Miete / Pacht


Gewährleistungsanspruch und Klausel „nicht mitvermietet werden“

LG Berlin II, Hinweisbeschluss vom 30.06.2024 - 67 S 144/24 -

Kurze Inhaltsangabe mit Anmerkung:

 

Die Klägerin mietete von der Beklagten eine Wohnung an, in der sich u.a. auch in der vorhandenen Einbauküche ein Geschirrspüler befand. Im Mietvertrag war (als Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 BGB [AGB], also nicht individuell vereinbart) eine Klausel aufgenommen, dass die technischen Geräte der Einbauküche „als nicht mitvermietet [gelten]“ (§ 2 Z. 2 Abs. 5 AVB).  Der Klage auf Instandhaltung durch die Beklagte wurde stattgegeben, die dagegen eingelegte Berufung sah das Landgericht in einem Hinweisbeschluss nach § 522 ZPO als offensichtlich unbegründet an.

 

Der Beklagte sei gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB verpflichtet, den defekten Geschirrspüler zu reparieren oder auszutauschen. Er sei zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses in der Wohnung vorhanden und funktionstüchtig gewesen, weshalb dies den vertraglich geschuldeten Zustand entspräche (BGH, Urteil vom 10.05.2006 - XII ZR 23/04 -). Dem würde auch die Klausel in § 2 Z. 2 Abs. 5 AVB nicht entgegenstehen.

 

Nach dem Wortlaut der Klausel würde diese keine Beschaffenheitsvereinbarung darstellen. Das verwandte Wort „gelten“ erweise sich als eine Einschränkung. Unklar bliebe, welche Rechtsfolgen sich aus der Klausel „als nicht als mietvermietet [gelten]“ ergeben sollen.

 

Auf Allgemeine Geschäftsbedingungen fände die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB Anwendung, wonach Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders gehen würden.  Eine Unklarheit läge vor, wenn zwei oder mehr mögliche Bedeutungen in Betracht kämen, wobei bei der Auslegung nur theoretisch denkbare, praktisch aber fernliegende und bei dem fraglichen Geschäft typischerweise nicht ernstlich in Betracht kommende Auslegungen nicht zu berücksichtigen seien (BGH, Urteil vom 05.05.2022 – VII ZR 176/20 -).

 

Neben der Möglichkeit, dass sich die Beklagte von einer Instandsetzungspflicht freizeichnen wollte, wäre auch dankbar, dass für die benannten Gegenstände neben dem Grundmietzins kein gesonderter Mietzins geschuldet würde, dem Mieter aber die Gewährleistungsrechte nach §§ 535 ff BGB verbleiben sollten. Beide Auslegungsergebnisse seien vertretbar. Da es nicht darauf ankomme, ob die Auslegung  richtig sei, reiche dies zur Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB und zur Auslegung im Wege der sogenannten kundenfreundlichsten Auslegung aus (BGH, Urteil vom 12.05.2016 - VII ZR 171/15 -).

 

Die Berufung wurde nach dem Hinweisbeschluss zurückgenommen.

 

 

Anmerkung: In vielen Mietverträgen lässt sich die Klausel finden, dass für namentlich benannte technische Geräte kein gesonderter Mietzins zu entrichten sei und im Falle eines Defekts der Mieter keinen Anspruch gegen den Vermieter auf Reparatur oder Austausch habe.

 

Aus den Gründen:

 

Tenor

 

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

 

Gründe

 

I.

 

Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, da sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch die sonstigen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO vorliegen.

 

Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht der Klage der Mieterin auf Instandsetzung des Geschirrspülers stattgegeben und die Widerklage des Vermieters abgewiesen. Die Beklagte ist gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB verpflichtet, den defekten Geschirrspüler zu reparieren oder auszutauschen. Denn der nicht mehr funktionsfähige Geschirrspüler stellt einen Mietmangel dar. Er war zur Zeit des Mietvertragsschlusses in der streitgegenständlichen Wohnung vorhanden und funktionstüchtig, sodass dies unter Berücksichtigung von Treu und Glauben den nach der Verkehrsanschauung vertraglich geschuldeten Zustand darstellt (st. Rspr. s. nur BGH, Urt. v. 10. Mai 2006 – XII ZR 23/04, NZM 2006, 582, beck-online Tz. 9).

 

Dieser Annahme steht auch die Regelung des § 2 Ziffer 2 Abs. 5 der Allgemeinen Vertragsvereinbarungen Wohnraummietvertrag (AVW) nicht entgegen, wonach technische Geräte einer Einbauküche „[…] als nicht mitvermietet [gelten]“. Ausgehend von dem Wortlaut liegt hierin keine ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung dahingehend, dass der Geschirrspüler nicht mitvermietet ist. Denn die Verwendung des Wortes „gelten“ erweist sich insoweit als Einschränkung. Die Kammer teilt dahingehend die Rechtsauffassung des Amtsgerichts, dass unklar bleibt, welche Rechtsfolgen sich aus der Formulierung „gelten nicht als mitvermietet“ für die Vertragsparteien ergeben sollen.

 

Da es sich bei § 2 Ziffer 2 Abs. 5 AVW um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, findet die Unklarheitsregelung des § 305c Abs. 2 BGB Anwendung, wonach Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders gehen. Die Auslegungsregel greift, wenn eine Klausel nach Ausschöpfung der Auslegung zwei oder mehr mögliche Bedeutungen hat (statt vieler BGH, Urt. v. 23.07.2020 – I ZR 119/19, BeckRS 2020, 21836, Rz. 30). Auslegungsmöglichkeiten, die allenfalls theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegen und daher beim in Rede stehenden Geschäft typischerweise nicht ernstlich in Betracht zu ziehen sind, bleiben hingegen unberücksichtigt (BGH Urt. v. 5.5.2022 – VII ZR 176/20 mwN.).

 

Gemessen an diesem Maßstab tritt nach Ausschöpfung aller Auslegungsparameter neben die Auslegungsmöglichkeit, dass sich die Beklagte von ihrer Instandhaltungspflicht freizeichnet, das Verständnis, dass für die in § 2 Ziffer 2 Abs. 5 AVW benannten Gegenstände neben dem Grundmietzins kein gesonderter Mietzins geschuldet ist, jedoch dem Mieter im Falle eines Mangels die Gewährleistungsrechte aus den §§ 535 ff. BGB zustehen sollen. Ob diese Auslegung zutreffend ist, kann dahinstehen. Sie ist zumindest vertretbar. Das reicht zur Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB und zur Auslegung von § 2 Ziffer 2 Abs. 5 AVW im Wege der sogenannten kundenfreundlichsten Auslegung aus (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 12. Mai 2016 - VII ZR 171/15, BGHZ 210, 206 juris Tz. 42). Damit scheidet ein Ausschluss der Instandhaltungspflicht der Beklagten nach § 2 Ziffer 2 Abs. 5 AVW aus.

 

II.

 

 

Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen, auch zu der Frage, ob die Berufung vor dem Hintergrund des erteilten Hinweises zurückgenommen wird. Auf die damit verbundene Kostenreduzierung gemäß Nr. 1222 KV weist die Kammer vorsorglich hin.