Umbaupflicht des Mieters: Der geschuldete Zustand bei
Mietende im gewerblichen Mietverhältnis und Verjährung
BGH, Urteil vom 31.03.2021 - XII
ZR 42/20 -
Im (Ergänzungs-) Mietvertrag vom 01.01.2006 war u.a. vorgesehen, dass die Beklagte „folgende Wertverbesserungen in dem angemieteten Objekt vorzunehmen“ habe, nämlich u.a. Isolierung und fehlende
Wandverkleidung an der hintersten Giebelseite auf eigene Kosen mit einer „Wertverbesserung ca. 6.000,0 €“ und „Ausgleich und Versiegelung des Betonfußbodens … Wertverbesserung ca. 2.000,00 bis
2.500,00 €“. Nach Annahme der beklagten waren diese Arbeiten für eine erforderliche Betriebsgenehmigung notwendig. Im Januar 2009 schlossen die Parteien einen neuen Mietvertrag, in dem aber
auf die genannten Verpflichtungen als weiterbestehend Bezug genommen wurde. Allerdings war die Maßnahme wegen Umstrukturierung der Beklagten für diese nicht mehr notwendig, weshalb sie die
Arbeiten nicht durchführte bzw. durchführen ließ. Nach Beendigung des Mietverhältnisses zum 15.02.2018 forderte der Kläger Schadensersatz in Höhe der Herstellungskosten mit € 2.269,40 für die
Wandverkleidung und € 19,327,28 für die Bodenversiegelung.
Land- und Oberlandesgericht wiesen die Klage ab. Auf die zugelassene Revision hob der BGH das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an das OLG zurück.
Grundsätzlich könnte der Klägerin ein Schadensersatzanspruch nach §§ 281, 280 Abs. 3 BGB zustehen. Dem könnte hier aber Verjährung entgegenstehen. Zwar stelle sich die Umbauverpflichtung als
(Teil der) Gegenleistung für die Nutzungsüberlassung dar und war diese mangels anderweitiger Vereinbarung sofort fällig (§ 271 Abs. 1 BGB). Damit könnte hier wegen Zeitablaufs Verjährung
vorliegen. Entscheidend sei allerdings, welche Ansprüche der Vermieter im Hinblick auf eine Rückgabe der Mietsache im vereinbarten Zustand habe. Wenn nämlich die übernommenen Umbauverpflichtungen
unter Berücksichtigung der zu erwartenden Abnutzungen den bei Rückgabe geschuldeten Zustand festlegen, würden die Ansprüche erst sechs Monate nach Rückgabe der Mietsache verjähren, § 548 Abs. 1
BGB. Zwar könne die auf eigene Kosten vorzunehmende Umgestaltung der Mietsache eine Gegenleistung für die geschuldete Miete darstellen, allerdings auch von § 548 BGB erfasst sein, insoweit der
Erfüllungsanspruch zugleich eine Hauptpflicht wiederspiegele, sofern der Zustand festgelegt wird, den die Mietsache bei Mietend haben soll (BGHZ 86, 71, 78).
Der Begriff der Verschlechterung in § 548 Abs. 1 BGB verlange nicht, dass sich der Zustand der Mietsache im Vergleich zum Mietbeginn verschlechtert habe. Ausreichend sei, dass der Zustand bei
Rückgabe von jenem abweiche, den die Mietsache nach dem Vertrag haben sollte. Auch hier greife § 548 BGB. Deshalb sei bei einer vom Mieter übernommenen Verpflichtung entscheidend, ob sich diese
auf den Zustand am Mietende beziehe. Würde dies bejaht, führe die Nicht- oder Schlechterfüllung zu einen Anspruch nach § 548 Abs. 1 BGB.
Vorliegend seien die Umbaumaßnahmen mit den Angaben zu Wertverbesserungen näher benannt worden. Dies bedeute, dass nicht nur eine Anpassung an die speziellen Bedürfnisse der Beklagten erfolgen
sollte, sondern die konkreten Maßnahmen Wertverbesserungen auch für künftige Nutzungen waren. Es sei daher mit den vom Mieter als Gegenleistung zur Gebrauchsgewährung übernommenen Umbauarbeiten
ein veränderter Zustand der Mietsache bei Rückgabe durch die Beklagte geschuldet.
Da die Klage innerhalb der Frist von sechs Monaten nach Rückgabe erhoben worden sei, greife die Verjährungseinrede der Beklagten nicht. Im Hinblick auf die Anspruchsvoraussetzungen zur Höhe
erfolgte die Zurückverweisung des Rechtsstreits.
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 1. April 2020 insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers
wegen seines Antrags auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 21.596,68 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. August 2018 zurückgewiesen
worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger vermietete der Beklagten Teilbereiche einer Halle zum Betrieb einer stahlverarbeitenden Werkstatt nebst Lager. Mit Ergänzungsvertrag vom 1. Januar 2006 vermietete er weitere 70 qm in
der Halle zu einem monatlichen Nettobetrag von 100,00 € zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer. Im Anschluss daran heißt es in dem Vertrag:
„Der Mieter verpflichtet sich als Gegenleistung folgende Wertverbesserung in dem angemieteten Objekt vorzunehmen:
- Isolierung und fehlende Wandverkleidung an der hintersten Giebelseite auf eigene Kosten vorzunehmen. Wertverbesserung ca. 6.000,00 €
- Ausgleich und Versiegelung des Betonfußbodens in der Halle und im Werkraum. Wertverbesserung ca. 2.000,00 bis 2.500,00 €“.
Die genannten Arbeiten waren nach der Vorstellung der Beklagten erforderlich, um eine immissionsrechtliche Genehmigung für die von ihr auf der Erweiterungsfläche geplante Herstellung von
Kunststoffprodukten zu erlangen.
Im Januar 2009 schlossen die Parteien einen neuen Mietvertrag über das bisherige Mietobjekt, in dem ebenfalls die Verpflichtung der Beklagten zur „Versiegelung des Hallenbodens und Isolierung des
rückwärtigen Teilbereichs Raumabteilung der Halle gem. ehemaliger Zusatzvereinbarung vom 01.01.2006“ auf ihre Kosten vereinbart war. In der Folgezeit nahm die Beklagte Abstand von ihren
Kunststoffverarbeitungsplänen und führte auch die vereinbarten Umbauarbeiten nicht durch.
Nach Beendigung des Mietverhältnisses zum 30. November 2017 und Räumung der Mietsache zum 15. Februar 2018 verlangt der Kläger unter anderem Schadensersatz in Höhe der Herstellungskosten für die
Wandverkleidung an der Giebelseite (2.269,40 €) sowie für die Bodenversiegelung (19.327,28 €), insgesamt 21.596,68 €.
Das Landgericht hat die Klage insoweit abgewiesen, das Oberlandesgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich seine vom Oberlandesgericht zugelassene Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
I.
Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Zwar könne eine Pflichtverletzung darin liegen, dass die Beklagte die vereinbarten Umbauarbeiten nicht vorgenommen habe. Daraus
könne aber kein Schadensersatz nach § 281 BGB verlangt werden, weil der Primäranspruch auf Durchführung der Umbauarbeiten bereits verjährt sei. Ob es einer ausdrücklichen Erhebung der
Einrede insoweit bedürfe oder ob der Schadensersatzanspruch nach § 281 BGB bereits bei Einredebehaftung der Primärforderung ausgeschlossen sei, könne dahinstehen, weil die Beklagte die
Verjährungseinrede zumindest konkludent erhoben habe. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB habe am 31. Dezember 2012 geendet, da die Umbauverpflichtung im Zeitpunkt ihrer
Begründung und Erneuerung durch die Verträge von 2006 und 2009 jeweils sofort fällig gewesen sei. Dies folge aus dem Gegenseitigkeitsverhältnis, wonach die Wertsteigerung durch den Umbau ein Teil
der Gegenleistung für die Überlassung der Mietfläche gewesen sei. Die Verjährungsregel des § 548 BGB sei nicht einschlägig, da es sich nicht um Ersatzansprüche des Vermieters wegen
Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache handle, sondern um eine als Hauptleistungspflicht übernommene Umbauverpflichtung des Mieters.
II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zu Unrecht nimmt das Oberlandesgericht an, der Kläger könne von der Beklagten keinen Schadensersatz nach § 280
Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 BGB verlangen.
1. Zutreffend geht das Oberlandesgericht allerdings davon aus, dass nach § 281 Abs. 1, § 280 Abs. 3 BGB dem Gläubiger ein Anspruch aus dem Schuldverhältnis
zustehen muss, der nicht durch eine dauernde oder aufschiebende Einrede gehemmt und der fällig ist (BGH Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 162/12 - NJW 2013, 1431 Rn. 20 mwN). Daher stünde eine
eingetretene Verjährung des Primäranspruchs auch der Durchsetzung des Sekundäranspruchs entgegen.
2. Eine Verjährung des Primäranspruchs ist jedoch nicht eingetreten. Zwar hat das Oberlandesgericht den Vertrag in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahin ausgelegt,
dass die vom Mieter übernommene Umbauverpflichtung eine Gegenleistung für die Nutzungsüberlassung darstellte und mangels abweichender Vereinbarung zur sofortigen Erfüllung fällig war (§ 271
Abs. 1 BGB). Daraus folgt aber nichts für die Verjährung der Ansprüche des Vermieters auf Rückgabe der Mietsache in vertraglich vereinbartem Zustand. Soweit die übernommene
Umbauverpflichtung, unter Berücksichtigung der nachfolgend zu erwartenden Abnutzung, den bei der Rückgabe geschuldeten Zustand der Mietsache vertraglich festlegt, verjähren die Ersatzansprüche
des Vermieters wegen eines davon abweichenden Zustands in sechs Monaten ab dem Zeitpunkt, in dem er die Mietsache zurückerhält (§ 548 Abs. 1 BGB).
a) Verspricht der Mieter eine Umgestaltung der Mietsache auf seine Kosten, so kann dies zwar einen Teil der als Gegenleistung für die Gebrauchsgewährung geschuldeten Miete darstellen
(vgl. BGHZ 86, 71, 77 = NJW 1983, 679, 680). Die Vorschrift des § 548 Abs. 1 BGB erfasst jedoch auch Erfüllungsansprüche, die zugleich als Hauptpflicht ausgebildet sind, sofern sie den
Zustand festlegen, den die Mietsache im Zeitpunkt der Rückgabe haben soll (vgl. BGHZ 86, 71, 78 = NJW 1983, 679, 681).
b) Der Anwendungsbereich des § 548 Abs. 1 BGB ist weit auszulegen (Senatsurteil vom 8. Januar 2014 - XII ZR 12/13 - NJW 2014, 920 Rn. 16). Der Begriff der Verschlechterung
i.S.d. § 548 Abs. 1 BGB setzt nicht voraus, dass der Zustand der Mietsache im Vergleich zum Beginn des Mietverhältnisses schlechter geworden ist. Gleichzustellen sind vielmehr
Forderungen, die sich daraus ergeben, dass die Mietsache in dem Zeitpunkt, in dem sie der Vermieter zurückerhält, in einer für ihn nachteiligen Weise von dem Zustand abweicht, den sie nach dem
Vertrag bei Rückgabe haben soll (vgl. BGHZ 86, 71, 77 f. = NJW 1983, 679, 681). Auch für solche Fälle bezweckt § 548 BGB eine zeitlich klar umgrenzte Abwicklung der beiderseitigen Ansprüche
nach Beendigung des Mietvertrags. Danach kommt es bei einer vom Mieter übernommenen Verpflichtung zur Umgestaltung der Mietsache darauf an, ob sie sich auf den Zustand des Mietobjekts bei dessen
Rückgabe bezieht. In dem Fall hat die Nichterfüllung oder nicht vollständige Erfüllung dieses Anspruchs eine Verschlechterung der Mietsache im Sinne des § 548 Abs. 1 BGB zur Folge (vgl.
BGHZ 86, 71, 77 f. = NJW 1983, 679, 681). § 548 Abs. 1 BGB erfasst sämtliche Schadensersatzansprüche des Vermieters, die ihren Grund darin haben, dass der Mieter die Mietsache als
solche zwar zurückgegeben hat, diese sich aber nicht in dem bei der Rückgabe vertraglich geschuldeten Zustand befindet (Senatsurteil vom 8. Januar 2014 - XII ZR 12/13 - NJW 2014, 920 Rn. 16 mwN).
c) Im vorliegenden Fall sind die vorzunehmenden Umbauarbeiten mit den Attributen „Wertverbesserung ca. 6.000,00 €“ bzw. „Wertverbesserung ca. 2.000,00 bis 2.500,00 €“ gekennzeichnet.
Daraus folgt, dass die gemietete Fläche nicht nur für spezielle Bedürfnisse der Nutzung durch die Beklagte angepasst werden sollte, sondern dass durch die bezeichneten Maßnahmen eine konkrete
Wertverbesserung der Mietsache selbst, auch für künftige Nutzungen, bewirkt werden sollte. Die als Gegenleistung zur Gebrauchsgewährung übernommenen Umbauarbeiten bezeichnen damit einen
veränderten Zustand des Mietobjekts als bei dessen Rückgabe geschuldet, nämlich mit durchgeführter Isolierung, Wandverkleidung und Bodenversiegelung unter Berücksichtigung einer nachfolgenden,
vertragsgemäßen Abnutzung.
d) Weil die Klage am 11. August 2018 und somit noch innerhalb von sechs Monaten nach Rückerhalt der Mietsache erhoben worden ist, steht die Verjährungseinrede dem geltend gemachten
Ersatzanspruch nicht entgegen. Somit kommt es auch nicht darauf an, ob die in § 25 Nr. 6 des zuletzt geschlossenen Mietvertrags formularmäßig getroffene Vereinbarung, wonach die
Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache in zwölf Monaten verjähren, wirksam ist (vgl. Guhling in Guhling/Günter Gewerberaummiete 2. Aufl. § 548
BGB Rn. 73).
e) Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht wegen etwaiger Bedenken gegen die fiktive Schadensabrechnung als richtig. Nach der Rechtsprechung des Senats können
Ansprüche auf Schadensersatz statt der Leistung ohne weiteres auch fiktiv abgerechnet werden (vgl. etwa Senatsurteile vom 12. März 2014 - XII ZR 108/13 - NJW 2014, 1444 Rn. 31 und vom 27. Juni
2018 - XII ZR 79/17 - NZM 2018, 717 Rn. 16 ff.). Soweit der VII. Zivilsenat in einer Bausache entschieden hat, dass eine fiktive Schadensbemessung von Mängelbeseitigungskosten außer Betracht
bleibt (BGHZ 218, 1 = NJW 2018, 1463; vgl. auch BGH Beschluss vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20 - NJW 2021, 53), beruht das auf Besonderheiten des Werkvertragsrechts, insbesondere dem
Vorschussanspruch nach § 637 Abs. 3 BGB, die bei den Ersatzansprüchen des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache keine Parallele finden (vgl. auch BGH
Urteil vom 12. März 2021 - V ZR 33/19 - zur Veröffentlichung bestimmt).
3. Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, da bezüglich der weiteren Anspruchsvoraussetzungen
einschließlich der Schadenshöhe noch keine Feststellungen getroffen sind.