Unklare Verkehrslage bei Abbiegen in Grundstück und Haftungsabwägung

Bei unklarer Verkehrslage besteht ein Überholverbot, § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO. Diese ist anzunehmen, wenn das vorausfahrende Fahrzeug bei einem angezeigten Rechtsabbiegen in ein Grundstück (unter Verstoß gegen § 9 Abs. 1 S. 2 StVO: rechts einordnen) nach links ausholt. Der Überholende hat mit einem weiteren Ausscheren nach links vor dem eigentlichen Abbiegen zu rechnen oder damit, dass der rechte Fahrtrichtungsanzeiger nur versehentlich statt dem linken gesetzt wurde.

 

Kommt es zu einer seitlichen Kollision zwischen dem unter Verstoß gegen § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO bei unklarer Verkehrslage Überholenden und dem nach rechts in ein Grundstück einbiegenden, der zwar den rechten Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt hat, sich aber (zur besseren Einfahrt) zur Straßenmitte einordnet um schließlich direkt vor der Einfahrt noch einmal weiter nach links ausholt, ist (trotz Verstoß gegen § 9 Abs. 1 S. 4 StVO) eine Haftungsquotelung zu Lasten des Überholenden mit 60% zu 40% gerechtfertigt, §§ 17 Abs. 1 und 2, 18 Abs. 3 StVG.

 

 

OLG Schleswig, Urteil vom 06.02.2024 - 7 U 94/23 -

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