Kurze Inhaltsangabe:
Der BGH musste sich hier mit der Norm des § 1357 Abs. 1 BGB auseinandersetzen, derzufolge die Eheleute ohne Zustimmung des jeweils anderen Ehegatten für diesen rechtlich bindend und verpflichtend angemessene Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs der Familie abschließen darf. Vorliegend ging es um die Kündigung einer Vollkaskoversicherung durch den Ehemann, auf Grund der die Versicherung bei einem späteren Schadensfall keine Leistung an die Ehefrau als Versicherungsnehmerin leistete.
Die Klägerin unterhielt bei der Beklagten eine Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung für ein auf ihren Ehemann zugelassenes Fahrzeug. Am 22.12.2014 unterschrieb der Ehemann ein Kündigungsschreiben zu Kaskoversicherung zum 01.01.2015, worauf die Beklagte einen neuen Versicherungsschein (der nicht mehr die Kaskoversicherung umfasste) ausstellte und diesen mit einer Widerrufsbelehrung versah. Im Oktober 2015 wurde das Fahrzeug bei einem selbstverschuldeten Unfall beschädigt. Die Klägerin widerrief mit Schreiben vom 14.01.2016 die Kündigung zur Vollkaskoversicherung und machte die Reparaturkosten abzüglich Selbstbeteiligung geltend.
Klage und Berufung der Klägerin blieben erfolglos. Mit der zugelassenen Revision verfolgte die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter. Der BGH wies die Revision zurück.
Das OLG, so der BGH, habe der Klägerin die Kündigungserklärung des Ehemanns der Klägerin dieser nicht nach § 164 BGB zugerechnet. Zwar habe er offensichtlich im Namen der Klägerin gehandelt, da im Briefkopf des Schreibens der Name der Klägerin gestanden habe. Allerdings habe die dazu darlegungs- und beweisbelastete Beklagte dargelegt noch das OLG festgestellt, dass der Ehemann der Klägerin von dieser auch tatsächlich mit der Kündigung bevollmächtigt worden sei. Die Voraussetzungen für eine Duldungs- und Anscheinsvollmacht seien auch nicht festgestellt worden. Eine gesetzliche Vertretungsmacht des Ehegatten würde das BGB nicht kennen (vgl. auch BT-Drucks. 15/2494 S. 16).
Allerdings habe der Ehemann der Klägerin gem. § 1357 Abs. 1 BGB die Vollkaskoversicherung auch mit Wirkung für die Klägerin wirksam gekündigt, wie vom OLG zutreffend angenommen.
Dieser Kündigung würde nicht entgegenstehen, dass nach dem äußeren Erscheinungsbild der Ehemann der Klägerin für diese die Kündigung ausgesprochen habe. Bei einem ausdrücklichen Handeln im Namen des Ehegatten käme es regelmäßig über § 1357 Abs. 1 BGB auch zu einer Mitverpflichtung des handelnden Ehegatten wenn dieser nicht den Ausschluss seiner eigenen Mitverpflichtung eindeutig offenlege (BGHZ 91, 1). Das sei vorliegend jedenfalls nicht erfolgt, weshalb die Form nicht gegen § 1357 Abs. 1 BGB spräche.
Voraussetzung sei mithin, dass die Kündigung der Vollkaskoversicherung in den Anwendungsbereich des § 1357 BGB falle. Dies sei der Fall, wenn das mit der Kündigung korrespondierende Geschäft des Abschlusses dieser Versicherung selbst, ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie iSv. § 1357 Abs. 1 BGB wäre. In diesen Fällen könne und würde der Ehegatte regelmäßig den anderen Ehegatten mit berechtigen und verpflichten, wenn sich nicht aus den jeweiligen Umständen des Einzelfalls anderweitiges ergäbe.
Unter Darlegung der Bedeutung des § 1356 BGB a.F. bis zur Reform des Ehe- und Familienrechts 1976 (der Ehefrau die Berechtigung zu verschaffen, Geschäfte im häuslichen Wirkungskreis wirksam abzuschließen), führt der BGH aus, dass nunmehr § 1357 BGB jedem Ehegatten di Befugnis zur Verpflichtung auch des anderen Partners einräume und nicht mehr den Zweck habe, die dem Ehegatten zugewiesenen Aufgaben zu ermöglichen. Die Ehegatten seien einander verpflichtet mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten (§ 1360 S. 1 BGB)m weshalb sich das Gestz in § 1357 BGB an der „angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie“ orientiere. Es handele sich um einen unterhaltsrechtlichen Begriff, bei dessen Auslegung §§ 1360, 1360a BGB herangezogen werden könnten.
Die Reichweite des Familienbedarfs würde sich individuell bestimmen. Es käme auf den Lebenszuschnitt der Familie an. Ferner verlange § 1357 Abs. 1 BGB die „angemessene“ Deckung. Dem läge zugrunde, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers Geschäfte größeren Umfangs ohne Schwierigkeiten zurückgestellt werden könnten (BT-Drucks, 7/4361 S. 26). Dies schütze den am Rechtsgeschäft nicht beteiligten Ehegatten.
Versicherungen könnten nicht pauschal aus dem Anwendungsbereich des § 1357 BGB herausgenommen werden. Entscheidend sei der Bezug zum Lebensbedarf der Familie. Hier käme es auf den individuellen Zuschnitt an. Der Tatrichter habe dann festzustellen, ob es sich um ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie handele.
Anerkannt sei danach, dass je nach Vermögens- und Einkommensverhältnissen auch Aufwendungen zur Anschaffung und zum Betrieb eines PKW oder für die Kfz-Haftpflichtversicherung zum angemessenen Familienunterhalt gehören können. Auch die Reparatur des Fahrzeuges könne dazu gehören.
Bei dem Fahrzeug handele es sich hier um das einzige Fahrzeug der fünfköpfigen Familie. Vor dem Hintergrund, dass das Fahrzeug auf den Ehemann zugelassen sei und sich der monatliche Anteil an der Vollkaskoversicherung mit € 144,90 noch in einem angemessenen Rahmen bezogen auf die Bedarfsdeckung der Familie bewege, halte sich die Annahme des OLG, einer vorherigen Abstimmung der Ehegatten über den Abschluss der Vollkaskoversicherung habe es nicht bedurft, im Rahmen zulässiger tatrichterlicher Würdigung. Dies auch vor dem Hintergrund, dass die Kaskoversicherung weniger der Unterhaltung als der Vermögenssicherung diene, da es sich um das einzige Fahrzeug gehandelt habe und die Versicherung mithin den Erhalt des Fahrzeuges für die Familie sichern solle.
Die Kündigung könne hier auch nach § 1357 Abs. 1 BGB von einem der Ehegatten vorgenommen werden. § 1357 BGB führe zu einer Mitberechtigung und Mitverpflichtung des jeweils anderen Ehegatten; die Mitverpflichtung führe zu einer gesamtschuldnerischen Haftung, die Mitberechtigung begründe eine Gesamtgläubigerschaft. Gestaltungsrechte (hier die Kündigung) müssten zwar grundsätzlich von den Gesamtgläubigern gemeinsam ausgeübt werden. Etwas anderes gelte aber im Bereich des § 1357 Abs. 1 BGB, nachdem ein Partner für den anderen Rechte und Pflichten begründen könne, weshalb es spiegelbildlich erlaubt sein müsse, sich mit Wirkung auch für und gegen den anderen Partner sich von diesen wieder zu lösen, unabhängig davon, welcher der Partner die eingegangene Verpflichtung ursprünglich begründet habe.
Der Widerruf der Kündigung durch die Klägerin sei unbeachtlich, da es sich bei der Kündigung um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung handele. Zur Rücknahme hätte es hier der Zustimmung der Beklagten bedurft.
BGH, Urteil vom 18.02.2018 - XII ZR 94/17 -
Aus den Gründen:
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 12. Januar 2017 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Leistung aus einem Vertrag über eine Vollkaskoversicherung in Anspruch.
Die Klägerin unterhielt bei der Beklagten eine Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung für ein auf ihren Ehemann zugelassenes Fahrzeug der Marke BMW 525d. Mit einem vom Ehemann unterzeichneten Schreiben vom 22. Dezember 2014 wurde die Vollkaskoversicherung zum 1. Januar 2015 gekündigt. Hierauf fertigte die Beklagte einen – die Vollkaskoversicherung nicht mehr enthaltenden – Versicherungsschein vom 22. Dezember 2014 aus, der eine Widerrufsbelehrung enthielt, und erstattete überschießend geleistete Beiträge.
Das versicherte Fahrzeug wurde am 5. Oktober 2015 bei einem selbst verschuldeten Unfall beschädigt. Die Reparaturkosten belaufen sich auf insgesamt 12.601,28 € zuzüglich Umsatzsteuer. Mit Schreiben vom 14. Januar 2016 widerrief die Klägerin die Kündigung der Vollkaskoversicherung.
Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung der kalkulatorischen Reparaturkosten abzüglich der vereinbarten Selbstbeteiligung in Höhe von 300 €, insgesamt also auf 12.301,28 €, sowie auf außergerichtliche Anwaltskosten von 958,18 €, jeweils nebst Zinsen, abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihre Berufung zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision.
Die Revision hat keinen Erfolg.
A.
Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass der Ehemann der Klägerin die Vollkaskoversicherung wirksam zum 1. Januar 2015 gekündigt habe. Für den am 5. Oktober 2015 eingetretenen Versicherungsfall habe daher kein Versicherungsschutz mehr bestanden.
Der Ehemann der Klägerin sei gemäß § 1357 Abs. 1 BGB berechtigt gewesen, den von der Klägerin geschlossenen Versicherungsvertrag – auch mit Wirkung für die Klägerin – zu kündigen. § 1357 BGB erlaube jedem Ehegatten allein nicht nur die Begründung von Rechten und Pflichten mit Wirkung für und gegen den Partner, sondern auch deren Abänderung mit Wirkung für beide Ehegatten. Hieraus folge, dass der Ehemann der Klägerin den von ihr geschlossenen Vertrag über die Vollkaskoversicherung auch mit Wirkung für die Klägerin habe kündigen können. Ihrer Mitwirkung habe es hierzu nicht bedurft.
Sowohl der Abschluss als auch die Kündigung des Vertrags über die Vollkaskoversicherung stellten nach den gesamten Umständen des Falles ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Ehegatten dar. Was zum Lebensbedarf eines Ehepaares oder einer Familie gehöre, bestimmten zunächst die jeweiligen Verhältnisse der Ehegatten, die jedoch nicht mit deren Einkommensverhältnissen identisch zu sein bräuchten. Im Interesse des Rechtsverkehrs komme es entscheidend auf den Lebenszuschnitt der Eheleute oder der Familie an, wie er nach außen in Erscheinung trete. In den durch die Verhältnisse der Ehegatten gezogenen Grenzen sei der nach den §§ 1360, 1360 a BGB bemessene Lebensbedarf umfassend zu verstehen. Die Berechtigung solle sich nach dem Willen des Gesetzgebers allerdings nicht auf Geschäfte größeren Umfangs erstrecken, die ohne Schwierigkeiten zurückgestellt werden könnten bzw. bei denen grundsätzlich eine vorherige Verständigung der Ehegatten erforderlich erscheine und in der Regel auch stattfinde.
Bei dem versicherten Fahrzeug handele es sich um das Familienfahrzeug, das auf den Ehemann der Klägerin zugelassen gewesen sei und für das sie den Versicherungsvertrag abgeschlossen habe. Die Prämie für die Vollkaskoversicherung habe sich auf monatlich 144,90 € belaufen. Der Abschluss oder die Kündigung einer Vollkaskoversicherung mit einer Prämienbelastung in dieser Höhe stelle nach dem vorliegend nach außen in Erscheinung getretenen Lebenszuschnitt der Familie der Klägerin kein Rechtsgeschäft dar, bei dem in der Regel eine vorherige Verständigung der Ehegatten geboten sei und auch stattfinde. Nachdem der Ehemann der Klägerin Eigentümer des Fahrzeugs gewesen sei, könne nicht angenommen werden, dass der damit zusammenhängende Versicherungsschutz seinem Handlungsbereich im konkreten Fall entzogen sein sollte.
Die Klägerin habe die Kündigung auch nicht wirksam widerrufen können. Ein Widerrufsrecht der Klägerin gemäß § 8 VVG bestehe nicht. Sinn und Zweck der Einräumung eines Widerrufsrechts bestehe darin, die Eingehung einer Verpflichtung einem Reuerecht zu unterwerfen. Die Kündigung entfalte demgegenüber als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung im Zeitpunkt ihres Zugangs beim Versicherer endgültig ihre Gestaltungswirkung, ohne dass dem Versicherungsnehmer ein Reuerecht eingeräumt werde. In der dem geänderten Versicherungsschein beigefügten Widerrufsbelehrung könne auch nicht die vertragliche Vereinbarung eines Widerrufsrechts bezüglich der erfolgten Kündigung erblickt werden.
B.
Das hält rechtlicher Überprüfung stand.
I.
Das Oberlandesgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die von ihrem Ehemann erklärte Kündigung nicht nach den Regeln der Stellvertretung gemäß §§ 164 ff. BGB der Klägerin zuzurechnen ist.
Zwar hat der Ehemann offensichtlich im Namen der Klägerin gehandelt, weil das von ihm unterzeichnete Kündigungsschreiben im Briefkopf (ausschließlich) den Namen der Klägerin aufweist. Jedoch hat weder das Oberlandesgericht feststellen können noch die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (vgl. Palandt/Ellenberger BGB 77. Aufl. § 164 Rn. 18 mwN) dargelegt, dass die Klägerin ihren Ehemann hierzu bevollmächtigt habe. Auch zu den Voraussetzungen einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht sind keine Feststellungen getroffen. Eine gesetzliche Vertretungsmacht unter Ehegatten kennt das Bürgerliche Gesetzbuch indes nicht (vgl. BT-Drucks. 15/2494 S. 16).
II.
Das Oberlandesgericht hat zudem in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise erkannt, dass der Ehemann die Vollkaskoversicherung gemäß § 1357 Abs. 1 BGB auch mit Wirkung für die Klägerin wirksam gekündigt hat.
1. Entgegen der Auffassung der Revision steht es der Anwendung des § 1357 Abs. 1 BGB nicht entgegen, dass der Ehemann die Kündigung nach den äußeren Umständen ersichtlich im Namen der Klägerin ausgesprochen hat. Bei ausdrücklichem Handeln im Namen des Ehegatten kommt es regelmäßig über § 1357 Abs. 1 BGB auch zu einer Mitverpflichtung des handelnden Ehegatten, es sei denn, der Ausschluss der eigenen Mitverpflichtung ist eindeutig offengelegt (Senatsurteil BGHZ 94, 1 = FamRZ 1985, 576). Solches hat das Oberlandesgericht nicht festgestellt.
2. Freilich kann die Kündigung der Vollkaskoversicherung nur in den Anwendungsbereich des § 1357 BGB fallen, wenn das mit ihr korrespondierende Grundgeschäft, also der Abschluss der Vollkaskoversicherung selbst, ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie im Sinne von § 1357 Abs. 1 Satz 1 BGB wäre. Hiervon ist das Oberlandesgericht auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen zu Recht ausgegangen.
a) Gemäß § 1357 Abs. 1 Satz 1 BGB ist jeder Ehegatte berechtigt, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen. Nach § 1357 Abs. 1 Satz 2 BGB werden durch solche Geschäfte beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet, es sei denn, dass sich aus den Umständen etwas anderes ergibt.
aa) Die auf dem Ersten Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts vom 14. Juni 1976 (BGBl. I S. 1421, 1422) beruhende Fassung der Vorschrift knüpft nicht mehr an die nach früherem Recht bestehende Pflicht der Frau an, den Haushalt in eigener Verantwortung zu führen (§ 1356 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F.) und ihr dementsprechend die Berechtigung zu geben, Geschäfte innerhalb ihres häuslichen Wirkungskreises mit Wirkung für den Mann zu besorgen ("Schlüsselgewalt" – grundlegend dazu Senatsurteil BGHZ 94, 1 = FamRZ 1985, 576, 577; s. auch BGH Urteil vom 11. März 2004 - III ZR 213/03 - FamRZ 2004, 778 mwN). Denn § 1356 BGB überlässt die Aufgabenverteilung in der ehelichen Gemeinschaft den Partnern selbst.
Die Rechtsmacht zur Verpflichtung auch des Partners, die § 1357 BGB nunmehr jedem der Ehegatten einräumt, dient also nicht mehr dem Zweck, dem Handelnden die Erfüllung von bestimmten, ihm zugewiesenen Aufgaben zu ermöglichen. Daher kann die (jetzt beiderseitige) Rechtsmacht nicht mehr funktional – nach dem zur Erfüllung vorgegebener Aufgaben Erforderlichen – bestimmt und begrenzt werden. Nach wie vor sind die Ehegatten jedoch einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten (§ 1360 Satz 1 BGB). Deshalb orientiert sich das Gesetz in § 1357 BGB nunmehr an der "angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie", also an einem unterhaltsrechtlichen Begriff, bei dessen Auslegung die §§ 1360, 1360 a BGB herangezogen werden können (Senatsurteil BGHZ 94, 1 = FamRZ 1985, 576, 577 mwN).
Wie weit der Lebensbedarf der Familie reicht, bestimmt sich familienindividuell nach den Verhältnissen der Ehegatten (s. § 1360 a Abs. 1 BGB). Ihre Einkünfte und ihr Vermögen, die diese Verhältnisse in erster Linie prägen, werden dem Vertragspartner allerdings häufig verborgen bleiben. Deshalb kommt es bei der Anwendung des § 1357 BGB – wie schon bei der Schlüsselgewalt des früheren Rechts – entscheidend auf den Lebenszuschnitt der Familie an, wie er nach außen in Erscheinung tritt. Übersteigt dieses Erscheinungsbild nach spezifischen und konkreten Anhaltspunkten den aufgrund der tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten zu erwartenden Lebenszuschnitt, so erhöht das im Grundsatz den Umfang der nach § 1357 BGB möglichen Mitverpflichtung (Senatsurteil BGHZ 94, 1 = FamRZ 1985, 576, 577 mwN).
Die Vorschrift des § 1357 Abs. 1 BGB verlangt weiterhin, dass die Deckung des Lebensbedarfs der Familie "angemessen" sein muss. Dem liegt die im Gesetzgebungsverfahren geäußerte Vorstellung zugrunde, dass "Geschäfte größeren Umfangs, die ohne Schwierigkeiten zurückgestellt werden könnten", nicht unter § 1357 BGB fallen sollen (Begründung des Regierungsentwurfs BT-Drucks. 7/650 S. 99; vgl. auch Rechtsausschuss BT-Drucks. 7/4361 S. 26). Die beabsichtigte Restriktion schützt den an dem Rechtsgeschäft nicht beteiligten Ehegatten somit vor einer ihn überraschenden Inanspruchnahme aus Alleingeschäften größeren Umfangs, die der andere Ehegatte abgeschlossen hat (Senatsurteil BGHZ 94, 1 = FamRZ 1985, 576, 577).
bb) Die Anwendung des § 1357 BGB hat der Bundesgerichtshof für die Änderung einer vertraglichen Vereinbarung über die Abrechnung von Nebenkosten in einem bestehenden Mietverhältnis (BGH Urteil vom 16. März 2016 - VIII ZR 326/14 - WuM 2016, 353 Rn. 25) und für den Abschluss eines Bauvertrags über ein Wohnhaus (BGH Urteil vom 29. September 1988 - VII ZR 186/87 - FamRZ 1989, 35) verneint. Bejaht hat er demgegenüber die Anwendung des § 1357 BGB für den Abschluss eines Stromlieferungsvertrags (Senatsbeschluss vom 24. April 2013 - XII ZR 159/12 - FamRZ 2013, 1199 Rn. 5), den Abschluss eines Telefondienstvertrags für einen in der Familienwohnung befindlichen Festnetzanschluss (BGH Urteil vom 11. März 2004 - III ZR 213/03 - FamRZ 2004, 778 f.), eine medizinisch indizierte, unaufschiebbare ärztliche Behandlung eines Ehegatten ohne Rücksicht auf die Höhe der mit ihr verbundenen Kosten (Senatsurteil BGHZ 116, 184 = FamRZ 1992, 291, 292) und für Honoraransprüche aus privatärztlicher Behandlung (Senatsurteil BGHZ 94, 1 = FamRZ 1985, 576 f.).
cc) Die in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum uneinheitlich beantwortete Frage, ob auch der Abschluss von Versicherungsverträgen als Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs im Sinne von § 1357 Abs. 1 Satz 1 BGB anzusehen ist, hat dem Bundesgerichtshof noch nicht zur Entscheidung vorgelegen.
(1) Nach einer Auffassung soll der Abschluss üblicher Versicherungsverträge (Erman/Kroll-Ludwigs BGB 15. Aufl. § 1357 Rn. 12), jedenfalls aber der Abschluss einer Hausratversicherung unter § 1357 Abs. 1 BGB fallen (AG Eschwege VersR 1959, 1038 und AG Karlshafen VersR 1965, 871 – jeweils zum früheren Recht; MünchKomm-BGB/Roth 7. Aufl. § 1357 Rn. 23; NK-BGB/Wellenhofer 3. Aufl. § 1357 Rn. 15; Staudinger/Voppel BGB [2012] § 1357 Rn. 64; Palandt/Brudermüller BGB 77. Aufl. § 1357 Rn. 13; Bamberger/ Roth/Hahn BGB 3. Aufl. § 1357 Rn. 17).
(2) Andere sehen den Abschluss von Versicherungsverträgen grundsätzlich als nicht von § 1357 Abs. 1 BGB umfasst an (Soergel/Lipp BGB 13. Aufl. § 1357 Rn. 25; Gernhuber/Coester-Waltjen Familienrecht 6. Aufl. § 19 IV Rn. 47).
(3) Im Ansatz zutreffend ist die erstgenannte Auffassung. Entgegen der zuletzt genannten Auffassung verbietet es sich, Versicherungsverträge pauschal aus dem Anwendungsbereich des § 1357 BGB herauszunehmen. Entscheidend ist vielmehr der Bezug des in Rede stehenden Geschäfts zum Lebensbedarf der Familie, weshalb es jeweils auf den individuellen Zuschnitt der Familie ankommt. Ob es sich danach um ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie handelt, hat der Tatrichter für den jeweiligen Einzelfall festzustellen. Dabei kann auch der Abschluss einer Vollkaskoversicherung in den Anwendungsbereich des § 1357 Abs. 1 BGB fallen, sofern ein ausreichender Bezug zum Familienunterhalt nach §§ 1360, 1360 a BGB gegeben ist.
In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist etwa anerkannt, dass nach § 1360 a BGB je nach den Vermögens- und Einkommensverhältnissen der Ehegatten auch Aufwendungen zur Anschaffung und zum Betrieb eines Pkw (BGH Urteil vom 24. Februar 1983 - IX ZR 42/82 - FamRZ 1983, 351, 352 mwN) oder für die Kfz-Haftpflichtversicherung zum angemessenen Familienunterhalt gehören können (BFHE 236, 79 = BStBl. II 2012, 413 Rn. 11; BSG FamRZ 1971, 579, 581). In der Instanzrechtsprechung und Literatur wird die Auffassung vertreten, dass die Reparatur des von der ganzen Familie genutzten Pkw unter § 1357 Abs. 1 BGB fällt (LG Freiburg FamRZ 1988, 1052 f.; Staudinger/Voppel BGB [2012] § 1357 Rn. 45). Entsprechendes wird für sonstige Verträge angenommen, die ein von der Familie genutztes Fahrzeug betreffen (vgl. NK-BGB/Wellenhofer 3. Aufl. § 1357 Rn. 13), jedenfalls soweit sie, wie etwa die TÜV-Kosten, die Unterhaltung des Fahrzeugs anbelangen (AG Usingen Beschluss vom 27. März 2006 - 2 C 636/05 - juris Rn. 3; NK-BGB/Wellenhofer 3. Aufl. § 1357 Rn. 15). Schließlich wird sogar vertreten, dass der Erwerb eines Familienfahrzeugs selbst unter den Anwendungsbereich des § 1357 Abs. 1 BGB fällt (Herr FF 2017, 285, 290; MünchKommBGB/Roth 7. Aufl. § 1357 Rn. 23; Erman/Kroll-Ludwigs BGB 14. Aufl. § 1357 Rn. 15; aA NK-BGB/Wellenhofer 3. Aufl. § 1357 Rn. 16; Staudinger/Voppel BGB [2012] § 1357 Rn. 45).
b) Gemessen hieran ist die Entscheidung des Oberlandesgerichts, wonach der Abschluss der Vollkaskoversicherung vorliegend ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie im Sinne von § 1357 Abs. 1 BGB darstellt, auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Bei dem versicherten Pkw handelt es sich danach um das einzige Fahrzeug der fünfköpfigen Familie. Vor dem Hintergrund, dass der Pkw auf den Ehemann zugelassen war und sich der monatliche Anteil der Vollkaskoversicherung von 144,90 € noch in einem angemessenen Rahmen bezogen auf die Bedarfsdeckung der Familie bewegte, hält sich die Annahme des Oberlandesgerichts, eine vorherige Verständigung der Ehegatten über den Abschluss einer Vollkaskoversicherung erscheine nicht erforderlich, im Rahmen einer zulässigen tatrichterlichen Würdigung. Daran ändert auch der Einwand der Revision nichts, wonach eine Vollkaskoversicherung weniger der konkreten Unterhaltung des Fahrzeugs als vielmehr der Vermögenssicherung diene. Denn wenn es sich – wie hier – um das einzige Fahrzeug der Familie handelt, der Abschluss der Vollkaskoversicherung mithin den Erhalt eines Fahrzeugs für die Familie sichern soll, wird damit auch der Bedarf der Familie, immer ein Fahrzeug zur Verfügung zu haben, im Sinne von § 1357 Abs. 1 Satz 1 BGB gedeckt. Entgegen der Auffassung der Revision ist dieses Interesse nicht mit dem Wert des versicherten Fahrzeugs identisch.
Schließlich ist nach den getroffenen Feststellungen, wonach die Klägerin den Versicherungsvertrag für das auf ihren Ehemann zugelassene Fahrzeug abgeschlossen hat, auch davon auszugehen, dass die Klägerin die Vollkaskoversicherung während der Ehe abgeschlossen hat und ihr Ehemann durch den Versicherungsvertrag mitberechtigt und -verpflichtet worden ist.
3. Aus Rechtsgründen ist nichts dagegen zu erinnern, dass das Oberlandesgericht auch die Kündigung der Vollkaskoversicherung als von § 1357 Abs. 1 BGB umfasst angesehen hat.
a) Allerdings ist im Schrifttum umstritten, ob auch die Ausübung von Gestaltungsrechten, wie namentlich die Kündigung, unter § 1357 Abs. 1 BGB fallen kann.
aa) Die wohl überwiegende Auffassung bejaht diese Frage (Staudinger/Looschelders BGB [2017] § 429 Rn. 41; MünchKommBGB/Roth 7. Aufl. § 1357 Rn. 41; Palandt/Brudermüller BGB 77. Aufl. § 1357 Rn. 22; Rauscher Familienrecht 2. Aufl. Rn. 282; FAKomm-FamR/Weinreich 5. Aufl. § 1357 Rn. 17; Bamberger/Roth/Hahn BGB 3. Aufl. § 1357 Rn. 30; NK-BGB/Wellenhofer 3. Aufl. § 1357 Rn. 24; vgl. auch AG Neuruppin FamRZ 2009, 1221, 1222).
bb) Nach der Gegenmeinung können Gestaltungsrechte nicht durch nur einen Ehegatten ausgeübt werden, insbesondere nicht durch denjenigen, der selbst nicht der ursprünglich kontrahierende Ehegatte war (vgl. Berger FamRZ 2005, 1129, 1131 f. und 1133 f.; Gernhuber/Coester-Waltjen Familienrecht 6. Aufl. § 19 IV Rn. 53).
cc) Die erstgenannte Auffassung ist zutreffend. § 1357 Abs. 1 BGB führt zu einer Mitverpflichtung und zu einer Mitberechtigung des jeweils anderen Ehegatten. Erstere zieht eine gesamtschuldnerische Haftung der Eheleute nach sich. Die Mitberechtigung begründet für beide Ehegatten die Stellung von Gesamtgläubigern (Staudinger/Looschelders BGB [2017] § 428 Rn. 63 f.; NK-BGB/Wellenhofer 3. Aufl. § 1357 Rn. 23 f.; MünchKommBGB/Roth 7. Aufl. § 1357 Rn. 41 mwN).
Zwar entfalten Gestaltungsrechte wie etwa die Kündigung in der Regel nur dann Wirkung, wenn die Gesamtgläubiger sie gemeinsam ausüben (Staudinger/Looschelders BGB [2017] § 429 Rn. 34 mwN). Etwas anderes gilt jedoch, soweit es sich um Gestaltungsrechte handelt, die Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie im Sinne von § 1357 Abs. 1 Satz 1 BGB betreffen. So wie es den Eheleuten ermöglicht wird, für und gegen ihre jeweiligen Partner Rechte und Pflichten zu begründen, muss es ihnen spiegelbildlich erlaubt sein, sich hiervon auch mit Wirkung für und gegen den anderen wieder zu lösen (vgl. MünchKommBGB/Roth 7. Aufl. § 1357 Rn. 34, 41). Dies gilt schließlich unabhängig davon, ob der das Gestaltungsrecht ausübende Ehegatte auch derjenige gewesen ist, der die eingegangene Verpflichtung über § 1357 Abs. 1 BGB ursprünglich begründet hat.
b) Damit ist das Oberlandesgericht nach den getroffenen Feststellungen zu Recht von einer wirksamen Kündigung der Vollkaskoversicherung zum Ablauf des Versicherungsjahres mit Wirkung auch für die Klägerin ausgegangen.
III.
Das Oberlandesgericht ist zudem mit Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin die durch ihren Ehemann ausgesprochene Kündigung nicht wirksam widerrufen konnte. Die Kündigung hat als rechtsgestaltende empfangsbedürftige Willenserklärung die Beendigung des Versicherungsverhältnisses zum vertraglich vereinbarten Zeitpunkt zur Folge. Eine Kündigung kann daher nicht einseitig zurückgenommen oder widerrufen werden (BGH Urteil vom 8. Juni 2016 - IV ZR 346/15 - NJW-RR 2017, 222 Rn. 14 mwN).