Mietminderung nach Beendigung des Mietverhältnisses in Bezug
auf zu zahlende Nutzungsentschädigung
LG Krefeld, Urteil vom 20.12.2017 - 2 S 65/16 -
Kurze Inhaltsangabe:
Die Kläger erhoben gegen die Beklagten Klage auf Zahlung von Nutzungsentschädigung für ein spätestens durch fristlose Kündigung zum 22.10.2013 beendeten Mietverhältnis für den Zeitraum Januar bis
September 2014; die Räumung erfolgte am 10.09.2014. Dabei vertreten die Beklagten die Ansicht, es dürfte nicht - wie vom Amtsgericht angenommen - der volle Mietzins zu Grund gelegt werden,
sondern ein wegen Mängeln geminderter Mietzins.
Gegen das der Klage vollumfänglich stattgebende Urteil legten die Beklagten Berufung ein. Diese wurde vom Landgericht zurückgewiesen. Der Anspruch der Kläger sei nach §§ 546a Abs. 1, Abs. 2, 280
Abs. 2, 286 BGB begründet. Die Räumung am 10.09.2014 würde den Anspruch nach der Kläger nach §§ 546a Abs. 1 BGB, für die Zeit danach bis Ende September 2014 nach §§ 546a Abs. 2, 280 Abs. 2, 286
BGB begründet sein.
Gemäß § 546a BGB könne der Vermieter für die Zeit der Vorenthaltung der Mietsache die vereinbarte Miete verlangen. War die Mietsache bei Mietende mangelhaft und könne daher die Miete gemindert
werden, stelle die geminderte Miete die „vereinbarte Miete“ dar. Vorliegend sei die Miete zum Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses nicht nach § 536 BGB gemindert gewesen.
Für bestimmte von den Beklagten gerügte Mängel (u.a. großflächige Schimmelbildung in Räumen im 1. OG, abblätternde Farnbe an bestimmten Rollläden, Scheiben im Keller seien gesprungen) würde es an
einer einer Mietminderung vorherzugehenden Mängelanzeige ermangeln. Diese sei erst nach der Beendigung des Mietverhältnisses erfolgt (hier im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens. Die
Beklagten könnten die Mängelanzeige nach Beendigung des Mietverhältnisses für vorher entstandene Mängel nicht mehr wirksam nachholen. Mit Beendigung des Mietverhältnisses bestünde kein
vertraglicher Erfüllungsanspruch mehr. Selbst Mängel, die während der Zeit entstehen, für die Nutzungsentschädigung zu zahlen sei, würden nach der Entscheidung des BGH vom 27.05.2015 - XII ZR
66/13 - nicht eine Minderung begründen können.
Auch soweit die Beklagten äußere Mängel vorgetragen hätten (so eine Schädigung von Putz und Mauerwerk auf der Rückseite des Hauses, teilweises wegfaulen der Kellertür durch Regenwasser und
Unansehnlichkeit der Klingel- und Briefkastenanlage) könne eine Minderung nicht geltend gemacht werden. Es würde sich um Zustände handeln, die den Gebrauchswert der Wohnung nicht unmittelbar
beeinträchtigen würden, sondern um Äußerlichkeiten bzw. Unansehnlichkeiten und damit nur um unerhebliche Mängel, die eine Mietminderung gem. § 536 Abs. 1 S. 3 BGB nicht rechtfertigen würden.
Für September könnte die Kläger auch Schadensersatz für die Zeit nach der Räumung bis zum Monatsende begehren. Zwar ende der Anspruch auf Nutzungsentschädigung taggenau mit der Räumung. Für den
restlichen Zeitraum würde aber den Klägern ein Schadensersatzanspruch zustehen, da sie die das Objekt nicht sofort hätten weitervermieten können; angesichts des ungewissen Übergabetermins hätten
sich die Kläger nicht um einen Nachmieter bemühen können.
Aus den Gründen:
Tenor
Das Versäumnisurteil des Landgerichts Krefeld vom 16.08.2017 wird aufrechterhalten.
Die Beklagten tragen die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um Nutzungsentschädigungsansprüche aus einem spätestens zum 22.10.2013 fristlos beendeten Mietverhältnis. Mit Urteil vom 07.10.2016 hat das Amtsgericht Kempen
die Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von 7.380,00 € nebst Zinsen verurteilt. Auf die Feststellungen des Amtsgerichts in dem angegriffenen Urteil wird Bezug genommen.
Mit ihrer form- und fristgerechten Berufung verfolgen die Beklagten ihr erstinstanzliches Begehren auf Klageabweisung weiter.
Die Beklagten sind der Ansicht, das Amtsgericht habe unzutreffend als Nutzungsentschädigung den vollen Mietzins angesetzt. Vielmehr hätte ein angemessen geminderter Mietzins
Berechnungsgrundlage für die Nutzungsentschädigung sein müssen. Das Urteil des Amtsgerichts Kempen vom 06.05.2014 (Az.: 1 C 197/13) sei für diese Frage auch nicht
präjudiziell, da das Gericht dort habe dahingestellt sein lassen, ob die von den Beklagten gerügten Mängel bestünden und hierüber somit gerade keine Entscheidung getroffen habe. Die
von den Klägern geltend gemachten Forderungen seien darüber hinaus bereits abgegolten, weil ein Schwedenofen bei Räumung in der Wohnung verblieben sei. Hierfür stehe ihnen eine
Entschädigung in Höhe von 2.500,00 € zu, da die Kläger insoweit ihre Abwendungsbefugnis ausgeübt hätten. Jedenfalls hätten die Kläger hinsichtlich des Monats September 2014 nur
anteilig einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung bis zum 10.09.2014, da die Beklagten zu diesem Zeitpunkt ohne weitere Möglichkeit zur Nutzung der streitgegenständlichen Wohnung
geräumt worden seien.
Die Beklagten haben zunächst beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Kempen vom 07.10.2016 - 13 C 452/16 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Im Termin vom 16.08.2017 ist
antragsgemäß Versäumnisurteil gegen die nicht erschienenen Beklagen ergangen, das dem Beklagtenvertreter am 28.08.2017 zugestellt worden ist. Der hiergegen gerichtete Einspruch der
Beklagten ist am 11.09.2017 bei Gericht eingegangen.
Die Beklagten beantragen nunmehr,
das Versäumnisurteil vom 16.08.2017 sowie das Urteil des Amtsgerichts Kempen vom 07.10.2016 - 13 C 452/16 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
Sie nehmen insoweit im Wesentlichen auf ihre erstinstanzlichen Ausführungen Bezug.
II.
Der Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, da die zulässige Berufung der Beklagten unbegründet ist.
1. Die Kläger haben gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 7.380,00 € nebst Zinsen als Nutzungsentschädigung bzw. Schadensersatz für den Zeitraum Januar bis
einschließlich September 2014 aus §§ 546a Abs. 1, Abs. 2, 280 Abs. 2, 286 BGB. Das streitgegenständliche Mietverhältnis wurde spätestens zum 22.10.2013 wirksam
beendet. Die Beklagten haben die Mietwohnung erst mit Räumung am 10.09.2014 an die Kläger herausgegeben. Bis zu diesem Zeitpunkt schulden die Beklagten dem Kläger
Nutzungsentschädigung gem. § 546a Abs. 1 BGB, danach bis zum Ende des Monats September 2014 Schadensersatz gem. §§ 546a Abs. 2, 280 Abs. 2, 286 BGB.
a. Gemäß § 546a Abs. 1 BGB kann der Vermieter für die Dauer der Vorenthaltung der Mietsache als Entschädigung die vereinbarte Miete verlangen. War die Mietsache bei
Beendigung des Mietverhältnisses mangelhaft und die Miete deshalb entsprechend gemindert, stellt die geminderte Miete die vereinbarte Miete dar (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13.
Aufl., § 546a BGB Rn. 68).
Das Amtsgericht Kempen hat im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Nutzungsentschädigung in Höhe des vollen vereinbarten Mietzinses besteht. Inwieweit das Urteil des
Amtsgerichts Kempen vom 06.05.2014 (Az.: 1 C 197/13) für den streitgegenständlichen Rechtsstreit präjudiziell ist, kann dabei dahinstehen, denn jedenfalls war die
Nutzungsentschädigung nicht gemindert, weil der zum Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses geschuldete Mietzins nicht gemindert war.
Gemäß § 536 BGB hat der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit der Mietsache aufgrund eines Mangels gemindert ist, nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu
entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt hierbei außer Betracht. Zeigt sich im Laufe der Mietzeit ein Mangel der Mietsache, so hat der Mieter dies dem Vermieter
unverzüglich anzuzeigen. Kann der Vermieter infolge der Unterlassung der Anzeige nicht Abhilfe schaffen, ist der Mieter nicht berechtigt die in § 536 bestimmten Rechte geltend zu
machen (§ 536c BGB).
aa. Soweit die Beklagten sich auf etwaige im Innern des Mietobjektes befindliche Mängel stützen (großflächige Schimmelbildung in den Räumen im 1. OG der Rückseite des Hauses,
abblätternde Farbe an den Rollläden vorne links in der Wohnung, bei Regen laufe Wasser aus der Dachrinne an der Wand herunter, die Pumpe im Keller laufe andauernd, der Keller stehe
teilweise unter Wasser, die Scheiben im Keller seien gesprungen), fehlt es insoweit bereits an der erforderlichen Mängelanzeige. Eine solche erfolgte erstmals während des
erstinstanzlichen Verfahrens mit Schriftsatz vom 14.11.2013, mithin nach Beendigung des Mietverhältnisses.
bb. Der monatliche Mietzins war ebenfalls nicht aufgrund der behaupteten äußeren Mängel an dem streitgegenständlichen Mietobjekt gemindert. Dem Mieter steht kein Minderungsrecht zu,
sofern die Tauglichkeit nur unerheblich gemindert ist (§ 536 Abs. 1 S. 3 BGB). Die Beklagten haben vorgetragen, dass auf der Rückseite des Hauses Putz und Mauerwerk
teilweise beschädigt seien, dass die Kellertüre von Regenwasser teilweise weggefault sei sowie dass die Klingel- und Briefkastenanlage vollkommen unansehnlich sei. Nach dieser
Beschreibung handelt es sich um Zustände, die den Gebrauchswert der Wohnung nicht unmittelbar beeinträchtigen, sondern weitgehend um Äußerlichkeiten bzw. Unansehnlichkeiten und damit
um nur unerhebliche Mängel. Auch auf ausdrückliche Nachfrage und Hinweis des Gerichts legten die Beklagten Art und Ausmaß der behaupteten Mängel nicht näher dar.
cc. Die Nutzungsentschädigung war auch nach der erfolgten Mängelanzeige mit Schriftsatz vom 14.11.2013 wegen der behaupteten, sich innerhalb des Mietobjektes befindlichen Mängel nicht
gemindert. Die Beklagten konnten die vor Beendigung des Mietverhältnisses unterlassene Mängelanzeige von bereits vorher aufgetretenen Mängeln nicht wirksam nachholen.
Nach eigenem Vortrag der Beklagten haben die angeführten Mängel bereits vor Beendigung des Mietverhältnisses vorgelegen. Grundsätzlich steht dem Mieter nach Beendigung des
Mietverhältnisses kein Mängelbeseitigungsanspruch gegen den Vermieter mehr zu, da vertragliche Erfüllungspflichten zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bestehen (Schmidt-Futterer,
Mietrecht, 13. Aufl., § 546a Rn.13). Dem liefe es zuwider, könnte der Mieter eine vor Beendigung des Mietverhältnisses unterlassene Mängelanzeige anschließend noch wirksam
nachholen. Denn in diesem Fall würde der Vermieter sich der Situation ausgesetzt sehen, entweder eine Kürzung der Nutzungsentschädigung hinnehmen oder eine ehemals vertragliche
Verpflichtung erfüllen zu müssen, die bereits nicht mehr besteht. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass Mängel, die während der Nutzungsentschädigung entstehen, nicht
zu einer Minderung führen (vgl. BGH, Urteil v. 27.05.2015 - XII ZR 66/13). Es ist nicht ersichtlich, warum ein Mieter, der eine rechtzeitige Mängelanzeige unterlässt, besser gestellt
sein sollte als ein Mieter, bei dem ein Mangel erstmals während der Zeit der Nutzungsentschädigung auftritt.
b. Auch hinsichtlich des Monats September 2014 haben die Kläger einen Anspruch auf Entschädigung in voller Höhe. Zwar endet der Anspruch auf Nutzungsentschädigung gem. § 546a
Abs. 1 BGB auch bei Zwangsräumungen taggenau mit der Rückgabe der Mietsache und nicht erst mit Ende des Zeitabschnitts, nach dem der Mietzins bemessen war (Schmidt-Futterer,
Mietrecht, 13. Aufl., § 546a Rn. 72). Allerdings stehen den Klägern für den restlichen Zeitraum des Monats September weitergehende Schadensersatzansprüche wegen Mietausfalls
gemäß §§ 546a Abs. 2, 280 Abs. 2, 286 BGB anteilig in Höhe des restlichen Mietzinses zu, da sie das Objekt nicht sofort weitervermieten konnten. Angesichts des
ungewissen Rückgabezeitpunkts war es ihnen unmöglich, einen Nachmieter zu finden.
2. Der Anspruch der Kläger ist nicht untergegangen.
a. Die Parteien haben bei Räumung der Beklagten nicht vereinbart, dass alle streitgegenständlichen Ansprüche durch Belassen eines Schwedenofens in der zu räumenden Wohnung abbedungen
werden sollen. Die von den Beklagten hierzu vorgetragene Äußerung der Kläger, der Ofen habe in dem Objekt zu bleiben, ist vielmehr gemäß §§ 133, 157 BGB so auszulegen, dass die
Klägerin ihr Vermieterpfandrecht nach § 562 BGB geltend gemacht hat. Die Kläger waren daher nach § 562b BGB berechtigt, den Ofen bei Räumung der Beklagten in Besitz zu
nehmen und einer Entfernung zu widersprechen.
b. Soweit die Beklagten gegenüber der Klageforderung in Höhe von 2.500,00 € die Aufrechnung erklärt haben, so ist sie dadurch nicht erloschen. Den Beklagten fehlt es insoweit an
einer aufrechenbaren Gegenforderung.
aa. Die Beklagten haben gegen die Kläger keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung für den bei Räumung in der Wohnung verbliebenen Schwedenofen in Höhe von 2.500,00 € aus
§§ 552, 539 BGB. Ein solcher ist durch das bestehende Vermieterpfandrecht der Kläger ausgeschlossen (MüKo-BGB, 7. Aufl., § 539 Rn. 11). Der Vermieter hat für seine
Forderungen aus dem Mietverhältnis ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Mieters (§ 562 BGB). Der Schwedenofen ist von den Beklagten in die zu räumende Wohnung wirksam
eingebracht worden. Es handelt sich insoweit nicht um eine unpfändbare Sache im Sinne des § 562 Abs. 1 S. 2 BGB. Das Vermieterpfandrecht der Kläger war bei seiner
Geltendmachung noch nicht gemäß § 562a BGB erloschen, da sich der Ofen bei Räumung der Beklagten noch in der Wohnung befand.
bb. Die Beklagten haben auch keinen entsprechenden Anspruch aus § 812 BGB. Ein Anspruch des Mieters aus ungerechtfertigter Bereicherung ist ausgeschlossen, soweit der
Wegnahmeanspruch des Mieters aus § 539 Abs. 2 BGB verjährt ist (MüKo-BGB, 7. Aufl., § 812 Rn. 97). Ansprüche des Mieters auf den Ersatz von Aufwendungen oder auf die
Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung verjähren in sechs Monaten nach der Beendigung des Mietverhältnisses (§ 548 Abs. 2 BGB). Bei dem streitgegenständlichen
Schwedenofen handelt es sich um einen Einrichtungsgegenstand im Sinne des § 548 Abs. 2 BGB. Nach allgemeiner Auffassung werden unter Einrichtungen bewegliche Sachen
verstanden, die mit der Mietsache verbunden werden, um ihrem wirtschaftlichen Zweck zu dienen. Zu den Einrichtungen zählen daher unter anderem Öfen und Heizungen (Schmidt-Futterer,
Mietrecht, 13. Aufl., § 539 Rn. 12). Der Lauf der Verjährungsfrist war auch nicht dadurch gehemmt, dass die Kläger ihr Vermieterpfandrecht an dem Ofen ausgeübt haben. Macht der
Vermieter gegenüber dem Verlangen des Mieters, die Wegnahme von Einrichtungen nach Beendigung des Mietverhältnisses zu dulden, ein Vermieterpfandrecht geltend, so wird dadurch der
Lauf der Verjährungsfrist für den Wegnahmeduldungsanspruch nicht gehemmt (vgl. BGH, Urteil v. 13.05.1987 -VIII ZR 136/86). Der Mietvertrag war spätestens zum 22.10.2013
beendet, mithin trat Verjährung etwaiger Ansprüche der Beklagten spätestens zum 22.04.2014 ein. Hierauf haben sich die Kläger auch berufen.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 525, 542, 543, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.