Mietrecht


Mieterhöhung wegen Modernisierung und Folgen einer zu geringen Ankündigung

BGH, Hinweisbeschluss vom 06.10.2015 – VIII ZR 76/15 –

Kurze Inhaltsangabe:

 

Wer modernisiert kann die Kosten der Modernisierungsmaßnahmen auf die Mieter umlegen, § 559 BGB. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber einen Anreiz für Modernisierungen schaffen. Eine Voraussetzung der Umlegung der Kosten auf die Miete ist, dass der Vermieter zuvor die Mieter über die Modernisierungsmaßnahme informiert und ihnen auch die dadurch bedingte Mieterhöhung mitteilt. Unterlässt der Vermieter die vorherige Mitteilung, führt dies allerdings nicht zum Ausschluss der Mieterhöhungsverlangens. Vielmehr verschiebt sich nur der Termin, zu dem die erhöhte Miete geschuldet wird, um sechs Monate, § 559 Abs. 2 BGB.

 

Was aber ist, wenn der Vermieter zwar die notwendigen Informationen erteilt, die Kosten dann aber höher ausfallen mit der Folge, dass die tatsächliche Mieterhöhung höher ist als die  angekündigte ?

 

Hier sieht zunächst § 559b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BGB vor, dass eine Abweichung von bis zu 10% unbeachtlich ist.  

 

Im konkreten, vom BGH zu beurteilenden Fall lag die Abweichung nach oben über 10%. Der Vermieter vertrat hier die Auffassung, er könne die Mieterhöhung bis zur Steigerung von 10% zu dem gesetzlich vorgesehenen Primärtermin erhöhen und müssen nur im übrigen sechs Monate zuwarten (gestaffeltes Wirksamwerden). Seine Klage blieb erfolglos; nach Hinweisen des BGH nahm er seine Revision, die vom Berufungsgericht zugelassen wurde, zurück.

 

 

Der BGH wies auf die Einheitlichkeit des Erhöhungsbegehrens hin. Nach dem Gesetzeswortlaut stünde dem Vermieter bei Überschreiten der 10% gerade nicht das Recht zu, die Mieterhöhung zu der in § 550b Abs. 2 Satz 1 BGB benannten Primärfrist zu erhöhen. Sie könne erst insgesamt zu dem sechs Monate später liegenden Termin verlangt werden, § 559b Abs. 2 S. 2 BGB. 

 

Aus den Gründen:

Gründe

1. Es besteht kein Grund für die Zulassung der Revision (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil es eine Fortbildung des Rechts für erforderlich hält. Es möchte durch eine Entscheidung des Senats geklärt wissen, ob eine Mieterhöhung nach § 559 BGB, die mehr als zehn Prozent höher ausfällt als in der Modernisierungsankündigung angegeben, nach § 559b Abs. 2 Satz 2 BGB insgesamt erst sechs Monate später wirksam wird oder ob dies nur für den Teil der Mieterhöhung gilt, der diese Grenze überschreitet.

Diese Frage, über die - wie das Berufungsgericht selbst erkannt hat – ein Meinungsstreit in der Rechtsprechung der Instanzgerichte nicht besteht, rechtfertigt die Zulassung der Revision unter dem Gesichtspunkt einer Fortbildung des Rechts nicht. Es liegt auch keiner der weiteren in § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO genannten Gründe für die Zulassung der Revision vor. Denn die vom Berufungsgericht gestellte Frage lässt sich - wie es das Berufungsgericht auch getan hat - bereits anhand des Wortlautes der Vorschrift beantworteten. Dabei geht es im Streitfall um die Vorschrift des § 559b BGB sowie des § 554 BGB in der bis zum 1. Mai 2013 geltenden Fassung (im Folgenden aF), weil die Modernisierungsankündigung der Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vom 16. Juni 2011 datiert und dem Beklagten somit vor dem gemäß der Übergangsvorschrift maßgeblichen Zeitpunkt des 1. Mai 2013 (vgl. Art. 229 § 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB) zugegangen ist.

Die gesetzliche Regelung in § 559b Abs. 2 BGB aF unterscheidet nicht danach, ob eine Modernisierungsankündigung ganz unterblieben ist oder nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt oder ob die spätere tatsächliche Mieterhöhung die angekündigte um mehr als zehn Prozent übersteigt. Hieraus ergibt sich die vom Berufungsgericht zutreffend gezogene Schlussfolgerung, dass in allen vom Gesetz genannten Fällen die Wirksamkeit der gesamten Mieterhöhung um sechs Monate hinausgeschoben ist (zu dem Fall, dass eine Modernisierungsankündigung ganz unterblieben ist, vgl. Senatsurteil vom 2. März 2011 - VIII ZR 164/10, NJW 2011, 1220 Rn. 14 f.).

2. Nach den vorstehenden Erwägungen hat die Revision auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat richtig entschieden, dass die Wirksamkeit der Mieterhöhung insgesamt um sechs Monate hinausgeschoben ist.

a) Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber mit der Möglichkeit der Mieterhöhung nach § 559 BGB einen Anreiz zur Modernisierung geben wollte, ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision nicht, dass bei Überschreiten der angekündigten Mieterhöhung um mehr als zehn Prozent die Mieterhöhung nur im Umfang der Überschreitung der ursprünglich angekündigten Mieterhöhung später wirksam werde. Denn der Gesetzgeber hat ersichtlich auch die Interessen des Mieters im Blick gehabt, über eine beabsichtigte Modernisierung rechtzeitig und zutreffend informiert zu werden. Dies gilt auch für die Berechtigung der verlangten Mieterhöhung, zu deren Überprüfung dem Mieter hinreichend Gelegenheit eingeräumt werden soll. Diese Intention des Gesetzgebers ergibt sich schon aus den - von der Revision auch zitierten - Gesetzesmaterialien zu der Vorgängervorschrift, § 3 Abs. 4 MHG (vgl. BT-Drucks. 7/2011, S. 12, linke Spalte). Am Ende der Gesetzesbegründung zu § 3 MHG ist insoweit ausgeführt, dass eine Ankündigung des Vermieters für den Mieter "ohne praktischen Wert” sei, wenn die tatsächliche Erhöhung um mehr als zehn Prozent höher ausfalle als die angekündigte, und dass deshalb die gleiche Folge eintreten solle wie in dem Fall, dass dem Mieter die voraussichtliche Mieterhöhung (überhaupt) nicht mitgeteilt worden sei. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber bei einer Überschreitung der zunächst angekündigten Mietererhöhung um mehr als zehn Prozent - gegen den Wortlaut - eine bloße Staffelung des Wirksamwerdens der Mieterhöhung hat ausreichen lassen wollen, sind somit nicht ersichtlich und werden von der Revision nicht aufgezeigt. Den Gesetzesmaterialien zu der hier anwendbaren Vorschrift des § 559b Abs. 2 BGB aF ist zu entnehmen, dass eine inhaltliche Änderung gegenüber der Regelung in § 3 Abs. 4 MHG insoweit nicht beabsichtigt war (vgl. BT-Drucks. 14/4553, S. 58).

b) Entgegen der von der Revision angeführten vereinzelten Literaturmeinung (Lützenkirchen/Dickersbach, Mietrecht, 2. Aufl., § 559b Rn. 64) ergibt sich aus der Befugnis des Vermieters, zugunsten des Mieters eine Mieterhöhung so zu staffeln, dass sie teilweise erst zu einem späteren Zeitpunkt verlangt wird, als es nach den gesetzlichen Bestimmungen möglich wäre, keine andere Beurteilung. Denn bei einer Überschreitung der angekündigten Mieterhöhung um mehr als zehn Prozent steht dem Vermieter gerade nicht das Recht zu, die Mieterhöhung zu der in § 559b Abs. 2 Satz 1 BGB genannten Frist durchzuführen. Vielmehr wird eine derartige Mieterhöhung insgesamt erst zu einem um sechs Monate hinausgeschobenen Zeitpunkt wirksam.

3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.