Grundstücks-/Immobilienrecht


Wegerecht: Abwägung der Interessen des Eigentümers an Sicherung zu den Interessen des Berechtigten

BGH, Urteil vom 16.04.2021 - V ZR 17/20 -

Kurze Inhaltsangabe:

 

Das Grundstück des Klägers ist mit einer Grunddienstbarkeit in Form eines Geh- und Fahrrechts (Wegerechts) zugunsten des im Eigentum der Beklagten stehenden Hintergrundstücks belastet. Der Kläger errichte ein Tor an der Grenze zur Straße (vorderes Tor) und eines an der Grenze zum Grundstück der Beklagten (hinteres Tor). Der Kläger wollte mit seiner Klage erreichen, dass die Beklagten die Tore schließen; auf die Widerklage wurde der Kläger verurteilt es zu unterlassen, die Tore zu schließen.  Im Berufungsverfahren wurden die Beklagten unter Abweisung der Widerklage insoweit verurteilt, dass hintere Tor stets zu schließen, während die Berufung zum vorderen Tor zurückgewiesen wurde.

 

Auf die zugelassene Revision, mit der die Beklagten die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils zum hinteren Tor begehren, wurde das Berufungsurteil aufgehoben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Grundsätzlich könne der Eigentümer eines mit einem Wegerecht versehenen Grundstücks einen Anspruch darauf haben, dass der Berechtigte ein auf dem Weg befindliches Tor schließe (§ 1004 Abs. 1 S. 2 iVm. § 1020 BGB). § 1020 S. 1 BGB sehe vor, dass der Berechtigte bei der Ausübung der Grunddienstbarkeit das Interesse des Eigentümers des belasteten Grundstücks möglichst schone. Ein Verstoß dagegen stelle sich als Eigentumsbeeinträchtigung nach § 1004 Abs. 1 BGB dar.

 

Allerdings könne der Anspruch auf ein Schließen entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht damit begründet werden, da ein berechtigtes Interesse an einer Einfriedung des Grundstücks bestünde und die Nutzung des Tores den Beklagten nicht unzumutbar sei. Abzuwägen seien die wechselseitigen Interessen: Zum Einen des Grundstückseigentümers an der ungehinderten Nutzung seines Grundstücks, zum Anderen das Interesse des berechtigten an der sachgemäßen Ausübung seines Rechts. Die Abwägung sei Gegenstrand der tatrichterlichen Würdigung, die revisionsrechtlich nur dahingehen geprüft werden könne, ob der Tatrichter wesentliche  Umstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt habe, Denkgesetze oder Erfahrungsfehler verletzt habe oder (gerügte) Verfahrensfehler vorliegen würden. Vorliegend habe das Berufungsgericht wesentliche Abwägungsgesichtspunkte nicht berücksichtigt.

 

Ein allgemeines und von einem konkreten Sicherungsbedürfnis losgelöstes Interesse des Klägers, sein Grundstück auch im Bereich des Weges an der Grenze zu dem Grundstück der Beklagten einzufrieden, wiege nicht von vorherein schwerer als das Interesse der Beklagten an einer ungehinderten Zufahrt, soweit die Behinderung keine Unzumutbarkeit darstelle. Es könne nicht dem Interesse des Eigentümers unabhängig von den Umständen des Einzelfalls ein Vorrang eingeräumt werden.

 

Das Berufungsgericht müsse daher konkret feststellen, welches Gewicht dem Interesse des Klägers an der Einfriedung ihres Grundstücks an der Grenze zum Grundstück der Beklagten im Bereich des Weges zukomme. Hier käme es darauf an, ob die Einfriedung gerade auch an dieser Stelle berechtigten Sicherungsinteressen diene, denen auch nicht mittels einer Einfriedung an anderer Stelle genügt werden könne. Das Sicherungsinteresse des Grundstückseigentümers sei höher zu bewerten, wenn es auf dem Grundstück oder im räumlichen Umfeld schon zu Einbrüchen o.ä.  gekommen sei und es sich nicht um eine allgemeine Gefahr handele; der BGH wies darauf hin, dass das Sicherungsinteresse auch tageszeitlich begrenzt sein könne (Abschließen zwischen 22 und 7 Uhr, BGH, Urteil vom 23.01.2015 - V ZR 184/14 -).

 

Zu berücksichtigen sei hier auf der anderen Seite, dass das Grundstück der Beklagten vollständig eingefriedet sei und nach den Feststellungen des Landgerichts (vom Berufungsgericht übernommen) nach den örtlichen Gegebenheiten keinen Schutz des Grundstücks des Klägers durch das zum Grundstück der Beklagten belegen Tor erfordere. Wenn danach ein Interesse des Klägers an dem Schließen dieses Tores nicht zu erkennen sei, müssten die Beklagten auch die durch das Schließen bedingten Erschwernisse nicht hinnehmen (OLG Saarbrücken, Urteil vom 02.10.2019 - 5 U 15/19 -).

 

 

Gegebenenfalls sei auch festzustellen, ob ein berechtigtes Sicherungsinteresse des Klägers anderweitig als durch Einfriedung mit einem Tor (etwa durch Abzäunung des Restgrundstücks gegenüber dem Weg) erfolgen könne.

 

Aus den Gründen:

 

 Tenor

 

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 23. Dezember 2019 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil entschieden worden ist.

 

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

 

Die Parteien sind Nachbarn. Das im Eigentum des Klägers und seiner Ehefrau, der Drittwiderbeklagten, stehende Grundstück liegt an einer öffentlichen Straße. Es ist mit einer Grunddienstbarkeit in Form eines Geh- und Fahrrechts zugunsten des Eigentümers des dahinterliegenden, den Beklagten gehörenden Grundstücks belastet. Das Wegerecht wird auf einem gepflasterten Weg ausgeübt. Der Kläger errichtete auf dem Weg zwei jeweils einflügelige Tore von ca. 3 m Breite, eines an der Grenze seines Grundstücks zur öffentlichen Straße (nachfolgend vorderes Tor) und eines an der Grenze zum Grundstück der Beklagten (nachfolgend hinteres Tor).

 

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, mit der die Beklagten verurteilt werden sollten, beide Tore nach dem jeweiligen Passieren zu schließen. Auf die (Dritt-)Widerklage hat es den Kläger und seine Ehefrau verurteilt, es zu unterlassen, die Tore zu schließen. Die Berufung des Klägers und seiner Ehefrau ist teilweise erfolgreich gewesen: Das Oberlandesgericht hat die Beklagten verurteilt, das hintere Tor nach jeder Passage wieder zu schließen und die Widerklage insoweit abgewiesen. Hinsichtlich des vorderen Tors hat es die Berufung zurückgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Widerbeklagten beantragen, wollen die Beklagten die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils in Bezug auf das hintere Tor erreichen.

 

Entscheidungsgründe

 

I.

 

Das Berufungsgericht meint, der Kläger habe einen Anspruch darauf, dass die Beklagten das hintere Tor nach jeder Passage schlössen. Ein Wegeberechtigter sei unter Berücksichtigung des Grundsatzes der schonenden Ausübung der Grunddienstbarkeit aus § 1020 BGB grundsätzlich verpflichtet, ein zum Schutz des Eigentümers angebrachtes Tor geschlossen zu halten. Die damit verbundene Erschwerung seiner Rechtsausübung habe er hinzunehmen, solange gewährleistet sei, dass das Tor von dem zur Nutzung berechtigten Personenkreis jederzeit geöffnet werden könne. Der Kläger habe ein schützenswertes Interesse an der Schließung des hinteren Tores, denn er dürfe sein Grundstück einfrieden. Die Nutzung des derzeit vorhandenen Tores sei aufgrund seiner Beschaffenheit nicht unzumutbar, insbesondere nicht deswegen, weil es sich um ein einflügeliges Tor handele. Anders als das vordere Tor, das solche Defizite aufweise, dass seine Nutzung unzumutbar sei, weise das hintere Tor auch keine technischen Mängel auf.

 

II.

 

Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

 

1. Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagten, das hintere Tor nach jeder Passage zu schließen, nicht bejaht werden.

 

a) Im Ausgangspunkt zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass der Eigentümer des mit einer Grunddienstbarkeit in Form eines Geh- und Fahrrechts belasteten Grundstücks gegen den Berechtigten aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 1020 BGB einen Anspruch darauf haben kann, ein auf dem Weg angebrachtes Tor zu schließen. Gemäß § 1020 Satz 1 BGB hat der Berechtigte bei der Ausübung einer Grunddienstbarkeit das Interesse des Eigentümers des belasteten Grundstücks tunlichst zu schonen. Verstößt er gegen diese Pflicht, stellt dies eine Eigentumsbeeinträchtigung im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB dar (zum Ganzen Senat, Urteil vom 23. Januar 2015 - V ZR 184/14, NJW-RR 2015, 785 Rn. 7 ff. mwN). Richtig ist auch, dass der Kläger als Miteigentümer nach § 1011 BGB befugt ist, einen sich aus einem solchen Verstoß gegen die Beklagten ergebenden Anspruch allein geltend zu machen (vgl. Senat, Urteil vom 23. Januar 2015 - V ZR 184/14, aaO Rn. 7).

 

b) Rechtsfehlerhaft ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe schon deswegen einen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 1020 Abs. 1 BGB gegen die Beklagten, dass diese das hintere Tor nach jeder Passage schließen, weil er ein berechtigtes Interesse an einer Einfriedung seines Grundstücks habe und die Nutzung des vorhandenen Tores den Beklagten nicht unzumutbar sei.

 

aa) Bei der Prüfung, ob der Dienstbarkeitsberechtigte gegen die ihn treffende Verpflichtung verstößt, die Dienstbarkeit schonend auszuüben, sind das Interesse des Grundstückseigentümers an der ungehinderten Nutzung seines Grundstücks und das Interesse des Berechtigten an der sachgemäßen Ausübung seines Rechts gegeneinander abzuwägen. Das Ergebnis hängt von den Umständen des Einzelfalls ab; hierzu zählen auch individuelle, in der Person des Dienstbarkeitsberechtigten bzw. des Dienstbarkeitsverpflichteten begründete Gegebenheiten (vgl. Senat, Urteil vom 23. Januar 2015 - V ZR 184/14, NJW-RR 2015, 785 Rn. 10 mwN). Die Abwägung ist daher eine Frage der tatrichterlichen Würdigung und revisionsrechtlich nur darauf überprüfbar, ob der Tatrichter wesentliche Umstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt oder von der Revision gerügte Verfahrensfehler begangen hat (Senat, Urteil vom 23. Januar 2015 - V ZR 184/14, aaO Rn. 11). Ein solcher Fehler liegt hier vor, denn das Berufungsgericht hat wesentliche Abwägungsgesichtspunkte nicht berücksichtigt.

 

bb) Die Annahme, das Interesse des Klägers an der Einfriedung seines Grundstücks überwiege, weil den Beklagten die Nutzung des Tores nicht unzumutbar sei, blendet in rechtsfehlerhafter Weise aus, dass schon allein das Erfordernis, das Tor bei jedem Passieren zu schließen - und somit in der Konsequenz zu öffnen -, die Beklagten in der ungehinderten Ausübung ihres Wegerechts beeinträchtigt.

 

(1) Das Berufungsgericht geht offenbar davon aus, dass schon das allgemeine, von einem konkreten Sicherungsbedürfnis losgelöste Interesse des Klägers, sein Grundstück auch im Bereich des Weges an der Grenze zu dem Grundstück der Beklagten einzufrieden, von vornherein schwerer wiegt als das Interesse der Beklagten an einer ungehinderten Zufahrt zu ihrem Grundstück, so dass der Kläger das Schließen des Tores nach jeder Passage nur dann nicht verlangen könnte, wenn dies den Beklagten aufgrund besonderer Eigenschaften des Tores unzumutbar wäre. Dies ist indes unzutreffend. Richtig ist zwar im Ausgangspunkt, dass der Eigentümer eines Grundstücks, weil er nach § 903 BGB befugt ist, andere von jeder Einwirkung auszuschließen, das Recht hat, sein Grundstück einzufrieden (vgl. Senat, Urteil vom 11. Oktober 1996 - V ZR 3/96, NJW-RR 1997, 16 unter 2.a). Diese Befugnis reicht aber nur so weit, wie Rechte Dritter nicht entgegenstehen (§ 903 Satz 1 BGB). Um ein solches Recht handelt es sich bei einer Grunddienstbarkeit, die den Eigentümer des herrschenden Grundstücks dazu berechtigt, das dienende Grundstück zu befahren.

 

(2) Wäre das Interesse des Eigentümers des dienenden Grundstücks an dessen Einfriedung unabhängig von den Umständen des Einzelfalls stets höher zu bewerten als das Interesse des Wegeberechtigten an der ungehinderten Nutzung des Weges, würde dem Grundstückseigentum gegenüber den Rechten des Dienstbarkeitsberechtigten ein genereller Vorrang eingeräumt, der ihm dem Gesetz nach nicht zukommt. Das lediglich allgemeine, von einem konkreten Sicherungsbedürfnis losgelöste Interesse des Eigentümers, sein mit einem Wegerecht belastetes Grundstück einzufrieden, kann für sich genommen einen Anspruch gegen den dienstbarkeitsberechtigten Nachbarn, ein auf dem Weg an der gemeinsamen Grundstücksgrenze angebrachtes Tor nach jeder Durchfahrt zu schließen, nicht begründen; vielmehr sind das Einfriedungsinteresse des Eigentümers und das Interesse des Berechtigten an der ungehinderten Ausübung seines Wegerechts unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls gegeneinander abzuwägen.

 

cc) Rechtsfehlerhaft ist aber auch die Annahme des Berufungsgerichts, das Öffnen und Schließen des derzeit vorhandenen hinteren Tores sei den Beklagten nicht unzumutbar, weil weder dargetan noch ersichtlich sei, dass die Nutzung des Tores durch technische Mängel unzumutbar erschwert sei.

 

(1) Die Beklagten haben bereits in erster Instanz vorgetragen, für beide Tore könne angesichts des Materials, des Gewichts, der Größe, der Höhe und der Anbringung des Schlosses nicht von einer geringfügigen Beeinträchtigung ihres Wegerechts gesprochen werden. Ein Kind könne die Tore nicht öffnen. Zum Beweis dieser Tatsache haben die Beklagten die Inaugenscheinnahme der Tore angeboten. Das Landgericht hat beschlossen, zu der Behauptung, die Öffnung der Tore erfordere jeweils einen unüblichen Kraftaufwand, Sachverständigenbeweis zu erheben, allerdings hinsichtlich des hinteren Tores unter der Bedingung, dass das Grundstück des Klägers (wie von ihm behauptet) über das Grundstück der Beklagten vom öffentlichen Verkehrsraum her zu erreichen sei. Der Sachverständige hat diese Bedingung als nicht erfüllt angesehen und daher nur die Gängigkeit des vorderen, nicht auch die des hinteren Tores begutachtet. In der Berufungsinstanz haben die Beklagten darauf hingewiesen, dass die Beweisfrage durch den Sachverständigen nicht beantwortet wurde.

 

(2) Da nicht davon ausgegangen werden kann, dass das Berufungsgericht diesen Vortrag und Beweisantritt übersehen hat, liegt seiner rechtlichen Beurteilung offenbar die Annahme zu Grunde, dass die Beschaffenheit des Tores nur dann zur Unzumutbarkeit des Schließens führen könnte, wenn technische Mängel in Rede stünden. Dies trifft nicht zu. Vielmehr handelt es sich bei der Beschaffenheit des Tores um einen Umstand, der in die Abwägung der widerstreitenden Interessen mit einzustellen ist. So kann beispielsweise einerseits eine Verpflichtung zum Schließen eher anzunehmen sein, wenn es sich um ein motorbetriebenes Tor handelt, das durch den bloßen Druck auf einen Sender oder Schalter geöffnet und geschlossen werden kann. Andererseits handelt es sich um einen gegen eine solche Verpflichtung sprechenden Umstand, wenn das Tor etwa aufgrund seiner Konstruktion, seiner Größe und Höhe und seines Gewichts besonders schwergängig ist.

 

2. Aus den gleichen Erwägungen kann das Urteil keinen Bestand haben, soweit das Berufungsgericht die Widerklage abgewiesen hat, die darauf gerichtet ist, dem Kläger und seiner Ehefrau zu untersagen, das hintere Tor zu schließen. Ergibt nämlich die erforderliche Abwägung - was zugunsten der Beklagten als Revisionskläger zu unterstellen ist - keinen Vorrang des Interesses des Klägers und seiner Ehefrau an dem Verschließen des Tores gegenüber dem Interesse der Beklagten, die zugunsten ihres Grundstückes bestehende Dienstbarkeit ohne diese Einschränkung zu nutzen, folgt daraus eine nicht hinzunehmende Beeinträchtigung der Rechte aus der Grunddienstbarkeit. Eine solche begründet einen Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung und Unterlassung zukünftiger Beeinträchtigungen nach § 1027 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 BGB.

 

III.

 

Das Berufungsurteil ist wegen des aufgezeigten Rechtsfehlers im Umfang der Anfechtung aufzuheben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit dieses die notwendigen weiteren Feststellungen treffen und sodann auf der Grundlage der vorstehenden Rechtsausführungen die erforderliche Abwägung vornehmen kann. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

 

1. Zunächst wird das Berufungsgericht festzustellen haben, welches Gewicht dem Interesse des Klägers und seiner Ehefrau an der Einfriedung ihres Grundstücks an der Grenze zu dem Grundstück der Beklagten im Bereich des Weges zukommt, namentlich ob die Einfriedung gerade auch an dieser Stelle berechtigten Sicherungsinteressen dient, denen auch nicht durch eine Einfriedung an anderer Stelle genügt werden kann.

 

a) Wie der Senat bereits entschieden hat, sind berechtigte Sicherungsinteressen in die Abwägung einzustellen, wobei das Sicherungsinteresse des Grundstückseigentümers höher zu bewerten ist, wenn es etwa auf seinem Grundstück oder jedenfalls im räumlichen Umfeld bereits zu Einbrüchen oder ähnlichen Vorkommnissen gekommen ist, als wenn es um die stets gegebene, allgemeine Gefahr von Einbrüchen geht; ein solches Sicherungsinteresse kann auch tageszeitlich begrenzt sein (vgl. Senat, Urteil vom 23. Januar 2015 - V ZR 184/14, NJW-RR 2015, 785 Rn. 13 zum Abschließen eines Tores zwischen 22 und 7 Uhr).

 

b) Der Kläger und seine Ehefrau verweisen mit der Revisionserwiderung auf Vortrag, wonach sie ein besonderes Sicherungsbedürfnis hätten, weil im Jahre 2012 in ihr Haus und in ihren auf dem Grundstück befindlichen PKW eingebrochen worden sei. Die Versicherung habe damals ihre Leistung für den Einbruchsdiebstahl aus dem PKW abgelehnt, weil das Grundstück nicht vollständig eingefriedet gewesen sei. Aus Sicherheitsgründen sei auch das hintere Tor erforderlich, weil der Wohnort der Parteien ein Schwerpunkt der Einbruchskriminalität sei und ohne das Tor eine leichtere Fluchtmöglichkeit bestehe. Ohne das hintere Tor sei das klägerische Grundstück von hinten über das Grundstück der Beklagten vom öffentlichen Verkehrsraum her für jedermann zugänglich.

 

Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigten, dass - worauf die Revision hinweist - das Grundstück der Beklagten nach den von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts vollständig eingefriedet ist und die örtlichen Gegebenheiten keinen Schutz des Grundstücks des Klägers und seiner Ehefrau durch das zum Grundstück der Beklagten - nicht zur Straßenseite - hin liegende Tor erfordern. Sollte danach ein berechtigtes Interesse des Klägers und seiner Ehefrau an dem Schließen des Tores nicht zu erkennen sein, hätten die Beklagten die hiermit für sie notwendig verbundenen Erschwernisse bei der Ausübung des Wegerechts nicht hinzunehmen (vgl. OLG Saarbrücken, NJW-RR 2020, 141).

 

c) Erforderlichenfalls ist festzustellen, ob berechtigten Sicherungsinteressen des Klägers und seiner Ehefrau durch eine andere Einfriedung als durch ein Tor auf dem Weg Rechnung getragen werden kann, etwa durch eine Abzäunung des Restgrundstücks gegenüber dem Weg.

 

2. Sollten der Kläger und seine Ehefrau ein berechtigtes Interesse an der Sicherung ihres Grundstücks durch das hintere Tor haben, wären - wie ausgeführt - ergänzende Feststellungen dazu zu treffen, welche konkreten Erschwernisse für die Beklagten mit der Verpflichtung verbunden sind, das hintere Tor bei jedem Durchgang und jeder Durchfahrt zu schließen (und damit denknotwendig auch zu öffnen), namentlich im Hinblick auf die einflügelige Bauart, das Material sowie Größe und Höhe des Tores. Dabei ist auch in den Blick zu nehmen, dass die Beklagten zum Schließen des vorderen Tores nach Ansicht des Berufungsgerichts derzeit nur deswegen nicht verpflichtet sind, weil dieses technische Mängel aufweist, sodass nach deren Behebung bei jeder Durchfahrt zwei Tore zu öffnen und zu schließen wären.

 

 

3. Kommt das Berufungsgericht nach der erforderlichen Abwägung zu dem Ergebnis, dass das Interesse der Beklagten an dem ungehinderten Passieren das Interesse des Klägers und seiner Ehefrau an dem Verschließen des Tores überwiegt, wären noch Feststellungen zur Störereigenschaft der drittwiderbeklagten Ehefrau zu treffen. Denn nach dem bislang festgestellten Sachverhalt war es der Kläger, der das Tor installierte und in der Vergangenheit schloss. Er ist es auch, der von den Beklagten verlangt, dass es geschlossen werden soll. Den Feststellungen des Berufungsgerichts ist nicht zu entnehmen, dass die Drittwiderbeklagte in der Vergangenheit das Tor geschlossen hätte. Es ergibt sich lediglich, dass sie Miteigentümerin des dienenden Grundstücks ist und das Anwesen zusammen mit dem Kläger - ihrem Ehemann - bewohnt. Dieser Umstand allein bietet keine ausreichende Grundlage dafür, die Drittwiderbeklagte als (mittelbare) Handlungsstörerin (vgl. zu den Voraussetzungen Senat, Urteil vom 26. Oktober 2018 - V ZR 143/17, NJW 2019, 773 Rn. 4; Urteil vom 16. Mai 2014 - V ZR 131/13, NJW 2014, 2640 Rn. 8 mwN) oder als Zustandsstörerin (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 29. Februar 2008 - V ZR 31/07, NJW-RR 2008, 827 Rn. 6; Urteil vom 14. November 2014 - V ZR 118/13, NZM 2015, 256 Rn. 13 f. mwN) anzusehen.