Kurze Inhaltsangabe:
Die beklagten Eheleute des Ausgangsverfahrens (und Beschwerdeführer) wandten sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des BGH vom 30.03.2017 - I ZR 19/16 - und deren Vorentscheidungen, in denen es um die Geltendmachung urheberrechtlicher Ansprüche wegen unerlaubten Zugänglichmachens eines Musikalbums im Internet ging und die Beschwerdeführer zur Zahlung von Schadensersatz an die klagende Tonträgerherstellerin verurteilt wurde, da über deren Internetanschluss mittels Filesharing-Software auf einer Internet-Tauschbörse zum Herunterladen angeboten wurde. Begründet wurden die Verurteilung der Beschwerdeführer durch das Landgericht damit, diese hätten die Vermutung ihre Urheberschaft als Anschlussinhaber des Internetanschlusses entkräften und damit im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast darlegen und beweisen müssen, ob und inwieweit andere Personen zu ihrem Internetanschluss Zugang gehabt hätten und als Täter in Betracht kämen. Ihre als Zeugen benannten Kinder hätten von den diesen zustehenden Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht, weshalb es bei der Vermutung der Täterschaft verbliebe. Das OLG verwies darauf, es wäre von den Beschwerdeführern im Einzelnen im Rahmen der sekundären Darlegungslast zu erklären gewesen, wie es zu den Rechtsverletzungen aus der Familie heraus gekommen sei. Der BGH sah in der Entscheidung des OLG keinen Rechtsfehler.
Von den Beschwerdeführern wurde im Rahmen der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 6 Abs. 1 GG, wonach Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen, geltend gemacht, da der BGH keinen schonenden Ausgleich zwischen den betroffenen Grundrechte im Sinne einer praktischen Konkordanz vorgenommen habe.
Das BVerfG verwies darauf, dass bei Auslegung und Anwendung des Urheberrechts die vom Gesetz vorgesehene Interessensabwägung zwischen dem Eigentumsschutz der Tonträgerhersteller und den damit konkurrierenden Grundrechtspositionen nachzuvollziehen seien und unverhältnismäßige Grundrechtsbeschränkungen zu vermeiden seien. Sollten bei der Auslegung und Anwendung von einfachrechtlichen Normen mehrere Deutungen möglich sein, so verdiene jene den Vorzug, die den Wertentscheidungen der Verfassung entspräche und die Grundrechte der Beteiligten möglichst weitgehend in praktischer Konkordanz zur Geltung brächte. Die Schwelle zu einem ein Eingreifen des Verfassungsgerichts zwingenden Verfassungsverstoß sei erst erreicht, wenn die Auslegung der Zivilgerichte Fehler erkennen lasse, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Grundrechte beruhen würden und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den Einzelfall von einigem Gewicht seien.
Richtig sei zwar, dass die Entscheidungen die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG beeinträchtige. Denn damit seien Bestimmungen unvereinbar, welche die Familie schädigen. Der Schutzbereich umfasse auch das Verhältnis zwischen Eltern und volljährigen Kindern. Diese Umstände müssten bei der Auslegung und Anwendung einfachen Rechts Berücksichtigung finden.
Allerdings würde Art. 6 Abs. 1 der Annahme einer zivilprozessualen Obliegenheit nicht entgegenstehen, derzufolge die Beschwerdeführer zur Entkräftung der Vermutung ihrer Täterschaft als Anschlussinhaber ihre Kenntnisse über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung mitzuteilen haben, mithin also auch aufdecken müssen, welches ihrer Kinder die Verletzungshandlung begangen habe, sofern sie davon Kenntnis erlangt haben. Hier käme dem Schutz des Art. 14 GG (Eigentum) des Rechtsinhabers bei Abwägung der widerstreitenden Grundrechtsgüter ein erhebliches Gewicht zu. Die Abwägung im Ausgangsverfahren trage dem Erfordernis der praktischen Konkordanz ausreichend Rechnung und sei bei der Auslegung von § 138 ZPO (Erklärungspflicht über Tatsachen) hinreichend beachtet worden.
Zwar sei auch im Zivilrechtsstreit niemand zur Selbstbezichtigung verpflichtet und fände die Wahrheitspflicht einer Partei dort ihre Grenze, so sie gezwungen würde, eine strafbare Handlung zu offenbaren bzw. Umstände zu offenbaren, die ihr zur Unehre gereichen. Dies dürfte auch dann gelten, wenn nahe Angehörige betroffen seien. In diesen Fällen könne aber der im Hinblick darauf nicht weiter verpflichteten Partei das Risiko einer für sie ungünstigen Tatsachenwürdigung auferlegt werden, da ein weitergehender verfassungsrechtlicher Schutz nicht geboten sei.
Mit der Anwendung dieser Grundsätze im Rahmen der sekundären Darlegungslast trage der BGH der Tatsache Rechnung, dass der Rechteinhaber zur Durchsetzung seiner Rechte in Filesharing-Verfahren regelmäßig keine Möglichkeit habe, zu Umständen aus dem ihrem Einblick vollkommen entzogenen Bereich der Internetnutzung durch den Anschlussinhaber vorzutragen oder Beweis zu führen. Damit würden zu seinen Gunsten in Ansehung des unter Art. 14 GG fallenden Leistungsschutzrechts deren Interesse an einer effektiven Durchsetzung des Urheberrechts gegenüber unberechtigten Verwertungshandlungen geschützt. Die Beeinträchtigung der familiären Beziehung würde sich demgegenüber in Grenzen halten, da ein Vortrag der Eltern zur Täterschaft ihrer Kinder gerade nicht erzwingbar sei; die Eltern würden insoweit nur das Risiko einer für sie ungünstigen Tatsachenwürdigung tragen. Die sekundäre Darlegungslast würde im übrigen auch nicht weiter reichen als die tatsächlichen Kenntnisse der Beschwerdeführer (wo es vorliegend keiner Entscheidung bedürfe, ob sie eine Nachfrage- und Nachforschungsobliegenheit hätten und dies offen bliebe).
Aus den Gründen:
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführer wenden sich gegen ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 30. März 2017 - I ZR 19/16 -, juris - Loud) sowie gegen die vorinstanzlichen Entscheidungen des Landgerichts (LG München I, Urteil vom 1. Juli 2015 - 37 O 5394/14 -, juris) und des Oberlandesgerichts (OLG München, Urteil vom 14. Januar 2016 - 29 U 2593/15 -, juris).
Dem Ausgangsverfahren liegt die Geltendmachung urheberrechtlicher Ansprüche wegen unerlaubten öffentlichen Zugänglichmachens eines Musikalbums im Internet zugrunde.
1. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens ist Tonträgerherstellerin. Ihr stehen die ausschließlichen Verwertungsrechte an den auf dem Musikalbum enthaltenen Musiktiteln zu. Die Beschwerdeführer sind als Eheleute gemeinsame Inhaber eines Internetanschlusses. Über diesen Internetanschluss wurde das verfahrensgegenständliche Musikalbum mittels einer speziellen Software (sogenannte Filesharing-Software) im Rahmen einer Internet-"Tauschbörse" zum Herunterladen angeboten. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens ließ die Beschwerdeführer daraufhin abmahnen. Die Beschwerdeführer gaben auf die Abmahnung eine Unterlassungsverpflichtungserklärung ab, verweigerten aber die Zahlung von Schadensersatz und Rechtsanwaltskosten.Sie selbst hätten ihren Anschluss während der maßgeblichen Zeit nicht genutzt; sie wüssten, dass eines ihrer Kinder den Anschluss genutzt hätte, wollten aber nicht offenbaren, welches Kind das war, um es nicht zu belasten.
2. Das Landgericht verurteilte die Beschwerdeführer gesamtschuldnerisch zur Zahlung von Schadensersatz und Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten wegen Urheberrechtsverletzung. Zur Begründung führte das Landgericht im Wesentlichen aus, dass, wenn die Beschwerdeführer die Vermutung für ihre Täterschaft als Anschlussinhaber entkräften wollten, es ihre Sache sei, darzulegen, ob und soweit bekannt welche anderen Personen Zugang zu ihrem Internetanschluss gehabt hätten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kämen. Hinsichtlich der im Rahmen dieser sekundären Darlegungslast vorgetragenen Umstände treffe sie bei Bestreiten auch die Beweislast. Da die benannten Zeugen - die Kinder der Beschwerdeführer - insoweit von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hätten, seien die Beschwerdeführer beweisfällig geblieben. Sie hätten die Grundlage der tatsächlichen Vermutung für ihre täterschaftliche Verantwortung als Anschlussinhaber nicht erschüttert.
Das Oberlandesgericht änderte das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der Kostenentscheidung teilweise ab, wies die Berufung im Übrigen aber zurück. Zur Begründung führte das Oberlandesgericht im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführer seien ihrer sekundären Darlegungslast nicht in ausreichender Weise nachgekommen, da sie sich im Einzelnen dazu hätten erklären müssen, wie es zu den Rechtsverletzungen aus der Familie herausgekommen sei.
Der Bundesgerichtshof wies die Revision zurück. Zur Begründung führte der Bundesgerichtshof im Wesentlichen aus, die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach die Beschwerdeführer als Täter der geltend gemachten Urheberrechtsverletzungen hafteten, sei zutreffend.
3. Die Beschwerdeführer rügen die Verletzung in ihren Grundrechten aus Art. 6 Abs. 1 GG. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs finde keinen schonenden Ausgleich zwischen den hier betroffenen Grundrechten im Sinne einer praktischen Konkordanz, sondern falle einseitig zu Lasten der Beschwerdeführer aus. Diesen werde nur die Wahl gelassen, auf ihre Rechtsverteidigung zu verzichten. Die Entscheidung sei inkonsequent und füge sich nicht in den Rahmen sonstiger Entscheidungen zum Filesharing ein. Ein Beklagter stünde wohl besser, wenn er Nichtwissen um das Verhalten seiner Angehörigen behaupte.
II.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung. Insbesondere sind die Maßstäbe für die Lösung des Konflikts zwischen dem Schutz des (geistigen) Eigentums und dem Schutz der Familie unter Berücksichtigung der zivilprozessualen Darlegungs- und Beweislastverteilung in der Verfassungsrechtsprechung so weit geklärt, dass sich aus ihnen die Beantwortung der verfassungsrechtlichen Fragen ergibt, die der vorliegende Fall aufwirft. Die Zivilgerichte haben Bedeutung und Tragweite der betroffenen Grundrechte nicht grundlegend verkannt.
1. Die Zivilgerichte haben bei der Auslegung und Anwendung des Urheberrechts die im Gesetz zum Ausdruck kommende Interessenabwägung zwischen dem Eigentumsschutz der Tonträgerhersteller und den damit konkurrierenden Grundrechtspositionen nachzuvollziehen und dabei unverhältnismäßige Grundrechtsbeschränkungen zu vermeiden (vgl. BVerfGE 89, 1 <9>; 129, 78 <101 f.>; 142, 74 <101 Rn. 82>). Sind bei der Auslegung und Anwendung einfachrechtlicher Normen mehrere Deutungen möglich, so verdient diejenige den Vorzug, die den Wertentscheidungen der Verfassung entspricht (vgl. BVerfGE 8, 210 <221>; 88, 145 <166>; 129, 78 <102>; 142, 74 <101 Rn. 82>) und die die Grundrechte der Beteiligten möglichst weitgehend in praktischer Konkordanz zur Geltung bringt. Der Einfluss der Grundrechte auf die Auslegung und Anwendung der zivilrechtlichen Normen ist nicht auf Generalklauseln beschränkt, sondern erstreckt sich auf alle auslegungsfähigen und -bedürftigen Tatbestandsmerkmale der zivilrechtlichen Vorschriften (vgl. BVerfGE 112, 332 <358>; 129, 78 <102>; 142, 74 <101 Rn. 82>). Dabei gibt das Grundgesetz den Zivilgerichten regelmäßig keine bestimmte Entscheidung vor. Die Schwelle eines Verstoßes gegen Verfassungsrecht, den das Bundesverfassungsgericht zu korrigieren hat, ist erst dann erreicht, wenn die Auslegung der Zivilgerichte Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Grundrechte, insbesondere vom Umfang ihres Schutzbereichs, beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind, insbesondere weil darunter die Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen im Rahmen der privatrechtlichen Regelung leidet (vgl. BVerfGE 129, 78 <102>; 134, 204 <234 Rn. 103>; 142, 74 <101 Rn. 83>).
2. Die Gesetzesauslegung in den angegriffenen Entscheidungen beeinträchtigt die Beschwerdeführer zwar in ihrem Grundrecht auf Achtung des Familienlebens aus Art. 6 Abs. 1 GG. Dieses Grundrecht stellt die Familie unter den besonderen Schutz des Staates. Damit sind Bestimmungen unvereinbar, welche die Familie schädigen, stören oder sonst beeinträchtigen könnten (vgl. BVerfGE 6, 55 <76>; 55, 114 <126 f.>). Familienmitglieder sind berechtigt, ihre Gemeinschaft nach innen in familiärer Verantwortlichkeit und Rücksicht frei zu gestalten (vgl. BVerfGE 66, 84 <94>; 80, 81 <92>). Der Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG erfasst auch das Verhältnis zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern (vgl. BVerfGE 80, 81 <90>). Die Schutzgebote, Garantien und Rechte des Art. 6 Abs. 1 GG gelten für den Gesamtbereich der Rechtsordnung und damit auch für das für die Privatrechtsbeziehungen maßgebliche Bürgerliche Recht. Die Auslegung und Anwendung einfachen Rechts, besonders in seinen eine Wertung oder Abwägung erfordernden Klauseln, muss den grundrechtlichen Grundsatznormen Rechnung tragen. Dadurch, dass Anschlussinhabern - hier den Beschwerdeführern - zur Abwendung ihrer täterschaftlichen Haftung im Rahmen der sekundären Darlegungslast im Zivilprozess Tatsachenvortrag abverlangt wird, der das Verhalten ihrer volljährigen Kinder betrifft und diese dem Risiko einer zivil- oder strafrechtlichen Inanspruchnahme aussetzt, wird die in den Schutzbereich von Art. 6 GG fallende innerfamiliäre Beziehung beeinträchtigt.
3. Die Beeinträchtigung ist jedoch von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG steht der Annahme einer zivilprozessualen Obliegenheit nicht entgegen, derzufolge die Beschwerdeführer zur Entkräftung der Vermutung für ihre Täterschaft als Anschlussinhaber ihre Kenntnisse über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung mitzuteilen haben, mithin auch aufdecken müssen, welches ihrer Kinder die Verletzungshandlung begangen hat, sofern sie davon tatsächliche Kenntnis erlangt haben. Dem Schutz des Art. 14 GG, auf den sich die Klägerin des Ausgangsverfahrens als Rechteinhaberin berufen kann, kommt in Abwägung der widerstreitenden Grundrechtsgüter im Streitfall ein erhebliches Gewicht zu. Die vom Bundesgerichtshof und von den Instanzgerichten in den angegriffenen Entscheidungen vorgenommene Abwägung trägt dem Erfordernis praktischer Konkordanz (vgl. BVerfGE 134, 204 <223 Rn. 68>; 142, 74 <97 Rn. 71>) ausreichend Rechnung und hält sich jedenfalls im Rahmen des fachgerichtlichen Wertungsrahmens. Die Ausstrahlungswirkung der von den Entscheidungen berührten Grundrechte ist bei Auslegung von § 138 ZPO hinreichend beachtet.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs obliegt es dem Anschlussinhaber, der eine eigene Haftung für von seinem Anschluss begangene Urheberrechtsverletzungen durch Dritte abwenden will, nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast vorzutragen, ob und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzungen in Betracht kommen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12 -, juris Rn. 18 - BearShare; Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14 -, juris Rn. 37 - Tauschbörse III; Urteil vom 27. Juli 2017 - I ZR 68/16 -, juris Rn. 13 - Ego-Shooter). Nach § 138 Abs. 1 ZPO haben die Parteien ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. Außerdem hat nach § 138 Abs. 2 ZPO jede Partei sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. Dies verdeutlicht, dass auch dort, wo der Verhandlungsgrundsatz gilt, das Verfahren auf Wahrheitsfindung ausgerichtet ist. Die prozessuale Pflicht, sich vollständig und wahrheitsgemäß zu erklären, besteht im Interesse fairer Verfahrensführung gegenüber Gericht und Gegner und soll dem Richter die Findung des Rechts erleichtern (vgl. Stadler, in: Musielak/Voit, ZPO, 15. Auflage 2018, § 138 Rn. 1; Olzen, ZZP 98, 1985, S. 403 <419>).
Zwar kennt auch das Zivilprozessrecht einen Schutz vor Selbstbezichtigungen und findet die Wahrheitspflicht einer Partei dort ihre Grenzen, wo sie gezwungen wäre, eine ihr zur Unehre gereichende Tatsache oder eine von ihr begangene strafbare Handlung zu offenbaren (vgl. BVerfGE 56, 37 <44>). Entsprechendes dürfte gelten, wenn es um Belastungen von nahen Angehörigen geht (vgl. Leipold, in: Stein/Jonas, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 22. Auflage 2005, § 138 Rn. 13). Den grundrechtlich gegen einen Zwang zur Selbstbezichtigung geschützten Prozessparteien und Verfahrensbeteiligten kann dann aber das Risiko einer für sie ungünstigen Tatsachenwürdigung auferlegt werden (BVerfGE 56, 37 <44>).
b) Ein weitergehender Schutz ist verfassungsrechtlich nicht geboten. Vielmehr ist auch der gerichtlichen Durchsetzung von Grundrechtspositionen - hier dem nach Art. 14 GG geschützten Leistungsschutzrecht des Rechteinhabers aus § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG - angemessen Rechnung zu tragen. Wie die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast sich unter Beachtung der jeweils betroffenen verfassungsrechtlichen Positionen zu beurteilen ist, lässt sich zwar nicht allgemein festlegen. Das Prozessrecht bietet aber für eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast geeignete Handhaben (vgl. BVerfGE 97, 169 <179>). Aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt die Verpflichtung zu einer fairen Anwendung des Beweisrechts, insbesondere der Beweislastregeln (vgl. BVerfGE 52, 131 <145>; 117, 202 <240>). Darlegungs- und Beweislasten sind in einer Weise zuzuordnen, die einen ausgewogenen Ausgleich zwischen den sich gegenüberstehenden Grundrechtspositionen ermöglicht. Dabei steht den Gerichten bei der Verfahrensgestaltung und erst recht bei der inhaltlichen Beurteilung des zu entscheidenden Falles ein erheblicher Spielraum zu. Allerdings verbietet es sich, einer Partei die Darlegung und den Nachweis solcher Umstände in vollem Umfang aufzubürden, die nicht in ihrer Sphäre liegen und deren vollständige Kenntnis bei ihr infolgedessen nicht erwartet werden können, während die andere Partei über sie ohne weiteres verfügt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 6. Oktober 1999 - 1 BvR 2110/93 -, juris Rn. 39).
c) In Anlegung dieser Maßstäbe verletzt die Auslegung der entscheidungserheblichen Normen - § 97 Abs. 2 Satz 1, § 85 Abs. 1 UrhG in Verbindung mit § 138 ZPO - durch den Bundesgerichtshof und durch die Instanzgerichte in den angegriffenen Entscheidungen nicht das Grundrecht der Beschwerdeführer aus Art. 6 Abs. 1 GG. Die Gerichte sind bei Abwägung der Belange des Eigentumsschutzes mit den Belangen des Familienschutzes den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht geworden.
aa) Mit den vorliegend zur Anwendung gebrachten Grundsätzen zur sekundären Darlegungslast trägt der Bundesgerichtshof der Tatsache Rechnung, dass Rechteinhaber zur Durchsetzung ihrer Rechte in Filesharing-Verfahren regelmäßig keine Möglichkeit haben, zu Umständen aus dem ihrem Einblick vollständig entzogenen Bereich der Internetnutzung durch den Anschlussinhaber vorzutragen oder Beweis zu führen. Zugunsten der Klägerin des Ausgangsverfahrens als Inhaberin des Art. 14 GG unterfallenden Leistungsschutzrechts berücksichtigt er damit deren Interesse an einer effektiven Durchsetzung ihrer urheberrechtlichen Position gegenüber unberechtigten Verwertungshandlungen. Die Beeinträchtigung der familiären Beziehungen der Beschwerdeführer hält er dabei in Grenzen. Denn ein Vortrag der Eltern zu einer Täterschaft ihrer Kinder ist nach dieser Rechtsprechung gerade nicht erzwingbar. Vielmehr tragen sie nur das Risiko einer für sie ungünstigen Tatsachenwürdigung, wenn sie die Darlegungs- und Beweisanforderungen nicht erfüllen. Dabei reicht die sekundäre Darlegungslast, die den Beschwerdeführern abverlangt wird, auch nicht weiter als die Kenntnisse, welche die Beschwerdeführer ohnehin bereits besitzen. Ob es darüber hinaus verfassungsrechtlich gerechtfertigt wäre, ihnen auch Nachforschungs- oder Nachfragepflichten aufzuerlegen, bedarf für den Ausgangsrechtsstreit keiner Entscheidung.
Mit diesem Ausgleich hält sich der Bundesgerichtshof im fachgerichtlichen Wertungsrahmen. Dem Schutz der innerfamiliären Bindungen wird dadurch Rechnung getragen, dass die Familienangehörigen sich nicht gegenseitig belasten müssen, wenn der konkret Handelnde nicht ermittelbar ist. Die Möglichkeit, innerfamiliäre Spannungen und Verhältnisse durch Schweigen im Prozess zu verhindern oder jedenfalls nicht nach außen tragen zu müssen, führt umgekehrt nicht dazu, dass dieses Schweigen eine Haftung generell - also ohne prozessuale Folgen - ausschließen müsste. Die zur Wahrung von Art. 6 GG gewährte faktische "Wahlmöglichkeit" im Zivilprozess, innerfamiliäres Wissen zu offenbaren oder aber zu schweigen, kann bei der Tatsachenwürdigung keinen Vorrang vor der Durchsetzung des Art. 14 GG unterfallenden Leistungsschutzrechts beanspruchen. Der Schutz der Familie dient nicht dazu, sich aus taktischen Erwägungen der eigenen Haftung für die Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums zu entziehen. Der bloße Umstand, mit anderen Familienmitgliedern zusammenzuleben, führt nicht automatisch zum Haftungsausschluss für den Anschlussinhaber. Soweit die Beschwerdeführer geltend machen, es gebe bessere und im Verhältnis zu der Zivilrechtsprechung in ähnlich gelagerten Fällen konsistentere Lösungen für den Ausgleich zwischen den Rechtspositionen der Inhaber geistiger Eigentumsrechte und deren Nutzern, liegt hierin kein verfassungsrechtlicher Gesichtspunkt, den das Bundesverfassungsgericht zu prüfen hätte.
bb) Aus den europäischen Grundrechten ergibt sich nichts anderes. Insbesondere steht das Recht der Europäischen Union nicht schon der Anwendbarkeit der Grundrechte des Grundgesetzes entgegen. Denn soweit das Unionsrecht nicht abschließend zwingende Vorgaben macht, bleiben die Grundrechte des Grundgesetzes anwendbar (vgl. BVerfGE 142, 74 <113 Rn. 117>). In dem Rahmen, in dem den Mitgliedstaaten Umsetzungsspielräume belassen sind, sind die Fachgerichte folglich auch im Anwendungsbereich der Urheberrechtsrichtlinie und der Durchsetzungsrichtlinie an die Grundrechte des Grundgesetzes gebunden. Dies ist für die Durchsetzung der urheberrechtlichen Ansprüche nach Maßgabe des nicht harmonisierten Zivilverfahrensrechts der Fall.
Bei der Frage der Determinierung des deutschen Rechts durch die Urheberrechtsrichtlinie und die Durchsetzungsrichtlinie ist somit zu klären, inwieweit diese den Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht und die Rechtsdurchsetzung abschließend regeln (vgl. BVerfGE 142, 74 <113 Rn. 117>). Hier kommen mitgliedstaatliche Spielräume insbesondere im Rahmen der Sanktionen und Rechtsbehelfe bei Urheber- und Schutzrechtsverletzungen in Betracht (vgl. BVerfGE 142, 74 <114 Rn. 119; vgl. dazu Ohly, Gutachten F zum 70. Deutschen Juristentag, 2014, S. F 103). Dies gilt insbesondere auch für das nicht harmonisierte Zivilverfahrensrecht, hier § 138 ZPO.
Auch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zum Filesharing im Vorabentscheidungsverfahren "Bastei Lübbe/Strotzer" (EuGH, Urteil vom 18. Oktober 2018, C-149/17, ECLI:EU:C:2018:841) steht dieser Bewertung nicht entgegen. Soweit der Gerichtshof der Europäischen Union davon ausgeht, dass ein quasi absoluter Schutz der Familienmitglieder des Inhabers eines Internetanschlusses, über den Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing begangen wurden, den Anforderungen von Art. 8 Abs. 1 der Urheberrechtsrichtlinie 2001/29/EG und Art. 3 Abs. 1 der Durchsetzungsrichtlinie 2004/48/EG nicht gerecht werde (EuGH, Urteil vom 18. Oktober 2018, C-149/17, ECLI:EU:C:2018:841, Rn. 52), steht dies in Einklang mit der Anwendung von § 97 Abs. 1, § 85 Abs. 1 UrhG in Verbindung mit § 138 ZPO in der hier angegriffenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs, welche die unionsrechtlichen Anforderungen an die Grundrechtsprüfung bereits zutreffend abbildet.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.