Kurze Inhaltsangabe:
Die Beklagte, die von Beruf im Krankenhaus angestellte Hebamme war, bot freiberuflich auf eigene Rechnung Yoga für Schwangere an. Die Klägerin war schwanger. Sie belegte den Kurs bei der Beklagten. Gleich in der ersten Kursstunde, bei Übungen im Stehen, stürzte die Klägerin und zog sich eine Commotio cerebri mit Ansomie zu; dies war auf einer Vorerkrankung der Klägerin zurückzuführen, die (so ihr Vorwurf) von der Beklagten hätte festgestellt und beachtet werden müssen. Sie verklagte die Beklagte auf materiellen und immateriellen (auch zukünftigen) Schadensersatz.
Klage und Berufung wurde zurückgewiesen. Eine Haftung der Beklagten für die Folgen des Sturzes während der Yogastunde käme nicht in Betracht.
Das OLG musste abgrenzen, ob es sich vorliegend um einen Behandlungsvertrag iSv. § 630a BGB handeln würde, um einem den Fitnessstudioverträgen angepassten Vertrag oder um einen Dienstvertrag. Das Landgericht hatte einen Behandlungsvertrag mit der Begründung negiert, Gegenstand des Vertrages seien Sport- und Fitnesstätigkeiten. Dem wollte das OLG so nicht folgen. Allerdings sei ein Behandlungsvertrag auf eine medizinische Behandlung eines Menschen ausgerichtet, welches physisches oder psychisches Leid lindern solle. Typisch seien Diagnose und Therapie, wobei als Behandler nicht nur Ärzte sondern auch Angehörige anderer Heilberufe in Betracht kämen, wie auch u.a. Hebammen. Letztlich käme es für die Vertragsart aber nicht auf den Beruf des Behandlers an, sondern auf den Inhalt des Vertrages, seine Ausrichtung.
Auch wenn sich nicht generell sagen ließe, bei Yoga würde es sich generell um keine medizinische Behandlung, sondern um Sport- und Fitnesstätigkeit handeln, läge hier kein Behandlungsvertrag vor. Die Einordnung von Yoga sei eine Frage des Einzelfalls. So seien Fälle denkbar, in denen ein Yogalehrer ähnlich einem Physiotherapeuten eine auf Heilung und Linderung gerichtete Tätigkeit ausübe. Allerdings könne dies hier bereits deshalb ausgeschlossen werden, da es sich um einen Gruppenkurs und nicht eine Einzel-Behandlungsmaßnahme gehandelt habe.
Damit stünde nicht eine medizinische Behandlung sondern die Durchführung von Übungen nach Vorgabe des Kursleiters im Vordergrund. Eine anamnestische, diagnostische oder einzeltherapeutische Vorgehensweise sei der Kursunterrichtung nicht immanent. Der Vorfall, der sich auf Grund gesundheitlicher Schwächen der Klägerin ereignet haben soll, wäre daher nicht der Beklagten anzulasten, da es nicht Sache des Kursleiters sei, ungefragt eine Risiko- und Eignungsprüfung durchzuführen, auch nicht, wenn (wie hier) der Kurs speziell auf schwangere ausgelegt sei und der Kurs mit Bezug auf den Beruf der Beklagten als Hebamme beworben worden sei.
Ein Anspruch der Klägerin würde sich auch nicht aus § 280 BGB iVm. einem Dienstvertrag bzw. typengemischtem Vertrag mit dienstvertraglichem Schwerpunkt ableiten lassen, da auch hier Anamnese, Befunderhebung, Diagnose pp. nicht geschuldet seien und das entsprechende Unterlassen daher kein Verschulden darstellen könne. Dass die von der beklagten abverlangten Übungen generell für Schwangere ungeeignet seien, sei von der Klägerin nicht geltend gemacht worden.
Aus den Gründen:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 21.11.2017 wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt vorbehalten, die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
I.
Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche geltend, weil sie am 13.07.2015 als Teilnehmerin des Kurses „Yoga für Schwangere“ gestürzt war.
Die Beklagte ist von Beruf Hebamme, angestellt beim S.-Krankenhaus in L… . Neben ihrer Tätigkeit als angestellte Hebamme bietet sie - auf freiberuflicher Basis und auf eigene Rechnung - den allen Interessierten zugänglichen Kurs „Yoga für Schwangere“ an.
Dieser wird auf der Homepage des S.-Krankenhauses wie folgt beworben:
„Yoga für Schwangere
Bewusstsein und Einkehr
Yoga hilft Ihnen, den Körper bewusst wahrzunehmen. Atem- und Dehnübungen unterstützen einen besseren Energiefluss. In geleiteten Entspannungen nehmen Sie Kontakt zum ungeborenen Kind auf und haben Zeit, die Schwangerschaft bewusst wahr zu nehmen.
Der Kurs ist fortlaufend und kann jederzeit begonnen werden. Er wird durch eine in unserem Haus tätige Hebamme (ausgebildete Yogalehrerin) geleitet. […]
Kursgebühr: 7 Euro pro Stunde […]“
Die Klägerin war im Jahr 2015 schwanger; der erwartete Geburtstermin wurde auf den 02.12.2015 datiert.
Die von der behandelnden Gynäkologin Dr. med. F… geführte Patientenakte enthält unter dem 19.04.2015, 20.04.2015 und 24.04.2015 Eintragungen, wonach die Klägerin unter Kreislaufproblemen und Schwindelgefühlen leide. Im Zeitraum Mai 2015 enthält die Patientenakte u.a. die Eintragungen „Befinden besser […] Dienstreise nach Rom letzte Wo ging problemlos […] Pat. fliegt morgen für 4 Wo in die USA zu Verwandten […]
Im Juni 2015 ist vermerkt: „Reise gut überstanden, rez. Rückenschmerzen, Schwimmen empfohlen Pat. möchte Yoga versuchen […], Betreuung einer normalen Schwangerschaft, keine Beschwerden außer Rückenbeschwerden“.
Am 13.07.2015 suchte die Klägerin erstmals die Yogastunde der Beklagten auf. Im Rahmen des Kurses wurden zu Beginn Übungen im Liegen durchgeführt, u.a. zum Zwecke des „Atembewusstseins“. Danach wurde über die Seitenlage eine sitzende Position eingenommen, in der - nach der klassischen Yoga-Begrüßung und dem dreimaligen Singen des „Mantra Om“ - Übungen erfolgten (Fußkreisen). Von dieser Übung aus erfolgte ein Wechsel in den Vierfüßlerstand, in den Kniestand und nach einem Abstemmen mit beiden Händen in den Stand. Im weiteren Verlauf sollten dann Übungen im Stehen erfolgen, wobei die Beklagte den Teilnehmerinnen des Kurses die Anweisung gab, sich hierzu eine Partnerin gleicher Größe zu suchen.
In der Folge stürzte die Klägerin.
Hinsichtlich der Einzelheiten zu den Geschehnissen bis zum Sturz wird auf das Ergebnis der Anhörung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vom 07.11.2017 verwiesen. Den Ablauf bis zum Sturzereignis hat die Klägerin, die sich an die Einzelheiten nicht mehr erinnert, unstreitig gestellt (vgl. Bl. 204 d.A.).
Ausweislich des Arztbriefes des S.-Krankenhauses vom 17.07.2015 wurde folgende Diagnose gestellt: „Commotio cerebri mit sekundärer Anosmie“ (Schädel-Hirn-Trauma mit sekundärer Störung des Geruchssinns).
Erstinstanzlich hat die Klägerin vorgetragen, sie habe sich bei dem Sturzereignis zudem einen Innen- und Außenbandriss am rechten Fuß sowie einen gebrochenen kleinen Zeh zugezogen.
Das Erstgericht hat die Klage mit Urteil vom 21.11.2017 abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 611ff BGB scheide aus. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag sei nicht als Behandlungsvertrag im Sinne des § 630 a Abs. 1 BGB zu qualifizieren. Der Sache nach handele es sich bei Yoga lediglich um eine Sport- und Fitnesstätigkeit, die dem allgemeinen Wohlbefinden diene, aber nicht geeignet sei, Krankheiten zu heilen oder zu lindern.
Selbst bei hypothetischer Annahme eines Behandlungsvertrages könne nicht von einer Pflichtverletzung ausgegangen werden. Die Beklagte habe der Klägerin keine Übung abverlangt, die mit Risiken verbunden sei oder die aufgrund der allgemeinen oder besonderen Situation der Klägerin nicht hätte bewältigt werden können.
Auch eine nach Ansicht der Klägerin erforderliche Anamneseerhebung hätte kein anderes Ergebnis erbracht, da die Klägerin entsprechend ihrer Einlassung gegenüber der Kammer nur hätte angeben können, dass sie sich wohl fühle. Im Übrigen sei der Beweis eines Kausalzusammenhangs zwischen den zu Beginn der Yogastunde aufgegebenen Übungen und dem Sturzereignis nicht geführt.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt.
Die Klägerin trägt nunmehr vor,
zwischen den Parteien sei durchaus ein Behandlungsvertrag zustande gekommen. Insoweit habe das Erstgericht nicht berücksichtigt, dass es sich beim Schwangerschafts-Yoga um eine spezielle Form des Yoga handele, die der Minderung der schwangerschaftsbedingten körperlichen Beschwerden diene und Kenntnisse einer Hebamme erfordere. Selbst wenn man einen Behandlungsvertrag verneine, müsse § 630a BGB analog angewendet werden, weshalb die Beklagte zu Beginn einer entsprechenden Behandlung eine Anamnese und eine Feststellung besonderer Risiken geschuldet habe. Die Beklagte habe den Kurs nämlich mit der Formulierung „Schwangerschafts-Yoga“ sowie mit ihrer medizinischen Qualifikation als Hebamme beworben. Derjenige, der sich in die Hände der Beklagten begebe, könne von einer besonderen Bewertung des eigenen Risikos ausgehen. Diese geschuldete Risikobewertung habe die Beklagte unterlassen. Dass die Beklagte das erforderliche Gespräch stattdessen am Ende der Stunde - als Reflektionsgespräch - habe führen wollen, sei ein systematisch fehlerhaftes Nichterheben von jeglichen Befunden.
Weiterhin sei die Klägerin eine Risikopatientin gewesen. Die Beschwerden wie Schwindelanfälle seien zwar lediglich zu Beginn der Schwangerschaft von der behandelnden Ärztin dokumentiert worden, diese seien aber fortlaufend vorhanden gewesen. Dem Beweisangebot zur Vernehmung der Zeugin Dr. F… sei das Erstgericht verfahrensfehlerhaft nicht nachgekommen.
Die Frage, ob die Beklagte angesichts der Vorgeschichte der Klägerin von den Yogaübungen hätte abraten müssen, sei nur durch einen Sachverständigen zu beantworten gewesen. Gleiches gelte für die Frage, ob es pflichtwidrig gewesen sei, die Klägerin an dem Kurs teilnehmen zu lassen.
Auch sei seitens der Beklagten eine Aufklärung über die Risiken geschuldet, denn die Beklagte habe als Vertragspartnerin ein überlegenes Wissen. Bei einer Aufklärung über die Risiken hätte sie an diesem Tag - auch angesichts der sommerlichen Temperaturen - den Kurs nicht besucht.
Auch die Kausalität zwischen der Teilnahme an der Yogastunde und dem Sturzereignis hätte das Landgericht nicht ohne sachverständige Beratung verneinen dürfen. Vielmehr seien die Yogastunde und die entsprechenden Bewegungen ursächlich für den Zusammenbruch gewesen.
Die Klägerin beantragt:
Unter Abänderung der Entscheidung des Landgerichts Frankenthal vom 21.11.2017 wird die Beklagte verurteilt,
1. an die Klägerin und Berufungsklägerin ein in der Höhe in das Ermessen des angerufenen Gerichts gestelltes Schmerzensgeld nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit 02.01.2017 zu bezahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagte und Berufungsbeklagte verpflichtet ist, der Klägerin und Berufungsklägerin alle weiteren materiellen und derzeit nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden aufgrund der sorgfaltswidrigen Behandlung am 13.07.2015 zu bezahlen,
3. die Beklagte und Berufungsbeklagte zu verurteilen, die außergerichtlichen Kosten der Klägerin und Berufungsklägerin in Höhe von 2.791,74 € zu bezahlen,
hilfsweise, die angefochtene Entscheidung vom 21.11.2017 aufzuheben und zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die Feststellungen des Erstgerichts. Eine Heilbehandlung entspreche nicht der Hauptleistung des zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrages. Die Schwangerschaft der Klägerin sei bereits keine Krankheit, von der die Klägerin „geheilt“ werden sollte. Auch stehe fest, dass sich die Beklagte vor Beginn der Übungen nach dem Befinden der Teilnehmer, insbesondere der Klägerin, erkundigt habe. Eine Risikoaufklärung sei nicht geschuldet, da der Kurs nicht mit Risiken belastet sei. Vor dem Hintergrund, dass der Klägerin sogar von der behandelnden Ärztin zu Yoga geraten worden sei, sei kein Grund ersichtlich, warum die Beklagte der Klägerin hätte abraten sollen. Auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu etwaigen Risiken von Schwangerschafts-Yoga sei nicht angezeigt, da die Kreislaufprobleme nicht während der Übung, sondern zwischen zwei Übungen erfolgten. Letztlich sei die Beklagte nicht für die Kreislaufschwäche der Klägerin verantwortlich, da die Klägerin nicht durch, sondern nur bei Gelegenheit des Yogakurses gestürzt sei.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Eine Haftung der Beklagten für die Folgen des Sturzereignisses während der Yogastunde kommt unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht.
Ein Anspruch aus § 280 Abs. 1 in Verbindung mit § 630a ff BGB scheidet mangels eines zwischen den Parteien abgeschlossenen Behandlungsvertrages aus (1.). Für einen Anspruch gem. § 280 Abs. 1 in Verbindung mit dem als Dienstvertrag zu qualifizierenden Vertrag zur Teilnahme am Schwangerschafts-Yoga-Kurs fehlt es jedenfalls an einer Pflichtverletzung der Beklagten (2.).
Im Einzelnen:
1. Indem die Beklagte als Veranstalterin den entgeltlichen Kurs „Schwangerschafts-Yoga“ anbot, den die Klägerin am 13. Juli 2015 als Teilnehmerin besuchte, kam zwar durch Antrag (§ 145 BGB) und Annahme (§ 147ff BGB) ein Vertrag zustande.
Entgegen der Auffassung der Berufung kann diese Vertragsbeziehung aber nicht als Behandlungsvertrag im Sinne des § 630a BGB qualifiziert werden. Gegenstand eines Behandlungsvertrages ist die medizinische Behandlung eines Menschen. Hierunter sind sämtliche Dienstleistungen zu verstehen, die physisches oder psychisches menschliches Leid lindern oder dessen Ursache beheben sollen (Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 5. Auflage, Rn. P 11a). Nach der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 17/10488, S.17) sind die charakterisierenden Hauptleistungen eines Behandlungsvertrages sämtliche Maßnahmen der Diagnose und Therapie, die dem Ziel dienen, Krankheiten, Leiden, Körperschäden, körperliche Beschwerden oder seelische Störungen nicht krankhafter Natur zu verhüten, zu erkennen, zu heilen oder zu lindern. Als Behandelnder im Sinne der Legaldefinition des § 630a Abs. 1 BGB kommen nicht nur Ärzte in Betracht, sondern auch Angehörige anderer Heilberufe; hierzu zählen auch und insbesondere Hebammen (vgl. Gesetzesbegründung, aaO, S. 18 ). Allerdings kommt es für das Vorliegen eines Behandlungsvertrages nicht darauf an, ob der Behandelnde die für die Ausübung eines medizinischen Berufes erforderliche Qualifikation oder Zulassung besitzt. Denn das Vorliegen eines Behandlungsvertrages richtet sich ausschließlich nach dem Inhalt der vereinbarten Hauptleistung, nicht nach dem Beruf der Vertragsparteien. Umgekehrt ist nicht jede Tätigkeit eines Angehörigen einer medizinischen Berufsgruppe automatisch Behandlung im Sinne des Gesetzes (vgl. Lafontaine in: Herberger/Martinek/Rüßmann, jurisPK-BGB, 8. Auflage, § 630a Rn. 111 ff).
In Anwendung dieser Grundsätze kann ein zwischen den Parteien geschlossener Behandlungsvertrag nicht festgestellt werden. Allerdings vermag der Senat die Bewertung des Erstgerichts, bei Yoga handele es sich generell um keine medizinische Behandlung, sondern um eine Sport- und Fitnesstätigkeit, nicht zu übernehmen. Ob ein entgeltlicher Vertrag, der Yoga-Inhalte zum Gegenstand hat, dem sachlichen Anwendungsbereich des § 630a BGB unterliegt, ist vielmehr eine Frage des Einzelfalls. Denkbar sind insoweit durchaus Fälle, in denen ein Yogalehrer ähnlich wie ein Physiotherapeut auf Heilung und Linderung gerichtete Tätigkeiten verübt.
Im vorliegenden Fall kommt bei der Bewertung dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass es sich aus Sicht der Klägerin nicht um eine Einzel-Behandlungsmaßnahme, sondern um die Teilnahme an einem Gruppenkurs handelte. Die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen ein Gruppenkursvertrag überhaupt ein Behandlungsvertrag sein kann, ist in der Rechtsprechung noch nicht geklärt und wird in der Kommentarliteratur nicht, bzw. allenfalls am Rande diskutiert. So werden als Beispiele, bei denen nicht von einem Behandlungsvertrag auszugehen ist, in der Kommentarliteratur etwa die Leistungen von Fitnesstrainern (Rehborn/Gescher in: Ermann, 15. Auflage, § 630 Rn. 15) oder eines Diätassistenten, der eine Informationsveranstaltung über gesunde Ernährung abhält (Lafontaine aaO Rn. 115), genannt.
Insoweit gibt der vorliegende Fall dem Senat Anlass, zur Anwendbarkeit der §§ 630a ff BGB bei einer Durchführung eines Gruppenkurses grundsätzlich Stellung zu nehmen.
Im Ausgangspunkt ist entscheidend, dass bei derartigen Gruppenkursen regelmäßig - und auch im vorliegenden Fall - die Durchführung von Übungen nach Vorgabe des Kursleiters im Vordergrund stehen, nicht jedoch die medizinische Behandlung des Einzelnen. Eine konkrete anamnestische, diagnostische oder einzeltherapeutische Vorgehensweise ist einem solchen Kurs gerade nicht immanent, sondern fremd.
Auch obliegt es in aller Regel grundsätzlich der (potenziellen) Kursteilnehmerin (gegebenenfalls nach Rücksprache mit einem Arzt) zu prüfen, ob sie die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine Kursteilnahme erfüllt. Es ist in dieser Situation dagegen grundsätzlich nicht die Aufgabe einer Kursleiterin, ungefragt eine - wie auch immer geartete - individuelle Risiko- oder Eignungsprüfung durchzuführen. Für ein Anamnesegespräch, das typischerweise nur zwischen den Parteien des Behandlungsvertrages stattfindet und der Verschwiegenheitspflicht des § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB unterliegt, wird regelmäßig schon aus praktischen Gründen in der Situation eines Gruppenkurses kein Raum sein.
Fallgestaltungen, in denen ein Gruppenkursvertrag als Behandlungsvertrag im Sinne des § 630a BGB angesehen werden kann, sind nach Auffassung des Senats zwar durchaus denkbar. Hierzu müssen aber weitere Aspekte hinzukommen, die zu der Bewertung führen, dass auch und gerade die individuelle Behandlung des Teilnehmers Vertragsgegenstand ist.
Derartige Anhaltspunkte sind vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich. Nicht ausreichend ist, dass der Kurs gerade für Schwangere angeboten wurde. Hiermit wird lediglich die Zielgruppe festgelegt und zum Ausdruck gebracht, dass im Rahmen des Kurses auf die zielgruppenspezifischen Besonderheiten Rücksicht genommen wird. Auch die Tatsache, dass der Kurs mit der Qualifikation der Beklagten als Hebamme beworben wird, spricht nicht für das Zustandekommen eines Behandlungsvertrages. Hiermit wird lediglich zum Ausdruck gebracht, dass die Beklagte aufgrund ihrer Ausbildung und Berufserfahrung die typischen Bedürfnisse schwangerer Kursteilnehmerinnen kennt. Mithin durfte die Klägerin nicht alleine aufgrund der Hebammenausbildung der Beklagten erwarten, dass vor jeder Kursteilnahme eine individuelle Anamnese, Diagnose oder auch nur eine Bewertung eines etwaigen Risikos vorgenommen wird. Eine derartige Leistung wurde weder angeboten noch eingefordert. Dass der Kurs gerade für die Zielgruppe der Schwangeren angeboten wird, spricht sogar gegen eine derartige Verpflichtung. Die Beklagte konnte nämlich gerade bei ihren schwangeren Kursteilnehmerinnen - und mithin auch bei der Klägerin - davon ausgehen, dass diese sich in einer fortlaufenden fachärztlichen Betreuung befinden, bei der regelmäßig auch eine individuelle Risikoprüfung stattfindet. So auch hier: Die Klägerin hat ausweislich der vorgelegten Patientenakte (Eintrag vom 11.06.2015, Bl. 24 d.A.) die beabsichtigte Yogakursteilnahme auch tatsächlich mit ihrer Gynäkologin besprochen. Daneben eine Verpflichtung der Beklagten zu einer individuellen Risikoprüfung anzunehmen, deren Kenntnisse vom Gesundheitszustand denjenigen der Ärztin jedenfalls weit unterlegen waren, liegt fern.
Weiterhin spricht auch der geringe Kurspreis (7 Euro pro Stunde) dafür, dass hier nur die reine Kursteilnahme geschuldet war und weitergehende Leistungen im Sinne des § 630a BGB nicht Vertragsgegenstand sein sollten.
Auch der Umstand, dass der Kurs in einem Krankenhaus abgehalten wurde, spricht jedenfalls dann nicht für das Vorliegen eines Behandlungsvertrages, wenn - wie hier - kein konkreter Bezug zu einer ambulanten oder stationären Behandlung gegeben ist.
Nach alledem kam mit der Durchführung und Inanspruchnahme eines Yogakurses kein Behandlungsvertrag zustande (vgl. auch BFH, Beschluss vom 12.02.2014, V B 100/13, der die Durchführung von Yoga-Kursen nicht als Heilbehandlung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne angesehen hat, wenn kein unmittelbarer Bezug zu Krankheiten gegeben ist).
2. Für eine analoge Anwendung der §§ 630a ff BGB ist entgegen der Auffassung der Berufung kein Raum. Insoweit ist bereits eine planwidrige Regelungslücke nicht erkennbar. Überdies ist das Regime der §§ 630a ff BGB ersichtlich auf Behandlungsverträge zugeschnitten.
3. Ein Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem als Dienstvertrag (genauer: typengemischter Vertrag mit dienstvertraglichem Schwerpunkt) zu qualifizierenden Kursvertrag scheidet aus. Wenn nach dem Vertragsinhalt eine Anamnese, Befunderhebung, Diagnose (etc.) nicht geschuldet war, stellt das Unterlassen derartiger Maßnahmen keine Pflichtverletzung dar. Eine Pflichtverletzung der Beklagten aufgrund der konkreten Kursgestaltung ist nicht ersichtlich. Dass etwa die abverlangten Yogaübungen entgegen der Zielgruppenbeschreibung für Schwangere allgemein ungeeignet waren, wurde nicht vorgetragen und ist angesichts des unstreitigen Kursverlaufes (Übungen im Liegen, Wechsel in den Vierfüßlerstand und anschließendes Aufstehen) fernliegend.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen durch die Teilnahme an einem Gruppenkurs ein Behandlungsvertrag im Sinne des § 630a BGB begründet wird und welche Verpflichtungen sich gegebenenfalls hieraus für die Behandlerseite ergeben, ist eine klärungsbedürftige Frage, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt.