Haftungsverteilung bei Kollision infolge Spurwechsel des Vorfahrtsberechtigten

Der Anscheinsbeweis für eine Vorfahrtverletzung ist nur gegeben, wenn sich der Unfall im direkten Eimündungsbereich der untergeordneten Straße auf die Vorfahrtsstraße oder ein Auffahrunfall in einem Bereich von 30m nach der Einmündung ereignet und der auffahrende Kraftfahrer noch nicht die auf der vorfahrtsberechtigten Straße übliche Geschwindigkeit erreicht hat.

 

Ein diesen Anscheinsbeweis rechtfertigender typischer Geschehensablauf liegt dann nicht vor, wenn sich der Verkehrsunfall hinter der Einmündung nach dem Auffahren des aus der untergeordneten Straße kommenden Fahrzeugs auf die Vorfahrtsstraße ereignet und kein Auffahren erfolgt, sondern ein Seitenanstoß durch das auf der vorfahrtsberechtigten Straße befindliche Fahrzeug gegen das aufgefahrene Fahrzeug.

 

Bei Richtungsfahrspuren auf der Vorfahrtsstraße ist ein Einfahren auf deren rechte (freie) Fahrspur dann zulässig, wenn dadurch nicht die Vorfahrt des auf der linken Fahrspur fahrenden Vorfahrtsberechtigten verletzt wird. Dies wäre dann der Fall, wenn dieser rechtzeitig anzeigen würde, dass er einen Fahrspurwechsel nach rechts beabsichtigt.

 

Lassen sich die näheren Umstände des Vorfalls der seitlichen Kollision nicht sicher feststellen, ist eine Schadensquotelung von 50 : 50 vorzunehmen.

 

 

OLG München, Urteil vom 22.07.2020 - 10 U 4010/19 -

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