Eigenbedarfskündigung und zerstrittenes Mietverhältnis
BGH, Beschluss vom 23.10.2018 -
VIII ZR 61/18 -
Kurze Inhaltsangabe:
Die Parteien stritten um die Wirksamkeit einer Eigenbedarfskündigung der Beklagten als Vermieter; sie verband ein seit 2009 bestehendes Mietverhältnis über eine im 5. OG belegen Wohnung eines
Mehrfamilienhauses, welches durch eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten und wechselseitigen Strafanzeigen geprägt war. Die 79-jährige Beklagte und ihr 80 Jahre alter Ehemann haben ihren
Hauptwohnsitz in Österreich. Im Zeitraum 2001 bis 2006 benutzten sie zunächst eine 3-Zimmerwohnung, später eine 2-Zimmerwohnung. Mit Schreiben vom 14.04.2016 kündigte die Beklagte wegen
Eigenbedarf und führte dazu aus, die geringe Größe der selbst genutzten Wohnung habe zu Problemen geführt, weshalb die beklagte du ihr Ehemann seltener da seien. Dies solle sich aber
ausfamiliären Gründen, wegen gewünschter Teilnahme am örtlichen Kulturleben und zum Besuch von Heimspielen des örtlichen Fußballvereins wieder ändern.
Das Amtsgericht wies die Klage auf Feststellung des Fortbestandes des Mietverhältnisses ab; das Landgericht hat ihr auf die Berufung hin stattgegeben. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der
Beklagten hob der BGH das landgerichtliche Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an das Landgericht zurück.
Grundsätzlich, so der BGH, sei das Berufungsgericht an die Tatsachenfeststellungen des ersten Rechtszugs gebunden. Bei Zweifeln sei eine erneute Beweisaufnahme durch das Berufungsgericht zwingend
erforderlich. Insbesondere sei aus der Verpflichtung zur Wahrung des rechtlichen Gehörs abzuleiten, dass bereits erstinstanzlich gehörte Zeugen nochmals gem. § 398 Abs. 1 ZPO zu vernehmen wären,
wenn das Berufungsgericht deren Aussage anders als das erstinstanzliche Gericht würdigen wolle. Darauf könne nur verzichtet werden, wenn sich das Berufungsgericht auf solche Umstände stützten
würde, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit seiner Aussage beträfen. Das Amtsgericht sei
vorliegend nach den Aussagen der Zeugen angenommen, dass hier der Beklagten ungeachtet der Entfernung und ihres und ihres Ehemanns Alter die Nutzung der gekündigten Wohnung auch für
Übernachtungsbesuche Dritter möglich sei. Das Landgericht ging davon aus, ohne erneut die Zeugen anzuhören, dass dies für die Beklagte nicht realisierbar wäre. Das Berufungsgericht habe gemeint,
aus Erwägungen der allgemeinen Lebenserfahrung heraus von dem Ergebnis des Amtsgerichts abweichen zu können. Damit aber habe es die Wahrheitsliebe und/oder die Urteilsfähigkeit der Zeugen und der
Beklagten anders beurteilt als das Amtsgericht, ohne dass einer der Ausnahmefälle, bei denen eine erneute Anhörung nicht notwendig sei, vorgelegen habe.
Auch soweit das Landgericht den Umzug der Beklagten von der größeren in die kleinere Wohnung bewertete, wäre dies zwar zu berücksichtigen, aber auch die Gründe dafür in die Erwägung mit
einzubeziehen und könnte erst nach Anhörung der Vermieterin und ggfls. der Zeugen geklärt werden. Für die Frage der Ernsthaftigkeit des Vorliegens des Eigenbedarfs käme es auf die Umstände zum
Zeitpunkt der Kündigungserklärung an. Aus dem Eigentum folge die Befugnis des Vermieters zur Entscheidung darüber, von welchem Zeitpunkt an ein Wohnbedarf Anlass für eine Eigenbedarfskündigung
sein soll. Dies hänge damit zusammen, dass der Wunsch sich nicht ausschließlich oder gar in erster Linie an objektiven Kriterien messen lasse, sondern mit dem persönlichen Lebensweg eines
Menschen, seinen Zukunftsplänen und seinen persönlichen Vorstellungen und Bedürfnissen zusammenhänge.
Nach der Zurückverweisung sei das Landgericht veranlasst, die Frage, ob der vom Vermieter zur Begründung der Kündigung angegebene Erlangungswunsch „nachvollziehbar und vernünftig“ sei, nicht mit
der weiteren Frage zu vermengen, ob der vom Vermieter geltend gemachte Eigenbedarf auch tatsächlich bestünde und realisierbar wäre. Dass die benannten Gründe (familiäre Kontakte pp.)
vernünftig und nachvollziehbar seien, läge auf der Hand. Vorrangig sei zu prüfen, ob das tatsächliche Bestehen dieses Nutzungswunsches zur Überzeugung des Berufungsgerichts nachgewiesen sei, also
insbesondere auch ernsthaft verfolgt würde und nicht bloß, um z.B. einen unliebsamen Mieter aus der Wohnung zu verdrängen, vorgeschoben sei.
Aus den Gründen:
Tenor
Auf die
Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I - 14. Zivilkammer - vom 24. Januar 2018 aufgehoben.
Die
Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an eine andere Kammer des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Der
Streitwert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird auf 9.240 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die
Parteien, die seit September 2009 durch ein Mietverhältnis über eine im fünften Obergeschoss eines mit einem Fahrstuhl versehenen Mehrfamilienhauses in M. gelegene
Drei-Zimmer-Wohnung verbunden sind, streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten erklärten Eigenbedarfskündigung. Die Kaltmiete für die rund 78 qm große Wohnung beträgt monatlich 730 €
zuzüglich 40 € für einen Kfz-Stellplatz. Das Verhältnis zwischen den Parteien ist durch eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten und wechselseitigen Strafanzeigen geprägt.
Die
mittlerweile 79-jährige Beklagte und deren über 80-jähriger Ehemann haben ihren Hauptwohnsitz in Österreich - ca. zwei Autofahrstunden vom streitgegenständlichen Anwesen entfernt. Für Besuche in
M. zu kulturellen und familiären Zwecken sowie zum Besuch von Heimspielen des FC nutzten sie in
den Jahren 2001 bis 2006 eine Drei-Zimmer-Wohnung im ersten Obergeschoss und danach eine 45 qm große Zwei-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoss.
Mit
anwaltlichem Schreiben vom 14. April 2016 kündigte die Beklagte wegen Eigenbedarfs und führte darin zur Begründung unter anderem aus:
"Die
geringe Größe der (Anm.: von der Beklagten gelegentlich bewohnten) 2-Zimmer-Wohnung mit einer Fläche von etwa 45 qm hat jedoch seit einiger Zeit bei der Nutzung zu Problemen geführt, sodass meine
Mandantin sich in der Wohnung nicht mehr wohl gefühlt hat und sich die Zahl der Aufenthalte meiner Mandantin in M. reduziert hat. Dies soll jedoch, insbesondere auch
aus familiären Gründen wie z.B. der Intensivierung des Kontakts zu ihrer Tochter, aber auch, um am M. Kulturleben wieder stärker teilzunehmen, wieder geändert
werden. In der derzeitigen Wohnung sind weder Besuche noch längere Aufenthalte anderer Familienmitglieder, wie aktuell durch den Aufenthalt der Enkelin (...) realisiert, bei gleichzeitiger
Anwesenheit der Eheleute R. möglich. Die Wohnung ist außerdem relativ dunkel, ein Zustand, der sich durch den Neubau des Rückgebäudes noch verstärkt hat. (...)"
Das
Amtsgericht hat die Eigenbedarfskündigung nach Anhörung der Beklagten und Vernehmung der Tochter und des Schwiegersohns der Beklagten als Zeugen für begründet erachtet und deshalb die auf
Feststellung des Fortbestehens des Mietverhältnisses gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts - ohne die Anhörung der Beklagten
und die Vernehmung der Zeugen zu wiederholen - abgeändert und der Klage stattgegeben.
II.
Das
Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Der
Wunsch der Beklagten, die bereits eine Zweitwohnung im selben Anwesen innehabe und lediglich die Nutzung einer größeren und helleren Zweitwohnung anstrebe, sei angesichts des Alters der Beklagten
und ihres Ehemannes, der Entfernung zum Hauptwohnsitz und des zeitlichen Umfangs der Nutzung von lediglich ein bis zwei Tagen ein- bis zweimal monatlich unvernünftig, sachfremd und willkürlich.
Die Tochter der Beklagten habe als Zeugin angegeben, dass sich ihre Mutter lediglich zwei bis drei Nächte im Monat in der Wohnung aufhalte, auch wenn sich die Mutter "wünschen" würde, mehr Zeit
dort zu verbringen.
Die
Beklagte müsse sich entgegenhalten lassen, dass sie 2006 freiwillig von einer größeren in die kleinere Wohnung umgezogen sei. Der bloße Wunsch, künftig mehr Zeit in
M. zu verbringen, kulturelle Aktivitäten zu intensivieren und den Kontakt mit der Familie zu suchen, reiche alleine für den Ausspruch der Kündigung nicht aus.
Angesichts der Rückgabe der Dauerkarte für den FC durch den Ehemann der Beklagten Anfang des Jahres 2016, der
Abgabe der Hausverwaltung im Jahr 2012 sowie des Lebensalters der Beklagten und ihres Ehemannes sei der Wunsch nach einer Intensivierung der Aufenthalte in M. auch im
Hinblick auf das fortgeschrittene Alter, die beschwerliche Anreise und die bereits in den letzten Jahren sich immer mehr reduzierenden Aufenthalte nicht objektivierbar, nach der Lebenserfahrung
nicht realisierbar und deshalb nicht vernünftig und auch nicht nachvollziehbar.
III.
Die
Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig, insbesondere ist der Beschwerdewert nach § 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO erreicht.
Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das
Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat die Anhörung der Beklagten sowie die Vernehmung der Zeugen nicht wiederholt, obwohl es deren Bekundungen anders gewürdigt hat als das Amtsgericht. Diese
rechtsfehlerhafte Anwendung der § 529 Abs. 1 Nr. 1, § 398 Abs. 1 ZPO verletzt den Anspruch der Beklagten
auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, NJW 2005, 1487; BGH, Beschlüsse vom
5. April 2006 - IV ZR 253/05, VersR 2006, 949Rn. 1 f.; vom 14. Juli 2009 - VIII ZR
3/09, NJW-RR 2009, 1291Rn. 4; vom 30. November 2011 - III ZR 165/11, juris Rn.
4 f.; vom 15. März 2012 - I ZR 125/11, juris Rn. 6 mwN; st. Rspr.).
Das
Berufungsgericht ist nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des ersten Rechtszuges gebunden. Bei Zweifeln an der
Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ist eine erneute Beweisaufnahme zwingend geboten. Insbesondere verpflichtet das grundrechtsgleiche Recht auf Wahrung
des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) das Berufungsgericht, die bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen nochmals gemäß § 398
Abs. 1 ZPO zu vernehmen, wenn es deren Aussagen anders würdigen will als die Vorinstanz. Die nochmalige Vernehmung eines Zeugen kann allenfalls dann unterbleiben, wenn sich das
Rechtsmittelgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit
seiner Aussage betreffen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09, aaO Rn. 5; vom 2. August 2017 - VII ZR
155/15, NJW-RR 2017, 1101Rn. 14; jeweils mwN). Gleiches gilt bezüglich einer Parteianhörung (vgl. BGH, Beschlüsse
vom 27. September 2017 - XII ZR 48/17, NJW-RR 2018, 249Rn. 12; vom 21. März 2018 - IV ZR
248/17, NJW 2018, 2334Rn. 11; jeweils mwN).
Das
Amtsgericht hat die Aussagen der von ihm vernommenen Zeugen und die Angaben der Beklagten bei ihrer Anhörung dahin gewürdigt, dass der Wunsch der Beklagten, ihre Besuche in
M. auszudehnen und hierfür die größere Wohnung des Klägers nutzen zu wollen, um dort auch (Übernachtungs-)Besuche zu empfangen, tatsächlich bestand und auch - ungeachtet
der Entfernung zum Hauptwohnsitz sowie des Alters der Beklagten und ihres Ehemannes - realisierbar sei.
Demgegenüber hat
das Berufungsgericht den Wunsch der Beklagten nach einer intensiveren Nutzung der Wohnung als nicht realisierbar angesehen, ohne sich durch eine Anhörung der Beklagten und erneute Vernehmung der
Zeugen einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Indem das Berufungsgericht gemeint hat, aus Erwägungen der allgemeinen Lebenserfahrung zu einem anderen Ergebnis als das Amtsgericht zu gelangen, hat
es die Wahrheitsliebe und/oder die Urteilsfähigkeit der Zeugen und der Beklagten anders beurteilt als das erstinstanzliche Gericht. Einer der Ausnahmefälle, in denen das Berufungsgericht ohne
erneute Vernehmung der Zeugen beziehungsweise Anhörung der Partei entscheiden darf, liegt somit nicht vor.
2. Eine
nochmalige Anhörung der Beklagten sowie Einvernahme der Zeugen war im Übrigen auch mit Blick auf die erst zweitinstanzlich vorgebrachten Umstände des vormaligen Umzuges von einer größeren in die
jetzige Wohnung geboten.
a) Das
Berufungsgericht hat der Beklagten die Berufung auf die nunmehr aus ihrer Sicht zu geringe Wohnungsgröße versagt, da diese im Jahr 2006 von einer größeren Wohnung im ersten Obergeschoss des
Anwesens freiwillig in die streitgegenständliche Wohnung umgezogen ist. Dieser Umstand ist bei der Frage, ob der Nutzungswunsch von der Beklagten ernsthaft verfolgt wird, von Bedeutung. Die
Beklagte hat in der Kündigungserklärung ausgeführt, die Wohnung sei für den Empfang von (Übernachtungs-)Besuch zu klein. Im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung kann jedoch mit Rücksicht
darauf, dass die näheren Beweggründe, die Umstände sowie der Anlass des damaligen Verhaltens in die Betrachtung mit einzubeziehen sind, erst nach Anhörung der Vermieterin und gegebenenfalls der
Vernehmung von Zeugen beurteilt werden, ob dieser frühere Umzug einer Ernsthaftigkeit des jetzigen Nutzungswunschs entgegensteht. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es - wie die
Nichtzulassungsbeschwerdebegründung zutreffend ausführt - für die Beurteilung des Vorliegens eines Eigenbedarfs maßgeblich auf die Umstände zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung ankommt.
b) Das
Berufungsgericht durfte den Aspekt der Wohnungsgröße mit Blick auf den vormaligen Umzug und die beabsichtigte Nutzungsintensität auch nicht als "bereits objektiv nicht nachvollziehbar" ansehen.
Dies verkennt wesentliche, bei der Beurteilung des Eigenbedarfs zu berücksichtigende Belange des Vermieters.
Zu der
sich aus dem Eigentumsgrundrecht ergebenden Befugnis des Vermieters gehört auch die Entscheidung darüber, von welchem Zeitpunkt an ein Wohnbedarf Anlass für eine Eigenbedarfskündigung sein soll.
Dabei ist zu beachten, dass der Wunsch, eine bestimmte Wohnung zu nutzen, sich nicht ausschließlich oder in erster Linie an objektiven Kriterien messen lässt, sondern vielmehr eng mit dem
bisherigen Lebensweg eines Menschen, seinen Zukunftsplänen und seinen persönlichen Vorstellungen und Bedürfnissen zusammenhängt (vgl. BVerfG, NJW 1994, 309,
310; NZM 1999, 659, 660; Senatsurteil vom 4. Februar 2015 - VIII ZR 154/14, BGHZ 204, 145Rn.
31; Senatsbeschluss vom 23. August 2016 - VIII ZR 178/15, NJW-RR 2017, 72Rn. 15). Der im Jahr 2006
erfolgte Auszug der Beklagten aus der größeren Wohnung im ersten Obergeschoss kann der Beklagten somit nicht auf unabsehbare Zeit entgegengehalten werden. Sie ist dadurch nicht gehindert, ihre
Wohnsituation zehn Jahre später erneut zu beurteilen und nunmehr zu einer anderen Einschätzung zu gelangen.
3. Die
dem Berufungsgericht mit der unterbliebenen Wiederholung der Beweisaufnahme unterlaufene Gehörsverletzung ist auch entscheidungserheblich. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das
Berufungsgericht nach Anhörung der Beklagten und erneuter Vernehmung der Zeugen zu einer anderen Beurteilung des von der Beklagten geltend gemachten Eigenbedarfs gelangt wäre.
IV.
Bei der
Zurückverweisung an das Berufungsgericht macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch, der auf den Fall einer
Zurückverweisung nach § 544 Abs. 7 ZPO entsprechend anwendbar ist (BGH, Beschlüsse vom 1. Februar 2007 - V ZR
200/06, NJW-RR 2007, 1221Rn. 12; vom 3. Juli 2018 - VIII ZR 229/17, juris Rn.
81 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
Für das
weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass die Frage, ob der vom Vermieter zur Begründung der Kündigung angegebene Erlangungswunsch "nachvollziehbar und vernünftig" ist, nicht
- wie es die zunächst mit der Sache befasste Berufungskammer getan hat - mit der weiteren Frage vermengt werden darf, ob der vom Vermieter geltend gemachte Eigenbedarf auch tatsächlich besteht
und realisierbar ist.
Dass
die von der Beklagten für ihren Nutzungswunsch angegebenen Gründe, die Aufenthalte in M. im Hinblick auf familiäre Kontakte und die Wahrnehmung kultureller Veranstaltungen
künftig auszudehnen und in der (größeren) Wohnung auch Übernachtungsbesuche zu empfangen, "vernünftig und nachvollziehbar" sind, liegt auf der Hand.
Das
Berufungsgericht wird deshalb vorrangig zu prüfen haben, ob das tatsächliche Bestehen dieses Nutzungswunsches zu seiner Überzeugung nachgewiesen ist. Dazu gehört insbesondere, dass der
Nutzungswunsch auch ernsthaft verfolgt wird, er also nicht - etwa um einen "unliebsamen" Mieter aus der Wohnung zu entfernen - bloß "vorgeschoben" ist. Sollte das Berufungsgericht nach erneuter
Vernehmung der Zeugen und erneuter Anhörung der Beklagten zu der Einschätzung gelangen, der Nutzungswunsch der Beklagten sei nicht realisierbar, wird dies - je nach dem Inhalt der weiteren
Feststellungen - bereits im Rahmen der fehlenden Ernsthaftigkeit des Eigennutzungswunschs oder gegebenenfalls auch unter dem weiteren Gesichtspunkt des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens zu
würdigen sein.