Grundbuchrecht


Grundbuchberichtigungsantrag der Erben eines verstorbenen GbR-Gesellschafters

OLG Rostock, Beschluss vom 02.05.2023 - 3 W 13/23 -

Kurze Inhaltsangabe:

 

Die Antragsgeller waren die Kinder des verstorbenen P., der zusammen mit R. Gesellschafter einer GbR war, die Eigentümer von auf einem Grundbuchblatt verzeichneten Grundstücken war und als solche im Grundbuch eingetragen war. Nach dem Erbschein waren sie die einzigen Erben des Verstorbenen und beantragten die Berichtigung des Grundbuchs. Der Gesellschafter R. hatte die Gesellschaft kurz vor dem Tod des P. gekündigt und nach dessen Tod die Grundstücke mit notariellen Vertrag verkauft (wobei dieser Verkauf dinglich noch nicht gewahrt war). Im notariellen Kaufvertrag hatte er eidesstattlich versichert, dass der - von ihm trotz Aufforderung nicht vorgelegten - Gesellschaftsvertrag keine von den gesetzlichen Bestimmungen abweichenden Vereinbarungen getroffen worden seien. Die Erbengemeinschaft hatte den Grundstückskaufvertrag nicht genehmigt.

 

Das Grundbuchamt wies den Berichtigungsantrag mit der Begründung zurück, mangels Vorlage des Gesellschaftsvertrages sei der Unrichtigkeitsnachweis nicht in der Form des § 29 GBO geführt worden. Das OLG gab der Beschwerde der Erbengemeinschaft gegen den abweisenden Beschluss statt, wobei die Erben notarielle beglaubigte Erklärungen vorlegten, dass nach ihrer Kenntnis kein schriftlicher Gesellschaftsvertrag bestünde und keine besondere Vereinbarung für den Kündigungs- oder Todesfall getroffen worden sei.

 

Der Beschwerde würde nicht § 71 Abs. 2 S. 1 GBO entgegenstehen, da sich die Antragsteller nicht gegen eine von Anfang an unrichtige Eintragungen wenden würden, sondern die Berichtigung wegen nachträglicher Unrichtigkeit beantragen würden. Einer Bewilligung nach § 19 GBO bedürfe es gem. § 22 Abs. 1 GBO nicht, wenn die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachgewiesen würde, wobei dieser Nachweis in der Form des § 29 GBO zu führen sei.

 

Eine Buchposition des Verstorbenen als Gesellschafter sei nicht gesondert vererbbar, vielmehr sei die Rechtsnachfolge in die Gesellschafterstellung des Maßgabe des Gesellschaftsvertrages materiell-rechtlich zu prüfen (BGH, Beschluss vom 10.02.2022 - V ZB 87/20 -). Bei Tod eines Gesellschafters oder Kündigung durch einen Gesellschafter sähe das BGB kein Erlöschen der GbR vor (§§ 723, 727 BGB), sondern eine identitätswahrende Wandlung in eine Abwicklungsgesellschaft, bei der (im Falle des Versterbens eines Gesellschafters) dessen Erben treten würden.  Die Anwachsung der Beteiligung des verstorbenen an der Gesellschaft fände nur statt, wenn im Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Fortsetzungsklausel oder ein Eintrittsrecht geregelt sei.     

 

Fehle ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag reiche zum Nachwies der Rechtsnachfolge des Erben in die Gesellschafterstellung des verstorbenen Gesellschafters aus, wenn diese eine Erklärung des verbliebenen Gesellschafters in der Form des § 29 GBO (öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde) beibringen würden, nach deren Inhalt ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag nicht bestünde und besondere Vereinbarung für den Kündigungs- und Todesfall nicht getroffen worden seien und die Erben ebenfalls in der Form des § 29 GBO erklären, dass ihnen ein abweichender Inhalt des Gesellschaftsvertrages nicht bekannt sei (BGH, Beschluss vom 10.02.2022 - V ZB 87/20; OLG München, Beschluss vom 07.01.2020 - 34 Wx 420/19 -).

 

 

Die Erben hatten die entsprechende Erklärung in der Form des § 29 GBO im Beschwerdeverfahren vorgelegt. Für den verbliebenen Gesellschafter würde sich diese Erklärung aus seiner in dem notariellen Grundstückskaufvertrag abgegebenen eidesstattlichen Versicherung ergeben, dass für das Gesellschaftsverhältnis keine von den gesetzlichen Bestimmungen abweichenden Vereinbarungen getroffen worden seien (und einen Gesellschaftsvertrag habe er trotz Aufforderung nicht vorgelegt). Damit sei der Unrichtigkeitsnachweis erbracht.

 

Aus den Gründen:

 

Tenor

 

1. Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Amtsgerichts Stralsund vom 10.11.2022, Az. TRNT-10021-6, aufgehoben.

2. Das Amtsgericht Stralsund - Grundbuchamt - wird angewiesen, als Gesellschafter der im Grundbuch von T., Blatt 10021 als Eigentümerin eingetragenen „GbR T.“ statt des verstorbenen B. P. dessen Erben P. P., O. P., N. P., M. P. und S. C. K. in (ungeteilter) Erbengemeinschaft einzutragen.

3. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, notwendige Auslagen der Beteiligten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

 

I.

 

Die Antragsteller begehren eine Grundbuchberichtigung aufgrund Unrichtigkeitsnachweises.

 

Die GbR T., bestehend aus B. P. und M. R., ist aufgrund Auflassung vom 28.08.2013 seit dem 04.11.2015 als Eigentümerin der o.g. Grundstücke im Grundbuch von T. auf Blatt 10021 eingetragen.

 

Der Gesellschafter M. R. kündigte am 27.09.2019 die Gesellschaft. Der Gesellschafter B. P. verstarb am 20.11.2019 und wurde ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts Schöneberg vom 07.04.2020 von seinen Kindern P. P., O. P., N. P., M. B. und S. C. K. beerbt.

 

Die Antragsteller haben am 31.03./06.04.2021 eine Berichtigung des Grundbuchs dahingehend beantragt, dass sie statt des verstorbenen B. P. als Gesellschafter der T. GbR eingetragen werden. Sie verweisen im Verfahren auf das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 23.10.2020 - 8 O 186/20 - sowie die Beschlüsse des OLG Brandenburg vom 07.07.2021 - 11 U 249/20 - und des Bundesgerichtshofs vom 30.06.2022 - III ZR 106/21 -, wonach die T. GbR als Abwicklungsgesellschaft fortbestehe und durch die Erbengemeinschaft vertreten werde. Im lediglich mündlich abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag der GbR T. seien keine Regelungen für das Ausscheiden eines Gesellschafters getroffen worden. Die Erbnachfolge im Gesellschafterbestand unterliege auch nicht der Grunderwerbssteuer.

 

Der Gesellschafter M. R. hat die auf Blatt 10021 eingetragenen Grundstücke am 18.05.2021 an eine N. N. und H. Wohnungswirtschaft T. GbR verkauft. Im notariellen Grundstückskaufvertrag vom 18.05.2021 (Notar B., UR-Nr. BU 503/2021) hat er an Eides statt versichert, dass für das Gesellschaftsverhältnis der GbR T. keine von den gesetzlichen Bestimmungen abweichenden Vereinbarungen getroffen worden seien. Da im Grundstückskaufvertrag vom 18.05.2021 aber sinngemäß davon ausgegangen wird, dass der Gesellschaftsanteil des B. P. dem Verkäufer M. R. angewachsen wäre, prüft das Finanzamt Stralsund ausweislich eines Schreibens vom 05.05.2022 den Anfall von Grunderwerbssteuer. Die Erbengemeinschaft hat den Grundstückskaufvertrag nicht genehmigt, so dass dieser nicht vollzogen wird.

 

Das Grundbuchamt hat den Berichtigungsantrag mit Beschluss vom 10.11.2022 zurückgewiesen und auf sein vorheriges Schreiben vom 08.07.2022 verwiesen, wonach der Unrichtigkeitsnachweis mangels Vorlage des Gesellschaftsvertrages nicht in der Form des § 29 GBO geführt worden sei und eine Berichtigung ansonsten nur aufgrund Berichtigungsbewilligung erfolgen könne; ferner fehle die erforderliche Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes.

 

Die Antragsteller haben am 02.12.2022 Beschwerde eingelegt, der das Grundbuchamt am 20.01.2023 nicht abgeholfen hat.

 

Im Beschwerdeverfahren haben die Erben notariell beglaubigte Erklärungen vorgelegt, dass nach ihrer Kenntnis kein schriftlicher Gesellschaftsvertrag der GbR T. geschlossen und keine besondere Vereinbarung für den Kündigungs- oder Todesfall getroffen worden sei.

 

II.

Die gem. § 71 Abs. 1 GBO zulässige Beschwerde ist begründet.

 

Das Grundbuchamt hat den Berichtigungsantrag vom 31.03.2021 zu Unrecht zurückgewiesen. Die Antragsteller haben die Unrichtigkeit des Grundbuchs dahingehend ausreichend nachgewiesen, dass sie statt des verstorbenen Burkhard Philipp Gesellschafter der GbR T. sind.

 

Der Zulässigkeit der Beschwerde steht § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO nicht entgegen, da die Antragsteller eine Berichtigung aufgrund nachträglicher Unrichtigkeit beantragen und sich ihre Beschwerde daher nicht gegen eine von Anfang an unrichtige Eintragung richtet.

 

Gem. § 22 Abs. 1 GBO bedarf es der Bewilligung nach § 19 GBO nicht, wenn die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachgewiesen wird. Der Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit ist grundsätzlich in der Form des § 29 GBO zu führen.

Die Buchposition des verstorbenen B. P. als Gesellschafter der GbR T. ist als solche nicht gesondert vererbbar, vielmehr ist die Rechtsnachfolge in die Gesellschafterstellung nach Maßgabe des Gesellschaftervertrages materiell-rechtlich zu prüfen (vgl. BGH, Beschluss vom 10.02.2022 - V ZB 87/20, juris Rn. 11).

 

Nach den gesetzlichen Regelungen des BGB erlischt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Falle der Kündigung (§ 723 BGB) und des Todes eines Gesellschafters (§ 727 BGB) nicht, sondern wandelt sich zwecks Auflösung identitätswahrend in eine Abwicklungsgesellschaft um; an die Stelle eines verstorbenen Gesellschafters treten seine Erben. Eine Anwachsung des Gesellschaftsvermögens beim verbliebenen Gesellschafter findet nur statt, wenn der Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Fortsetzungsklausel oder ein Eintrittsrecht enthält.

 

Zum Nachweis der Rechtsnachfolge des Erben in die Gesellschafterstellung des Erblassers (bzgl. der Abwicklungsgesellschaft) reicht es bei Fehlen eines schriftlichen Gesellschaftsvertrages aus, wenn eine Erklärung des verbliebenen Gesellschafters in der Form des § 29 GBO beigebracht wird, wonach ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag nicht besteht und besondere Vereinbarungen für den Kündigungs- bzw. Todesfall nicht getroffen wurden, und wenn die Erben ebenfalls in der Form des § 29 GBO erklären, dass ihnen ein entsprechender abweichender Inhalt des Gesellschaftsvertrages nicht bekannt sei (vgl. BGH, Beschluss vom 10.02.2022 - V ZB 87/20 für den gleich zu behandelnden Nachweis der Bewilligungsbefugnis; OLG München, Beschluss vom 07.01.2020 - 34 Wx 420/19, DNotZ 2020, 922; BeckOK/GBO-Holzer, § 22 Rn. 67 mwN, Demharter, GBO, 32. Aufl., § 22 Rn. 41/42).

 

Hier hat der Antragsgegner als verbliebener Gesellschafter im notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag vom 18.05.2021 (Notar B., UR-Nr. BU 503/2021) an Eides statt versichert, dass für das Gesellschaftsverhältnis des GbR T. keine von den gesetzlichen Bestimmungen abweichenden Vereinbarungen getroffen wurden. Einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag hat er trotz Aufforderung nicht eingereicht. Die Antragsteller als Erben des verstorbenen Gesellschafters B. P. haben in der Form des § 29 GBO erklärt, dass nach ihrer Kenntnis kein schriftlicher Gesellschaftsvertrag der GbR Trent geschlossen und keine besondere Vereinbarung für den Kündigungs- oder Todesfall getroffen worden sei.

 

Diese Erklärungen stimmen mit den Feststellungen des Landgerichts Potsdam im Urteil vom 23.10.2020 - 8 O 186/20 - und des Oberlandesgerichts Brandenburg in den Beschlüssen vom 12.05.2021 und 07.07.2021 - 11 U 249/20 - überein, wonach die durch Kündigung und anschließenden Tod eines Gesellschafters aufgelöste GbR T. als Abwicklungsgesellschaft fortbesteht; die Nichtzulassungsbeschwerde der vom Antragsgegner vertretenen Klägerin hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 30.06.2022 - III ZR 106/21 - zurückgewiesen.

 

Nach allem ist der Unrichtigkeitsnachweis hier geführt.

 

Der allein erbrechtliche Erwerb der Gesellschafterstellung durch die Antragsteller unterliegt auch nicht der Grunderwerbssteuer.

 

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 FamFG.