Gas durch ein Energieversorgungsunternehmen gehalten war und dadurch in der Nutzung seines Grundstücks zum Tonabbau beeinträchtigt wurde. Dem Umstand, daß es hier an einer von einem anderen Grundstück herrührenden Beeinträchtigung fehlt, hat der Bundesgerichtshof keine entscheidende Bedeutung beigemessen. Maßgeblich war für ihn der besondere Charakter des unterirdischen Eingriffs, der auch eine Enteignung gegen angemessene Entschädigung ermöglicht gehabt hätte (BGH, aaO S. 19 ff.), sowie die Tatsache, daß der Unterschied zu einer Beeinträchtigung von einem benachbarten Grundstück aus lediglich darin lag, daß statt horizontal vertikal eingegriffen wurde (BGH, aaO S. 24).

 

Aus dieser besonderen Konstellation kann nicht allgemein darauf geschlossen werden, daß jede Beeinträchtigung verschiedener Nutzer eines Grundstücks untereinander zum Ausgleich nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB führen kann. In dem Fall BGHZ 110, 17 geht es, wie in § 906 Abs. 2 grundsätzlich geregelt, um einen von außen kommenden Eingriff in ein fremdes Grundstück. Hier mag ein Ausgleichsanspruch schon mit Rücksicht auf den enteignungsähnlichen Charakter des Eingriffs naheliegen, der sich zudem jeder sonst möglichen schadensersatzrechtlichen Lösung entzieht, da die unterirdische Speicherung zulässig war. Im übrigen wird das Gas von außen unter Druck eingespeist, wobei es wertungsmäßig keinen Unterschied macht, ob dies direkt geschieht oder von einem Nachbargrundstück aus.

 

Im konkreten Fall ist es strukturell anders. Es geht nicht um die Beeinträchtigung eines Grundstückseigentümers (oder -benutzers) von außen, sondern um einen Konflikt zweier Nutzer desselben Grundstücks, um die Beeinträchtigung des einen durch den anderen durch Immissionen, die von dem einen Nutzungsbereich auf den anderen einwirken. Mit dem der Entscheidung BGHZ 110, 17 zugrunde liegenden Konflikt hat das nichts zu tun.

 

bb) In der Entscheidung aus dem Jahre 1954 (VI ZR 35/53, VersR 1954, 288) hat der VI. Zivilsenat allerdings die Grundsätze des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB auf das Verhältnis von Mietern eines Hauses untereinander für anwendbar erklärt, soweit es um die Bestimmung der Grenzen dessen geht, was ein Mieter an Geräuschen hinnehmen muß, die von den Räumen eines anderen Mieters ausgehen. Eine nähere Begründung dazu fehlt. Die Entscheidungen des Reichsgerichts, auf die der Bundesgerichtshof verweist, stellen bei genauerer Sicht nur eine in verschiedenen Zeitschriften veröffentlichte Entscheidung dar (RG HRR 1931 Nr. 1219 = JW 1932, 2984 Nr. 11, dort nur Leitsatz), in der die entsprechende Anwendung ebenfalls nicht begründet wird. Unabhängig davon wird aber auch nur deutlich, daß nach Auffassung des Bundesgerichtshofs die Grenzen der Duldungspflicht nach den in § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB festgelegten Kriterien ermittelt werden können. Ob zwischen Mietern desselben Hauses auch ein verschuldensunabhängiger Ausgleichsanspruch in Betracht kommen kann, erörtert der Bundesgerichtshof nicht und stützt den geltend gemachten Schadensersatzanspruch auf § 823 Abs. 1 BGB, freilich auch schon in Ermangelung einer Regelung des verschuldensunabhängigen Anspruchs überhaupt. Diese wurde erst später als Absatz 2 Satz 2 in die Vorschrift eingefügt.

 

b) Eine entsprechende Anwendung der von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelten Grundsätze zum verschuldensunabhängigen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ist auch nicht aus anderen Gründen gerechtfertigt.

 

aa) Soweit eine entsprechende Anwendung des § 906 BGB auf das Verhältnis von Mietern eines Hauses untereinander für möglich erachtet wird, geschieht dies zumeist pauschal, ohne näheres Eingehen auf die Voraussetzungen einer Analogie (vgl. BGH, Urt. v. 14. April 1954, VI ZR 35/53, VersR 1954, 288; OLG München, NJW-RR 1992, 1097, ohnehin nur als Hilfserwägung; Staudinger/Roth, BGB [2001], § 906 Rdn. 107). Außerdem steht im Vordergrund die Überlegung, die in § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB niedergelegten Kriterien zur Bestimmung von Grenzen der nachbarlichen Duldungspflicht auf eine Mietergemeinschaft entsprechend anzuwenden. Die Gewährung eines Ausgleichsanspruchs analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB bejaht - soweit ersichtlich - nur das Oberlandesgericht Düsseldorf in der von dem Berufungsgericht angeführten Entscheidung.

 

bb) Solche Erwägungen lassen außer Betracht, daß es an einer die Analogie rechtfertigenden ausfüllungsbedürftigen Gesetzeslücke fehlt.

 

§ 906 BGB ist Teil des bürgerlich-rechtlichen Nachbarrechts der §§ 905 bis 924 BGB (Staudinger/Roth, § 906 Rdn. 3; Erman/Hagen/Lorenz, BGB, 10. Aufl., § 906 Rdn. 1; weiter demgegenüber MünchKomm-BGB/Säcker, 3. Aufl., § 906 Rdn. 1, 138: nicht auf das Nachbarverhältnis beschränkt). Der von Absatz 2 Satz 2 der Norm gewährte Ausgleichsanspruch und seine Fortentwicklung durch die Rechtsprechung hat seine Grundlage im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis (Senat, BGHZ 38, 61, 64BGHZ 113, 384, 391). Er ist Teil des Interessenausgleichs, der für eine sachgerechte Nutzung von Grundstücken im nachbarlichen Raum unerläßlich ist (vgl. Erman/Hagen/Lorenz, § 906 Rdn. 1; vgl. auch Senat, BGHZ 38, 61, 63 f.; MünchKomm-BGB/Säcker, § 906 Rdn. 1). In einem solchen grundstücksbezogenen Regelungszusammenhang sind Normen, die das Verhältnis von Mietern untereinander regeln, nicht zu erwarten. Sie könnten auch nicht an dem Gedanken der Beschränkung der Eigentümerrechte nach § 903 BGB anknüpfen, um den es bei § 906 BGB, allgemein gefaßt, geht (vgl. Erman/Hagen/Lorenz aaO), sondern müßte im Mietrecht angesiedelt werden. Daß das Verhältnis der Mieter untereinander keine Berücksichtigung in § 906 BGB gefunden hat, kann daher nicht als planwidrige Lücke angesehen werden. Daß es auch im Mietrecht keine Normen gibt, die einen Interessenausgleich bezwecken, stellt ebenfalls kein Regelungsdefizit dar, das durch eine analoge Anwendung nachbarrechtlicher Vorschriften, insbesondere durch § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB, behoben werden könnte. Dem Gesetzgeber kann nicht verborgen geblieben sein, daß es zwischen Mietern Streit um beeinträchtigende Immissionen geben kann und in der Praxis auch gibt. Wenn er gleichwohl zur Regelung dieses Konflikts keine dem Charakter des § 906 BGB entsprechende Vorschriften geschaffen hat, so kann daraus nur gefolgert werden, daß er eine Regelung für entbehrlich, möglicherweise auch für sachlich fragwürdig, gehalten hat, nicht aber, daß ihm ein dem Regelungskonzept zuwiderlaufender Fehler in Form einer Gesetzeslücke anzulasten ist.

 

Dagegen spricht auch, daß es einer spezifischen Regelung nicht bedarf. Die Grenzen, die ein Mieter bei der Nutzung der gemieteten Räume einzuhalten hat, ergeben sich aus dem Vertragsverhältnis zum Vermieter, das häufig näher ausgestaltete Verhaltensregeln in Hausordnungen, die Bestandteil des Mietvertrages sind, bereithält. Solche Regelungen werden zugunsten der jeweiligen Mitmieter getroffen und geben ihnen ein eigenes Recht, von den anderen Mietern die Einhaltung der Bestimmungen der Hausordnung zu verlangen, § 328 BGB (OLG München, NJW-RR 1992, 1097 m.w.N.). Im übrigen kann der Mieter vom Vermieter eine von Dritten, insbesondere von Mitmietern, ungestörte Gebrauchsgewährung verlangen, § 535 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. nur Palandt/Weidenkaff, BGB, 62. Aufl., § 535 Rdn. 28 m.w.N.).

 

cc) Daraus wird zugleich deutlich, daß es auch an einer vergleichbaren Interessenlage fehlt. Das Verhältnis von Mietern untereinander hat, anders als das Verhältnis benachbarter Grundstückseigentümer, keine rechtliche Ausgestaltung erfahren. Soweit Ansprüche untereinander bestehen, gründen diese auf das Vertragsverhältnis zum Vermieter oder beruhen auf besitzschutz- oder deliktsrechtlichen Normen (vgl. OLG München, NJW-RR 1992, 1097; siehe auch Staudinger/Emmerich, BGB [2003], § 535 Rdn. 134 f.). Unmittelbare Schutzpflichten der Mieter untereinander bestehen nicht (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 8. Aufl., § 535 Rdn. 146 m.w.N.). Eine nähere Bindung, die strukturell dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis gliche, fehlt. Für eine entsprechende Lösung besteht, wie dargelegt, auch kein zwingendes Bedürfnis. Allein der Umstand, daß ein Mieter einen ihm an sich zustehenden Unterlassungsanspruch nach § 862 Abs. 1 BGB wegen der faktischen Gegebenheiten nicht rechtzeitig geltend machen kann, rechtfertigt keine Übertragung der Grundsätze des verschuldensunabhängigen Ausgleichsanspruchs analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB auf Beeinträchtigungen durch Mitmieter. Analogiefähig wäre dieses Rechtsinstitut nur bei struktureller Vergleichbarkeit und anders nicht zu befriedigender Schutzbedürftigkeit. Daß jemand in seinen Rechten oder Rechtsgütern von Dritten beeinträchtigt wird und er diese Beeinträchtigung nicht rechtzeitig abwehren kann und daher auf verschuldensabhängige Schadensersatzansprüche beschränkt ist, ist keine Unzuträglichkeit und hat die Rechtsprechung nur unter den besonderen Voraussetzungen eines nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses zu einer weitergehenden Lösung, angelehnt an § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB, berechtigt (vgl. auch Senat, Urt. v. 29. Juni 1973, V ZR 71/71, MDR 1973, 1013).

 

III.

 

Der Rechtsstreit ist nicht zur Entscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). In Betracht kommt eine Haftung des Beklagten, wie vom Landgericht angenommen, nach § 823 Abs. 1 BGB. Insofern bedarf die Sache hinsichtlich der Verschuldensfrage nach den Feststellungen des Berufungsgerichts weiterer Aufklärung.