Hinweisbeschluss nach § 522 ZPO und Erheblichkeit der Verletzung der Gewährung rechtlichen Gehörs durch Nichtgewährung

Erteilt das Berufungsgericht einen Hinweis nach § 522 ZPO, wonach es die Berufung zurückzuweisen gedenkt, kann der Berufungsführer innerhalb einer dazu gesetzten Frist Stellung nehmen. Bei einer fristgerechten Stellungnahme hat das Berufungsgericht unter Berücksichtigung derselben zu entscheiden, ob es die Berufung nach § 522 ZPO tatsächlich zurückweist.

 

Die Frist zur Stellungnahme kann nach § 224 ZPO verlängert werden. Entscheidet das Berufungsgericht trotz eines vorliegenden Antrages auf Fristverlängerung (z.B., da dieser von der Geschäftsstelle nicht vorgelegt wurde) und weist es die Berufung nach § 522 ZPO zurück, so handelt es sich um eine entscheidungserhebliche Verletzung des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG.

 

Weitere Voraussetzung für die Entscheidungserheblichkeit der Verletzung des Art. 103 GG ist, dass der Vortrag, der erfolgt wäre, wenn die Frist verlängert worden wäre, nach berufungsgerichtlichen Prüfungsmaßstäben (§ 529 ZPO) möglicherweise eine andere Entscheidung veranlasst hätte, weshalb im Rahmen der Rüge des Verstoßes gegen Art. 103 GG auch dieser hypothetische Vortrag fiktiv vorzunehmen ist.

 

 

BGH, Beschluss vom 28.09.2021 - VI ZR 946/20 -

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