In dem notariellen Kaufvertrag der Parteien hieß es: „Ansprüche und Rechte des Käufers wegen eines Sachmangels des Wohnungseigentums sind ausgeschlossen. Dies gilt auch für alle Ansprüche auf
Schadensersatz, es sei denn, der Verkäufer handelt vorsätzlich. Der Kläger (Käufer) verlangte von der Beklagten (Verkäuferin) die Rückabwicklung des Kaufvertrages und die Feststellung, dass die
Beklagte ihm zum Ersatz weiterer Schäden verpflichtet sei. Die Beklagte erhob die Einrede der Verjährung.
Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen. Auf die (zugelassene) Revision hob der BGH das Urteil auf du verwies den Rechtsstreit zur
anderweitigen Entscheidung an das OLG zurück.
Der BGH stellte fest, dass die Wohnung einen Mangel iSv. § 435 S. 1 BGB aufweise. Die Sozialbindung einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnung stelle einen Rechtsmangel dar , da der
Eigentümer in seinen rechtlichen Befugnissen eingeschränkt würde (so Eigennutzung, §§ 6 WoBindG, 27 Abs. 4 WoFG, als auch Fremdnutzung, §§ 4ff WoBinfG, 25ff WoFG). Dieser Mangel ließe sich auch
nicht mit der Begründung verneinen, vom Kläger sei ein kausaler Zusammenhang zwischen der unterlassenen Aufklärung über die Sozialbindung und seinem Kaufentschluss nicht dargelegt worden, und es
könne offen bleiben, ob der im Vertrag benannte Haftungsausschluss auch die Haftung für Rechtsmängel umfasse.
Würde man die Haftung für Rechtsmängel mit der vertraglichen Formulierung nicht als ausgeschlossen ansehen wollen, käme es, so der BGH, von vornherein nicht auf die Frage der Kausalität für den
Kaufentschluss an, da die Beklagte nach §§ 433 Abs. 1 S. 2, 435 S. 1 und 437 BGB ohne weiteres für Rechtsmängel einzustehen habe.
Aber auch dann, wenn der vertragliche Haftungsausschluss Rechtsmängel umfassen würde, käme es auf die Kausalität nicht an. Denn die Beklagte könne sich nach § 444 BGB auf den Haftungsausschluss
nicht berufen, wenn sie den in der Sozialbindung liegenden Rechtsmangel arglistig verschwiegen habe. Dies habe das OLG offen gelassen, weshalb das Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit
zurückzuverweisen sei.
Zunächst würde das Berufungsgericht den Umfang der Freizeichnungsklausel zu prüfen haben, wobei es zu berücksichtigen habe, dass eine Freizeichnungsklausel als Abweichung vom dispositiven Recht
stets eng auszulegen sei. Negiere das OLG die Anwendbarkeit auf Rechtsmängel, wäre der Klage stattzugeben. Sollte der Schadensersatzanspruch nach den zu treffenden Feststellungen des OLG
ausgeschlossen sein, käme es darauf an, ob die Beklagte Kenntnis hatte, da sie dann den Kläger hätte aufklären müssen. Dabei käme es nicht darauf an, ob der Kläger die Wohnung besichtigt habe.
Zwar würde für bei Besichtigung frei zugänglichen und damit ohne weiteres erkennbaren Mängeln keine Offenbarungspflicht bestehen (BGH, Urteil vom 09.02.2018 - V ZR 274/16 -). Dies gelte aber
nicht für die Sozialbindung, da der Rechtsmangel nicht einer Besichtigung zugänglich sei.
Sollte danach die Beklagte den Mangel arglistig verschwiegen haben, müsse das OLG die Verjährungsproblematik klären. Die Verjährung beginne nach 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem
der Kläger als Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners erstmals Kenntnis erlangt habe oder (ohne grobe Fahrlässigkeit) hätte erlangen müssen.
Aus den Gründen:
Tenor
Auf die
Revision des Klägers wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 4. Mai 2017 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die auf aus dem Kaufvertrag abzuleitende
Ansprüche wegen der für die Wohnung bestehenden Mietpreisbindung gestützte Klage abgewiesen und die Berufung des Klägers insoweit zurückgewiesen worden ist.
Im
Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von
Rechts wegen
Tatbestand
Der
Kläger gab gegenüber der Beklagten ein notarielles Kaufangebot für eine Wohnung in H. ab, das die Beklagte am 5. August 2008 annahm. In dem Kaufvertrag heißt es
u.a.: „Ansprüche und Rechte des Käufers wegen eines Sachmangels des Wohnungseigentums sind ausgeschlossen. Dies gilt auch für alle Ansprüche auf Schadensersatz, es sei denn, der Verkäufer handelt
vorsätzlich“. Gestützt auf die Behauptung, die Beklagte habe ihn nicht darüber aufgeklärt, dass es sich bei der Wohnung um öffentlich geförderten Wohnraum handele und Mieter einen
Berechtigungsschein benötigten, verlangt der Kläger von der Beklagten im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des Kaufvertrages sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
Zudem möchte er festgestellt wissen, dass die Beklagte ihm zum Ersatz weiterer Schäden verpflichtet ist. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.
Das
Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Senat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die
Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seine Zahlungs- und Feststellungsanträge weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das
Berufungsgericht meint, dem Kläger stehe gegen die Beklagte wegen der Mietpreisbindung kein Anspruch auf Schadensersatz zu. Ob diese als Mangel der Wohnung anzusehen sei und ob der Kläger von
diesem Mangel erst 2012 oder bereits bei Kaufabschluss Kenntnis erlangt habe, könne ebenso offen bleiben wie die Frage, ob die Beklagte ihrerseits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses Kenntnis von
der Preisbindung gehabt habe. Denn der Kläger habe schon nicht dargelegt, dass er bei Kenntnis dieses Umstandes den Vertrag nicht geschlossen hätte, mithin eine Kausalität zwischen der
behaupteten unterlassenen Aufklärung und seinem Kaufentschluss - mit der Folge des behaupteten Schadenseintritts - bestanden habe.
II.
Das
hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung lässt sich ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte aus § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Schadensersatz wegen
der für das Kaufobjekt bestehenden Sozialbindung nicht verneinen.
1. Die
Wohnung weist, was das Berufungsgericht offen gelassen hat, einen Mangel i.S.v. § 435 Satz 1 BGB auf. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats stellt die
Sozialbindung einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnung einen Rechtsmangel dar, weil sie den Eigentümer in seinen rechtlichen Befugnissen einschränkt, sowohl was die Eigennutzung
(§ 6 WoBindG; § 27 Abs. 7 WoFG) als auch was die Fremdnutzung (§§ 4 ff. WoBindG; §§ 26 ff. WoFG) angeht (vgl. Senat, Urteil vom 21. Januar 2000 - V ZR 387/98, NJW 2000, 1256; Urteil vom 28. Oktober 1983
- V ZR 235/82, WM 1984, 214; Urteil vom 9. Juli 1976 - V ZR 256/75, BGHZ 67, 134, 135 f.). Hieran hat sich
durch die Schuldrechtsmodernisierung nichts geändert.
2.
Ansprüche des Klägers wegen dieses Rechtsmangels können nicht mit der Begründung verneint werden, der Kläger habe die Kausalität zwischen der behaupteten unterlassenen Aufklärung über die
Sozialbindung durch die Beklagte und seinem Kaufentschluss nicht dargelegt. Dabei kann offen bleiben, ob der vertragliche Haftungsausschluss, zu dessen Auslegung sich das angefochtene Urteil
nicht verhält, auch die Haftung für Rechtsmängel umfasst.
a)
Sollte die Haftung des Beklagten für Rechtsmängel nicht ausgeschlossen sein, käme es von vornherein nicht auf ein etwaiges arglistiges Verschweigen der Sozialbindung und auf dessen Kausalität für
den Kaufentschluss des Klägers an, weil die Beklagte für Rechtsmängel ohne weiteres nach § 433 Abs. 1 Satz 2, § 435 Satz 1, § 437 BGB einzustehen hätte.
b) Auf
die Kausalität der unterlassenen Aufklärung für den Kaufentschluss des Klägers käme es aber auch dann nicht an, wenn der vertragliche Haftungsausschluss auch Rechtsmängel erfassen sollte. Auf den
Haftungsausschluss kann sich die Beklagte nämlich nach § 444 BGB nicht berufen, wenn sie dem Kläger den in der Sozialbindung liegenden Rechtsmangel arglistig
verschwiegen hat, wovon für die Revisionsinstanz auszugehen ist, weil das Berufungsgericht dies ausdrücklich offen gelassen hat. Diese Vorschrift soll den Käufer allein vor einer unredlichen
Freizeichnung des Verkäufers von der Mängelhaftung schützen. Eine solche unredliche Freizeichnung ist gegeben, wenn der Verkäufer arglistig handelt. Weitere Voraussetzungen enthält die Vorschrift
nicht. Namentlich die Ursächlichkeit der Arglist für den Kaufentschluss ist im Rahmen von § 444 BGB unerheblich (vgl. Senat, Urteil vom 15. Juli 2011
- V ZR 171/10, BGHZ 190, 272Rn. 13). Das gilt auch dann, wenn sich das arglistige Verschweigen auf einen
Rechtsmangel bezieht.
III.
Das
Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben; es ist aufzuheben. Der Rechtsstreit ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da er nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO).
1. Das
Berufungsgericht wird zunächst zu prüfen haben, ob die vertragliche Vereinbarung über den Ausschluss der Haftung der Beklagten Schadensersatzansprüche des Klägers wegen Rechtsmängeln erfasst.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass Freizeichnungsklauseln - als Ausnahme von der sich aus dem dispositiven Recht ergebenden Haftung - grundsätzlich eng auszulegen sind (vgl. Senat, Urteil vom 2.
April 2004 - V ZR 267/03, BGHZ 158, 354, 366; BGH, Urteil vom 26. April 2017 - VIII ZR 233/15, NJW 2017,
3292 Rn. 24; jeweils mwN). Sollte die Haftung der Beklagten für Rechtsmängel nicht ausgeschlossen sein, wäre der klägerische Anspruch dem Grunde nach gegeben.
2.
Sollte der in Rede stehende Schadensersatzanspruch vertraglich ausgeschlossen sein, wird das Berufungsgericht Feststellungen zu der von dem Kläger behaupteten arglistigen Täuschung durch die
Beklagte zu treffen haben.
a)
Hierzu weist der Senat darauf hin, dass der klägerische Vortrag, namentlich das von dem Kläger als Beleg für eine Kenntnis der Beklagten von der Sozialbindung vor Vertragsschluss angeführte
Schreiben der Stadt H. vom 15. Juli 2008 bislang nicht ausreichend gewürdigt wurde. In diesem Schreiben heißt es ausdrücklich, dass das Objekt, in welchem sich die
klägerische Wohnung befindet, aufgrund der Förderung mit öffentlichen Mitteln einer zehnjährigen Nachbindung nach dem Wohnungsbindungsgesetz unterliege, so dass insbesondere Kostenmietrecht gelte
und Wohnberechtigungsscheine erforderlich seien. Soweit das Landgericht hierzu ausführt, das Schreiben sei nicht an die Beklagte, sondern an deren Rechtsvorgängerin, die
A. gerichtet, trifft dies zwar zu. In dem Schreiben heißt es aber, dass die Beklagte eine Durchschrift erhalte. Auch der Umstand, dass
das Schreiben nach den Ausführungen des Landgerichts Anlass für das am 5. August 2008 geführte Gespräch zwischen dem Geschäftsführer der Beklagten und dem zuständigen Sachbearbeiter der Stadt
gegeben hat, spricht für einen Zugang des Schreibens bei der Beklagten vor dem an diesem Tag erfolgten Vertragsschluss.
b)
Sollte die Beklagte von der Sozialbindung der Wohnung bei Vertragsschluss Kenntnis gehabt haben, so hatte sie den Kläger hierüber aufzuklären. Diese Aufklärungspflicht ist entgegen der Ansicht
des Landgerichts, der sich das Berufungsgericht angeschlossen hat, nicht deswegen entfallen, weil der Kläger die Wohnung vor Vertragsschluss nicht besichtigt hat. Richtig ist, dass für Mängel,
die einer Besichtigung zugänglich und damit ohne weiteres erkennbar sind, keine Offenbarungspflicht besteht. Der Käufer kann insoweit eine Aufklärung nicht erwarten, weil er diese Mängel bei der
im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen kann (Senat, Urteil vom 9. Februar 2018 - V ZR 274/16, NJW 2018,
1954Rn. 24; Urteil vom 19. Februar 2016 - V ZR 216/14, NJW 2016, 2315Rn. 11;
Urteil vom 16. März 2012 - V ZR 18/11, NZM 2012, 469Rn. 21 mwN). Dies gilt jedoch nicht für Rechtsmängel wie
die Sozialbindung einer Wohnung, denn die rechtlichen Verhältnisse einer Wohnung sind einer Besichtigung nicht zugänglich und für den Käufer nicht ohne weiteres zu erkennen. Der Verzicht auf eine
Besichtigung kann daher nicht dazu führen, dass der Käufer in Bezug auf Rechtsmängel des Kaufobjekts als nicht aufklärungsbedürftig angesehen wird.
3.
Sollte die Beklagte danach dem Kläger die Sozialbindung arglistig verschwiegen haben, wären ergänzende Feststellungen zur Frage der Verjährung zu treffen. Denn dann verjährte der klägerische
Anspruch nach § 438 Abs. 3 Satz 1 BGB in der regelmäßigen Verjährungsfrist, jedoch nicht vor Ablauf von fünf Jahren ab Übergabe der Wohnung
(§ 438 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 lit. a, Abs. 2 BGB). Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt nach § 195 BGB drei Jahre
und beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden
Umständen und der Person des Schuldners erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen, wobei hier eine Höchstfrist des § 199 Abs. 3 Satz 1
Nr. 1 BGB von zehn Jahren gälte. Das Berufungsgericht hat ausdrücklich offen gelassen, ob der Kläger erst im Jahre 2012 oder bereits bei Vertragsschluss oder jedenfalls mit
seinem Beitritt zum Mietpool im Jahre 2009 von der öffentlichen Förderung der Wohnung erfahren hat. Hierauf käme es aber entscheidend an, da die Klage nach den Ausführungen des Landgerichts der
Beklagten im Jahre 2015 zugestellt wurde, so dass die Verjährung bei einer Kenntniserlangung des Klägers im Jahre 2012 nach § 204 Abs. 1 Nr. 1
BGB gehemmt, bei einer Kenntnis vor 2012 aber vor Klageerhebung eingetreten wäre.