Handelsregister


Registeranmeldung durch aufschiebend bedingt bestellten Geschäftsführer

OLG Hamm, Beschluss vom 15.06.2023 - 27 W 42/23 -

Kurze Inhaltsangabe:

 

Die GmbH bestellte zum 01.05.2023 einen neuen gesamtvertretungsberechtigten Geschäftsführer. Mit danach errichteter notarieller Urkunde vom 11.04.2023 meldeten der verbleibende gesamtvertretungsberechtigte Geschäftsführer und der neue Geschäftsführer das Ausscheiden eines bisherigen gesamtvertretungsberechtigten Geschäftsführers und die Bestellung des neuen (ebenfalls gesamtvertretungsberechtigten) Geschäftsführers, jeweils zum 01.05.2023 an; weisungsgemäß sandte der Notar die Anmeldung erst am 04.05.3023 an das Registergericht. Dies lehnte den Antrag. Die dagegen eingelegte Beschwerde, der das Amtsgericht nicht abhalf, war erfolgreich.

 

Das Amtsgericht hatte darauf abgestellt, dass der neue Geschäftsführer zum Zeitpunkt der Angabe der Erklärung vor dem Notar noch nicht anmeldeberechtigt gewesen sei, da er erst zum 01.05.2023 berufen worden sei; nicht entscheidend sei der Zeitpunkt des Eingangs bei dem Registergericht. Das OLG als Beschwerdegericht nahm allerdings eine Befugnis des neuen Geschäftsführers zur Anmeldung nach § 39 GmbHG an.

 

Das Amtsgericht habe sich auf Rechtsprechung und Literatur zu Fällen bezogen, in denen der neue Geschäftsführer zum Zeitpunkt der Vornahme der notariell beglaubigten Anmeldung noch nicht bestellt worden sei oder erst zu einem späteren Zeitpunkt noch ein sich auf die Geschäftsführung oder Vertretung auswirkender Gesellschafterbeschluss gefasst worden sei. Ein derartiger Sachverhalt läge nicht vor. Insbesondere sei der neue Geschäftsführer nicht erst nach der Anmeldung durch einen Gesellschafterbeschluss bestellt worden; lediglich sollte die Wirksamkeit der erfolgten Bestellung zu einem späteren Zeitpunkt eintreten. Den Abforderungen einer Anmeldeberechtigung genüge aber bereits eine aufschiebend bedingte Bestellung (LG Chemnitz, Beschluss vom 05.02.2008 - 2 HTK 56/08 -).

 

Auch der Verweis des Registergerichts auf den Beschluss des OLG Brandenburg vom 05.06.2012 – 7 Wx 13/12 – (in dem ausgeführt wurde, dass eine zum Zeitpunkt der Anmeldung bestehende Befugnis, die nachfolgend entfällt, weiterhin zu einer Anmeldung berechtige) trage dessen Entscheidung nicht, da es hier darum nicht gegangen sei. Da die Eintragung keinen rechtsbegründenden Charakter habe, gelte der Grundsatz, dass der neu bestellte und noch nicht eingetragene Geschäftsführer ebenfalls anmeldeberechtigt sei.

 

Es sei daher ausreichend, dass der Notar die Anmeldung unmittelbar nach Eintritt der aufschiebend bedingten Bestellung (hier mithin kurz nach dem 01.05.2023) einreicht.

 

 

Anmerkung: Der Sachverhalt zur Gesamtvertretung der Geschäftsführer ergibt sich aus dem angefochtenen Beschluss des AG Arnsberg vom 23.05.2023 - HRB 8425 -. Wäre einer der verbliebene Geschäftsführer einzelvertretungsberechtigt gewesen, hätte sich die Frage der Vertretungsbefugnis für das Registergericht nicht gestellt. So aber stellte sich die Frage, ob der neu berufene Geschäftsführer bereits im April 2023 die Anmeldung (mit) vornehmen durfte.

 

Aus den Gründen:

 

 Tenor

 

Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts - Registergericht - Arnsberg vom 23.05.2023, nicht abgeholfen durch Beschluss vom 30.05.2023, aufgehoben.

Der Beschwerdewert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

 

Gründe

 

A.

 

Mit notariell beglaubigter Anmeldung ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 11.04.2023 haben die Beteiligten - der bereits bestellte Geschäftsführer und der mit Wirkung zum 01.05.2023 neu bestellte Geschäftsführer - das Ausscheiden eines weiteren Geschäftsführers und die Neubestellung zum Geschäftsführer angemeldet. Der Verfahrensbevollmächtigte hat die Anmeldung weisungsgemäß erst nach diesem Datum am 04.05.2023 an das Registergericht weitergeleitet.

 

Das Registergericht hat die Anmeldung durch Beschluss vom 23.05.2023 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der neu bestellte Geschäftsführer zum Zeitpunkt der maßgeblichen Abgabe der entsprechenden Erklärung beim Notar noch nicht anmeldeberechtigt gewesen sei, da die Wirkung seiner Bestellung erst zum 01.05.2023 habe eintreten sollen. Entgegen der Beurteilung der Beteiligten sei für die Frage der Anmeldebefugnis nicht der spätere Eingang beim Registergericht maßgeblich.

 

Hiergegen wenden sich die Beteiligten mit der näher begründeten Beschwerde vom 26.05.2023, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat.

 

B.

 

Die nach den §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde ist begründet. Die vom Amtsgericht angeführten Umstände stehen der begehrten Anmeldung nicht entgegen.

 

I.

 

Entgegen der Beurteilung des Amtsgerichts ist der neu bestellte Geschäftsführer zur Anmeldung im Rahmen des § 39 GmbHG befugt. Die vorliegende Fallgestaltung begegnet hinsichtlich der Wirksamkeit der zur Beurteilung anstehenden Anmeldung keinen Bedenken.

 

Der Verweis des Amtsgerichts darauf, dass für die Frage der Anmeldeberechtigung auf den Zeitpunkt der Abgabe der entsprechenden Erklärung vor dem Notar abzustellen sei, steht der Eintragungsfähigkeit der in Rede stehenden Anmeldung nicht entgegen. Auch der bestellte (neue) Geschäftsführer ist anmeldebefugt. Bedenken hieran ergeben sich insbesondere nicht aus den vom Amtsgericht genannten Fundstellen aus der Kommentierung und Rechtsprechung, da diese sich auf andere Sachverhalte beziehen.

 

Es geht vorliegend nicht um die Behandlung von Fällen, in denen der neue Geschäftsführer zum Zeitpunkt der Vornahme der notariell beglaubigten Anmeldung noch gar nicht bestellt worden ist oder erst zu einem späteren Zeitpunkt noch ein sich auf die Geschäftsführung oder Vertretung auswirkender Gesellschafterbeschluss gefasst wird. Auf derartige Sachverhalte beziehen sich die vom Amtsgericht genannten Fundstellen, die eine Anmeldebefugnis in derartigen Sachverhalten verneinen (vgl. hierzu: Beurskens in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Auflage, § 39, Rn.11; OLG Düsseldorf, 3 Wx 354/99, Beschluss vom 15.12.1999; BayObLG, 3 ZBR 183/03, Beschluss vom 17.09.2003).

 

Ein derartiger Sachverhalt ist vorliegend bereits nicht gegeben. Der Geschäftsführer ist insbesondere nicht erst nach der Anmeldung durch einen Gesellschafterbeschluss bestellt worden. Die Wirksamkeit der bereits erfolgten Bestellung sollte vielmehr lediglich erst zu einem späteren Zeitpunkt eintreten. Eine aufschiebend bedingte Bestellung genügt den Anforderungen hinsichtlich einer Anmeldeberechtigung (vgl. Stephan/Tieves in Münchener Kommentar zum GmbHG, 4. Auflage, § 39, Rn.23; LG Chemnitz, 2 HKT 56/08, Beschluss vom 05.02.2008).

 

Auch die weiteren vom Amtsgericht in diesem Zusammenhang zitierten Fundstellen behandeln Sachverhalte, die vorliegend nicht gegeben sind. So bezieht sich insbesondere der genannte Beschluss des OLG Brandenburg, 7 Wx 13/12, vom 05.06.2012 auf den Fall, dass eine zum Zeitpunkt der Anmeldung bestehende Befugnis, die erst nachfolgend entfällt, weiterhin zu einer Anmeldung berechtigt. Darum geht es hier nicht. Betroffen ist vielmehr der Grundsatz, dass der neu bestellte und noch nicht eingetragene Geschäftsführer, da die Anmeldung und die Eintragung keinen rechtsbegründenden Rechtscharakter haben, ebenfalls anmeldeberechtigt ist (vgl. jeweils mit weiteren Nachweisen nur: Heilmeier in BeckOK GmbHG, Stand: 01.08.2022, § 39, Rn.31; Terlau in Michalski/Heidinger/Leible/Schmidt, GmbHG, 4. Auflage, § 39, Rn.10).

 

Angesichts dessen begegnet es keinen Bedenken, dass der Verfahrensbevollmächtigte die Anmeldung unmittelbar nach Eintritt der aufschiebend bedingten Bestellung eingereicht hat.

 

II.

 

Die Wertfestsetzung beruht auf § 36 Abs. 3 GNotKG.