Nicht jede offene Handelsgesellschaft (OHG, § 105 HGB) ist tatsächlich im Rechtsinn eine solche, sondern kann auch nur eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR, § 705 BGB) sein. Das OLG musste sich anlässlich einer Ausschließungsklage eines Gesellschafters (§ 140 Abs. 1 HGB) einer unter Bezeichnung R & M OHG OHG damit auseinandersetzen, da für die GbR zur Ausschließung keine Ausschließungsklage zu erheben ist, sondern dies von den Gesellschaftern zu beschließen (§ 737 BGB) ist (wobei dieser Beschluss gerichtlich angegriffen werden kann).
Kläger und Beklagter waren Gesellschafter der M& R OHG, die nicht im Handelsregister eingetragen war. Sie betrieb ein Naturfreundehaus als Veranstaltungslokal für Events (Seminare, Hochzeitsfeiern u.a.). Nachdem der Beklagte in der Nähe eine Blockhütte zum Betreib eines entsprechendes Eventlokals anmietet, erhob der Kläger Ausschließungsklage nach § 140 Abs. 1 HGB. Das Landgericht gab der Klage statt. Die Berufung des Beklagten hatte Erfolg, da das Oberlandesgericht (OLG) die R & M OKG als eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach § 705 BGB einstufte, bei der die Ausschließung eines Gesellschafters nicht mittels einer Ausschließungsklage zu erfolgen hat, sondern mittels eines Gesellschafterbeschlusses (§ 737 BGB).
Nicht entscheidend ist, wie die Gesellschaft firmiert, d.h. dass sie hier in der von ihr verwandten Firmierung des Gesellschaftsstatus einer OHG angab. Dies ergab sich bereits aus dem Umstand, dass die Gesellschaft nicht im Handelsregister eingetragen war, wie es § 107 HGB vorsieht. Auf die OHG finden die Vorschriften über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nur insoweit Anwendung, soweit nicht in den §§ 105 ff HGB zur OHG abweichendes geregelt ist. Vor diesem Hintergrund prüfte das OLG zutreffend, ob für die Gesellschaft das Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach §§ 705 ff BGB oder jenes der OHG nach §§ 105 ff HGB anzuwenden ist, also tatsächlich eine Ausschließungsklage erhoben werden konnte, da bei der GbR der Gesellschafter nicht durch Gerichtsurteil (Ausschließungsklage), sondern nur durch Gesellschafterbeschluss (§ 737 BGB) ausgeschlossen werden kann.
Grundlage der Überlegung des OLG war, dass es sich bei der OHG ebenso wie bei der GbR um eine Gesellschaft handelt, bei der die Haftung der Gesellschafter nicht beschränkt ist, aber die OHG ein Handelsgewerbe betreibt (§ 105 HGB). Eine GbR, die ein Handelsgewerbe betreibt, ist qua gesetzlicher Definition in § 105 HGB eine offene Handelsgesellschaft, und umgekehrt eine (jedenfalls nicht eingetragene) OHG, die keine solches betreibt, eine GbR. Damit wäre die Ausschließungsklage nach § 140 HGB nur zulässig, wenn die Gesellschaft ein Handelsgewerbe betreibt. Die Legaldefinition für ein Handelsgewerbe entnahm das OLG § 1 Abs. 2 HGB, demzufolge ein Handelsgewerbe jedes Gewerbe ist, es sei denn, es erfordert keine kaufmännische Einrichtung.
Grundsätzlich sei die vorliegende Vermietung einer Lokalität zum Zwecke der Gewinnerzielung ein Gewerbe. Damit spräche die gesetzliche Vermutung dafür, dass es sich um ein Handelsgewerbe handele, weshalb der Beklagte die Darlegungs- und Beweislast trage, dass es sich nicht um ein solches handelt, da er sich darauf berief, dass die Regelung des § 140 HGB zur Ausschließungsklage nicht greift.
Im Hinblick darauf prüfte das OLG die einzelnen Umstände, die für bzw. gegen ein Handelsgewerbe im konkreten Fall sprachen.
Die Gesellschaft verfügte über kein Personal, was gegen das Erfordernis einer kaufmännischen Einrichtung spräche. Zur Kapitalstruktur stellte das OLG fest, dass die Gesellschaft ohne Fremdkapital arbeitete und das Anlagevermögen mit einer Geschirrspülmaschine, einem Laubbläser, einem Pkw und einem „Sammelposten“ im Wert von € 891,00 überschaubar sei und auch keine kaufmännische Einrichtung erfordere. Zur Lagerhaltung stellte es fest, dass die Käufe sich im dreistelligen, selten im vierstelligen Bereich bewegt hätten, die Kunden zwar Getränke von der Gesellschaft erwerben konnten (weshalb sich der Anlieferverkehr auf Getränke beschränke, die Verköstigung im Übrigen über einen Caterer erfolge, weshalb hier für Veraltung des Getränkelagers auch keine kaufmännische Einrichtung erforderlich sei. Da auch keine weiteren Leistungen neben der Zurverfügungstellung der Räume und Getränke nicht angeboten worden seien (allenfalls der Caterer unter Vermittlung der Gesellschaft), sei das Angebot nicht vielfältig sondern überschaubar, was eher gegen das Erfordernis einer kaufmännischen Einrichtung spräche. Da auch das Werbevolumen meist nur zweistellige Beträge ausweise, erfordere dies auch keine kaufmännische Einrichtung. Auch die klägerseits benannte Internetpräsenz ließe keinen Rückschluss auf eine Kaufmannseigenschaft zu, auch wenn „heutzutage jeder Kaufmann im Internet präsent sei“, da man für den Internetauftritt nur PC und Internetzugang benötige (den notwendigen Provider benennt das OLG nicht, doch dürfte es darauf auch nicht ankommen). Die Kundenzahl von 706 (auch mit namhaften Firmen), bei der auch nicht ersichtlich sei, dass es sich um Stammkunden handeln würde, sei nicht entscheidend, da die Vermietung bedinge, dass immer nur ein Kunde pro Zeiteinheit buchen könne und von daher auch keine kaufmännische Einrichtung erforderlich sei. Es würde kein schriftlicher Gesellschaftsvertrag existieren, keine ausdrücklichen Regelungen über die Vertretungsmacht (sondern nur eine konkludente Einigung zur Einzelvertretung durch stillschweigende Handhabung), keine Prokuristen (was mangels Eintragung im Handelsregister auch nicht möglich ist) und keine Bevollmächtigten bestellt sein, was für ein kaufmännisches Unternehmen untypisch sei.
Als Resümee fasste das OLG zusammen, dass allenfalls die Kundenzahl und die Umsatzzahl in den Grenzbereich eines Handelsgewerbes fallen würden, wobei die Buchführungspflicht aus steuerlichen Gründen nichtssagend sei. Kapitalstruktur, fehlende Angestellte und das überschaubare Angebot der Gesellschaft würden hingegen eindeutig gegen die Notwendigkeit einer kaufmännischen Einrichtung sprechen. Es würde sich der Eindruck aufdrängen, dass die Gesellschafter den Geschäftsbetrieb möglichst schlank halten wollten und möglichst viel in Eigenregie bzw. durch Fremddienstleister erledigen wollten. Von daher wurde die Gesellschaft vom OLG als GbR und nicht als OHG angesehen, weshalb eine Ausschließungsklage unzulässig war.
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 29.4.20202020 (Az.: 8 HK O 12753/18) im Kostenpunkt und in Ziffer 1. aufgehoben.
2. Die Klage wird abgewiesen.
3. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Von den Kosten der ersten Instanz haben der Kläger 54 % und der Beklagte 46 % zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
A.
Das Verfahren betrifft den Ausschluss des Beklagten aus einer Personengesellschaft.
Die fragliche Gesellschaft besteht aus dem Kläger und dem Beklagten. Sie war nie ins Handelsregister eingetragen, ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag besteht nicht. Der Zweck der Gesellschaft besteht in der Vermietung eines angemieteten ehemaligen Naturfreundehauses („K.“) in den I.auen als Veranstaltungslokal für Events wie Seminare, Teambuildingmaßnahmen, Hochzeitsfeiern und ähnliches.
Zwischen den Gesellschaftern bestehen seit längerem Streitigkeiten. Am 13.9.2018 gründete der Beklagte (als Alleingesellschafter und -geschäftsführer) die P. GmbH, welche in unmittelbarer räumlicher Nähe zur „K.“ eine angemietete Blockhütte („Cottage“) betreibt und sie im Internet zur Anmietung als Eventlokal anbietet. Darüber hinaus werfen sich die Parteien wechselseitig eine Vielzahl von Pflichtverletzungen aus dem Gesellschaftsverhältnis vor.
Der Kläger ist der Auffassung, die Gesellschaft sei eine offene Handelsgesellschaft. Mit seiner Klage begehrte er erstinstanzlich den Ausschluss des Beklagten aus der Gesellschaft sowie die Zahlung von 4.793,48 €; die Zahlungsklage hat er erstinstanzlich wieder zurückgenommen. Der Beklagte machte widerklagend einen Anspruch auf Aufwendungsersatz geltend.
Der Kläger hat beantragt, den Beklagten aus der R. & M. OHG auszuschließen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen; ferner hat er widerklagend beantragt, den Kläger zu verurteilen, an den Beklagten 55.200,- € zu bezahlen.
Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils wird Bezug genommen. Der Beklagte nimmt die Abweisung der Widerklage hin. Mit seiner zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten Berufung wendet er sich aber gegen seinen Ausschluss aus der Gesellschaft. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Berufung.
B.
Die Berufung hat Erfolg. Der Beklagte kann nicht durch Gerichtsurteil aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden.
I. Die als OHG firmierende Gesellschaft ist in Wahrheit eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
1. Eine Personengesellschaft, bei der kein Gesellschafter in der Haftung beschränkt ist, ist (ohne Eintragung ins Handelsregister) offene Handelsgesellschaft, wenn sie ein Handelsgewerbe betreibt (§ 105 HGB). Anderenfalls handelt es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
Handelsgewerbe ist jedes Gewerbe, es sei denn, es erfordert keine kaufmännische Einrichtung (§ 1 Abs. 2 HGB). Die vorliegende Vermietung einer Lokalität zum Zwecke der Gewinnerzielung ist zweifellos ein Gewerbe. Damit wird vermutet, dass es sich um ein Handelsgewerbe handelt, so dass das Gegenteil zur Darlegungs- und Beweislast des Beklagten stand.
Nach der gesetzlichen Definition ist Handelsgewerbe ein Gewerbe, welches nach Art und Umfang eine kaufmännische Einrichtung erfordert. Dies ist auf der Basis einer Gesamtschau der den Betrieb kennzeichnenden Umstände zu beurteilen (BGH, Urteil vom 28.4.1960 – II ZR 239/58 Ls. 2; Urteil vom 16.11.1965 – V ZR 89/63, Rz. 13). Als zu berücksichtigende Kriterien nennt die erstere Entscheidung Beschäftigtenzahl, Tätigkeitsart, Umsatz, Anlagekapital, Betriebskapital, Leistungsvielfalt, Zahl der Geschäftsbeziehungen, Kreditaufnahme; in der zweitgenannten Entscheidung sind beispielhaft aufgeführt Umsatz, Verbindlichkeiten, Außenstände, Aktivvermögen. In der Kommentarliteratur (z.B. Kindler, in: Ebenroth / Boujong, HGB, 4. Aufl., § 1 Rz. 56 ff.) finden sich ähnliche Aufzählungen (Handelsbücher, Inventar- und Bilanzerrichtung, Aufbewahrung der Korrespondenz, Firmenführung, kaufmännisch vorgebildetes Personal, Lohnbuchhaltung, Vielfalt der Erzeugnisse und Leistungen, Teilnahme am Frachtverkehr, grenzüberschreitende Tätigkeit, Sach- und Personalkredite).
2. Hinsichtlich der somit für die Abgrenzung von GbR und OHG wesentlichen Kriterien bietet sich vorliegend auf der Basis des Parteivortrags das folgende Bild.
a) Umsatz. Die (unstreitigen) Umsatzzahlen für die Geschäftsjahre 2016 - 2019 referiert die Klagepartei in der Berufungserwiderung (dort S. 8). Die Zahlen für 2020 und 2021 (bis einschließlich November) werden im Schriftsatz vom 10.1.2022 (Bl. 198 ff. der Akten, dort S. 4) nachgetragen. Hiernach hat die Gesellschaft ab 2016 Umsätze über 100.000,- € erzielt, das Maximum lag im Jahr 2019 mit rund 163.000,- €, woraufhin 2020 ein (wohl pandemiebedingter) Rückgang auf rund 103.000,- € und eine allmähliche Erholung im Jahr 2021 (bis einschließlich November rund 125.000,- €) erfolgten.
Diese Zahlen führen für sich betrachtet allenfalls in den Grenzbereich zu einem kaufmännischen Gewerbe. Neuere veröffentlichte Rechtsprechung hierzu gibt es nicht. Die Kommentarliteratur (z.B. Kindler a.a.O. Rz. 52) nennt eine Grenze von 250.000,- €, ab der spätestens von einem Handelsgewerbe auszugehen sei. Hiervon war die gegenständliche Gesellschaft auch in besten Zeiten weit entfernt.
b) Buchführung. Unstreitig wurde die Gesellschaft durch Bescheid des zuständigen Finanzamts zur Buchführung verpflichtet (vgl. Anlage K 14) und kommt dieser Verpflichtung seither nach. Die Führung von Steuerbüchern oder die Beauftragung eines Steuerberaters sind jedoch keine Indizien für ein Handelsgewerbe (Kindler a.a.O. Rz. 47 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Die Richtigkeit dieser Auffassung zeigt der vorliegende Fall exemplarisch. Die Anordnung der Buchführungspflicht erfolgte ausweislich des Bescheides des Finanzamtes unter Bezugnahme auf § 141 Abs. 1 Nr. 4 AO, weil der Gewinn im Jahr 2016 höher als 60.000,- € war. Die in Bezug genommene Norm gilt ausweislich ihres Wortlauts nur, wenn nicht ohnehin Bücher nach § 140 AO zu führen sind, was unter anderem für die OHG der Fall ist.
Aus der Tatsache, dass aufgrund einer Anordnung der Finanzbehörden Bücher geführt werden, kann daher ein Argument weder für noch gegen das Vorliegen eines Handelsgewerbes gewonnen werden.
c) Personal. Unstreitig werden die anfallenden Tätigkeiten für die Gesellschaft hauptsächlich durch die Gesellschafter selbst bestritten. Dass diese studierte Wirtschaftswissenschaftler sind, besagt insoweit nichts über die Art ihrer Tätigkeit, die im wesentlichen aus der Entgegennahme und Betreuung von Buchungen sowie gegebenenfalls Vermittlung von Drittleistungen (Caterer u.ä.) bestanden zu haben scheint – was nicht unbedingt eine kaufmännische Vorbildung voraussetzt.
Abgesehen von ihren Gesellschaftern verfügte die Gesellschaft nicht über festes Personal. In den im Anlagenkonvolut B 1 enthaltenen Jahresübersichten aus der Buchhaltung der Gesellschaft werden als monatliche bzw. jährliche Personalkosten durchgängig 0,00 € angegeben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Parteien dies dahin erläutert, dass man im Bedarfsfall (wenn also z.B. die Mieter der K. Service bei Tisch wünschten) mit Personaldienstleistern zusammen gearbeitet und die diesbezüglichen Kosten den Kunden weiterverrechnet habe.
Der Gesichtspunkt Personalausstattung spricht daher eindeutig gegen das Erfordernis kaufmännischer Einrichtung; insbesondere eine „Lohnbuchhaltung“ war unter den dargestellten Umständen nicht erforderlich.
d) Kapitalstruktur. Aus den Übersichten aus der Buchhaltung der Beklagten gemäß Anlagenkonvolut B 1 ergibt sich, dass die Zinsaufwendungen in den Jahren 2017 – 2020 jeweils 0,- € betrugen. Das bedeutet, dass die Gesellschaft jedenfalls in diesem Zeitraum ohne Fremdkapital arbeitete; nur in der Anfangszeit der Gesellschaft wurde nach der Erläuterung der Parteien in der mündlichen Verhandlung ein Darlehen in Anspruch genommen. Die Nichtinanspruchnahme von professionellem Fremdkapital (Bankdarlehen) ist nach der Erfahrung des seit vielen Jahren im Handels- und Gesellschaftsrecht tätigen Senats höchst untypisch für ein kaufmännisches Unternehmen.
Auch das Anlagevermögen der Gesellschaft stellt sich nach Aktenlage höchst überschaubar dar. In der (im zeitgleich verhandelten Parallelverfahren 7 U 2659/20 dem Senat als dortige Anlage BB 2 bekannt gewordenen) Aufstellung aus der Buchhaltung der Gesellschaft sind nur eine Geschirrspülmaschine, ein Laubbläser, ein PKW und ein „Sammelposten“ im Wert von (Ende 2018) 891,- € aufgeführt. Hierfür ist keine kaufmännische Einrichtung erforderlich.
e) Lagerhaltung. Aus den Kosten für den Wareneinkauf gemäß den genannten Jahresübersichten in Anlagenkonvolut B 1, die sich in den meisten Monaten nur im dreistelligen, selten im vierstelligen Bereich bewegen, kann auf den Umfang der für den Betrieb der Gesellschaft erforderlichen Lagerhaltung geschlossen werden; denn es konnte schlechterdings nicht mehr an Waren gelagert worden sein, als bezogen wurde. Im Hinblick auf den unstreitigen Befund, dass die Kunden der Gesellschaft zwar Getränke von ihr beziehen konnten, die Verköstigung mit Speisen aber über Catering-Dienste erfolgte, dürfte sich die Lagerhaltung somit auf jeweils eine Reihe von Getränketrägern beschränkt haben. Auch für die Verwaltung eines solchen Getränkebestandes erscheint keine kaufmännische Einrichtung erforderlich. – Damit dürfte sich auch die Teilnahme der Gesellschaft am Frachtverkehr auf die regelmäßige Anlieferung von Getränken beschränkt haben.
f) Vielfalt des Angebots. Kernangebot der Gesellschaft war die Zurverfügungstellung von Räumen in der Klause, wobei die Möglichkeit des Bezugs von Getränken bestand. Weitere Leistungen (Catering, Shuttle-Service, Kurse) wurden nicht von der Gesellschaft erbracht, sondern konnten extern (ggf. unter Vermittlung der Gesellschaft) zugebucht werden. Das Leistungsangebot der Gesellschaft stellte sich daher nicht als vielfältig, sondern als recht überschaubar dar, was eher gegen das Erfordernis einer kaufmännischen Einrichtung spricht.
g) Werbung. Die vorgelegten Übersichten gemäß Anlagenkonvolut B 1 weisen an Kosten für Werbung meist nur zweistellige Beträge auf. Hieraus kann das Erfordernis kaufmännischer Einrichtung nicht begründet werden. Die behauptete „umfängliche Kooperation mit Werbeagenturen“ schlägt sich jedenfalls in den vorgelegten Unternehmenszahlen nicht nieder.
Wenn sich die Klagepartei dem gegenüber auf die umfängliche Präsenz der Gesellschaft im Internet beruft, vermag dies kein anderes Ergebnis zu begründen. Denn für einen Internetauftritt benötigt man nur PC und Internetzugang, die als solche sicherlich kein Indiz für eine kaufmännische Einrichtung sind; zwar mag heutzutage jeder Kaufmann im Internet präsent sein, aber die Präsenz als solche lässt keinen Rückschluss auf die Kaufmannseigenschaft zu.
h) Kundenanzahl. Nicht bestritten ist der klägerische Vortrag, dass die Gesellschaft seit ihrer Gründung 706 Kundennummern vergeben hat und dass sich darunter auch namhafte Firmen wie D., A., B. und T. befinden. Die Kundenanzahl als solche mag daher eher für das Erfordernis kaufmännischer Einrichtung sprechen. Dieser Befund wird allerdings relativiert, wenn man die Kundenzahl auf die Dauer der Existenz der Gesellschaft umlegt; auch ist nicht ersichtlich (jedenfalls nicht vorgetragen), dass es sich bei den vergebenen Kundennummern mehrheitlich um „Stammkunden“, die die Klause regelmäßig buchen, handelt.
Ferner ist zu sehen, dass das Geschäftsmodell der Gesellschaft in der Vermietung der K. für Veranstaltungen besteht, was bedingt, dass in der Regel immer nur ein Kunde pro Zeiteinheit (Tag, Wochenende, Woche) bedient werden kann. Auch dieser für ein kaufmännisches Gewerbe eher untypische Befund relativiert die nackte Anzahl von Kunden.
i) Professionelle Struktur. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag existiert nicht. Ausdrückliche Regelungen über die Vertretungsmacht wurden nicht getroffen (wohl aber konkludente Vereinbarung von Einzelvertretungsmacht durch stillschweigende Handhabung, vgl. näher Senatsurteil vom 19.1.2022 im Parallelverfahren 7 U 2659/20, unter B.I.2.). Prokuristen oder sonstige Bevollmächtigte wurden nicht bestellt. Auch dies ist untypisch für ein kaufmännisches Unternehmen.
3. In der Gesamtschau dieser Umstände ist der Senat davon überzeugt, dass der Betrieb der Gesellschaft keine kaufmännische Einrichtung erfordert. Die Vermutung für das Vorliegen eines Handelsgewerbes ist damit widerlegt.
Die Kundenanzahl und die Umsatzzahlen führen aus den dargestellten Gründen allenfalls in den Grenzbereich zum Handelsgewerbe; die Buchführungspflicht aus steuerlichen Gründen ist nichtssagend. Dem gegenüber sprechen insbesondere die Kapitalstruktur, das Fehlen von fest angestellten Arbeitnehmern und das überschaubare Angebot der Gesellschaft eindeutig gegen das Erfordernis kaufmännischer Einrichtung. Insgesamt drängt sich der Eindruck auf, dass die Gesellschafter ihren Geschäftsbetrieb bewusst schlank halten und möglichst viel in Eigenregie bzw. durch Fremddienstleister erledigen wollten und dies auch entsprechend umgesetzt haben; in diese Richtung deutet letztlich auch die Kostenstruktur; angesichts der a.a.O. mit den Umsatzzahlen mitgeteilten Jahresgewinne (die sich in der Größenordnung zwischen 40 und 78 % bewegen) kann der betriebliche Aufwand nur als überschaubar bezeichnet werden. Insgesamt bietet die Gesellschaft daher nicht das Erscheinungsbild eines kaufmännischen Gewerbes.
II. Damit kommt eine Ausschlussklage nicht in Betracht. Denn nur bei der OHG (und damit bei den übrigen Personenhandelsgesellschaften) ist eine Ausschlussklage in § 140 HGB vorgesehen. Bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gibt es eine vergleichbare Vorschrift nicht. Dort erfolgt der Ausschluss nach § 737 BGB durch Beschluss der übrigen Gesellschafter und dessen Mitteilung an den Ausgeschlossenen (vgl. Lorz, in: Ebenroth / Boujong, HGB, 4. Aufl., § 140 Rz. 3). Die Berufung des Beklagten gegen das ihn ausschließende Urteil musste daher Erfolg haben.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 269 Abs. 3 ZPO. Hinsichtlich der Berufung obsiegt der Beklagte in vollem Umfang. Beim Maß des Obsiegens in der ersten Instanz waren die Teilklagerücknahme und die rechtskräftige Abweisung der Widerklage zu berücksichtigen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Zu würdigen waren vielmehr die Umstände des Einzelfalles.