Kaufrecht


Nachbesserung mit  Folge kausaler Mängel und kaufvertragliches Gewährleistungsrecht / Rücktrittsrecht

OLG Zweibrücken, Urteil vom 22.04.2021 - 2 U 46/20 -

Der Kläger hatte bei einem von ihm bei der Beklagten gekauften Gebrauchtwagen einen Mangel in Form von Ölverlust geltend gemacht. Das Fahrzeug war bei der Beklagten zur Reparatur, bei der auch das Automatikgetriebe ausgebaut und der Vorderachsträger gelöst werden mussten. Nach Durchführung der Arbeiten teilte der Kläger der beklagten mit, dass zwar kein Ölverlust mehr bestünde, machte aber nunmehr Mängel geltend, die bei der Nachbesserung eingetreten sein sollen. Darauf berufend begehrte der Kläger die Rückabwicklung des Kaufvertrages.

 

Das Landgericht (LG) wies die Klage mit der Begründung ab, dass der Mangel Ölverlust beseitigt worden sei und die weiterhin neu benannten Mängel nicht nachgewiesen seien, jedenfalls aber noch nicht fehlgeschlagen seien iSv. § 440 S. 2 BGB (erfolgloser zweiter Nachbesserungsversuch).

 

Zwar sollte das Oberlandesgericht (OLG) die Berufung gemäß dem Hinweisbeschluss zurückweisen, folgte aber der vom LG benannten Begründung in einem entscheidenden Punkt nicht: Es war nicht der Ansicht, dass die Rückabwicklung für den Fall, dass bei der Nachbesserung des Mangels Ölverlust ein zweiter Nachbesserungsversuch nach § 440 S. 2 BGB ermöglicht werden müsste.

 

Ein Rücktrittsrecht aus dem Sachmängelgewährleistungsrecht nach §§ 437 Nr. 2, 323, 440 BGB käme nicht in Betracht, da dies zur Voraussetzung habe, dass ein Mangel iSv. § 434 BGB bei Gefahrübergang vorlag und eine Nacherfüllung, wie sie in § 439 BGB vorgesehen sei, entweder ausgeschlossen sei (§ 275 Abs. 1 BGB), fehlgeschlagen (§ 440 S. 2 BGB) oder verweigert (§ 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB) worden sei.  

 

Der Ölverlust sei ein Sachmangel, der bei Gefahrübergang vorgelegen habe. Dieser sei unstreitig behoben worden. Ein Rücktrittsrecht könne sich daher darauf nicht beziehen. In den jetzt benannten Mängeln (fehlerhafte Einstellung der Spur pp.) läge auch kein Fehlschlagen der Nacherfüllung. Ein Fehlschlagen der Nacherfüllung sei alleine danach zu beurteilen, ob der dem Nacherfüllungsverlangen zugrunde liegende Mangel behoben worden sei. Die nunmehr geltend gemachten Mängel hätten allerdings auch nicht bei Gefahrübergang vorgelegen und beträfen andere Bauteile des Fahrzeugs.  Diese eventuellen neuen Mängel seien bei Gelegenheit der Nacherfüllung verursacht worden. Damit sei nicht das Äquivalenz- bzw. Erfüllungsinteresse des Klägers (Beseitigung des Mangels), sondern sein Integritätsinteresse (Mangelverursachung an einer zuvor mangelfreien Sache) betroffen. Es könne deshalb nicht die Kaufpreisrückzahlung als Schadensersatz statt der Leistung mit der Rückabwicklungsfolge der §§ 282 Abs. 5, 346 bis 348 BGB verlangt werden. Geltend gemacht werden könne nur Schadensersatz neben der Leistung aus § 280 Abs. 1 BGB; dieser Anspruch sei aber nur auf Beseitigung des neuen Schadens gerichtet, nicht aber auf Rückabwicklung des Kaufvertrages.

 

Der bei einer Nachbesserung einen neuen Schaden verursachende Verkäufer verletze idR. die aus § 241 Abs. 2 BGB resultierende Nebenpflicht, auf Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils Rücksicht zu nehmen und könne ggf. ein Rücktrittsrecht nach § 324 BGB bzw. einen Anspruch aus Schadensersatz statt der ganzen Leistung nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 282 BGB begründen. Eine Analogie nach §§ 282 Abs. 5, 346 bis 348 BGB scheide aus.

 

 

Selbst bei Wahrunterstellung der Angaben des Klägers könne nicht davon ausgegangen werden, dass ihm ein Festhalten an dem Vertrag nicht zumutbar sei. Es habe eine Interessensabwägung zu erfolgen. Danach sei eine besonders schwerwiegende Schutzpflichtverletzung des Verkäufers erforderlich. Die benannten, bei der Mängelbeseitigung Ölverlust angeblich verursachten Mängel ließen sich folgenlos beheben und das Fahrzeug sei auch weiterhin nutzbar und sei vom Kläger auch genutzt worden (13.000 km).

 

 

 

Tenor

 

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 30. September 2020 wird zurückgewiesen.

 

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

 

3. Das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 30. September 2020 ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

 

I.

 

Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines mit der Beklagten abgeschlossenen Kaufvertrages über einen Pkw Mercedes Benz GLC 250 D. Das vorgenannte Gebrauchtfahrzeug (Erstzulassung 5. März 2018) kaufte der Kläger am 20. August 2018 bei der Beklagten zum Preis von 52.800,00 €. Das Fahrzeug hatte zum Verkaufszeitpunkt eine Laufleistung von 8.000 km.

 

Mit Anwaltsschriftsatz vom 30. Januar 2019 rügte der Kläger den Mangel „Ölverlust am Motor“ und setzte eine Frist zur Mangelbeseitigung. Das Fahrzeug befand sich in der Folge vom 13. bis 18. Februar 2019 bei der Beklagten zur Reparatur. Im Rahmen der Reparaturarbeiten musste das Automatikgetriebe ausgebaut werden, damit die hintere Stirnwand des Motors zum Abdichten erreichbar war. Weiterhin musste der Vorderachsträger gelöst werden.

 

Mit Schreiben vom 25. Februar 2019 (Bl. 18 LG) erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte zur Zahlung von 52.030,00 € auf. Zur Begründung des Rücktritts führte der Kläger an, der Ölverlust sei zwar augenscheinlich beseitigt worden, die Beklagte habe aber im Zuge der Nachbesserungsarbeiten neue Mängel verursacht, auf die der Kläger sein Rückabwicklungsbegehren stützen könne.

 

Der Kläger hat vorgetragen,

 

im Zuge der Nachbesserungsarbeiten sei entgegen der Herstellervorgaben keine Spureinstellung vorgenommen worden. An den Spurstangen seien keine Einstellspuren erkennbar. Das Fahrzeug ziehe nach rechts, das Lenkrad stehe leicht schief. Ein Kabel der Lambdasonde sei nicht wieder in die dafür vorgesehene Halterung eingebaut worden. Leitungen und Kabelverbindungen, die getrennt wurden, seien nicht wieder ordnungsgemäß verlegt worden. Es seien gebrauchte Klippmodule verwendet worden. Verschiedene Kabel und Schläuche seien nicht richtig befestigt worden und scheuerten an scharfen Blechen. Die vorgesehenen Arbeitsschritte beim Aus- und Einbau des Motors mit Vorderachsträger seien nicht eingehalten. Es sei keine Fahrzeugvermessung durchgeführt worden.

 

Er fühle sich auch wegen der Angaben der Beklagten zum Motorölverlust getäuscht. Im Zuge der Nachbesserungsarbeiten habe ein Mitarbeiter der Beklagten bei Aufnahme des Fahrzeuges erklärt, dass der Ölverlust des Fahrzeuges bereits vorher bekannt gewesen sei.

 

Der Kläger hat die Zahlung von 52.030,00 € (Kaufpreis abzgl. Nutzungsentschädigung für 4000 km, ausgehend von einer zu erwartenden Restlaufleistung von 240.000 km) - verlangt, dies Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkws Mercedes Benz GLC 250 D. Weiterhin hat er die Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 52.800,00 € seit 20. August 2019 geltend gemacht und die Feststellung des Annahmeverzuges ab 4. März 2019 sowie die Zahlung einer vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühr in Höhe von 1.954,46 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab Rechtshängigkeit verlangt.

 

Die Beklagte ist den Klageanträgen entgegengetreten und hat behauptet, das Fahrzeug sei ordnungsgemäß repariert worden. Auch die Vermessung der Vorderachse sei ordnungsgemäß durchgeführt worden.

 

Das Landgericht Kaiserslautern hat die Zeugen A... (TÜV-Sachverständiger, Bl. 75 ff.), W... (Kfz-Meister bei der Beklagten, Bl. 130), F... (Kfz-Mechatroniker bei der Beklagten, Bl. 131), und L... (Ehefrau des Klägers, Bl. 133 f.) vernommen.

 

Mit Urteil vom 30. September 2020 hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe kein Rücktrittsrecht. Der Mangel des Ölverlusts sei beseitigt worden. Die Ausführungsfehler seien nicht nachgewiesen. Jedenfalls folge hieraus ohne einen zweiten Nachbesserungsversuch kein Rücktrittsrecht. Die Frage des Spurverhaltens sei offen, die Ehefrau habe zwar bestätigt, dass das Fahrzeug nach rechts gezogen habe. Von den Zeugen M... und B... sei jedoch unter Bezugnahme auf ein Messprotokoll erklärt worden, die Achsgeometrie sei sachgerecht überprüft worden. Es sei nicht feststellbar, welche der widerstreitenden Aussagen glaubhaft sei. Jedenfalls sei die Mängelbeseitigung noch nicht fehlgeschlagen im Sinne des § 440 Satz 2 BGB. Ein arglistiges Verschweigen des Mangels sei weder dargetan noch bewiesen.

 

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der seine erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt und nach wie vor geltend macht, das Rücktrittsbegehren folge daraus, dass die Beklagte im Zuge der Nachbesserungsarbeiten die bereits in erster Instanz vorgetragenen Mängel verursacht habe. Das Erstgericht habe überdies nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Beklagte den ursprünglichen Mangel des Ölverlustes arglistig verschwiegen habe.

 

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Landgerichts Kaiserslautern abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 52.030,00 € Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw Mercedes Benz GLC 250 D, Fahzeugident-Nr. ... zu zahlen.

2. unter weiterer Abänderung die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 52.800,00 € seit 20. August 2019 zu zahlen.

3. unter weiterer Abänderung festzustellen, dass sich die Beklagte seit 4. März 2019 mit der Annahme der Gegenleistung in Verzug befinde.

4. unter weiterer Abänderung die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 1.954,46 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

 

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihres Vorbringens und trägt vor, der Vortrag zur Täuschung über den Ölverlust sei nicht einlassungsfähig und unsubstantiiert. Die verursachten Mängel seien ins Blaue hinein behauptet worden. Der Kläger habe inzwischen mehrere Tausend Kilometer zurückgelegt, so dass es wahrscheinlich sei, dass die behaupteten Mängel durch andere, vom Kläger selbst beauftragte Arbeiten verursacht worden seien.

 

II.

 

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung des Klägers offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

 

Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Nr. 3, Nr. 4 ZPO).

 

Der Kläger kann unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die Rückzahlung des Kaufpreises und die Rückabwicklung des Kaufvertrages verlangen.

 

1. Der Anspruch auf Kaufpreisrückzahlung folgt zunächst nicht aus §§ 346 Abs. 1, 437 Nr. 2, 323 Abs. 1, 440, 434 BGB.

 

a. Es steht außer Streit, dass zwischen den Parteien ein Kaufvertrag über ein gebrauchtes Fahrzeug zustande gekommen ist.

 

b. Die Rücktrittserklärung (§ 349 BGB) ist in dem Schreiben vom 25. Februar 2019 zu erblicken.

 

c. Allerdings kommt entgegen der Auffassung des Klägers ein Rücktrittsrecht aus dem Sachmängelgewährleistungsrecht (§§ 437 Nr. 2, 323, 440 BGB) nicht in Betracht.

 

Dies setzt nämlich voraus, dass ein Mangel im Sinne des § 434 BGB bei Gefahrübergang vorlag und eine Nacherfüllung (§ 439 BGB) entweder ausgeschlossen (§ 275 Abs. 1 BGB), fehlgeschlagen ist (§ 440 Satz 2 BGB) oder verweigert (§ 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB) wurde.

 

Vorliegend lag zwar in Form des „Ölverlusts“ bei Gefahrübergang ein Sachmangel vor. Dieser Mangel wurde von der Beklagten aber unstreitig behoben; ein Rücktrittsbegehren kann hierauf nicht gestützt werden.

 

Ein Fehlschlagen der Nacherfüllung im Sinne des § 440 Satz 2 BGB kann der Kläger auch nicht damit begründen, dass die Beklagte nach seinem Vortrag andere Mängel (fehlerhafte Einstellung der Spur, fehlerhafter Einbau der Kabel etc.) verursacht haben soll. Ein Fehlschlagen der Nacherfüllungshandlung ist nämlich allein danach zu beurteilen, inwieweit der den Nacherfüllungsanspruch auslösende Mangel behoben wurde oder nicht (vgl. Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 25. Juli 2007, 1 U 467/06 in einem ähnlich gelagerten Fall). Die Ölfeuchtigkeit wurde unstreitig behoben, während die nunmehr geltend gemachten Schäden/Beeinträchtigungen allesamt nicht den bei Gefahrübergang vorliegenden Mangel, sondern andere Bauteile betreffen. Diese etwaigen (neu verursachten) Mängel waren bei Gefahrübergang nicht vorhanden.

 

2. Daher kommt auch ein Anspruch aus §§ 437 Nr. 3, 440, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes statt der Leistung nicht in Betracht.

 

Die etwaigen neuen Mängel sind letztlich nur bei Gelegenheit der Nacherfüllung verursacht worden. Betroffen ist selbst bei Wahrunterstellung des klägerischen Vortrages nicht das Äquivalenz- bzw. Erfüllungsinteresse (Beseitigung des Mangels), sondern das Integritätsinteresse (Mangelverursachung an zuvor mangelfreier Stelle). In der Folge kann hieraus nicht die Kaufpreisrückzahlung als Schadensersatz statt der (ganzen) Leistung (mit der Rückabwicklungsfolge der §§ 281 Abs. 5, 346 bis 348 BGB) verlangt werden.

 

Wegen dieser Schädigung wäre nur die Geltendmachung eines Schadensersatzes neben der Leistung aus § 280 Abs. 1 BGB statthaft. Dieser Anspruch ist aber nur auf Beseitigung des neuen Schadens gerichtet, nicht aber auf Rückabwicklung des Kaufvertrages (näher zu alledem Oberlandesgericht Saarbrücken aaO).

 

3. Die vorgenannten Normen des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts sind auf den Fall der Mangelverursachung bei Vornahme von Gewährleistungsarbeiten auch nicht analog anzuwenden, weil es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt.

 

Der Verkäufer, der im Zuge der Nachbesserungsarbeiten einen neuen Mangel verursacht, verletzt in aller Regel die aus § 241 Abs. 2 BGB resultierende Nebenpflicht, auf Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils Rücksicht zu nehmen und löst gegebenenfalls ein Rücktrittsrecht nach § 324 BGB, bzw. einen Anspruch auf Schadensersatz statt der ganzen Leistung nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 282 BGB aus.

 

Bei dieser Sachlage ist entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (Reinking/Eggert, der Autokauf, 14. Auflage Rn. 841 ff) ein Analogiebedürfnis auch unter dem Gesichtspunkt der richtlinienkonformen Auslegung (vgl. Art 3 Abs. 5 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, RL 1999/44/EG) nicht geboten. Der Direktive der Richtlinie, nach der der Verbraucher eine Vertragsauflösung verlangen können soll, wenn der Verkäufer im Mangelfall nicht ohne erhebliche Unannehmlichkeiten Abhilfe geschaffen hat, ist bereits durch die nationalen Regelungen (insbesondere §§ 324, 282 BGB, s.u.) hinreichend Rechnung getragen.

 

Nötigenfalls sind die Vorschriften einer richtlinienkonformen Auslegung zugänglich.

 

4. Die Rückabwicklungsvoraussetzungen liegen vorliegend jedoch weder unter dem Aspekt des Rücktritts §§ 346 Abs. 1, 324 BGB noch unter Schadensersatzgesichtspunkten nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 282 BGB vor.

 

Es kann bereits keine Nebenpflichtverletzung (§ 241 Abs. 2 BGB) durch die Beklagte bei Vornahme der Nacherfüllungsarbeiten festgestellt werden (a.). Jedenfalls kann selbst bei Wahrunterstellung des Vortrags des Klägers nicht davon ausgegangen werden, dass ihm ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zuzumuten ist (§§ 324, 282 BGB) (b.).

 

a. Nach Aktenlage ist nicht davon auszugehen, dass die Beklagte im Zuge der Nachbesserungsarbeiten Mängel verursacht hat.

 

aa. Es kann zunächst nicht festgestellt werden, dass im Zuge der Nachbesserungsarbeiten die gebotene Spureinstellung unterlassen worden ist.

 

Der von Klägerseite vorgerichtlich beauftragte Parteigutachter Dein hat im Rahmen seiner Zeugenvernehmung zwar erklärt, er habe die Spurstangen der Vorderachse in Augenschein genommen und festgestellt, dass augenscheinlich keine Einstellarbeiten an der Spur vorgenommen worden seien; dies habe man an dem dort noch vorhandenen Wachs und den fehlenden Spuren eines Schlüssels ersehen können. Auf Vorhalt des von der Beklagten im Zuge der Nachbesserungsarbeiten angefertigten Fahrwerkmessprotokolles vom 18. Februar 2019 erklärte der Zeuge jedoch auch, dass die Werte der Vorderachse tatsächlich im Toleranzbereich lagen, wohingegen die protokollierten Werte im Bereich der Hinterachse (zunächst) Abweichungen zeigten.

 

Diese Darstellung deckt sich mit den Aussagen der Zeugen M... (Kfz-Meister bei der Beklagten) und B... (Kfz-Mechatroniker bei der Beklagten). Beide bekundeten, dass eine Achsvermessung durchgeführt worden sei, weil im Zuge der Arbeiten die Vorderachse teilweise habe ausgebaut werden müssen. Durch die Vermessung habe man festgestellt, dass im Bereich der Vorderachse keine Nachstellarbeiten notwendig gewesen seien, was - nach Beachtung der dort vorhandenen Passstifte - nicht ungewöhnlich sei. Die festgestellte geringfügige Toleranzabweichung im Bereich der Hinterachse habe man dagegen korrigiert.

 

Die Aussagen der mit der Vermessung betrauten Zeugen stehen in Einklang mit dem vorgelegten Messblatt vom 18. Februar 2019, das die Sollwerte sowie die festgestellten Werte vor und nach der Korrektur zeigt.

 

Dass die Beklagte im Zuge der Nachbesserungsarbeiten gleichwohl eine fehlerhafte Spureinstellung zu verantworten hat, ist auch nicht durch das vorgelegte Messblatt vom 20. Februar 2020 (Bl. 90 LG) nachgewiesen. Darin sind zwar Abweichungen sowohl gegenüber den Soll-Werten als auch gegenüber dem von der Beklagten vorgelegten Messblatt erkennbar. Zwischen beiden Messungen liegt allerdings ein Zeitraum von mehr als einem Jahr. In dieser Zeit wurden mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug ausweislich der vermerkten Daten fast 9.000 km zurückgelegt. Ein hinreichend sicherer Rückschluss, dass die am 20. Februar 2020 festgestellten Sollwertabweichungen auf die Arbeiten im Februar 2019 zurückzuführen sind, obwohl die Beklagte in einem eigenen Messblatt normgerechte Werte ermittelt und dokumentiert hat, ist nicht möglich. Vor diesem Hintergrund sind auch von der Einholung eines Sachverständigengutachtens keine entscheidungserheblichen Erkenntnisse zu erwarten, weil bei dem fortlaufend genutzten Fahrzeug die Messdaten zum Zeitpunkt der Arbeiten (im Februar 2019) nicht mehr rekonstruierbar sind.

 

Im Übrigen ist hervorzuheben, dass der Kläger die aufgezeigte „Beweisnot“ offensichtlich selbst verursacht hat. Obgleich er nach den Bekundungen seiner Ehefrau (Bl. 133 LG) schon bei Abholung des Fahrzeugs festgestellt haben will, dass es „nach rechts zieht“, hat er es versäumt, zeitnahe Maßnahmen zur Beweissicherung zu veranlassen. Die Darstellung der Zeugin L..., das Fahrzeug habe sich „nach der Reparatur der Beklagten in keiner anderen Werkstatt befunden“ (Bl. 134 LG) trifft in dieser Allgemeinheit selbst nach dem eigenen Vortrag des Klägers nicht zu. Zumindest zur Fahrwerksvermessung befand sich das Fahrzeug am 20. Februar 2021 in einer anderen Werkstatt (T...).

 

Nach alledem kann der Beweis für einen von der Beklagten verursachten Mangel der Spureinstellung auch nicht alleine anhand der Aussage der Zeugin L ... und deren Eindruck, das Fahrzeug ziehe nach rechts, geführt werden.

 

bb. Soweit der Kläger darüber hinaus vorträgt, die Beklagte habe Leitungen, Kabel und Schläuche nicht oder nicht ordnungsgemäß befestigt, ist das Vorbringen im Wesentlichen unsubstantiiert. Dem Vorbringen lässt sich nicht hinreichend deutlich entnehmen, in Bezug auf welche Kabel, Leitungen und Schläuche Mängel geltend gemacht werden sollen. Ansatzweise konkretisiert ist diese Darstellung allenfalls in Bezug auf „ein Kabel der Lambda-Sonde“, das „nicht wieder in die dafür vorgesehene Halterung“ eingebaut worden soll.

 

b. Jedenfalls kann - selbst bei Wahrunterstellung der behaupteten Mängel - nicht festgestellt werden, dass dem Kläger ein Festhalten am Kaufvertrag nicht mehr zuzumuten ist im Sinne des §§ 282, 324 BGB.

 

Nach diesen Vorschriften hat eine Interessenabwägung stattzufinden, nach der ein Rücktritt im Ergebnis nur unter hohen Anforderungen in Betracht kommt. Regelmäßig bedarf es einer besonders schwerwiegenden Schutzpflichtverletzung (vgl. Münchener Kommentar, 8. Auflage, § 324 Rn. 7 ff).

 

Die fehlerhafte Spureinstellung wäre aber ein Mangel, der sich folgenlos beheben lässt und das Interesse am Fahrzeug nicht grundsätzlich in Frage stellt. Gleiches gilt in Bezug auf die angeblich fehlerhaft befestigten, Kabel, Leitungen und Schläuche. Erhebliche Unannehmlichkeiten, die nach Maßgabe des Art. 3 Abs.5 a.E. der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (RL 1999/44/EG) das Bedürfnis einer Vertragsauflösung verlangen, sind nicht erkennbar. Mithin lässt sich auch unter dem Gesichtspunkt der richtlinienkonformen Auslegung der §§ 282, 324 BGB kein anderes Ergebnis begründen.

 

Hinzu kommt, dass das Fahrzeug selbst ohne die Behebung dieser Mängel nach wie vor nutzbar ist und von dem Kläger auch fortlaufend genutzt wird. Die Zeugin S. bekundete am 29. Mai 2020 vor dem Erstgericht, dass sie und der Kläger damals schon cirka 13.000 km mit dem Fahrzeug gefahren seien (Bl. 134 LG).

 

Schließlich folgt eine Unzumutbarkeit auch nicht aus der (nicht nachgewiesenen) Behauptung des Klägers, der Beklagten sei die Problematik der Ölfeuchtigkeit schon vor der Mängelanzeige durch den Kläger bekannt gewesen. Letztlich hat sich der Kläger, der hiervon durch die Reaktion des Mitarbeiters der Beklagten bei Aufnahme des Fahrzeuges erfahren haben will (vgl. Bl. 3 LG), gleichwohl mit der Vornahme der Nachbesserungsarbeiten einverstanden erklärt. Daran muss er sich festhalten lassen. Nach der (unstreitig erfolgreichen) Beseitigung dieses Mangels kann er sein Rückabwicklungsbegehren hierauf nicht stützen.

 

III.

 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

 

 

Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision hat ihre Grundlage in § 543 Abs.2 ZPO.