Gründung einer GmbH & Co. KG als Einheitsgesellschaft
OLG Celle, Beschluss vom 10.10.2022 - 9 W 81/22 -
Die designierten Geschäftsführer meldeten die mit einem Stammkapital von € 2.00,00 ausgestatte Unternehmensgesellschaft (haftungsbeschränkt) mit der Firmierung W. UG zur Eintragung in das
Handelsregister an. Nach dem beigefügten Gründungsprotokoll und Satzung sollte diese bei der am gleichen Tag wie die Unternehmensgesellschaft (UG) gegründeten S. UG & Co. KG (nachfolgend S.
KG) alleinige Gesellschafterin sein und auch alleinige Komplementärin, weshalb mithin eine Einheitsgesellschaft zur Entstehung gebracht werden sollte. Gründerin der GmbH war die (Vor-)
Gesellschaft der S. KG.
Das Handelsregister wies die Anmeldung der W. UG zurück, da die Gesellschaft nicht wirksam gegründet worden sei im Hinblick darauf, da die gegründete Alleingesellschafterin ohne wirksam
gegründete persönlich haftende Gesellschafterin noch nicht existiere, was einen nicht behebbaren Eintragungsmangel darstelle. Der dagegen eingelegten Beschwerde half das Handelsregister nicht ab.
Die Beschwerde wurde vom OLG zurückgewiesen.
Das OLG schloss sich der Ansicht des Handelsregisters an, dass die Gründung der (Vor-) Gesellschaft der UG mangels Existenz derselben (die erst nach Eintragung im Handelsregister eintritt). Die
Gründerin der betroffenen (Vor-) Gesellschaft, die S. KG, habe zu dem Zeitpunkt, zu dem sie die betroffene S. KG vermeintlich gründete, noch nicht, da es ihr an einer existenten Komplementärin
gefehlt habe. Diese sollte erst die betroffene W. UG (Vorgesellschaft) werden. Die Vor-KG aber könne nicht vor ihrer eigenen Gründung als Komplementärin und als Vertreter ihrer eigenen Gründerin
auftreten und eine mangels Komplementärin noch nicht existente KG könne ihrerseits keine andere Gesellschaft gründen. Dies könne nur auf zwei Wegen erfolgen:
Zum Einen könne eine bestehende KG eine neue GmbH gründen oder die Geschäftsanteile an einer bestehenden GmbH übernehmen und sodann den Komplementär der KG auswechseln, so dass diese GmbH an die
Stelle des bisherigen Komplementärs tritt und alle Geschäftsanteile an ihr von der KG gehalten werden.
Zum Anderen könnte die Kommanditisten der KG zunächst eine GmbH und sodann im zweiten Schritt mit dieser als Komplementärin und sich selbst eine neue KG gründen, woraufhin im dritten Schritt die
GmbH-Anteile von den natürlichen Personen an die KG übertragen werden.
Die Beschwerdeführerin könne auch nicht mit dem Einwand gehört werden, jedenfalls sei zwischen den Gesellschaftern der S. KG wirksam eine OHG gegründet worden, die ihrerseits dann sie (die
betroffene (Vor-) Gesellschaft der W. GmbH - habe gründen können. Nicht nur seien die potentiellen Gesellschafter - wie aus einem Parallelverfahren bekannt sei - ausdrücklich übereingekommen,
eine KG zu gründen, weshalb bereits unabhängig von dem Wortlaut im Hinblick auf das Haftungsrisiko bei einer OHG nicht angenommen werden könne, sie hätten auch eine OHG gründen können/wollen.
Auch sei vorliegend ausdrücklich die S. KG als Gründerin der (Vor-) Gesellschaft der W. GmbH bezeichnet worden und als Alleingesellschafterin angegeben worden.
Ebenso ließe sich aus dem Urteil des BGH vom 09.03.1981 - II ZR 54/80 - nicht schließen, dass eine Vor-GmbH grundsätzlich Komplementärin in einer KG sein könne. Es würde hier nicht darum gehen,
ob eine Vor-GmbH Komplementärin einer KG sein kann, sondern um die vorgelagerte Frage, ob die Komplementärin ordnungsgemäß gegründet sei (was nicht der Fall sei). Hinweis: Wäre nicht die Vor-KG
Gründerin der GmbH gewesen, sondern die Komplementäre selbst, wäre dieser Weg beschreitbar gewesen, wie auch die zwei vom OLG aufgezeigten Vorgangsweisen zeigen).
Anmerkung: Diese Entscheidung hat Bedeutung nicht nur bei der Unternehmensgesellschaft (haftungsbeschränkt), § 5a GmbHG, sondern auch dann, wenn eine GmbH als Komplementärin eingesetzt
wird.
Tenor
1. Die Beschwerde der betroffenen (Vor-) Gesellschaft gegen den ihre auf Eintragung in das Handelsregister gerichtete notarielle Anmeldung vom 16. August 2022 zurückweisenden Beschluss des
Amtsgerichts – Registergerichts – Hildesheim vom 2. September 2022 wird zurückgewiesen.
2. Die betroffene (Vor-) Gesellschaft hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Beschwerdewert wird auf € 30.000,- festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Mit notarieller Anmeldung vom 16. August 2022 (Bl. 15 ff. d.A.) meldeten deren designierte Geschäftsführer die am selben Tag mit einem Stammkapital von € 2.000,- als Unternehmergesellschaft
(haftungsbeschränkt) vermeintlich gegründete Beschwerdeführerin zur Eintragung in das Handelsregister an.
Ausweislich des der Anmeldung beigefügten Gründungsprotokolls nebst Satzung (Bl. 23 ff., 29 ff. d.A.) soll die – ebenfalls erst am 16. August 2022 vermeintlich gegründete – S. UG & Co. KG (im
Folgenden: S. KG) alleinige Gesellschafterin der betroffenen (Vor-) Gesellschaft sein. Die alleinige Komplementärin der S. KG wiederum soll die betroffene (Vor-) Gesellschaft sein, so dass
insgesamt eine Einheitsgesellschaft zur Entstehung gebracht werden soll.
Im Gründungsprotokoll der betroffenen (Vor-) Gesellschaft (Bl. 23 ff. d.A.) heißt es dementsprechend auszugsweise wörtlich:
Vor mir, dem unterzeichneten Notar (…), erschienen heute:
1) Die S. UG und Co. KG (…), die heute gegründet wird und die in dem Handelsregister A (…) angemeldet wird,
- nachfolgend Gesellschafterin genannt -
vertreten durch ihre Komplementärin:
2) die W. UG (haftungsbeschränkt) (…), die heute gegründet wird und die in dem Handelsregister B (…) angemeldet wird,
- nachfolgend Komplementärin der Gesellschafterin genannt -
vertreten durch ihre Geschäftsführer (…).
Auf Ansuchen der Erschienenen beurkunde ich ihren Erklärungen gemäß, was folgt:
I. Errichtung der Gesellschaft
Die Gründerin errichtet hiermit eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach § 2 GmbHG mit dem Namen W. UG (haftungsbeschränkt) (…). (…)
Das Registergericht hat die Anmeldung unter Aufhebung einer am 22. August 2022 zunächst ergangenen Zwischenverfügung (Bl. 2 f. d.A.) mit Beschluss vom 2. September 2022 (Bl. 8 d.A.)
zurückgewiesen. Die Gesellschaft sei nicht wirksam gegründet worden, weil die gründende Alleingesellschafterin ohne wirksam gegründete persönlich haftende Gesellschafterin noch nicht existiere.
Es liege daher ein nicht behebbares Eintragungshindernis vor.
Dagegen wendet sich die betroffene (Vor-) Gesellschaft mit ihrer form- und fristgerecht erhobenen Beschwerde vom 15. September 2022 (Bl. 10 f. d.A.). Sie meint, die Gleichzeitigkeit ihrer eigenen
Gründung und der Gründung der sie gründenden KG sei unschädlich; die Auffassung des Registergerichts erweise sich als reine Förmelei. Zudem habe eine unterstellte Unwirksamkeit ihrer eigenen
Gründung (also der Gründung der betroffenen (Vor-) Gesellschaft selbst) zur Folge, dass dann ihre Gründerin, die S. KG, zunächst in der Rechtsform einer OHG entstanden sei. Zumindest diese sei
dann als Gründerin der betroffenen (Vor-) Gesellschaft anzusehen, so dass diese wirksam gegründet worden und in das Handelsregister einzutragen sei.
Das Registergericht hat dem Rechtsmittel mit Beschluss vom 20. September 2022 (Bl. 14 d.A.) nicht abgeholfen.
II.
Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als unbegründet.
1.) Das Registergericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Gründung der betroffenen (Vor-) Gesellschaft mangels Existenz der Gründerin unwirksam war.
Die Gründerin der betroffenen (Vor-) Gesellschaft, die S. KG, existierte zu dem Zeitpunkt, zu dem sie die betroffene (Vor-) Gesellschaft vermeintlich gegründet hat, noch nicht, weil es ihr an
einer existenten Komplementärin fehlte. Diese Komplementärin sollte gerade erst die betroffene (Vor-) Gesellschaft werden.
In dieser Betrachtungsweise liegt entgegen der Auffassung der betroffenen (Vor-) Gesellschaft keine bloße Förmelei. Sie ist vielmehr Ausdruck zwingender Logik. Die betroffene (Vor-) Gesellschaft
kann nicht vor ihrer eigenen Gründung als Komplementärin und Vertreterin ihrer eigenen Gründerin auftreten; eine mangels Komplementärin noch nicht existente KG aber kann ihrerseits keine andere
Gesellschaft gründen. Dementsprechend ist in der Literatur auch anerkannt, dass die (im Streitfall erstrebte) Entstehung einer Einheitsgesellschaft auf zwei Wegen erfolgen kann (vgl. Hermanns,
in: Beck‘sches Notarhandbuch, 7. Aufl. 2019, § 20 Rn. 158; Gebele/Scholz, Beck’sches Formularbuch Bürgerliches, Handels- und Wirtschaftsrecht, 14. Aufl. 2022, VIII.D.12 Anm. 2; Werner, DStR
2006, 706 (709)):
Zum einen kann eine bestehende KG im Wege der Neugründung oder des Anteilserwerbs alle Geschäftsanteile an einer GmbH erwerben, worauf hin sodann im zweiten Schritt der Komplementär der KG
ausgewechselt und die GmbH, deren sämtliche Anteile von der KG gehalten werden, an dessen Stelle tritt.
Zum anderen können die (späteren) Kommanditisten der KG zunächst eine GmbH und sodann im zweiten Schritt mit dieser als Komplementärin und sich selbst als Kommanditisten eine neue KG begründen,
woraufhin im dritten Schritt sodann die GmbH-Geschäftsanteile von den natürlichen Personen an die KG übertragen werden.
Der im Streitfall gewählte Weg einer quasi gleichzeitigen Gründung von KG und Komplementärin wird – den oben dargestellten Gesetzen der Logik entsprechend und soweit ersichtlich – nirgends
vertreten; die betroffene (Vor-) Gesellschaft zeigt Entsprechendes auch nicht auf. Soweit die betroffene (Vor-) Gesellschaft mit ihrer Beschwerde geltend macht, bei anderen Registergerichten
werde der hier beschrittene Weg anerkannt, vermag der Senat mangels Benennung konkreter Vergleichsfälle dies schon nicht zu überprüfen. Zum anderen bindet es ihn aber auch ohnehin nicht.
2.) Mit ihrer Auffassung, ihre Gründung sei zumindest deshalb wirksam erfolgt, weil zwischen den übrigen Gesellschaftern der S. KG jedenfalls eine OHG begründet worden sei, die ihrerseits
dann sie – die betroffene (Vor-) Gesellschaft – habe gründen können, vermag die betroffene (Vor-) Gesellschaft nicht durchzudringen.
Zum einen sind die übrigen potentiellen Gesellschafter der S. KG, wie sich aus der entsprechenden, dem Senat aus dem diese Gesellschaft betreffenden Beschwerdeverfahren zu 9 W 82/22 bekannten
Anmeldung ergibt, ausdrücklich übereingekommen, eine Kommanditgesellschaft zu gründen. Der Wille, an deren Stelle ggf. auch eine OHG zu gründen, kann – abgesehen von dem explizit anderen Wortlaut
und Inhalt der Anmeldung – schon deshalb nicht angenommen werden, weil dies für die dort Beteiligten mit einem anderen Haftungsregime verbunden wäre.
Zum anderen ist vorliegend ausdrücklich die S. KG als Gründerin der betroffenen (Vor-) Gesellschaft bezeichnet und in der Anmeldung als Alleingesellschafterin angegeben worden. Für die Annahme,
stattdessen sei eine – nicht näher bezeichnete – OHG Gründerin und Gesellschafterin, bleibt daher schlicht kein Raum.
3.) Nichts der betroffenen (Vor-) Gesellschaft Günstiges folgt schließlich daraus, dass eine Vor-GmbH grundsätzlich Komplementärin in einer KG sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 1981
– II ZR 54/80 –, BGHZ 80, 129; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl. 2020, Anh. § 177a Rn. 38). Denn im Streitfall geht es nicht um die Frage, ob die betroffene (Vor-) Gesellschaft
vor ihrer Eintragung in das Handelsregister bereits die Stellung einer Komplementärin in einer KG übernehmen kann. Vielmehr ist hier die vorgelagerte Frage zu beantworten (und aus den
vorgenannten Gründen zu verneinen), ob die als Komplementärin in Aussicht genommene UG überhaupt wirksam gegründet worden ist.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswertes hat ihre Rechtsgrundlage in § 105 Abs. 1 Satz 2 GNotKG.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 FamFG nicht vorliegen. Insbesondere sind (obergerichtliche) Entscheidungen, von denen der Senat
abwiche, weder von der betroffenen (Vor-) Gesellschaft vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auch eine grundsätzliche Bedeutung vermag der Senat nicht zu erkennen, weil der Weg, auf dem eine
sogenannte Einheitsgesellschaft entstehen kann, bereits geklärt ist.