Die Mutter der 14-jährigen Betroffenen verstarb 2021. Die Eheleute hatten ein gemeinsames Testament errichtet, in dem sie sich wechselseitig zu Alleinerben einsetzten, Vermächtnisanordnungen trafen, und u.a. Testamentsvollstreckungsanweisungen niederlegten. Sein Vater beantragte als Alleinerbe nach seiner verstorbenen Frau einen Erbschein. Das Nachlassgericht regte die Bestellung einer Ergänzungspflegschaft für den Minderjährigen im Erbscheinverfahren an.
Nachdem die Rechtspflegerin dem beschwerdeführenden Vater die Möglichkeit zur Stellungnahme zur Anregung gegeben hatte, die von diesem abgelehnt wurde, ordnete sie die Ergänzungspflegschaft an und bestellte den Beteiligten zu 2. zum Ergänzungspfleger. Dagegen legte der Vater Beschwerde ein. Das Oberlandesgericht (OLG) wies die Beschwerde nach Anhörung der minderjährigen Betroffenen zurück. Die nach § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 58 ff FamFG zulässige Beschwerde sei unbegründet, da die Voraussetzungen für eine Ergänzungspflegschaft nach §§ 1909 Abs. 1 S. 1, 1629 Abs. 2 S. 3, 1796 Abs. 2 1. Alt. BGB vorlägen.
§ 1909 Aabs. 1 S. 1 BGB bestimme, dass derjenige, der (wie die Minderjährige) unter elterlicher Sorge stünde, für Angelegenheiten, an denen die verhindert seien, einen Pfleger erhalte. Erforderlich sei eine tatsächliche oder rechtliche Verhinderung. Von einer gesetzlichen Vertretung sei der Vater nach §§ 1629 Abs. 2 S. 1 iVm. § 1795 BGB nicht ausgeschlossen; bei der Beantragung eines Erbscheins handele es sich nicht um ein Rechtsgeschäft iSv. § 1795 Abs. 1 BGB. Da auch ein Insichgeschäft bei der Beantragung eines Erbscheins nicht in Betracht käme, würde der Vertretung auch § 181 BGB nicht entgegenstehen.
Allerdings sei dem Vater als allein Sorgeberechtigten gem. § 1680 Abs. 1 BGB die Vertretungsmacht für das Erbscheinverfahren nach §§ 1629 Abs. 2 S. 3 Hs. 1, 1796 BGB zu entziehen. Die vertretungsmacht könne danach entzogen werden und soll auch entzogen werden, wenn das Interesse des Kindes zu dem Interesse des Sorgeberechtigten in erheblichem Gegensatz stünde. Dies sei hier der Fall. Es sei anzunehmen, wenn die unterschiedlichen Belange, Nutzen oder Vorteile der beiden Interessensträger ein rechtsgeschäftliches Verhalten in gegensätzlichem Sinne beeinflussen könnten, also das eigene Interesse nur auf Kosten des anderen gefördert werden könne und dies objektiv feststehen würde.
Vorliegend wolle der Vater seine Alleinerbenstellung erreichen. Dem würde der Geltendmachung eines möglichen Interesse seiner Tochter an der Feststellung eines anderen als vom Vater angestrebten Verfahrenszieles entgegenstehen.
Der Tochter und ihren Bruder seien als Vermächtnis im Testament € 800.000,00 zugewandt worden. Das OLG verweis auf die durch Auslegung vorzunehmende Abgrenzung von Vermächtnisnehmerstellung und Erbenstellung, § 2087 BGB. Die Auslegung könne zu einem anderen als vom Vater gewünschten Ergebnis führen und danach die beiden Kinder der Eheleute Miterben seien, was vom Vater bestritten würde. Hieraus resultiere der objektive Gegensatz zwischen den Interessen von Vater und Tochter, da er die von seinen Interessen abweichenden Interessen seiner Tochter an der Feststellung etwa einer Miterbenstellung nicht fördern könne. Damit sei nicht der Vorwurf verbunden, er verfolge nicht subjektiv das Wohl seiner Tochter.
Der Sorgerechtsentzug sei nur insoweit zulässig, als der Interessensgegensatz erheblich sei. Dies sei der Fall, wenn er eine genügende Vertretung des Kindes nicht erwarten lasse. Auch das sei hier zu bejahen. Der Vaters sei gehindert, im Erbscheinverfahren zugleich die Feststellung seiner Alleinerbschaft und eine etwaige davon abweichende Feststellung, den Belangen seiner Tochter gegebenenfalls objektiv besser gerecht werdenden Feststellung anzustreben. Die Prognose, die hier geboten sei, könne nicht dem Ergebnis des Erbscheinverfahrend vorweggreifen.
Die Entscheidung zur Bestellung eines Ergänzungspflegers sei auch verhältnismäßig, da ein milderes Mittel zur Wahrung der Interessen der Tochter nicht ersichtlich sei. Mit dem Argument, mit einem Ergänzungspfleger würde der Familienfriede gestört, sei der Vater ausgeschlossen; die unabhängige Prüfung der Interessen der Minderjährigen durch einen Unbeteiligten (dem Beteiligten zu 2.) und ggf. deren Geltendmachung im Erbscheinverfahren verspräche eine mindestes nebens hohe Eignung, den Familienfrieden zu erhalten, wie ein Verzicht auf eine umfassende unabhängige (rechtliche) Prüfung der kindlichen Interessen.
Auch wenn das Erbscheinverfahren vom Amtsermittlungsgrundsatz geprägt sei und die Auslegung des Testaments letztlich Sache des Nachlassgerichts sei, würde dadurch die Bedeutung der Anhörung der am Verfahren (kann-) beteiligten Jugendlichen (§ 345 FamFG) nicht reduziert. Auch in diesem Verfahren könnten Mitteilungen von außerhalb des Testaments liegende Umständen Einfluss haben , wie auch argumentativ auf die zu treffende Entscheidung Einfluss genommen werden. Dem würden die Vorschriften über die Gewährung rechtlichen Gehörs dienen (vgl. §§ 345 Abs. 1 S. 2m 7 Abs. 4, 37 Abs. 2 FamFG). Es bestünde zunächst ein recht der beteiligten darauf, von allen entscheidungserheblichen Grundlagen Kenntnis zu erlangen, was auch für minderjährige und nicht verfahrensfähige Personen gelte, die auf die Wahrnehmung ihrer Interessen durch gesetzliche Vertreter angewiesen seien.
Der hier einer Ergänzungspflegschaft entgegenstehende Wille der Tochter stünde der Entscheidung vorliegend nicht entgegen. Es würde hier nicht -wie der Vater meint - um die Entziehung des Sorgerechts gehen, sondern ausschließlich um die Vertretung im Erbscheinverfahren und damit einem Vermögensbelang. Der Ergänzungspfleger dürfe die Minderjährige auch nicht gegen deren Interessen vertreten. Zweck sei, ihre objektiv zu beurteilenden Interessen zu ermitteln und im Verfahren zur Geltung zu bringen und sie möglichst aus dem Erbscheinverfahren ergebenden familiären Meinungsverschiedenheiten herauszuhalten. Zudem habe die Jugendliche im Hinblick auf Umfang und Wirkung der Ergänzungspflegschaft Vorstellungen geäußert, die außerhalb jeglicher Realität und Rechtslage lägen
Tenor
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Nauen vom 11. Januar 2022 wird zurückgewiesen; klarstellend wird der Beschluss vom 11. Januar 2022 wie folgt neu gefasst:
Dem Beschwerdeführer wird die Vertretungsmacht für das Kind J... M... K..., geboren am ... 2008, im Erbscheinsverfahren nach der verstorbenen Kindesmutter P... E... K... entzogen.
Soweit dem Beschwerdeführer die Vertretungsmacht entzogen ist, wird Ergänzungspflegschaft angeordnet.
Als Ergänzungspfleger wird Herr Rechtsanwalt H... E..., ...straße ..., ... F..., in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit eingesetzt.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer ist der sorgeberechtigte Vater der betroffenen 14jährigen J... K.... Die Ehefrau des Beschwerdeführers und Mutter der betroffenen Jugendlichen, Frau P... E... K... ist am … 2021 verstorben. Am 5. Oktober hat der Beschwerdeführer die Erteilung eines Erbscheins nach seiner verstorbenen Frau beantragt, der seine Alleinerbenstellung ausweisen soll. Das Nachlassgericht hat die Bestellung eines Ergänzungspflegers zur Vertretung der Minderjährigen J... im Erbscheinsverfahren angeregt.
Vor dem Ableben der P... E... K... hatten die Eheleute K... ein 8seitiges Testament errichtet, welches wechselseitige Einsetzung des Letztversterbenden zum alleinigen Vollerben sowie umfangreiche Vermächtnisanordnungen, Testamentsvollstreckeranweisungen und weitere Anordnungen enthält (Bl. 8-12).
Das Amtsgericht - Rechtspflegerin - hat dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben, sich schriftlich zu äußern und durch den angefochtenen Beschluss (Bl. 18 ff.) für die betroffene Jugendliche eine Ergänzungspflegschaft für das Erbscheinsverfahren, das in der Beschlussformel offenbar versehentlich als "Erbschaftsverfahren" bezeichnet ist, angeordnet und den Beteiligten zu 2. als Ergänzungspfleger ausgewählt.
Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde erstrebt der Beschwerdeführer die Aufhebung der Ergänzungspflegschaft und macht geltend, die Voraussetzungen für die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft nach § 1909 BGB seien nicht erfüllt. Weder sei er gemäß §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 BGB von der Vertretung ausgeschlossen, noch liege ein Fall des §§ 1629 Abs. 2 S. 3, 1796 Abs. 2 BGB vor. Ein erheblicher Interessengegensatz zwischen Vater und Tochter bestehe im Erbscheinsverfahren nicht.
Der Senat hat die Sache auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen, die den Beschwerdeführer und die betroffene Jugendliche persönlich angehört hat. Der Beteiligte zu 2. hat sich schriftlich geäußert.
II.
Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde des Beschwerdeführers ist unbegründet. Das Amtsgericht hat im Ergebnis zu Recht Ergänzungspflegschaft angeordnet, weil die Voraussetzungen hierfür nach §§ 1909 Abs. 1 S. 1, 1629 Abs. 2 S. 3, 1796 Abs. 2, 1. Alt. BGB vorliegen.
Nach § 1909 Abs. 1 S. 1 BGB erhält, wer unter elterlicher Sorge steht, für Angelegenheiten, an denen die Eltern verhindert sind, einen Pfleger. Die Eltern müssen an der Besorgung von einzelnen Angelegenheiten für das Kind tatsächlich oder rechtlich verhindert sein (MüKo BGB/Schwab, 7. A., § 1909 BGB, Rn. 11).
1. Eine Verhinderung des Beschwerdeführers ergibt sich nicht aus §§ 1629 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 1795 BGB. Der Beschwerdeführer ist von der gesetzlichen Vertretung seiner Tochter nicht schon kraft Gesetzes ausgeschlossen. Ein Ausschlussgrund nach den genannten Vorschriften liegt nicht vor. Die Beantragung eines Erbscheins ist kein Rechtsgeschäft im Sinne des § 1795 Abs. 1 BGB.
Ein Ausschlussgrund ergibt sich auch nicht aus § 181 BGB, denn ein Insichgeschäft im Sinne dieser Vorschrift steht im Rahmen des Erbscheinsverfahrens nicht im Raum.
2. Dem Beschwerdeführer als dem gemäß § 1680 Abs. 1 BGB allein Sorgeberechtigten ist die Vertretungsmacht für das Erbscheinsverfahren nach §§ 1629 Abs. 2 S. 3 Hs. 1, 1796 BGB zu entziehen. Nach diesen Vorschriften kann das Familiengericht den Sorgeberechtigten die Vertretung für einzelne Angelegenheiten oder für einen bestimmten Kreis von Angelegenheiten entziehen. Nach Abs. 2, 1. Alt. der Vorschrift soll es dies nur dann tun, wenn das Interesse des Kindes zu dem Interesse des Sorgeberechtigten in erheblichem Gegensatz steht.
Diese Voraussetzung ist hier zu bejahen. Ein Interessengegensatz besteht, wenn die unterschiedlichen Belange, Nutzen oder Vorteile der beiden Interessenträger ein rechtsgeschäftliches Verhalten in gegensätzlichem Sinne beeinflussen können, wenn also die Förderung des einen Interesses nur auf Kosten des anderen möglich ist, wobei eine objektive Beurteilung zu erfolgen hat (vgl. Heilmann/Fink, Praxiskommentar Kindschaftsrecht, 2. A, 2020, § 1629 BGB Rn. 24; OLG Köln FamRZ 2001, 430). Der Interessengegensatz muss im Verfahren konkret feststehen; die bloße Möglichkeit oder Vermutung des Interessengegensatzes genügt nicht (Lafontaine/Herberger in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 1796 BGB (Stand: 18.07.2022), Rn. 11).
Ein Interessengegensatz liegt hier vor. Der Beschwerdeführer will im Erbscheinsverfahren seine Alleinerbenstellung feststellen lassen. Dieses Interesse steht der Geltendmachung eines möglichen Interesses seiner Tochter an der Feststellung eines anderen als des vom Vater verfolgten Verfahrensziels im Erbscheinsverfahren entgegen.
Dem betroffenen Kind und seinem Bruder ist nach dem Testament ein Vermächtnis im Wert von 800.000 € zugewandt. Die Abgrenzung zwischen Vermächtnisnehmer- und Erbenstellung erfolgt nach den zu § 2087 BGB entwickelten Grundsätzen (vgl. MüKo/BGB/Leipold, 8. A., 2020, Einl. z. Erbrecht, Rn. 246). Die Regelungen im Testament sind auslegungsbedürftig. Es könnte ein anderes Ergebnis als die vom Beschwerdeführer beantragte Feststellung von dessen Alleinerbenstellung unter Berücksichtigung beiden Kinder der Erblasserin und des Beschwerdeführers in Betracht zu ziehen sein. Dieses Verständnis teilt der Vater nicht. Er vertritt die Auffassung, seine Kinder seien nicht neben ihm zu Miterben berufen. Hieraus folgt der objektive Gegensatz zwischen seinem Interesse und demjenigen des betroffenen Kindes. Er kann sein eigenes Interesse an der Feststellung seiner Alleinerbenstellung denknotwendig nur auf Kosten eines möglichen hiervon abweichenden Interesses seiner Tochter an der Feststellung etwa einer (Mit-)Erbenstellung fördern (vgl. jurisPK-BGB, 9. A., 2020, § 1796 BGB Rn. 17; Staudinger/Veit a.a.O., § 1796 BGB Rn. 67).
Mit der Bejahung eines objektiven Interessengegensatzes ist nicht der Vorwurf an den Elternteil verbunden, er verfolge nicht subjektiv das Wohl seines Kindes.
Einem Sorgeberechtigten ist die Vertretungsmacht nur insoweit zu entziehen, als der Interessengegensatz erheblich ist. Erheblich ist ein Interessengegensatz dann, wenn er eine genügende Berücksichtigung der Interessen des Kindes durch den vertretenden Elternteil nicht erwarten lässt (OLG Frankfurt JAmt 2013, 667 (668); OLG Karlsruhe NJW-RR 2012, 839 (840); BayObLG FamRZ 2004, 906 (907); BeckOK BGB/Veit, 63. Ed. 1.5.2022, BGB § 1629 Rn. 66).
Dies ist bezogen auf das hier in Rede stehende Erbscheinsverfahren zu bejahen. Denn der Beschwerdeführer ist naturgemäß gehindert im Erbscheinsverfahren zugleich die Feststellung seiner Alleinerbenstellung und eine etwa hiervon abweichende Feststellung, den Belangen der Tochter gegebenenfalls objektiv besser gerecht werdende Feststellung zu erstreben. Ob das Testament in dem Sinne auszulegen sein wird, in dem es der Beschwerdeführer versteht oder anders, bleibt dem Ergebnis des Erbscheinsverfahrens vorbehalten. Die ausführliche Verteidigung seines Verständnisses des gemeinschaftlichen Testaments durch den Beschwerdeführer im vorliegenden Beschwerdeverfahren (Bl. 57R f., 91R), ist jedenfalls gerade nicht geeignet, Zweifel am Vorliegen eines Interessengegensatzes hervorzurufen. Der Prognose, er könnte mögliche von seinem Antrag im Erbscheinsverfahren abweichende Interessen seiner Tochter in Betracht ziehen oder gar im Erbscheinsverfahren zur Geltung bringen, steht sie entgegen.
Liegen - wie hier - die Voraussetzungen der §§ 1629 Abs. 2 S. 3, 1796 Abs. 2 BGB vor, so hat das Familiengericht die Vertretungsmacht insoweit zu entziehen und einen Ergänzungspfleger zu bestellen (vgl. Staudinger/Veit, 2020, § 1796 BGB, Rn. 46; Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger/Lafontaine, jurisPK-BGB, 9. A., § 1796 Rn. 34).
Die Entscheidung ist auch verhältnismäßig, weil ein milderes Mittel zur Gewährleistung der Interessenwahrung der Minderjährigen im Erbscheinsverfahren nicht ersichtlich ist. Soweit der Beschwerdeführer argumentiert, die Bestellung eines Ergänzungspflegers würde den Familienfrieden stören, ist dem entgegenzuhalten, dass die objektive und unabhängige Prüfung der Interessen der minderjährigen Betroffenen durch einen Unbeteiligten und gegebenenfalls ihre Geltendmachung im Erbscheinsverfahren eine mindestens ebenso hohe Eignung verspricht, dem Familienfrieden langfristig zu dienen wie der Verzicht auf eine umfassende unabhängige (rechtliche) Prüfung der kindlichen Interessen insoweit.
An dieser Beurteilung ändert auch der Umstand nichts, dass das Erbscheinsverfahren vom Amtsermittlungsgrundsatz geprägt ist und die Auslegung des Testaments letztlich Sache des Nachlassgerichts sein wird (OLG Nürnberg NJW-RR 2022, 1016). Die Beherrschung des Verfahrens durch den Amtsermittlungsgrundsatz reduziert nicht die Bedeutung der Anhörung der am Verfahren (kann-)beteiligten Jugendlichen (§ 345 Abs. 1 FamFG, vgl. Bl. 17). Auch in einem solchen Verfahren kann sowohl durch Mitteilung von außerhalb des Testaments liegenden Umständen als auch argumentativ auf die zu treffende Entscheidung Einfluss genommen werden und das Interesse gefördert werden (vgl. OLG Köln, a.a.O.). Gerade diesem Zweck dienen die Vorschriften über die Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. §§ 345 Abs. 1 S. 2, 7 Abs. 4, 37 Abs. 2 FamFG). Der verfassungsrechtlich in Art. 103 Abs. 1 GG verankerte Grundsatz rechtlichen Gehörs bezweckt - gerade auch im Amtsverfahren - den Betroffenen nicht im Status eines bloßen Objekts des Verfahrens zu belassen, sondern ihn vor Entscheidungen, die seine Rechte betreffen, zu Wort kommen zu lassen, damit er Einfluss auf das Verfahren und dessen Ergebnis nehmen kann (vgl. BVerfG NJW 1993, 2229). Er gebietet den Gerichten überdies das Beteiligtenvorbringen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (BVerfG BeckRS 2019, 16042 m.w.N.), damit den Beteiligten die effektive Möglichkeit gegeben wird, die Willensbildung des Gerichts zu beeinflussen. In diesem Zusammenhang besteht zunächst ein Recht der Beteiligten darauf, von allen entscheidungserheblichen Grundlagen Kenntnis zu erlangen (MüKoFamFG/Ulrici, 3. Aufl. 2018, FamFG § 37 Rn. 20). Dies gilt gerade auch für minderjährige und nicht verfahrensfähige Personen, die auf die Wahrnehmung ihrer Interessen durch gesetzliche Vertreter angewiesen sind.
Der entgegenstehende Wille der betroffenen Jugendlichen steht der Entscheidung vorliegend nicht entgegen. Auf ihre Neigungen und Bindungen kommt es in dem Verfahren, in dem es, anders als der Beschwerdeführer meint (Schriftsatz vom 28. September 2022, Bl. 92), nicht um eine Entziehung des Sorgerechts geht (Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger/Lafontaine, jurisPK-BGB, 9. A., § 1796 BGB Rn. 46), sondern ausschließlich um ihre Vertretung im Erbscheinsverfahren, und damit einen Vermögensbelang, nicht entscheidend an (vgl. hierzu Peschel-Gutzeit, NZFam 2014, 433). Der Ergänzungspfleger darf die Jugendliche auch nicht, wie der Beschwerdeführer offenbar annimmt, "gegen ihre Interessen" (Bl. 57R) vertreten. Zweck seiner Einsetzung ist es gerade, ihre - objektiv zu beurteilenden - Interessen zu ermitteln und im Verfahren zur Geltung zu bringen und sie persönlich aus möglichen sich aus dem Erbscheinsverfahren ergebenden familiären Meinungsverschiedenheiten herauszuhalten.
Zudem hat die Jugendliche Vorstellungen im Hinblick auf Umfang und Wirkung der Ergänzungspflegschaft geäußert, die keinerlei Grundlage in Realität und Rechtslage finden. Insoweit wäre es Aufgabe des sorgeberechtigten Beschwerdeführers, der Jugendlichen ihre unbegründeten Ängste vor dem Verlust der ihr zustehenden Werte durch den Ergänzungspfleger zu nehmen.
Das Amtsgericht hat auch zu Recht geprüft, ob die Mitwirkung eines Rechtskundigen erforderlich ist und diese Frage bejaht.
Tatsächlich klarzustellen ist, dass die Pflegerbestellung für die Vertretung im Erbscheinsverfahren erfolgt. Mit der Beschwerdeentscheidung geht das Beschwerdegericht im vorliegenden amtswegig zu führenden Verfahren nicht über die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Schlechterstellung des Beschwerdeführers hinaus. Die Anordnung der Ergänzungspflegschaft geht mit dem Fehlen der Vertretungsmacht im entsprechenden Umfang notwendig einher. Die Tatsache, dass das Amtsgericht als Grundlage der Anordnung einen Ausschluss der Vertretungsmacht kraft Gesetzes angenommen hatte, während richtig ein Entziehensgrund gemäß §§ 1629 Abs. 2 S. 3, 1796 BGB festzustellen ist, stellt den Beschwerdeführer nicht schlechter als die angefochtene Entscheidung über die Anordnung der Ergänzungspflegschaft.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.
Ein Verfahrenswert ist nicht festzusetzen. Endet ein Kindschaftsverfahren mit der Anordnung einer Pflegschaft, wird die Gebühr der Nr. 1310 KV FamGKG nach Anm. I Nr. 3 nicht erhoben, sondern nur eine Gebühr nach Nr. 1312 KV FamGKG, die sich aber nicht nach dem Wert richtet (Volpert in HK-FamGKG, 3. Aufl. 2019, Nr. 1310 Rn. 62 a; Schneider in Gesamtes Kostenrecht Nr. 1310 KV FamGKG Rn. 37; BeckOK Streitwert/Dürbeck Familienrecht - Sorgerechtsverfahren Rn. 9 a; vgl. Schneider in NZFam 2020, 927).
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor (§ 70 Abs. 2 FamFG).